Spruch:
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 755,57 (darin EUR 125,93 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung
Unstrittig ist, dass dem Kläger, einem Juwelier und Juwelengroßhändler, gegenüber der Beklagten, einer Goldschmiedin und Juwelierin, aus der Lieferung von Perlenschnüren eine Forderung von EUR 10.721,28 zusteht. Strittig ist im Verfahren das Bestehen einer von der Beklagten (aus dem Titel des Schadenersatzes) gegen die Klagsforderung bis zu deren Höhe eingewendete Gegenforderung. Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung als mit EUR 10.721,28 zu Recht bestehend und die Gegenforderung als mit zumindest in der Höhe der Klagsforderung zu Recht bestehend; das Klagebegehren, die beklagte Partei sei zur Zahlung von EUR 10.721,28 s.A. verpflichtet, wurde daher abgewiesen.
Das Erstgericht ging von folgendem (hier stark verkürzt wiedergegebenen) Sachverhalt aus:
Im April 1999 trat Dr. Carlo K***** wegen der Anfertigung eines von ihm selbst entworfenen Schmuckstücks sowie einer Schließe an die Beklagte heran. Dr. K***** beabsichtigte vorerst, die beiden Schmuckstücke Anfang Juli 1999 seiner Freundin zur Matura zu schenken. Als ihn die Beklagte darauf aufmerksam machte, dass es schwierig sei, die von ihm gewünschten Edelsteine zu bekommen, erklärte sich Dr. K***** damit einverstanden, die Schmuckstücke als Weihnachtsgeschenke zu verwenden. Nachdem es der Beklagten gelungen war, zwei passende Diamanten in Antwerpen zu finden und zu kaufen, erstellte sie für Dr. K***** ein Angebot über die Diamanten und Farbedelsteine in Höhe von ATS 980.000,-- (exklusive Perlen und Goldschmiedearbeiten). Dr. K***** nahm dieses Angebot am 20. 8. 1999 an und erlegte bei der Beklagten eine Anzahlung von ATS 500.000,--. Der Kläger versprach der Beklagten, er werde schauen, ob er die entsprechenden Materialien und Steine besorgen könne. Am 22. 9. 1999 legte der Kläger der Beklagten ein schriftliches Angebot über zwei Diamanten und acht Farbedelsteine zu einem Gesamtpreis von ATS 680.000,--. Bei einem Telefonat am 30. 9. 1999 sagte der Kläger der Beklagten zu, dass er die Diamanten binnen zwei Tagen und die Farbedelsteine binnen drei bis vier Wochen liefern könne. Kurz nach dem Telefonat unterbreitete die Beklagte Dr. K***** ein neues Angebot, wonach die Diamanten und Farbedelsteine auf ATS 1,520.000,--, die Perlenkette auf ATS 266.000,--, der Verschluss in Gold auf ATS 24.000,-- sowie die Schließe für die Farbedelsteine auf ATS 40.000,--, insgesamt ATS 1,850.000,-- (inklusive Umsatzsteuer) kommen. Dieses Angebot nahm Dr. K***** an und überreichte der Beklagten einen Scheck über ATS 300.000,-- als weitere Anzahlung. Nachdem Dr. K***** das Geschäft verlassen hatte, ließ die Beklagte die vom Kläger angebotenen Steine verbindlich bei ihm bestellen. Zwischen 1. und 12. 10. 1999 urgierten die Beklagte und ihr Ehegatte mehrmals die Lieferung der Diamanten. Am 13. 10. 1999 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass die Diamanten „weg" seien und nicht mehr geliefert werden könnten. Als sich Dr. K***** am folgenden Tag erkundigte, ob die Edelsteine schon da seien, informierte ihn die Beklagte, dass die Diamanten nicht geliefert werden könnten, dass es aber möglich sei, anstelle der Diamanten vorerst zwei Aquamarine oder Zirkone in das Schmuckstück einzusetzen und diese zu einem späteren Zeitpunkt durch Diamanten zu ersetzen. Dr. K***** war sehr verärgert, erklärte sich aber mit dieser Vorgehensweise einverstanden. Allerdings setzte er als letzten Liefertermin für die Steine den 30. 11. 1999 und erklärte, danach an einer Lieferung nicht mehr interessiert zu sein. Dies wurde von der Beklagten akzeptiert. Der Ehegatte der Beklagten informierte am 15. 10. 1999 in einem persönlichen Gespräch den Kläger davon; zwischen den beiden wurde daraufhin vereinbart, dass die Lieferung der Farbedelsteine bis spätestens 30. 11. 1999 zu erfolgen habe. Der Kläger erklärte, dass die Steine in Thailand als Rohsteine bereits vorhanden seien. Bezüglich der Diamanten versprach der Kläger, weiterhin zu versuchen, geeignete zu finden; eine verbindliche Zusicherung der Lieferung der Diamanten erfolgte jedoch nicht. Der Ehegatte der Beklagten sagte dem Kläger für den Fall, dass er geeignete Diamanten finde, einen Betrag von ATS 300.000,-- verbindlich zu. Der Kläger unterfertigte ein Schreiben, in dem er unter anderem den Erhalt einer Akontozahlung von ATS 200.000,-- für die Farbedelsteine (im Wert von ATS 330.000,--) bestätigte und die Lieferung bis Ende November 1999 zusagte. Am 5. 11. 1999 legte der Kläger der Beklagten Mustersteine vor, die ihr aber nicht zusagten. Der Kläger forderte die Beklagte auch auf, ihm die Schleifparameter bekannt zu geben, worauf die Beklagte dem Kläger am darauffolgenden Tag ein entsprechendes Telefax sandte. Mitte November 1999 übergab die Beklagte die siebenreihige Perlenkette (die Perlen waren Mitte September beim Kläger bestellt und von ihm noch im September geliefert worden) an Dr. K*****. Am 25. 11. 1999 teilte der Kläger der Beklagten per Fax mit, dass sich die Lieferung noch verzögern würde. Am 26. 11. 1999 kam er in das Geschäft der Beklagten und erklärte, dass der Angestellte seines Zwischenhändlers, des nunmehrigen Nebenintervenienten, ohne Steine aus Thailand zurückgekehrt sei, weshalb er bis 30. 11. 2000 keine Steine liefern könne. Der Kläger und die Beklagte kamen überein, das Rechtsgeschäft zwischen ihnen einvernehmlich aufzulösen. Der Ehegatte der Beklagten erklärte dem Kläger, dass er bzw seine Frau aber Schadenersatzansprüche aus der Vereitelung des Geschäfts mit Dr. K***** stellen würden. Die ihm übergebene Anzahlung von ATS 200.000,-- erstattete der Kläger der Beklagten zurück. Als Dr. K***** am selben Tag in das Geschäft kam und erfuhr, dass die Steine nicht bis 30. 11. 1999 geliefert werden könnten, erklärte er, dass für ihn die Sache erledigt sei und er sich die Steine selbst besorgen werde. Er begehrte die erfolgen Anzahlungen zurück, die ihm - unter Abzug des Preises von ATS 294.000,-- für die gelieferte Perlenkette samt Schließe - von der Beklagten noch am 26. 11. 1999 rücküberwiesen wurden. Im Dezember übersandte bzw übergab der Kläger der Beklagten bzw ihrem Gatten 21 Steine, von denen fünf zurückgewiesen wurden. Die Beklagte bat Dr. K*****, sich die Steine doch noch anzusehen. Tatsächlich kam er Anfang Jänner in das Geschäft der Beklagten, aber es gefielen ihm die Steine nicht. In der Folge behielt die Beklagte die vom Kläger gelieferten Steine als Pfand für die aus der verspäteten Lieferung entstandenen Schadenersatzansprüche. Hätte der Kläger die Diamanten und Farbedelsteine geliefert, hätte die Beklagte beim Verkauf des Schmuckstücks an Dr. K***** einen Gewinn von ATS 586.000,-- erzielt.
Nach der Rechtsansicht des Erstgerichts habe der Kläger den mit der Beklagten geschlossenen Vertrag weder zeitlich noch inhaltlich erfüllt, weil er weder den vereinbarten Liefertermin (30. 11. 1999) noch die Zusagen hinsichtlich der Steinspezies erfüllt habe. Die Höhe des der Beklagten entstandenen Schadens übersteige jedenfalls die Höhe der Klagsforderung. Da sich die Beklagte anlässlich der einvernehmlichen Auflösung des Vertrages Schadenersatzansprüche vorbehalten habe und ihr Kaufmannseigenschaft zukomme, habe sie Anspruch auf den entgangenen Gewinn (Art 8 Nr 2 der 4. EVHGB). Dem Kläger sei der Entlastungsbeweis nicht gelungen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers und des Nebenintervenienten nicht Folge. Es verneinte eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens, übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und sah auch die Rechtsrüge als unberechtigt an. Die ordentliche Revision wurde mit der Begründung für zulässig erklärt, dass nach der jüngeren OGH-Judikatur die einvernehmliche Vertragsaufhebung im Regelfall bewirke, dass auch allfällige aus der Verletzung des Vertrages abgeleitete Schadenersatzansprüche beseitigt würden, sofern nicht der Schadenersatzgläubiger einen entsprechenden Vorbehalt mache. Dies sei auch im vorliegenden Fall geschehen. Zu der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsansicht, dass der Kläger dadurch, dass er der Vertragsaufhebung trotz der Erklärung seitens der Beklagten, sich Schadenersatzansprüche vorzubehalten, widerspruchslos zugestimmt habe, anerkannt habe, dass er die geschuldete Lieferung nicht in der vereinbarten Zeit erbringen könne und aufgrund dieses Anerkenntnisses auf die Verschuldensfrage gar nicht näher einzugehen sei, fehle eine höchstgerichtliche Rechtsprechung.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers, in der er als Revisionsgründe Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung benennt und beantragt, die angefochtene Entscheidung im klagsstattgebenden Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist mangels einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Abgesehen von einzelfallbezogenen Erörterungen über die Umstände, die zur Vertragsaufhebung führten, vertritt der Kläger im Wesentlichen den Standpunkt, dass sich das Berufungsgericht nicht ausreichend bzw nicht nachvollziehbar mit der in der Berufung enthaltenen Beweisrüge auseinandergesetzt und aus diesem Grund zu Unrecht die erstgerichtlichen Feststellung übernommen habe.
Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes ist die Entscheidung des Berufungsgerichtes über eine Beweisrüge mängelfrei, wenn es sich mit dieser überhaupt befasst, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes überprüft und nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung anstellt und in seinem Urteil festhält (RIS-Justiz RS0043150). Dies ist im vorliegenden Fall ausreichend geschehen (siehe die Seiten 13 - 26 des Berufungsurteils). Aufgabe des Revisionsgerichtes ist es hingegen nicht, zu überprüfen, ob vom Berufungsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung gezogene Schlussfolgerungen richtig oder fehlerhaft sind (10 ObS 320/01h = ARD 5341/6/2002; 7 Ob 112/04b = SZ 2004/94). In der Frage, inwieweit die erstgerichtliche Beweiswürdigung im Revisionsverfahren noch bekämpft werden kann, liegt daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO. Die die Auffassung des Erstgerichtes bestätigende Ansicht des Berufungsgerichtes, dass dem Kläger der Beweis für das Fehlen eines Verschuldens (§ 1298 ABGB) an der Nichteinhaltung des vereinbarten Liefertermins 30. 11. 1999 nicht gelungen sei, ist nicht zu beanstanden.
Mangels erheblicher Rechtsfragen ist die Revision der klagenden Partei zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Die Kosten der Revisionsbeantwortung sind zuzuerkennen, weil die beklagte Partei im Interesse einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels des Klägers hingewiesen hat.
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