OGH 10Ob110/05g

OGH10Ob110/05g29.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** V***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Alfred Hawel und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei J***** G***** und V***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wegen EUR 153.231,58 sA, infolge außerordentlicher Revision (Revisionsinteresse EUR 136.334,24 sA) der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 25. April 2005, GZ 21 R 41/05m-95, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Auf Grund des rechtskräftigen Zwischenurteiles des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 7. 7. 2003 (ON 74) hat die Beklagte der Klägerin den Verdienstentgang, den diese im Zeitraum vom 1. 8. 1995 bis 30. 9. 1998 auf Grund des Nichtbetriebes eines Lokales im Shopping-Center U***** erlitten hat, dem Grund nach zur Gänze zu ersetzen. Dieser Entscheidung liegt im Wesentlichen zugrunde, dass die Beklagte die mit der Klägerin getroffene Vereinbarung, dieser bis 26. 6. 1995 ein gleichwertiges Ersatzlokal für den Betrieb eines Eissalons im Shopping-Center U***** zur Verfügung zu stellen, nicht eingehalten hat. Zum Beginn des Haftungszeitraumes (1. 8. 1995) wurde darauf hingewiesen, dass die Klägerin bei Einhaltung der Zusage durch die Beklagte alle Anstrengungen unternommen hätte, den Betrieb ihres Eissalons im Einkaufszentrum der Beklagten möglichst rasch wieder aufzunehmen. Da die vorhandene Lokaleinrichtung in ein gleichwertiges Ersatzlokal ohne größere Adaptierungsarbeiten hätte eingebaut werden können, sei davon auszugehen, dass die Klägerin bei vertragsgemäßem Verhalten der Beklagten bereits ab 1. 8. 1995 wieder einen Eissalon im Einkaufszentrum der Beklagten betrieben hätte. Das Ende des Haftungszeitraumes sei mit 30. 9. 1998 festzusetzen, da die Klägerin ab 1. 10. 1998 einen Eissalon in einem unmittelbar benachbarten anderen Einkaufzentrum betrieben und im Rahmen ihrer eigenen Zielsetzungen nur eine einmalige Präsenz in diesen beiden Einkaufszentren angestrebt habe.

Die Vorinstanzen sprachen der Klägerin im fortgesetzten Verfahren unter Anwendung des § 273 ZPO einen Verdienstentgang in Höhe von EUR 136.334,24 samt gestaffelten Zinsen für den genannten Zeitraum vom 1. 8. 1995 bis 30. 9. 1998 zu. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen seine Entscheidung nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der Beklagten erhobene außerordentliche Revision ist mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Durch die Fällung eines Zwischenurteiles werden alle den Grund des Anspruches betreffenden Rechtsgründe, Einwendungen, Angriffs- und Verteidigungsmittel abschließend erledigt. Im fortgesetzten Verfahren über die Höhe des Anspruches darf auf sie nicht mehr Bedacht genommen werden. Dementsprechend darf ein Zwischenurteil über den Grund eines Anspruches erst dann gefällt werden, wenn das erhobene Begehren - zumindest aus einer von mehreren hiefür vorgetragenen rechtserzeugenden Tatsachen - gerechtfertigt und keine einzige dagegen vorgetragene Einwendung berechtigt ist. Unter „Anspruch" im Sinn des § 393 Abs 1 ZPO sind daher das gestellte Urteilsbegehren und die Tatsachen, aus denen das Begehren abgeleitet wird, zu verstehen. Zum Grund des „Anspruches" gehören somit alle rechtserzeugenden Tatsachen, aus denen der Anspruch abgeleitet wird und alle Einwendungen, die seinen Bestand berühren (Deixler-Hübner in Fasching/Konecny2 III § 393 ZPO Rz 3 ff mwN). So gehört insbesondere auch die Frage einer allfälligen Verjährung des geltend gemachten Anspruches zum Grund des Anspruches und kann daher die Verjährungseinrede im fortgesetzten Verfahren über die Höhe eines bereits durch Zwischenurteil dem Grunde nach bejahten Anspruches in der Regel nicht mehr erhoben werden (Deixler-Hübner aaO Rz 6 mwN; Rechberger in Rechberger, ZPO2 § 393 Rz 9; M. Bydlinski in Rummel, ABGB3 II/3 § 1501 Rz 3 ua). Betrifft aber der Verjährungseinwand lediglich Anspruchsteile, die nach Fällung des Zwischenurteiles (durch Klagsausdehnung) geltend gemacht wurden, dann kann die Verjährung im Verfahren über die Höhe des Anspruches noch eingewendet werden (2 Ob 568/95 ua; RIS-Justiz RS0034934). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, der von der Beklagten in ihrem Rechtsmittel gegen das Endurteil relevierte Verjährungseinwand sei unbeachtlich, steht daher im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung. Die Richtigkeit der weiteren Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, die Beklagte sei dem nach Fällung des Zwischenurteiles allein ausgedehnten Zinsenbegehren im Verfahren erster Instanz nicht mit einem Verjährungseinwand entgegengetreten, wird auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen.

Diese soeben für die Frage der Verjährung dargelegten Grundsätze gelten in gleicher Weise auch für die ebenfalls den Grund des Anspruches betreffende Frage der Schlüssigkeit des Klagsvorbringens. Auch dieser Einwand kann daher im fortgesetzten Verfahren über die Höhe des bereits durch Zwischenurteil dem Grunde nach bejahten Schadenersatzanspruches der Klägerin nicht mehr mit Erfolg erhoben werden. In der Beurteilung der Frage, ob die Klägerin auch für das im Schriftsatz ON 85 „modifizierte" (= ausgedehnte) Zinsenbegehren ein ausreichendes Vorbringen erstattet hat, kann keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende offenbare Fehlbeurteilung erblickt werden, zumal die Frage, ob ein ausreichendes Prozessvorbringen erstattet wurde, regelmäßig auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalles zu beurteilen ist (RIS-Justiz RS0042828).

Die Vorinstanzen haben die Höhe des bereits mit Zwischenurteil rechtskräftig zuerkannten Anspruches der Klägerin auf Verdienstentgang für den Zeitraum vom 1. 8. 1995 bis 30. 9. 1998 weitgehend unter Anwendung des § 273 ZPO ermittelt. Den Ausführungen in der Revision, das Berufungsgericht habe zu Unrecht einen Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens hinsichtlich der unterlassenen Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Einrichtung von Gastronomiebetrieben verneint, ist entgegenzuhalten, dass ein vom Berufungsgericht verneinter Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden kann (Kodek in Rechberger, ZPO2 § 503 Rz 3 mwN). Auch die Frage der Anwendbarkeit von § 273 ZPO im Einzelfall ist mit Verfahrensrüge geltend zu machen (RIS-Justiz RS0040282 mwN).

Im Ergebnis wendet sich die Beklagte in ihren Revisionsausführungen auch weniger gegen die Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO als solche, sondern gegen die Festsetzung des konkreten Betrages. Grundsätzlich ist die Bemessung nach § 273 ZPO selbst als rechtliche Beurteilung reversibel (RIS-Justiz RS0111576; RS0040322 mwN). Den Rahmen bilden allerdings die von den Tatsacheninstanzen getroffenen Feststellungen (vgl RIS-Justiz RS0040341 mwN). Die Frage, ob die Klägerin bei Einhaltung der vertraglichen Zusage durch die Beklagte im Sommer 1995 ein neues Lokal zum Betrieb eines Eissalons im Einkaufszentrum der Beklagten überhaupt angemietet hätte und ob sie dabei die vorhandene Einrichtung und Ausstattung verwendet hätte, wurde bereits im Verfahren vor dem Zwischenurteil behandelt (vgl dazu insbesondere die Feststellungen auf den S 10 und 13 des Urteiles ON 66) und es liegen daher die entsprechenden Feststellungen bereits dem Zwischenurteil zugrunde. Das Erstgericht ist daher auch im Verfahren über die Höhe des Anspruches zu Recht weiterhin von diesen Feststellungen ausgegangen. Die Vorinstanzen haben die Festsetzung der Höhe des Anspruches der Klägerin ausführlich begründet. Den dabei vorzunehmenden Abwägungen kommt im Wesentlichen nur Bedeutung für den Einzelfall zu. Der Revision der Beklagten gelingt es jedenfalls nicht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO - etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen wäre oder eine solche Rechtsprechung fehlen würde oder uneinheitlich wäre - darzustellen.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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