European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0100NC00016.21S.0811.000
Spruch:
Der Antrag der klagenden Partei, zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache anstelle des Landesgerichts Linz das Landesgericht Korneuburg zu bestimmen, wird abgewiesen.
Die Kosten der von der beklagten Partei im Delegierungsverfahren eingebrachten Äußerung (Klagebeantwortung) sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
[1] Die in Wien ansässige klagende Gesellschaft nimmt die in Linz ansässige beklagte Gesellschaft beim Landesgericht Linz auf restliche Honorare für Planungsleistungen für ein Bauvorhaben in Klosterneuburg bei Wien in Anspruch. Die Beklagte habe weder die offenen Honorarforderungen beglichen noch die begehrte Sicherstellung des restlichen Planungshonorars gemäß § 1170b ABGB geleistet. Deshalb sei bereits vorsorglich für 22. 11. 2020 der Vertragsrücktritt erklärt worden.
[2] Die Beklagte bestreitet, wendet Mangelhaftigkeit der Planungsleistungen ein und macht Preisminderung geltend. Das Sicherstellungsbegehren und der Vertragsrücktritt seien rechtsmissbräuchlich erfolgt.
[3] Bereits in der Klage beantragt die Klägerin die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht Korneuburg. Es sei davon auszugehen, dass im Zuge des Rechtsstreits ein Ortsaugenschein am Ort des Bauvorhabens in Klosterneuburg erforderlich sein werde. Sechs einzuvernehmende Zeugen seien in Wien ansässig, ein weiterer Zeuge in Klosterneuburg. Die Verhandlung der Rechtssache im Gerichtssprengel des Bauvorhabens – dem Landesgericht Korneuburg – sei daher verfahrensökonomisch und zweckmäßig.
[4] Die Beklagte spricht sich gegen die Delegierung aus. Mit einer Delegierung wäre weder eine wesentliche Verkürzung des Prozesses noch eine Erleichterung des Gerichtszugangs oder eine Verbilligung des Rechtsstreits verbunden. Mag es auch richtig sein, dass das Bauvorhaben in Klosterneuburg zu befunden sein werde, so stünden dieser einmaligen Befundaufnahme mehrere Verhandlungstermine und Zeugeneinvernahmen gegenüber. Sowohl die Beklagte als auch ihre Geschäftsführer sowie fünf namhaft gemachte Zeugen hätten ihren Arbeitsplatz bzw Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Linz. Auch zwei weitere Zeugen seien in Oberösterreich wohnhaft oder berufstätig. Die Delegierung an das Landesgericht Korneuburg wäre daher mit einer erheblichen Verteuerung des Verfahrens und einer Erschwerung des Gerichtszugangs verbunden.
[5] Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt:
Rechtliche Beurteilung
[6] Eine Delegierung kommt nur in Betracht, wenn überwiegende Zweckmäßigkeitsgründe dafür sprechen. Zweckmäßigkeitsgründe liegen vor, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung oder Verbilligung des Verfahrens oder zu einer Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit beiträgt (RS0046333 [T20]). Zweckmäßigkeitsgründe in diesem Sinn bilden der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen oder die Lage des Augenscheinsgegenstands (RS0046540).
[7] Eine Delegierung soll regelmäßig nur den Ausnahmefall darstellen. Lässt sich daher die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zu Gunsten beider Parteien lösen und hat eine Partei der Delegierung widersprochen, so hat diese in der Regel zu unterbleiben (RS0046589).
[8] Letzteres ist hier der Fall:
[9] Die Rechtssache weist keinen eindeutigen Schwerpunkt zum Landesgericht Korneuburg auf. Zwar ist das Bauvorhaben im Sprengel des Landesgerichts Korneuburg situiert. Mehrere von der Beklagten namhaft gemachte Zeugen sind aber im Sprengel des angerufenen Landesgerichts Linz bzw in Oberösterreich wohnhaft. Damit kann nicht gesagt werden, dass die Gründe für eine Übertragung der Rechtssache vom Landesgericht Linz an das Landesgericht Korneuburg überwiegen. Dass die Rechtssache vom Landesgericht Korneuburg aller Voraussicht nach rasch und mit geringerem Kostenaufwand zu Ende geführt werden kann, ist nach dem bisherigen Vorbringen nicht zu erkennen. Zudem hat die Beklagte der Delegierung widersprochen.
[10] Unter diesen Umständen ist dem Antrag nicht Folge zu geben.
[11] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 ZPO. Ist die Delegierung strittig, so ist das darüber geführte Verfahren ein Zwischenstreit, über dessen Kosten unabhängig vom Ausgang der Hauptsache zu entscheiden ist (RS0036025). Nicht zu honorieren sind dabei allerdings solche Schriftsätze, die auch Vorbringen zur Hauptsache enthalten (RS0036025 [T5]).
[12] Die Beklagte hat im Zwischenstreit obsiegt, ihre mit der Klagebeantwortung verbundene Äußerung zum Delegierungsantrag enthält aber auch Vorbringen zur Sache und ist daher im Hauptverfahren verwertbar. Dies schließt die Honorierung im Zwischenstreit aus (RS0036025 [T5, T8]).
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