ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
AlVG §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W178.2003948.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Maria Parzer als Einzelrichterin über die Beschwerde der BXXXX GesnbR, XXXX, vertreten durch Treuhand-Union Neusiedl am See Steuerberatungsgesellschat mbH, Kalvarienbergstraße 17, 7100 Neusiedl am See, vom 15.12.2009 gegen den Bescheid der Burgenländischen Gebietskrankenkasse (BGKK), XXXX, vom 17.11.2009, zu Recht erkannt:
I.
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
II.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
1. Verfahrensgang:
1.1 Die BGKK hat mit dem angefochtenen Bescheid festgestellt, dass die folgenden Personen aufgrund ihrer Beschäftigung für die BF in folgenden Zeiträumen der Voll- (Kranken-, Unfall-, Pensions-) und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 ASVG sowie § 1 Abs 1 lit a AlVG unterliegen:
XXXX 01.08.2008-30.09.2008
XXXX 01.07.2007-31.10.2007
XXXX 01.04.2008-31.08.2008
XXXX 01.10.2007-31.03.2008
XXXX 01.08.2008-30.09.2008
Das rechnerische Ergebnis über die Feststellungen des Prüforganes samt Grundlagenbildung im Rahmen der gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) werden in der einen Bescheidbestandteil bildenden "Aufstellung der Entgelt- und Beitragsdifferenzen" vom 14.09.2009 in Höhe von EUR 11.211,88 an Sozialversicherungsbeiträgen und in Höhe von EUR 387,93 an Beiträgen zur Betrieblichen Mitarbeitervorsorge jeweils ab dem zweiten Monat der Beschäftigung gemäß § 6 BMSVG ausgewiesen.
Gemäß § 113 Abs 1 ASVG iVm § 59 Abs 1 ASVG werde ein Beitragszuschlag im Mindestausmaß der gesetzlichen Verzugszinsen in Höhe von EUR 1.283,35 verhängt.
1.2 Gegen diesen Bescheid erhob die BF, vertreten durch die Treuhand-Union Neusiedl am See Steuerberatungsgesellschat mbH, einen Einspruch (verfahrensgegenständliche Beschwerde) an den Landeshauptmann von Burgenland mit dem Vorbringen, die angemieteten Fahrzeuge der Auftragnehmer würden ein eigenes Betriebsmittel darstellen. Diese Lkw würden wesentliche Betriebsmittel für die Fahrer darstellen, da ohne diese die Tätigkeit nicht ausgeübt werden könne. Neben der Miete habe der Auftragnehmer auch sämtliche Betriebskosten und Reparaturen getragen. Die Lkw seien mit dem Logo der Firma XXXX beschriftet gewesen.
Die Auftragnehmer seien nicht an die Weisungen des Auftraggebers gebunden gewesen und seien solche Weisungen auch nicht erteilt worden. Die Auftragnehmer hätten die für die Zustellung vorgesehenen Pakete bei der Firma XXXX in XXXX abgeholt und ohne weitere Anweisung durch den Auftraggeber zugestellt. Die Liste der Zustelladressen hätten die Auftragnehmer auch von der Firma XXXX erhalten.
Dem Auftraggeber sei gar nicht bekannt gewesen, an welchen Adressen Pakete zuzustellen waren. Soweit Pakete abzuholen gewesen seien, seien diese auch nicht an den Auftraggeber abgegeben worden, sondern direkt bei der Firma XXXX. Entgegen der Darstellung der BGKK könne der Auftragnehmer die Übernahme der Zustellaufträge auch ablehnen.
Sowohl einnahmenseitig als auch ausgabenseitig hätten die Beauftragten ein Unternehmerrisiko getragen. Die Entlohnung sei zwar pro zugestelltem Paket erfolgt, die Leistung sei jedoch nicht von den Auftraggebern vorgegeben gewesen. Jeder Zusteller könne sich die jeweilige Route einteilen. Es stehe dem Auftragnehmer vollkommen frei, in welcher Reihenfolge er zustelle. Durch seine Tüchtigkeit könne jeder Zusteller nicht nur seine Einnahmen erhöhen, sondern auch seine Kosten (Treibstoffkosten, Reparaturkosten) vermindern.
In den vorliegenden Fällen seien die Auftragnehmer nicht persönlich abhängig, da sie nicht weisungsgebunden gewesen seien und auch keine Weisungen erhalten haben. Sie seien nicht verpflichtet gewesen, die übernommenen Aufträge selbst auszuführen und hätten die Aufträge auch entsprechend befugten und kompetenten Personen oder Firmen weitergeben können. Alle Auftragnehmer hätten die Möglichkeit gehabt, Kleintransporte auch für andere Kunden durchzuführen. Dies sei vertraglich nicht ausgeschlossen gewesen. Sie hätten die Einnahmen und Ausgaben selbst beeinflussen können, das bedeute Unternehmerrisiko und damit Selbstständigkeit.
Es werde beantragt, aus den oben dargestellten Gründen den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde ersatzlos aufzuheben.
1.3 Mit einer Eingabe vom 11.02.2010 erstattete die BGKK zu diesem Einspruch (Beschwerde) eine Stellungnahme. In dieser wird im Wesentlichen vorgebracht, aufgrund des in der Sozialversicherung herrschenden Grundsatzes des Vorranges des Faktischen vor dem Vereinbarten sei das Vereinbarte unbeachtlich, wenn die konkrete Ausübung der Tätigkeit ein ganz anderes Bild des Beschäftigungsverhältnisses zeige. Feststehe, dass alle in der "Aufstellung der Entgelt- und Beitragsdifferenzen vom 14.09.2009" im Prüfzeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2008 personenbezogen angeführten "Subunternehmer" als Gewerbeinhaber am freien Markt ausschließlich für einen Auftraggeber tätig gewesen seien und insbesondere weder über eine betriebliche Struktur noch über wesentliche Betriebsmittel verfügt haben. Der gegangene Weg der Anmietung des Klein-Lkw von der BF stelle ein Scheingeschäft dar, um durch dieses gewählte Konstrukt die Selbstständigkeit zu untermauern. Die vom Auftraggeber der BF vorgegebene Routenwahl (Adressen für Paketzustellung) samt Terminen sei durch die Personenfirma XXXX GesnbR in der Auftragsannahme akzeptiert und in weiterer Folge indirekt an ihre "Subunternehmer" weitergegeben worden. Bei den von den vermeintlichen "Subunternehmern" der BF übernommenen Paketzustellungen handele es sich in ihrer Art nach um eine einfache manuelle Tätigkeit, weshalb die Erteilung von Weisungen durch die BF bzw von den sie vertretenden Gesellschaftern in ihrer Eigenschaft als Dienstgeber bezüglich des arbeitsbezogenen Verhaltens in der Regel unterbleiben könne, wenn der Dienstnehmer von sich aus weiß, wer sich zu verhalten habe. Hier äußere Sie das Weisungsrecht in Form von Kontrollrechten oder auch in der stillen Autorität der Dienstgeber. Die Paketzusteller seien in ihrer Arbeitsverrichtung großteils Lkw-Lenkern im Nahverkehr gleichzustellen, auch diese hätten vorgegebene Fahrtrouten, Termine, Ruhepausen und Geschwindigkeitsbeschränkungen einzuhalten. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 02.04.2008, 2007/08/0038, klargestellt dass es keiner ausdrücklichen Vereinbarung der persönlichen Arbeitspflicht bedürfe, wenn diese nach den Umständen der Beschäftigung zu vermuten sei.
Eine leistungsgerechte Entlohnung bewirke auch kein wirtschaftliches Risiko.
Es werde beantragt, dem Einspruch (Beschwerde) keine Folge zu geben und den bekämpften Bescheid vollinhaltlich zu bestätigen.
1.4 Mit Haftungsbescheiden vom 24.08.2009 für die Jahre 2007 und 2008 des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart, 7001 Eisenstadt, wurden die Lohnsteuer, der Dienstgeberbeitrag sowie der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag mit der im Bericht des Finanzamtes (gem § 150 BAO) vom 24.08.2009 angeführten Begründung für die dort genannten Dienstnehmer XXXX festgesetzt.
In der Begründung dieses Berichtes wird im Wesentlichen angeführt, die BF führe als Subfrächter der XXXX GmbH die Paketzustellung für die XXXX XXXX durch. Die BF unterhalte einen eigenen Fuhrpark, den sie an die jeweiligen (für sie tätigen) selbstständigen Paketzusteller vermiete. Aufgrund der getroffenen Vereinbarungen habe die Verpflichtung bestanden, auf den Fahrzeugen das Logo der XXXX Austria - Gebrüder Weiss Paketdienst GmbH anzubringen. Darüber hinaus sei auf den von den Zustellern angemieteten Fahrzeugen die Aufschrift der BF angebracht gewesen. Die Paketzusteller seien auch im Namen der BF aufgetreten. Die Paketzusteller hätten sich ihre Kunden nicht aussuchen können und das Annehmen von Fremdaufträgen sei unzulässig gewesen. Die Paketzusteller würden auch kein wirtschaftliches Risiko tragen, die Höhe des Entgeltes pro Paket sei nicht individuell vereinbart gewesen. Bei den für die BF tätigen (so genannten) selbstständigen Paketzustellern handele es sich daher um Dienstnehmer.
Weiters beschäftige die BF im Jahr 2007 zwei Arbeitnehmer, deren Tätigkeit sich mit jenen der "selbstständigen Paketzusteller" decke, außer dass jene Arbeitnehmer auch für die Abwicklung der Behördenwege zuständig seien sowie für den Transport von sperrigen Paketen. Eine Unterscheidung bezüglich der "selbstständigen Paketzusteller" zu den Arbeitnehmern könne mangels Verträge und nachweislicher Vertragsinhalte nicht genannt werden.
1.5 Gegen diese Bescheide erhob die BF, vertreten durch die Treuhand-Union Neusiedl am See Steuerberatungsgesellschat mbH, eine Berufung vom 22.09.2009 an den (damaligen) Unabhängigen Finanzsenat.
1.6 Mit einem Bescheid vom 16.08.2013, 6-SO-N4632/4-2013, des Landeshauptmannes von Burgenland wurde das Verfahren bis zur Entscheidung des (damaligen) Unabhängigen Finanzsenates ausgesetzt.
1.7 Mit dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes (vormals Unabhängigen Finanzsenates) vom 08.07.2014, XXXX, wurde die Beschwerde der BF abgewiesen und eine Revision für unzulässig erklärt.
Begründend führte das Bundesfinanzgericht aus, die Zusteller seien ausschließlich für die BF tätig gewesen und mussten in ihrem Gebiet die vom Auslieferungslager in XXXX übernommenen Pakete zustellen bzw Pakete vom Kunden abholen und auch wieder abliefern. Sie konnten nur entscheiden, in welcher Reihenfolge sie die Zustellungen oder Abordnungen in ihrem Gebiet vornehmen würden, wobei sie an die vorgegebenen Zeiten gebunden gewesen seien. Schon dadurch, dass die Zusteller die Zeiten der Beladung und der Lieferungen im Interesse der Kunden des Geschäftspartners der BF einzuhalten haben, sei eine bestimmte Arbeitszeit vorgegeben. Angesichts der Zeitvorgaben könne die Einteilung der Routen durch den jeweiligen Zusteller von einem Gestaltungsspielraum eines Zustellers in Bezug auf seine Arbeitszeit keine Rede mehr sein. Anordnungen von der BF zu erhalten spreche auch für die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung. Für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses spreche auch, dass den Zustellern die Fahrzeuge und die erforderlichen EDV-Geräte zur Verfügung gestellt worden seien, und dass die Zusteller keine Fremdaufträge annehmen durften und im Namen und auf Rechnung der BF aufgetreten seien. Die Zusteller seien im Namen der BF aufgetreten und das Entgelt für die Zustellung oder Abholung der Pakete, welches auf der Basis der zu erstellenden Wochenberichte errechnet worden sei, sei vorgegeben gewesen. Eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers werde nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch jede nach außen als auf Dauer angelegt erkennbare Tätigkeit hergestellt. Die Zusteller seien längere Zeit für die BF tätig gewesen und hätten ihre Tätigkeit im Interesse der BF ausgeführt. Die Zusteller seien somit in den betrieblichen Organismus der BF eingegliedert gewesen.
Die Zusteller konnten weder individuelle Preise vereinbaren noch an der Festlegung des Entgelts in irgendeiner Weise kalkulatorisch mitwirken. Alleine die Möglichkeit, durch die Übernahme eines größeren Einsatzgebietes die Höhe der Einnahmen zu beeinflussen, bedinge noch keine Unternehmerwagnis, wenn der jeweilige Zusteller nicht auch die mit der Leistungserbringung verbundenen Kosten tragen müsse.
Gegen ein Dienstverhältnis spreche auch nicht die Möglichkeit der Zusteller, sich die Route nach Zweckmäßigkeitsüberlegungen einteilen zu können. Dies allein sei kein Zeichen einer unternehmerischen Entscheidung, sondern Ausfluss dessen, dass typischerweise von einem Arbeitgeber nicht jeder einzelne Handgriff oder Arbeitsschritt vorgegeben werde. Das Vorliegen von Dienstverhältnissen sei auch dann nicht auszuschließen, wenn alle Zusteller Gewerbeberechtigungen besessen haben.
Unter Berücksichtigung der zu prüfenden Kriterien stehe fest, dass die ausgeübte Tätigkeit der Zusteller in ihrer äußeren Erscheinungsform dem "Tatbild" des § 47 Abs 2 EStG entspreche. Die Zusteller seien nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt der Vertragsverhältnisse im abgabenrechtlichen Sinn Arbeitnehmer der BF.
1.8 Mit einem Schreiben vom 16.07.2014 wurde der BF dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes übermittelt und ihr die Möglichkeit geboten, binnen 2 Wochen eine ergänzende Stellungnahme abzugeben.
1.9 Mit einer Eingabe vom 13.08.2014, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 20.08.2014, erstattete die BF, vertreten durch die Treuhand-Union Neusiedl am See Steuerberatungsgesellschat mbH, eine Stellungnahme mit dem Vorbringen, das Bundesfinanzgericht habe den Sachverhalt aktenwidrig angenommen, da sehr wohl schriftliche Vereinbarungen mit den Auftragnehmern vorgelegen seien. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei von den tatsächlichen Verhältnissen auszugehen. Die Auftragnehmer hätten die Verfügungsgewalt über die Fahrzeuge und würden Kosten und Risiko des Gebrauchs tragen. Es werde auch darauf verwiesen, dass bei einem freien Dienstvertrag nicht einmal Betriebsmittel vorliegen müssen. Die Lkw seien mit dem Logo der Firma XXXX beschriftet. Die Firma XXXX habe gar kein eigenes Firmenlogo. Dass die Auftragnehmer keine Leistungen für andere Auftraggeber hätten annehmen dürfen, sei eine durch nichts bewiesene Behauptung der Gebietskrankenkasse und in dieser Form schlichtweg falsch. Auch hier werde darauf verwiesen, dass bei einem freien Dienstvertrag der Auftragnehmer auch nur für einen Dienstgeber tätig werden könne. Bei den angesprochenen Rahmenbedingungen handele es sich um Vorgaben des Paketdienstes XXXX allgemein, nicht von der BF. Der Nachweis einer etwaigen Eingliederung in den betrieblichen Organismus der BF fehle. Die EDV-Geräte seien von der Firma XXXX zur Verfügung gestellt worden und sei auch die Kontrolle über die Einhaltung der Lieferzeit durch diese Firma erfolgt. Auch das Entgelt für die Zustellung sei von der XXXX und nicht durch die BF vorgegeben worden.
Für die BF habe keine Möglichkeit der Einflussnahme auf die Leistungserbringung bestanden. Tatsächlich seien von den Gesellschaftern, Herren XXXX und XXXX, keine Arbeitsanweisungen erfolgt. Ohne Weisungsgebundenheit liege kein echtes Dienstverhältnis sondern allenfalls ein freies Dienstverhältnis vor.
In der Gesamtbetrachtung sei die Begründung des BFG teilweise unschlüssig. Auf das vorliegende Verfahren lasse sich die Entscheidung nur teilweise übertragen. Für die Zwecke des Finanzamtes reiche eine Unterscheidung zwischen selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit aus. Demgegenüber sei in SV-Angelegenheiten auch zwischen echten und freien Dienstnehmern zu unterscheiden.
Im vorliegenden Fall hätten die Auftragnehmer keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Urlaub oder im Krankheitsfall und sei dies von der GPLA auch nicht festgestellt worden. Insgesamt würden eindeutig die Merkmale eines Werkvertrages und freien Dienstvertrages gegenüber jenen eines echten Dienstvertrages überwiegen.
Mangels Überwiegens der Merkmale der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit könne zwar ein freier Dienstvertrag gemäß § 4 Abs 4 ASVG vorliegen, der aber keine Gleichstellung mit Dienstnehmern im Sinne des § 4 Abs 2 ASVG und keine Pflichtversicherung nach dem ASVG nach sich ziehe.
Die Nachzahlung für Lohnsteuer sei betragsmäßig vernachlässigbar, da die Auftragnehmer bereits Einkommensteuer in entsprechender Höhe entrichtet haben. Ebenso hätten die Auftragnehmer SV-Beiträge bei der SVA bezahlt. Insofern entstehe auch hier kein Anspruch der GKK auf Nachforderung von Beiträgen.
Es sei daher erkennbar, dass im vorliegenden Fall durchwegs freie Dienstverträge gemäß § 4 Abs 4 ASVG vorgelegen seien. Daher werde von der BF ersucht, die Auftragnehmer als freie Dienstnehmer zu behandeln und folglich keine Nachforderung von Beiträgen für die BF gegenüber der GKK festzulegen da die Auftragnehmer ohnedies bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft versichert gewesen seien. Gerne sei die BF bereit, Ihre Beurteilung auch im Zuge einer mündlichen Verhandlung zu untermauern.
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
2. Zuständigkeit und verfahrensrechtliche Grundlagen:
Seit dem 01.01.2014 kann gemäß § 414 Abs 1 ASVG unter anderem gegen einen Bescheid des Versicherungsträgers in Verwaltungssachen eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.
Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG (Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 414 Abs 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Angelegenheiten nach § 410 Abs 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. ...
Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG bestimmt:
Mit 1. Jänner 2014 werden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern, das Bundesvergabeamt und der unabhängige Finanzsenat (im Folgenden: unabhängige Verwaltungsbehörden) aufgelöst; ferner werden die in der Anlage genannten Verwaltungsbehörden (im Folgenden: sonstige unabhängige Verwaltungsbehörden) aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei diesen Behörden anhängigen Verfahren sowie der bei den Aufsichtsbehörden anhängigen Verfahren über Vorstellungen (Art. 119a Abs. 5) geht auf die Verwaltungsgerichte über; dies gilt auch für die bei sonstigen Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, mit Ausnahme von Organen der Gemeinde.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des
IV. Teiles, ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen
Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3. Sachverhalt:
Die BF ist als Subfrächter der Firma XXXX GmbH für die Paketzustellung der Firma XXXX XXXX tätig. Die Zustellung der Pakete erfolgt wiederum von sogenannten "selbständigen Paketzustellern". Sowohl die Firma XXXX GmbH als auch die BF sind aufgrund ihrer mündlichen Vereinbarungen mit der Firma XXXX Austria - Gebrüder Weiss Paketdienst GmbH verpflichtet, die Fahrzeuge, mit denen die Pakete zugestellt werden, mit dem Firmenlogo der XXXX zu versehen.
Die BF unterhält einen eigenen Fuhrpark, den sie an die jeweiligen "selbständigen Paketzusteller" vermietet. Nach Wahrnehmung der Finanzprüforgane bei der GPLA sind auf diesen Fahrzeugen die Logos der Firma XXXX XXXX sowie der BF angebracht. Die "Subunternehmer" (Dienstnehmer) treten offiziell im Namen der BF auf. Sie konnten sich ihre Kunden nicht selbst aussuchen, diese wurden ihnen von der BF vorgegeben, sie waren ausschließlich für die BF tätig. Die Entlohnung erfolgte pro Paket.
Die oben Genannten besitzen einen Gewerbeschein lautend auf "Güterbeförderung unter 3,5 t", bei den angegebenen Gewerbestandorten handelt es sich durchwegs um Wohnungen bzw Wohnhäuser mit Privatnutzung.
Am Firmensitz der BF in XXXX wurde eine GPLA durch das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2008 durchgeführt und festgestellt, dass die Beschäftigung der fünf Personen das "Tatbild" des § 47 Abs 2 EStG erfülle. Gegen die entsprechenden Haftungsbescheide des Finanzamtes wurde eine Beschwerde erhoben, die das Bundesfinanzgericht abgewiesen hat.
4. Rechtliche Beurteilung:
4.1 Zum Spruchpunkt I:
Gemäß § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.
Dienstnehmer gemäß § 4 Abs 2 ASVG ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs 1 in Verbindung mit Abs 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich um
1. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit a oder b EStG 1988 oder
2. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit c EStG 1988, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen.
Gemäß § 4 Abs 2 letzter Satz gilt als Dienstnehmer jedenfalls auch, wer gemäß § 47 Abs 1 in Verbindung mit Abs 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen zahlreichen Judikaten (ua 2011/08/0165, 2010/08/0240, 2007/08/0064, 2007/08/0333, 2004/08/0087) ausgesprochen hat, liegt die wesentliche Bedeutung dieser Verweisung auf Vorschriften des Einkommensteuergesetzes darin, dass für jene Zeiträume, für welche die Lohnsteuerpflicht der betreffenden Person nach § 47 Abs 1 in Verbindung mit Abs 2 EStG 1988 mit Bescheid der Finanzbehörde festgestellt ist, damit jedenfalls auch die Sozialversicherungspflicht nach § 4 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 erster Satz ASVG bindend feststeht; gleichgültig ob ein solcher bindender Hauptfragenbescheid (im Sinne eines Feststellungsbescheides) vorliegt oder ob die über das Vorliegen der Sozialversicherungspflicht absprechende Behörde auf dem Wege einer Vorfragenlösung zur Bejahung der Lohnsteuerpflicht gelangt, ist (arg: "jedenfalls" in § 4 Abs 2 letzter Satz ASVG) schon deshalb auch die Versicherungspflicht zu bejahen (vgl VwGH 2001/08/0107, 2004/08/0066).
Wie im Sachverhalt festgestellt, hat das Bundesfinanzgericht festgestellt, dass die ausgeübte Tätigkeit der Zusteller in ihrer äußeren Erscheinungsform dem "Tatbild" des § 47 Abs 2 EStG entspricht und es sich sohin um lohnsteuerpflichtige Dienstnehmer handelt.
Das Bundesverwaltungsgericht ist als erkennende Behörde gemäß § 38 AVG an die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes gebunden, da die Vorfrage der Lohnsteuerpflicht als Hauptfrage bereits entschieden worden ist. Eine eigene Beurteilung durch das Bundesverwaltungsgericht ist nicht mehr zulässig.
Insofern erübrigt es sich, auf das Vorbringen in der ergänzenden Stellungnahme der BF bezüglich des Vorliegens der Dienstnehmereigenschaft gemäß § 4 Abs 4 ASVG einzugehen.
Bezüglich des Vorbringens, die Nachzahlung für Lohnsteuer sei vernachlässigbar, da die Auftragnehmer bereits Einkommensteuer in entsprechender Höhe entrichtet hätten, sei die BF darauf hingewiesen, dass dies an der steuerlichen Einordnung der Tätigkeit der fünf oben genannten Personen nichts ändert: § 4 Abs 2 ASVG verlangt nur das Vorliegen der Lohnsteuerpflicht, nicht aber, dass es tatsächlich zur Erhebung der Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn gekommen ist. Auch wenn die Lohnsteuerschuld nicht vorliegen würde, da der Betrag durch die Einkommensteuer "ausgeglichen" wäre, würde dies nichts daran ändern, dass laut rechtskräftiger Entscheidung des BFG das Tatbild des § 47 Abs 2 EStG erfüllt ist und damit eine Bindung im sozialversicherungsrechtlichen Sinn vorliegt (vgl VwGH 2007/08/0064).
Der Beitragsschuldner gemäß dem GSVG ist der Selbstständige, gemäß dem ASVG der Dienstgeber (vgl § 58 Abs 2 ASVG). Der Beitragsschuldner hat die Beiträge an den zuständigen Träger der Krankenversicherung einzuzahlen (vgl § 58 Abs 4 ASVG), der Selbstständige an die SVA der gewerblichen Wirtschaft (vgl § 15 Abs 1 iVm 35 Abs 1 GSVG). Bereits aufgrund dieser grundlegenden Unterschiede geht auch das Vorbringen der BF ins Leere, es würde kein Anspruch der GKK auf Nachforderung der Beiträge vorliegen, da diese bereits von den "Auftragnehmern" an die SVA entrichtet worden seien.
4.2 Zum Spruchpunkt II:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall gibt es eine gesicherte Rechtsprechung zu den anzuwendenden Bestimmungen va zur Bindung der Versicherungspflicht an die Lohnsteuerpflicht gemäß § 4 Abs 2 letzter Satz ASVG, welche als einheitlich zu beurteilen ist und weicht die vorliegende Entscheidung von der auch in der rechtlichen Beurteilung angeführten Judikatur (unter Pkt 3.1) nicht ab.
Aus diesen Gründen war die Revision nicht zuzulassen.
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