BVwG W138 2200339-1

BVwGW138 2200339-112.7.2018

BVergG 2006 §118
BVergG 2006 §2 Z16 lita
BVergG 2006 §2 Z8
BVergG 2006 §291
BVergG 2006 §292 Abs1
BVergG 2006 §3 Abs1 Z2
BVergG 2006 §312 Abs2
BVergG 2006 §320 Abs1
BVergG 2006 §328 Abs1
BVergG 2006 §328 Abs2
BVergG 2006 §329 Abs1
BVergG 2006 §329 Abs3
BVergG 2006 §329 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
B-VG Art.133 Abs9
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W138.2200339.1.00

 

Spruch:

W138 2200339-1/2E

 

BESCHLUSS

 

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Klaus HOCHSTEINER im Verfahren zu Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "Flächendesinfektionsmittel" der Auftraggeberin Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert-Stifter-Straße 65, 1200 Wien, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte OG, Bartensteingasse 2, 1010 Wien, aufgrund des Antrages der XXXX , vertreten durch Leitner Trischler Rechtsanwälte, Lindengasse 38/3, 1070 Wien vom 06.07.2018:

 

A)

 

Dem Antrag "das BVwG möge unverzüglich zu dem in Abschnitt I näher bezeichneten Vergabeverfahren für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens eine einstweilige Verfügung erlassen, in welcher den Auftraggebern bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren betreffend das Vergabeverfahren Flächendesinfektionsmittel, PRNR 2018-18, WA115884/9020 die Angebotsöffnung sowie die Fortführung dieses Vergabeverfahrens untersagt wird sowie den Lauf der Frist zur Abgabe von Angeboten auszusetzen" wird dahingehend stattgegeben, als im verfahrensgegenständlichen Vergabeverfahren für die Dauer des gegenständlichen Nachprüfungsverfahrens der Lauf der Angebotsfrist ausgesetzt wird.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG nicht zulässig.

 

BEGRÜNDUNG:

 

I. Vorbringen der Parteien/Verfahrensgang:

 

Mit Schriftsatz vom 06.07.2018, am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt, stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in Verbindung mit einem Antrag auf Nichtigerklärung der Ausschreibung bzw. einzelner Ausschreibungsbestimmungen. Weiters beantragte die Antragstellerin die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, Einsicht in den Vergabeakt sowie den Ersatz der von ihr entrichteten Pauschalgebühren. Begründend führte die Antragstellerin zusammengefasst im Wesentlichen aus:

 

Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt habe mit EU-weiter Bekanntmachung vom 05.06.2017 ein offenes Verfahren im Oberschwellenbereich zum Abschluss eines Liefervertrages zwecks Beschaffung von Flächendesinfektionsmitteln eingeleitet. Bekämpft werde die Ausschreibungsunterlage der Auftraggeberin die gem. § 2 Abs. 16 lit. a sublit.aa BVergG gesondert anfechtbar sei. Die Angebotsfrist ende am 16.07.2018. Die Antragstellung sei daher rechtzeitig erfolgt.

 

Am 25.06.2018 seien von der Antragstellerin an die Auftraggeberin mehrere Fragen gerichtet worden und es sei um Streichung rechtswidriger Ausschreibungsbestandteile ersucht worden. Die Auftraggeberin habe zwar die Fragen beantwortet, jedoch an den rechtswidrigen Bedingungen festgehalten. Die Antragstellerin habe ihr Interesse am Vertragsabschluss durch herunterladen der Ausschreibungsunterlagen am 08.06.2018 bekundet. Das Interesse der Antragstellerin ergebe sich daraus, dass zu befürchten sei, dass die Antragstellerin an der Teilnahme im gegenständlichen Vergabeverfahren gehindert und ihre Chance als Bestbieterin hervorzugehen vereitelt werde. Zudem drohe ihr ein Schaden. Bei vergabekonformer Vorgangsweise der Auftraggeberin seien näher bezeichnete Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen von der Auftraggeberin abzuändern bzw. vom BVwG für nichtig zu erklären. Die Antragstellerin werde durch die vergaberechtswidrige Vorgangsweise der Auftraggeberin in näher bezeichneten Rechten verletzt.

 

Als Rechtswidrigkeiten werden geltend gemacht, dass die für Los 3, Los 4 und Los 5, als Mindestkriterium geforderte Haltbarkeit von mindestens drei Monaten nach Anbruch der Packung, nicht marktüblich sei. Die normale Haltbarkeit solcher Produkte liege zwischen 20 und 28 Tagen. Die Bestimmung sei diskriminierend und begünstige einen Bieter.

 

Sowohl beim Los 3 als auch beim Los 4 werde als Mindestkriterium verlangt, dass die vorgetränkten, gebrauchsfertigen Desinfektionstücher mit geringem Alkoholgehalt (25 % bis 35 % Alkohol) zur Schnelldesinfektion geeignet sein müssten. Es gebe jedoch keinen sachlichen Grund für die Einschränkung auf eben diesen Alkoholgehalt. Mit dieser Beschränkung solle ein bestimmter Bieter begünstigt werden.

 

Bei allen Losen werde ein maximaler Inhalt pro Verpackungseinheit vorgegeben. Eine sachliche Rechtfertigung hierfür existiere nicht. Es sei für die Auftraggeberin völlig irrelevant, mit welchen Verpackungseinheiten sie beliefert werde. Es solle damit derjenige Bieter begünstigt werden, der exakt diese Packungsgröße in seinem Sortiment habe.

 

Beim Los 3 werde verlangt, dass der Klickverschluss bestimmte nähere Dimensionierungen aufweise. Die Größe des Klickverschlusses sei nicht marktüblich. Es handle sich dabei um eine Größe, die nur ein Bieter liefere und diene ohne sachliche Rechtfertigung dazu einen Bieter zu bevorzugen.

 

Im Los 3, 4 und 5 werde eine Mindestfläche definiert zu deren Desinfektion das Tuch geeignet sein müsse. Es handle sich hierbei um eine unvollständige Leistungsbeschreibung, weil eine solche Angabe ohne Kenntnis der Oberfläche nicht gemacht werden könne.

 

Die Kriterien der Lose 3,4 und 5 seien auf einen Bieter maßgeschneidert.

 

Im Los 8 werde für das Vliestuch gefordert, dass dieses für eine Wischdesinfektion mit VAH und/oder ÖGHMP gelisteten Flächendesinfektionsmitteln geeignet sein müsse. Dies müsse vorher getestet und vom Bieter bescheinigt werden. Innerhalb von 41 Tagen sei es jedoch zeitlich nicht möglich, sämtliche der gelisteten Flächendesinfektionsmittel zu testen. Das Kriterium sei sachlich nicht gerechtfertigt.

 

Innerhalb des Loses 3, 5 und 8 fände sich das Mindestkriterium, dass das Vliestuch "reißfest, formstabil und fusselfrei" sein müsse. Diese Leistungsbeschreibung sei unvollständig, da völlig unklar sei was der Bieter liefern solle.

 

Gemäß Punkt 4. der besonderen Bedingungen sei der Abschluss eines unbefristeten Vertrages beabsichtigt. Für den Fall, dass dieser nicht unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten gekündigt werde, verlängere sich dieser automatisch jeweils um ein weiteres Jahr. Es liege sohin völlig im Belieben der (künftigen) Vertragspartner, wie lange der Vertrag aufrecht sein solle. Dies widerspreche den Grundwertungen des Bundesvergabegesetzes. In der Bekanntmachung sei zudem die Vertragsdauer mit 48 Monaten angegeben worden. Die nunmehr gewollte unbefristete Vertragsdauer sei daher rechtswidrig.

 

Gemäß Punkt 7 der besonderen Bedingungen habe die Auftragnehmerin für den Fall, dass Überbezüge erforderlich sein sollten, die volle Liefergarantie zu übernehmen. Es sei nicht klar, ob und wenn ja zu welchen Überbezügen es komme. Der Bieter werde daher zur Übernahme unkalkulierbarer Risiken genötigt. Dies sei rechtswidrig.

 

Gemäß Punkt 40 der Allgemeinen Bedingungen verpflichte sich die Auftragnehmerin gesunkene Listenpreise an die Auftraggeberin weiterzugeben. Die Möglichkeit bzw. Absicherung der Auftragnehmerin die Preise auch nach oben anzupassen, wenn die Listenpreise steigen, sei nicht vorgesehen. Dies sei eine Nötigung zur Übernahme unkalkulierbarer Risiken und daher rechtswidrig.

 

Bezüglich des Antrages auf Erlassung der einstweiligen Verfügung führte die Antragstellerin im Wesentlichen aus, dass die beantragte Aussetzung der Angebotsfrist zwingend erforderlich sei, weil die Auftraggeberin mit Erteilung des Zuschlages sowie dem Abschluss des Liefervertrages unumkehrbare Tatsachen schaffen könnte, die von der Antragstellerin mit den Mitteln des BVergG nicht mehr beseitigt werden könnten. In der vorliegenden Konstellation würden die Interessen der Antragstellerin auf Beseitigung der von der Auftraggeberin zu verantwortenden Vergabeverstöße bei Weitem gegenüber allfälligen nachteiligen Folgen einer derartigen Maßnahme für die Auftraggeberin überwiegen. Es seien keine besonderen Interessen der Auftraggeberin ersichtlich, die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechen würden. Besondere öffentliche Interessen die für eine Fortführung des Vergabeverfahrens vor der rechtskräftigen Sachentscheidung durch das BVwG sprechen könnten, seien ebenfalls nicht ersichtlich.

 

Am 10.07.2018 erteilte die Auftraggeberin allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren und sprach sich ausdrücklich nicht gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung aus, mit welcher die Angebotsfrist für die gesetzlich vorgesehene Dauer des Nachprüfungsverfahrens von sechs Wochen nach Einlangen des Nachprüfungsantrages ausgesetzt wird. Den Anträgen auf Untersagung der Angebotsöffnung sowie der Fortführung dieses Vergabeverfahrens sei jedoch nicht stattzugeben.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Sachverhalt:

 

Aufgrund der vorgelegten Stellungnahme, der bezugnehmenden Beilagen und der Unterlagen des Vergabeverfahrens wird im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:

 

Auftraggeberin ist die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt. Diese schrieb im Juni 2018 in einer EU-weiten Bekanntmachung ein offenes Verfahren im Oberschwellenbereich zum Abschluss eines Liefervertrages zwecks Beschaffung von Flächendesinfektionsmitteln aus. (EU-weite Bekanntmachung vom 05.06.2018, WA115884/9020).

 

Der gegenständliche Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, verbunden mit einem Nachprüfungsantrag wurde am 06.07.2018 beim Bundesverwaltungsgericht fristgerecht eingebracht. Die Antragstellerin entrichtete die erforderlichen Pauschalgebühren. Es wurde weder der Zuschlag erteilt noch eine Widerrufsentscheidung bekannt gegeben, oder der Widerruf erklärt.

 

2. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A)

 

1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und Zulässigkeit des Antrages

 

Auftraggeberin iSd § 2 Z 8 BVergG ist die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt. Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, ist öffentliche Auftraggeberin gem. § 3 Abs. 1 Z 2 BVergG (siehe ua BVA vom 7. November 2011, N/0094-BVA/06/2011-26; BVA vom 3. Februar 2009, N/0171- BVA/04/2008-23). Daraus resultiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Entscheidung im gegenständlichen Vergabekontrollverfahren. Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 312 Abs. 2 BVergG ist sohin gegeben. Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberin das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gem. § 312 Abs. 2 BVergG zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen der Auftraggeberin und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.

 

Schließlich geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 320 BVergG nicht offensichtlich fehlen. Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gem. § 328 Abs. 1 BVergG zulässig ist, wobei auch die Voraussetzungen des § 328 Abs. 2 BVergG vorliegen. Pauschalgebühr wurde in ausreichendem Umfang bezahlt.

 

2. Inhaltliche Beurteilung des Antrages:

 

Gemäß § 328 Abs. 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 328 Abs. 2 Z 5 BVergG hat der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ua die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme zu enthalten.

 

Gemäß § 329 Abs. 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

 

Gemäß § 329 Abs. 3 BVergG können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

 

Gemäß § 329 Abs. 4 BVergG ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.

 

Die Antragstellerin behauptet die Rechtswidrigkeit der gegenständlichen Ausschreibung bzw. einzelner Festlegungen der Ausschreibung. Diese Behauptung erscheint zumindest nicht denkunmöglich. Über die inhaltliche Begründetheit ist im Provisorialverfahren nicht abzusprechen. Diese wird im Hauptverfahren durch den zuständigen Senat zu beurteilen sein.

 

Da somit zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden kann, dass die von der Antragstellerin geltend gemachten Rechtswidrigkeiten (zumindest teilweise) zutreffen und hierdurch eine erfolgreiche Beteiligung erschwert wird, droht der Antragstellerin durch die Fortsetzung des Vergabeverfahrens der Entgang des Auftrags mit allen daraus erwachsenden Nachteilen. Um derartigen Schaden abzuwenden, ist es erforderlich, das Vergabeverfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesverwaltungsgericht in einem Stand zu halten, der die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht ins Leere laufen lässt und der die Teilnahme an einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren und damit die grundsätzliche Möglichkeit der Auftragserteilung im Rahmen eines rechtskonformen Vergabeverfahrens über die hier verfahrensgegenständlichen Leistungen an die Antragstellerin wahrt (siehe zum Zweck einer einstweiligen Verfügung auch EBRV 1171 BlgNr XXII. GP 141).

 

Im Rahmen der Interessenabwägung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin auch auf den Verlust eines wichtigen Referenzprojekts verweist. Beim Verlust eines Referenzprojekts handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um einen im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigenden (Vermögens)Nachteil (VwGH 14.04.2011, 2008/04/0065; BVwG 20.03.2014, W139 2003185-1/11E uva).

 

Darüber hinaus ist im Rahmen der Interessenabwägung insbesondere auch auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs hinsichtlich des Vorrangs des primären - durch Nichtigerklärung rechtswidriger Auftraggeberentscheidungen zu gewährleistenden - Rechtsschutzes (EuGH 28.10.1999, Rs C-81/98 , Alcatel Austria AG ua; 18.06.2002, Rs C-92/00 , Hospital Ingenieure Krankenhaustechnik Planungs-Gesellschaft mbH) sowie die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs, wonach im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter ein öffentliches Interesse liegt (VfGH 25.10.2002, B1369/01; siehe insb. bereits BVA 25.01.2002, N-128/01-45 uvm), Bedacht zu nehmen.

 

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung hat ein gewissenhafter Auftraggeber die durch die Einleitung von Vergabekontrollverfahren allenfalls eintretenden zeitlichen Verzögerungen und einen eventuellen finanziellen Mehraufwand schon bei seiner Ablaufplanung einzukalkulieren und zu berücksichtigen. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung ein finanzieller Mehraufwand bedingt sein kann. An dieser Stelle sei auch auf die Empfehlung des Rechnungshofes hingewiesen, Szenarien auszuarbeiten, um auf etwaige Terminverzögerungen flexibel reagieren zu können. Damit sollte verhindert werden, dass Terminverzögerungen automatisch große Kostenauswirkungen verursachen.

 

Unter Zugrundelegung obiger Überlegungen und insbesondere des Aspekts des auch im gegenständlichen Vergabeverfahren maßgeblichen Gemeinschaftsrechtes, wonach im Zweifel dem provisorischen Rechtsschutz Vorrang einzuräumen ist, erscheint ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 329 Abs. 1 BVergG nicht gegeben, sondern ist vielmehr das Interesse der Antragstellerin an der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung der Auftraggeberin als überwiegend anzusehen, weswegen die im Spruch ersichtliche Sicherungsmaßnahme als gelindeste noch zum Ziel führende Maßnahme iSd § 329 Abs. 3 BVergG auszusprechen war (R. Madl in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4, Rz 2220).

 

Bei der verfügten Aussetzung des Laufs der Angebotsfrist handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung der Vergabekontrolle um eine notwendige und geeignete Maßnahme, um den aufgezeigten Schaden hintanzuhalten (siehe ua BVwG 07.08.2017, W187 2165912-1/2E; BVwG 15.12.2016, W138 2141684-1/2E; BVwG 30.05.2014, W139 2008219-1/11E; zur Fortlaufhemmung bereits BVA 11.12.2012, N/0113-BVA/12/2012-EV7). Dabei handelt es sich auch um die gelindeste noch zum Ziel führende Maßnahme iSd § 329 Abs. 3 BVergG. Für den Fall, dass tatsächlich nur einzelne Ausschreibungsfestlegungen gestrichen werden können, wäre hiermit nämlich, durchaus auch im Interesse der Auftraggeberin liegend, das Fortführen des Vergabeverfahrens auf der Basis der geänderten Ausschreibungsbestimmungen gewährleistet (BVA 07.11.2013, N/0108-BVA/04/2013-EV6; BVA 23.05.2013, N/0043-BVA/11/2013-EV6 uva). Eine Öffnung allfälliger Angebote kommt daher bereits insofern nicht in Betracht, zumal sich dies aus § 118 BVergG ohnedies ergibt, da Angebote erst nach Ablauf der Angebotsfrist, welche gegenständlich ausgesetzt wird, geöffnet werden dürfen.

 

Zur Dauer der Provisorialmaßnahme ist auszuführen, dass eine einstweilige Verfügung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens nach derzeit herrschender Rechtsprechung gemäß § 329 Abs. 4 BVergG als hinreichend befristet zu bewerten ist. Der Auftraggeber ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichts davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. (ua BVwG 07.08.2017, W187 2165912-1/2E; BVwG 15.12.2016, W138 2141684-1/2E; BVwG 23.10.2014, W114 2013254-1/6E; siehe auch VwGH 10. 12. 2007, AW 2007/04/0054).

 

Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.

 

Zu B)

 

Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu VwGH 06.11.2002, 2002/04/0138;

30.06.2004, 2004/04/0028; 01.02.2005, 2005/04/0004; 29.06.2005, 2005/04/0024; 24.02.2006, 2004/04/0127; 01.03.2007, 2005/04/0239;

27.06.2007, 2005/04/0254; 29.02.2008, 2008/04/0019; 14.01.2009, 2008/04/0143; 14.04.2011, 2008/04/0065; 22.06.2011, 2009/04/0128;

29.09.2011, 2011/04/0153; 10.12.2007, AW 2007/04/0054) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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