BDG 1979 §44 Abs1
BDG 1979 §48 Abs1
BDG 1979 §93 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2 Z2
BDG 1979 §134 Z1
BDG 1979 §44 Abs1
BDG 1979 §48 Abs1
BDG 1979 §93 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2 Z2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W136.2126172.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Anton LASCHALT und Mag. Anton LERCHNER als Beisitzer in der Disziplinarsache gegen XXXX, vertreten durch RAe Dr. Leitner & Dr. Trischler, Lindengasse 38/3, 1070 Wien über die Beschwerde der Disziplinaranwältin XXXX gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, vom 16.03.2016, GZ DK-1/60-III/14, betreffend Freispruch nach mündlicher Verhandlung am 06.10.2016 zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Z 2 VwGVG Folge gegeben und
der bekämpfte Bescheid insoweit abgeändert, als dieser lautet:
"XXXX ist schuldig,
er war dadurch, dass er entgegen der schriftlichen Weisung der Dienstbehörde vom 27. November 2013 seinen Dienst am 2. Dezember 2013 nicht antrat, sondern stattdessen eine ärztliche Bescheinigung vom 2. Dezember 2013 vorlegte, von der er zu diesem Zeitpunkt hätte wissen müssen, dass diese - ebenso wie die von ihm in weiterer Folge vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen - seine Abwesenheit nicht mehr rechtfertigen, von 2. Dezember 2013 bis 16. November 2014 ungerechtfertigt vom Dienst abwesend und hat dadurch seine Dienstpflicht gemäß § 48 Abs. 1 BDG 1979, die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten, gemäß § 91 BDG 1979 schuldhaft verletzt.
Über XXXX wird gemäß § 134 Z 1 BDG 1979 die Disziplinarstrafe des Verweises verhängt."
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Der Disziplinarbeschuldigte XXXX, geboren am 25.06.XXXX (in weiterer Folge DB) steht seit 1986 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war zuletzt im Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) im Vermessungsamt XXXX als Referent (Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 2) tätig.
2.1. Seit 15. Juni 2010 befand sich der DB im Krankenstand und beantragte mit Schreiben vom 01.10.2010 seine Ruhestandsversetzung. Nachdem im Ruhestandsversetzungsverfahren die Dienstfähigkeit des DB festgestellt wurde, wurde dieser erstmals im Juli 2011 von der Dienstbehörde zum Dienstantritt aufgefordert. Nachdem der DB seinen Dienst nicht antrat, sondern neue Facharztbescheinigungen hinsichtlich seiner Dienstunfähigkeit bzw. Krankheit vorlegte, wurde er nach Einholung weiterer Gutachten im August 2012 von der Dienstbehörde erneut zum Dienstantritt aufgefordert, trat diesen jedoch unter gleichzeitiger Vorlage einer Krankenstandbestätigung nicht an. Im August 2013 wurde der DB, nach neuerlicher Dienstfähigkeitsuntersuchung das dritte Mal aufgefordert seinen Dienst anzutreten und schließlich, nachdem er wiederum eine fachärztliche Bescheinigung über seine Arbeitsunfähigkeit vorlegt hatte, im Oktober 2013 der vierten fachärztlichen Begutachtung zugeführt, die - wie bereits die vorherigen - ergab, dass der DB trotz seiner psychischen Erkrankung in der Lage wäre, seine bisherigen Tätigkeiten im Vermessungsamt weiter auszuüben.
2.2. Dies, insbesondere auch das Ergebnis der vierten Untersuchung samt Gutachten vom 06.11.2013, wurde dem DB mit Schreiben der Dienstbehörde vom 27.11.2016 mitgeteilt und er zum unverzüglichen Dienstantritt aufgefordert und weiters mitgeteilt, dass bei Nichtantritt des Dienstes Maßnahmen wegen ungerechtfertigter Abwesenheit ergriffen werden würden. Wie in allen früheren Aufforderungsschreiben zum Dienstantritt wurde auch mit diesem Schreiben dem DB mitgeteilt, dass er, falls ihm ein Dienstantritt aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich sei, er ein fachärztliches Gutachten für sein Fernbleiben vorzulegen habe.
Der DB trat seinen Dienst nicht an, sondern meldete sich am 02.12.2013 telefonisch krank und übergab ein paar Tage später seinem Dienstvorgesetzten im Kaffeehaus in der Nähe seiner Dienststelle eine fachärztliche Bescheinigung seiner behandelnden Ärztin (FA für Neurologie und Psychiatrie), wonach er nicht dienstfähig sei. Die Bescheinigung ist im Wesentlichen gleichlautend mit einer früheren Bescheinigung vom September 2013, aufgrund derer der DB nochmals zur Untersuchung geladen wurde.
2.3. Nachdem dem DB im Dezember 2013 seitens der Dienstbehörde mitgeteilt wurde, dass diese beabsichtige, den Entfall seiner Bezüge wegen ungerechtfertigter Abwesenheit vom Dienst vorzusehen, wurde dies, nachdem der DB darauf nicht reagiert hatte, mit Bescheid des BEV vom 10.01.2014 ab dem 30.11.2013 bis auf weiteres verfügt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des DB wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. August 2014 als unbegründet abgewiesen. Die dagegen erhobene außerordentliche Revision des DB wurde vom Verwaltungsgerichthof mit Erkenntnis vom 20.10.2014, GZ Ra 2014/12/0014, zurückgewiesen. Zum gegenständlichen Erkenntnis erging folgender Rechtssatz:
"Soweit der Revisionswerber aus § 52 BDG 1979 eine Verpflichtung der Dienstbehörde bzw. in der Folge des VwG zur Verfügung einer neuerlichen Untersuchung abzuleiten versucht, ist ihm entgegenzuhalten, dass nach dem klaren Wortlaut (vgl. B 20. Oktober 2014, Ra 2014/12/0007) beider Absätze (arg.: "Bestehen berechtigte Zweifel..." bzw.: "Der infolge Krankheit, Unfalls oder Gebrechens vom Dienst abwesende Beamte....") jedenfalls auf Grundlage dieser Gesetzesbestimmung weitere Untersuchungen dann nicht (mehr) anzuordnen sind, wenn die Behörde bereits zur Überzeugung gelangt ist, dass Dienstfähigkeit vorliegt."
2.4. Im September 2014 erstattete die Dienstbehörde nach Rechtskraft des vorangeführten Erkenntnisses des BVwG Disziplinaranzeige. Der DB trat am 17.11.2014 seinen Dienst in Form eines Erholungsurlaubes an, meldete sich mit 18.11.2014 erneut krank und befand sich bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand mit Wirkung vom 01.01.2016 abermals durchgehend im Krankenstand. Im Februar 2015 fasste die belangte Behörde im Gegenstand einen Einleitungsbeschluss.
2.5. In weiterer Folge bestellte die Dienstbehörde im September 2015 über Ersuchen der belangten Behörde Univ.Prof. Dr. XXXX, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, zum Sachverständigen, um einerseits die Dienstfähigkeit des DB im Zeitraum 02.12.2013 bis 16.11.2014 im Hinblick auf seine disziplinarrechtliche Verantwortlichkeit abzuklären und für den Fall der gegebenen Dienstunfähigkeit weiters die Schuldfähigkeit des DB im genannten Zeitraum zu klären. Überdies sollte sich der bestellte Gutachter dazu äußern, ob der Gesundheitszustand des DB es ihm unmöglich gemacht habe, der Beurteilung seines Gesundheitszustandes durch die BVA in geeigneter Form entgegen zu treten.
3. Nach Vorlage des vorangeführten Gutachtens im Dezember 2015 sprach die belangte Behörde mit dem bekämpften Bescheid den DB vom Vorwurf der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst vom 02.12.2013 bis 16.11.2014 frei.
Begründend wurde auf das Wesentliche zusammengefasst ausgeführt, dass die belangte Behörde aufgrund des nunmehr vorliegenden Gutachtens von Univ.Prof. XXXX davon ausgehe, dass der DB im fraglichen Zeitraum tatsächlich nicht dienstfähig gewesen sei. Zwar habe der DB der schriftlichen Weisung der Dienstbehörde, entweder den Dienst unverzüglich anzutreten oder aber ein fachärztliches Gutachten als Begründung für sein Fernbleiben nicht Folge geleistet, da er nur einen "Befundbericht" seiner behandelnden Fachärztin vorgelegt habe, der überdies wortident mit einem im September 2013 vorgelegten Befund sei, doch habe sich der DB diesbezüglich in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befunden. Der DB habe nämlich geglaubt, dass er entweder seinen Dienst antreten müsse oder aber wieder - wie schon bisher - eine Krankenstandbestätigung vorlegen müsse, um keine Dienstpflichtverletzung zu begehen. Dieser Irrtum beruhe nicht auf Fahrlässigkeit, weil die Dienstbehörde die ersten drei Mal nach der Aufforderung zum Dienstantritt jedes Mal die erneut vom DB vorgelegten Krankenstandbestätigungen akzeptiert hätte und bei der Aufforderung vom November 2013 auch der Dienstvorgesetzte des DB diesem gegenüber die Meinung vertreten habe, dass die erneut vorgelegte Bescheinigung ausreichend sei, um das Fernbleiben des DB vom Dienst zu rechtfertigen.
4. Gegen dieses freisprechende Disziplinarerkenntnis erhob die Disziplinaranwältin beim BMWFW (im Folgenden kurz DA) rechtzeitig Beschwerde.
Begründend wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde eine unrichtige Beweiswürdigung sowie eine unrichtige rechtliche Beurteilung die Dienstfähigkeit des DB betreffend vorgenommen habe. Das Gutachten von Univ. Prof. XXXX sei nicht schlüssig, da dieser nicht dargelegt habe, wieso er im Ergebnis den Gutachten der behandelnden Stellen, die von einer Arbeitsunfähigkeit ausgehen, gefolgt wäre, wohingegen die begutachtenden Stellen davon ausgegangen wären, dass der DB in der Lage wäre, die ihm zugewiesenen Aufgaben seines Arbeitsplatzes zu besorgen. Insbesondere könne nicht erkannt werden, dass dem Gutachten dieses Facharztes, das etwa zwei Jahre nach dem tatgegenständlichen Zeitraum erstellt wurde, eine höherer Stellenwert zukäme, als jenem Gutachten über den Gesundheitszustand des DB, das Zeitnah zum Tatzeitpunkt erstellt worden seien.
Unrichtig beurteilt habe die belangte Behörde weiters die Frage der Nichtvorlage eines fachärztlichen Gutachtens. Anders als früher habe der DB nämlich nicht mehr darauf vertrauen können, dass die Dienstbehörde weiter ihre frühere Gepflogenheit beibehalte, die neuerlichen Bescheinigungen über die Krankheit des DB trotz Aufforderung zum Dienstantritt zu akzeptieren, habe sie doch nunmehr mit Schreiben vom 09.12.2013 ausdrücklich die Bezugseinstellung angekündigt. Spätestens mit diesem Schreiben habe dem DB bewusst sein müssen, dass die von ihm vorgelegten Befundberichte nicht mehr seine Abwesenheit vom Dienst im Sinne des § 51 BDG 1979 rechtfertigen. Überdies sei ein Rechtsirrtum dem Beamten jedenfalls dann vorwerfbar, wenn er sich auf die im BDG 1979 normierten Straftatbestände beziehe, bestehe doch hier eine Informationspflicht des Beamten. Dieser sei er jedenfalls auch nicht dadurch nachgekommen, dass er sich bei seinem Vorgesetzten erkundigt bzw. versichert habe, dass die Vorlage des Befundberichtes ausreichend sei, sondern hätte er sich bei der Dienstbehörde zu erkundigen gehabt. Beantragte wurde ein Schuldspruch im Sinne des Einleitungsbeschlusses sowie eine schuld- und tatangemessene Bestrafung unter Berücksichtigung generalpräventiver Erwägungen.
5.1. Mit Note vom 16.05.2014 übermittelte die belangte Behörde die verfahrensgegenständlichen Beschwerden samt den bezughabenden Verwaltungsakten.
5.2. Nach Mitteilung der Beschwerde durch das BVwG an den DB beantragte dieser mit Schriftsatz vom 07.07.2016 die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Abweisung der Beschwerde. Ausgeführt wurde, dass die eingeholten Gutachten der BVA nicht einmal als Sachverständigengutachten zu qualifizieren wären, da die BVA nicht zuständig und befugt, wäre, die Dienstunfähigkeit eines Beamten zu beurteilen. Bei der Frage der Beweiswürdigung sei zu beachten, dass die BVA der Dienstbehörde weit näher stünde und daher "ihrer Sphäre" zuzuordnen sei. Auch sei nicht einsichtig ist, weshalb die Disziplinaranwältin sich in einer nunmehrigen Beschwerde gegen das Gutachten des Dr. XXXX respektive gegen dessen Heranziehung als relevantes Beweismittel wehre, im Disziplinarverfahren selbst jedoch keinen Einwand gegen die Einholung des Gutachtens und in weiterer Folge auch nicht gegen das Gutachten selbst erhoben habe. Weiters sei die rechtliche Würdigung der ersten Instanz die Nichtvorlage eines fachärztlichen Gutachtens betreffend nicht zu beanstanden. Aus dem in Punkt 8.2. des Disziplinarerkenntnisses dargelegten Verhalten des Beschuldigten sei das festgestellte fehlende Unrechtsbewusstsein klar ersichtlich. Darüber hinaus sei er vom Dienstvorgesetzten bei seiner Vorgehensweise, unterstützt und verstärkt worden. Es wäre daher nicht auf die "Erkundungspflicht" des Beschuldigten, sondern im Gegenteil auf eine allfällige Manuduktionspflicht des Dienstvorgesetzten zu verweisen. Offenbar sei aber nicht mal diesem erkennbar gewesen, dass die Behörde entgegen der geübten Praxis zuvor ein völlig anderes Vorgehen vom Beschuldigten erwartet hätte. Nur so sei es zu erklären, dass der Dienstvorgesetzte selbst, sogar schriftlich mit E-Mail vom 10. Dezember 2013, gegenüber der Dienstbehörde klargestellt habe, dass das Verhalten des Beschuldigten - also die telefonische Krankmeldung und die Übergabe des fachärztlichen Befundberichtes am 2. und 5. Dezember 2013 - jedenfalls korrekt gewesen wäre. Zudem sei normiert, dass der Beamte seinen Vorgesetzten die ärztliche Bescheinigung vorzulegen hat. Daraus wiederum könne nur gefolgt werden, dass es auch am Vorgesetzten gewesen wäre, dem Beschuldigten mitzuteilen, dass eben die vorgelegte ärztliche Bescheinigung keine solche (rechtfertigende) Bescheinigung im Sinne des § 51 Abs. 2 BDG sei.
Die Einholung eines weiteren medizinischen Sachverständigengutachtens sowie die Wiederholung der Zeugenaussagen des Beschuldigten sowie dessen ehemaligen Vorgesetzten wurden beantragt.
6. Am 06.10.2016 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit der beschwerdeführenden Partei, der belangten Behörde und des Rechtsvertreters des DB eine mündliche Verhandlung statt. Der zur Verhandlung geladene DB erschien infolge urlaubsbedingter Ortsabwesenheit nicht, weshalb die mündliche Verhandlung ohne ihn durchgeführt wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1.1. Die dem DB an seinem Arbeitsplatz im Vermessungsamt zugewiesenen Aufgaben waren Folgende:
Mitwirkung beim digitalen Landschaftsmodell (Führung des Katasters) und Erhaltung/Modernisierung des Festpunktfeldes, Sicherstellung aktueller topologischer Geobasisdaten, Erhaltung eines praxisgerechten Festpunktfeldes durch physische Stabilisierung in der Natur
1.2. Der DB hat seit Mitte Juni 2010 bis zu seiner Ruhestandsversetzung mit 01.01.2016 nicht Dienst versehen.
1.3. Die beim DB in diesem Zeitraum vorliegenden neurologisch-psychiatrisch fachärztlich diagnostizierten Krankheiten bzw. krankheitswertigen Störungen, die empfohlenen Therapien sowie die gutachterliche Einschätzung der Möglichkeiten, die am Arbeitsplatz zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen, sind Folgende:
1.3.1. Arterielle Hypertonie, venöse Insuffizienz der rechten unteren Extremität, leichte Depression, Anpassungsstörung bei vorbestehender narzisstischer Persönlichkeit, Psychotherapie und Gewichtsreduktion empfohlen, keine Einschränkung der bestehenden Tätigkeiten am Arbeitsplatz, jedoch weitere Krankenstände vorhersehbar wegen Spannung zwischen Persönlichkeit DB und Exponat am Arbeitsplatz (15.03.2011)
1.3.2. Leichte depressive Episode mit psychosomatischen Symptomen, mildes Carpaltunnelsydrom, Adipositas, psychische Belastbarkeit, Ausdauer und Leistungsfähigkeit leicht herabgesetzt, Reste eines Erschöpfungssyndroms, akzentuierte Persönlichkeit iS eines erhöhten Geltungsbedürfnisses, keine Biorhythmusstörung keine Selbst- oder Fremdgefährdung, für geregelte Tätigkeiten weiterhin heranziehbar, weitere Krankenstände vorhersehbar bei gleich bleibenden Arbeitsbedingungen (14.03.2012)
1.3.3. Milde depressive Episode, Carpaltunnelsydrom beidseits, Adipositas, erhöhter arterieller Blutdruck ohne funktionelle Herzkreislaufstörung, Anpassungsstörung, keine Einschränkung zur geforderten Tätigkeit am Arbeitsplatz (25.06.2013)
1.3.4. Milde depressive Episode, Carpaltunnelsydrom beidseits, Adipositas, erhöhter arterieller Blutdruck ohne funktionelle Herzkreislaufstörung, Anpassungsstörung, keine Einschränkung zur geforderten Tätigkeit am Arbeitsplatz (07.11.2013)
1.3.5. Anpassungsstörung, Persönlichkeitsakzentuierung, arterielle Hypertonie, Carpaltunnelsydrom, Adipositas, Hyperurikämie, durchschnittlich verantwortliche Tätigkeiten unter dem üblichen Zeit- und Leistungsdruck können durchgeführt werden (14.01.2015)
1.3.6. Narzisstisch anmutende Persönlichkeit mit erhöhtem Geltungsbedürfnis, mittelgradige depressive Symptomatik, Belastungsreaktion, Aufnahme Tätigkeit am Arbeitsplatz lässt eine Verstärkung der Defizitsymptomatik erwarten, Dauerzustand, Ruhestandversetzung empfohlen (06.10.2015)
1.3.7. Mittelgradige depressive Episode mit somatischen Syndrom, posttraumatische Verbitterungsstörung, vorbestehende narzisstische Persönlichkeitsakzentuierung, Dienstfähigkeit nicht gegeben, Ruhestandsversetzung wird empfohlen, hohe Wahrscheinlichkeit, dass im Zeitraum 02.12.2013 bis 16.11.2014 Dienstfähigkeit nicht gegeben war, keine Hinweise auf Aufhebung der Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit im fraglichen Zeitraum, Verhandlungsfähigkeit (01.12.2015)
1.4. Soweit in den vorangeführten Gutachten erwähnt, werden als somatische Beschwerden der Depression Erschöpfungszustände sowie Ein- und Durchschlafstörungen angegeben. Soweit eine Anpassungsstörung bzw. eine posttraumatische Verbitterungsstörung bei narzisstischer Persönlichkeitsakzentuierung diagnostiziert wird, äußert sich diese in einer massiv ablehnenden zum Teil ängstlichen Haltung gegenüber der Arbeit bzw. dem dort übertragenen Aufgabenbereich. Dies wird fachärztlicherseits als Folge einer am Arbeitsplatz erlebten längerdauernden Kränkung wegen subjektiv empfundener mangelnder Wertschätzung sowie der vom DB subjektiv als sinnlos empfundenen Tätigkeiten am Arbeitsplatz gesehen bzw. erklärt.
1.5. Es wird festgestellt, dass der DB im fraglichen Zeitraum 30.11.2014 bis 16.11.2014 trotz seiner Depression bzw. Persönlichkeitsstörung gesundheitlich in der Lage gewesen wäre, die ihm an seinem Arbeitsplatz übertragenen Aufgaben zu verrichten, und daher der Aufforderung der Dienstbehörde zum Dienstantritt hätte Folge leisten müssen.
2. Beweiswürdigung
2.1. Die Feststellungen zu den Aufgaben am Arbeitsplatz (1.1.) und der Abwesenheit vom Dienst gründen auf der unbestrittenen Altenlage.
2.2. Die Feststellungen zu den Erkrankungen des DB (1.3. und 1.4.) gründen auf den im Akt inneliegenden fachärztlichen Gutachten, die von der Dienstbehörde und im gegenständliche Disziplinarverfahren von der belangten Behörde (Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin vom 07.11.2012, Dr. XXXX, FA für Nervenheilkunde, vom 27.02.2012, Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin vom 07.01.2012, Dr. XXXX, FA für Neurologie, vom 23.02.2011, 29.04.2013 und vom 29.10.2013, Dr. XXXX, FA für Innere Medizin vom 12.06.2013, Dr. XXXX, "BVA-Oberbegutachterin", vom 15.03.2011, 14.03.2012, 25.06.2013, 07.11.2013 und vom 06.10.2015, Univ. Prof. Dr. XXXX, FA für Neurologie und Psychiatrie vom 01.12.2015), wobei vom DB die Gutachten hinsichtlich der dort gestellten Diagnosen nicht bestritten werden, bestritten wird lediglich der Schluss, dass der DB trotz seiner Erkrankung in der Lage gewesen wäre, seine Aufgaben am Arbeitsplatz zu verrichten.
Zwei weitere von der Dienstbehörde in Auftrag gegebene Gutachten (Polizeichefarzt HR Dr. XXXX vom 19.12.2014 sowie Sanitätszentrum Ost vom 08.05.2015) wurden hinsichtlich der Feststellung der Krankheit mangels Schlüssigkeit nicht herangezogen. Vom Ersten wurde lediglich ein multifaktorielles Leidensgeschehen festgestellt und ausgeführt, dass wegen der lückenlosen Dokumentation der Krankengeschichte der Krankenstand des DB gerechtfertigt war, beim anderen Gutachten ist der Verfasser nicht ersichtlich.
2.3. Die Feststellung, dass der DB trotz Erkrankung in der Lage gewesen wäre, Dienst zu verrichten, basieren auf folgenden Erwägungen:
Zunächst ist voraus zu schicken, dass nach der Aktenlage kein Zweifel darüber besteht, dass die körperlichen Leiden des DB wie Carpaltunnelsyndrom, Bluthochdruck und Adipositas nicht dergestalt waren, dass sie den DB an der Dienstverrichtung gehindert hätten, sondern ausschließlich die psychiatrische Erkrankung des DB im Hinblick auf eine daraus allenfalls resultierende mangelnde Dienstfähigkeit zu beurteilen waren. Hinsichtlich dieser Erkrankung wurde zwischen März 2011 und November 2013 in insgesamt vier fachärztlichen Gutachten davon ausgegangen, dass der DB Dienst versehen kann. Lediglich das von der belangten Behörde im Dezember 2015 zu dieser Frage eingeholte Gutachten attestiert eine Dienstunfähigkeit des DB "mit hoher Wahrscheinlichkeit" für den Zeitraum November 2013 bis November 2014, allerdings mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf, dass eine retrospektive Beurteilung dieser Frage unter Berücksichtigung des Gesamtverlaufes problematisch ist.
Die belangte Behörde ist im Ergebnis - allerdings ohne nähere beweiswürdigende Erwägungen - dem zuletzt genannten Gutachten als "mängelfreiem Obergutachten" gefolgt, da der Gutachter sich mit sämtlichen Vorbefunden und Gutachten auseinandergesetzt und den DB persönlich untersucht habe. Dieser Bewertung der belangten Behörde ist zwar grundsätzlich nicht entgegenzutreten, allerdings ist darauf zu verweisen, dass die zeitnah zum Tatzeitraum erstellten Gutachten ebenso auf einer persönlichen Untersuchung des DB beruhten und den Gutachtern ebenso die vom DB beigebrachten Befunde sowie die Vorbefunde vorlagen.
Wenn nun also verschiedene Gutachter bei Stellung derselben Diagnose zu unterschiedlichen Beurteilungen darüber kommen, ob der DB mit dieser Erkrankung Dienst versehen kann oder nicht, hängt es von der Schlüssigkeit der Gutachten zu dieser Frage ab, welches schließlich der Beurteilung der Rechtsfrage, ob Dienstfähigkeit im fraglichen Zeitraum gegeben war oder nicht, zu Grunde gelegt wird. Im vorliegenden Fall wurde weder von den Gutachtern, die von einer Arbeitsfähigkeit ausgingen, noch vom Gutachter, der dieselbe verneint hat, eine nähere Begründung für dieses Kalkül gegeben, wobei die von einer Arbeitsfähigkeit ausgehenden Gutachter im Hinblick auf die herabgesetzte psychische Belastbarkeit des DB durchaus gewisse Einschränkungen, zB. keine Nacht- oder Frühdienste attestiert haben.
Im vorliegenden Fall ist jedoch beachtlich, dass beim DB für den Tatzeitraum ärztlicherseits eine Diagnose, nämlich eine milde depressive Episode sowie eine Anpassungsstörung, gestellt wurde, aus der sich eine allfällige Dienstunfähigkeit keineswegs offenkundig ergibt. Dies bedeutet, dass bei einer Erkrankung, bei der in der Regel nach der allgemeinen Lebenserfahrung trotzdem die grundsätzliche Fähigkeit zur Erbringung der Dienstleistung erhalten bleibt, die gegenteilige gutachterliche Auffassung zu deren Schlüssigkeit einer näheren Begründung bedarf.
Im gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass ohne nähere Begründung des Gutachters nicht erkannt werden kann, inwieweit eine, wenn auch trotz medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung, weiter über Jahre bestehende milde Depression eine (dauernde) Dienstunfähig des DB bewirken sollte, zumal die damit im Zusammenhang stehenden im konkreten Fall beschriebenen somatischen Beschwerden wie Ein- und Durchschlafstörungen in den Befunden keineswegs als außergewöhnlich oder dramatisch beschrieben werden. Eine sich deutlich verschlechternde depressive Symptomatik mit Panikattacken bzw. Suizidgedanken wird von der behandelnden Ärzten des DB erst ab Herbst 2014, somit nach dem zur Rede stehenden Tatzeitraum beschrieben und teilweise ausdrücklich auf die verstärkte Kränkung des DB durch das Verfahren im Zusammenhang mit der Gehaltseinstellung zurückgeführt. Auch hat der DB selbst wiederholt bei den Untersuchungen angegeben, dass sich sein sozialer Alltag trotz Antriebsschwäche und allgemeinen Unlustgefühlen grundsätzlich problemlos gestalte und er mit dem Leben gut zu Recht komme, solange er nicht arbeiten müsse.
Ähnliches wie zuvor ausgeführt, gilt für die beim DB diagnostizierte Anpassungs- oder Verbitterungsstörung, die sich in einer ablehnenden Haltung gegenüber der von ihm als sinnlos empfundenen Aufgaben manifestiert. Auch wenn zuzugestehen ist, dass sich diese Störung, die durch vorbestehende narzisstische Persönlichkeitszüge des DB begünstigt wird, sich einerseits äußerst negativ auf die Leistungsbereitschaft des DB auswirkt und andererseits - insbesondere wenn der Dienstgeber auf eine weitere Tätigkeit des DB dringt - eine starke emotionale Belastung für diesen darstellt (siehe klinisch-psychologische Stellungahme vom 01.08.2015), kann nicht erkannt werden, dass der DB deswegen die ihm übertragenen Aufgaben in der Praxis nicht mehr wahrnehmen könnte bzw. ihm die Wahrnehmung derselben nicht mehr zumutbar wäre.
Zusammengefasst war daher im vorliegenden Fall zur Beurteilung der Frage, ob der DB ab 30.11.2013 Dienst versehen hätte können, den bis dahin in den Jahren 2011 bis 2013 insbesondere dem zeitnah erstellten Gutachten vom November 2013 zu folgen. Dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten vom Dezember 2015, das die Dienstfähigkeit des DB retrospektiv als mit hoher wahrscheinlich als nicht gegeben erachtet, wurde nicht gefolgt, da der diesbezügliche gutachterlich Schluss zum einen nicht begründet ist und zum anderen der Gutachter selbst auf die Problematik seiner Beurteilung hinweist.
2.4. Hinsichtlich des zuletzt genannten Gutachtens vom Dezember 2015 ist schließlich auf Folgendes zu verweisen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, handelt es sich beim Begriff der Dienstunfähigkeit um einen Rechtsbegriff, der der rechtlichen Beurteilung unterliegt, woraus folgt, dass nicht der ärztliche Sachverständige die Dienstunfähigkeit festzustellen hat, sondern die zur Lösung von Rechtsfragen berufene Behörde. Wenn der ärztliche Sachverständige selbst ein Urteil darüber abgibt, ob der Beamte dienstunfähig ist oder nicht, greift er dadurch in unzulässiger Weise der rechtlichen Beurteilung durch die Dienstbehörde vor (vgl. VwGH vom 27.03.1996, Zl. 94/12/0303 und vom 21.02.2001, Zl. 2000/12/0216).
Im vorliegenden Fall hat der Gutachter im Dezember 2015 dem DB "Dienstunfähigkeit" "mit hoher Wahrscheinlichkeit" bescheinigt, und damit in unzulässiger Weise eine rechtliche Würdigung vorgenommen, dies allerdings offenkundig deshalb, weil ihm die belangte Behörde diese Frage auch ausdrücklich so gestellt hat. Auch aus diesem Grund erscheint die Heranziehung dieses Gutachtens zur Beurteilung der Dienstfähigkeit des DB als problematisch, weil mangels näherer Ausführungen des Gutachters nicht nachvollzogen werden kann, ob hierbei die zu diesem Rechtsbegriff entwickelten Kriterien der Rechtsprechung berücksichtigt wurden
2.5. Auch der Umstand, dass der DB schließlich mit 01.01.2016 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden ist, ist kein Hinweis darauf, dass er bereits im November 2013, somit drei Jahre davor, dienstunfähig war, zumal erstmals in dem im Herbst 2015 ergangenen ärztlichen Gutachten wegen einer nunmehr mittelgradigen Depression die Ruhestandversetzung wegen "erwartbarer Verstärkung der Defizitsymptomatik empfohlen wird", ohne jedoch anzugeben, welcher Art die Defizitsymptomatik ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 135a Abs. 3 BDG 1979 hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch einen Senat zu erfolgen, wenn der Disziplinaranwalt oder die Disziplinaranwältin gegen ein Erkenntnis Beschwerde erhoben hat. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Zu A)
3.1. Gesetzliche Grundlagen und Judikatur
Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333/1979 i.d.F. BGBl. I Nr. 64/2016 (BDG 1979) maßgeblich:
Dienstplan
§ 48. (1) Der Beamte hat die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten, wenn er nicht vom Dienst befreit oder enthoben oder gerechtfertigt vom Dienst abwesend ist. Die tatsächlich erbrachte Dienstzeit ist, sofern nicht wichtige dienstliche Interessen entgegenstehen, automationsunterstützt zu erfassen.
.......
Ärztliche Untersuchung
§ 52. (1) Bestehen berechtigte Zweifel an der für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben erforderlichen gesundheitlichen Eignung des Beamten, so hat sich dieser auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
(2) Der infolge Krankheit, Unfalls oder Gebrechens vom Dienst abwesende Beamte hat sich auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zur Prüfung seines Gesundheitszustandes zu unterziehen. Wenn es zur zuverlässigen Beurteilung erforderlich ist, sind Fachärzte heranzuziehen. Eine Anordnung im Sinne des ersten Satzes ist spätestens drei Monate nach Beginn der Abwesenheit vom Dienst und sodann in Abständen von längstens drei Monaten zu erteilen.
Dienstpflichtverletzungen
§ 91. Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.
Strafbemessung
§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
.....
Bestimmungen für Beamte des Ruhestandes
Verantwortlichkeit
§ 133. Beamte des Ruhestandes sind nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes wegen einer im Dienststand begangenen Dienstpflichtverletzung oder wegen gröblicher Verletzung der ihnen im Ruhestand obliegenden Verpflichtungen zur Verantwortung zu ziehen.
Disziplinarstrafen
§ 134. Disziplinarstrafen sind
1. der Verweis,
2. die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Ruhebezügen,
3. der Verlust aller aus dem Dienstverhältnis fließenden Rechte und Ansprüche."
Der Verwaltungsgerichtshof hat iZm mit der Abwesenheit vom Dienst folgende einschlägige Aussagen getroffen:
3.1.1. Eine Vorfrage iSd § 38 AVG liegt nur dann vor, wenn es sich um eine für das gegenständliche Verfahren präjudizielle Rechtsfrage handelt, über die in einem anderen Verfahren als Hauptfrage bindend abzusprechen ist. Diese Konstellation liegt aber im vorliegenden Fall nicht vor, da im Disziplinarverfahren die Frage, ob die Disziplinarbeschuldigte unentschuldigt vom Dienst ferngeblieben und daher eine Strafe über sie zu verhängen ist, Hauptfrage des Verfahrens ist. Die rechtliche Situation besteht also darin, dass an denselben Sachverhalt (unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst) durch verschiedene Vorschriften mehrere Rechtsfolgen geknüpft sind, über die verschiedene Behörden (jeweils als Hauptfrage!) zu erkennen haben. In dieser Situation kann keine Vorfragenbindung einer der beiden Behörden an die Entscheidung der jeweils anderen Behörde bestehen; eine Bindung könnte nur dann gegeben sein, wenn diese gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist, wie zB. hinsichtlich verurteilender strafgerichtlicher oder verwaltungsbehördlicher Erkenntnisse (Hinweis VfSlg. 14940/1997) VwGH vom 15.05.2009, Zl. 2007/09/0113).
3.1.2. Beim Begriff der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen Rechtsbegriff, der der rechtlichen Beurteilung der Dienstbehörde unterliegt. Die Vorlage einer ärztlichen Bestätigung oder Bescheinigung über eine Krankheit oder die Arbeitsunfähigkeit rechtfertigt daher an sich noch nicht die Abwesenheit vom Dienst. Nicht jede von einem behandelnden Arzt bescheinigte "Krankheit" bzw. bloß die Vorlage ärztlicher Bescheinigungen führt nämlich dazu, dass deshalb eine gerechtfertigte Abwesenheit des Beamten vom Dienst im Sinne der §§ 48 Abs. 1 und 51 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 vorgelegen ist. Dienstunfähigkeit durch Erkrankung nach § 51 Abs. 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 und damit eine gerechtfertigte Dienstabwesenheit liegt vor, wenn durch diese die ordnungsgemäße Dienstleistung des Beamten an seinem Arbeitsplatz verhindert wird oder durch die Dienstleistung die Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung gegeben wäre oder die Dienstleistung für den Beamten eine objektiv unzumutbare Unbill darstellen würde (VwGH vom 13.09.2002, Zl. 98/12/0096).
3.1.3. Für eine Ruhestandsversetzung nach § 14 Abs. 1 BDG 1979 ist die - dauernde - Dienstunfähigkeit maßgebend. Nach der ersten Tatbestandsvoraussetzung des in § 14 Abs. 3 BDG 1979 definierten Begriffs der Dienstunfähigkeit ist primär zu prüfen, ob der Beamte infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben erfüllen kann (sogenannte medizinische Komponente; vgl. dazu im Einzelnen das hg Erkenntnis vom 26. Februar 1997, Zl. 96/12/0242 = Slg. Nr. 14625 A/1997). Da das Vorliegen dieses Tatbestandselementes jedenfalls zu verneinen ist, wenn nur eine vorübergehende oder gar keine Dienstunfähigkeit des Beamten vorliegt, gehört auch die Prüfung dieser Fragen, die für die Einstellung der Bezüge nach § 13 Abs. 3 Z. 2 GehG 1956 von entscheidungswesentlicher Bedeutung sind, zum Ruhestandsversetzungsverfahren. Ergebnisse aus dem Ruhestandsversetzungsverfahren können daher (bei zeitlichen Überschneidungen) im besoldungsrechtlichen Bezugseinstellungsverfahren (unter Wahrung der Verfahrensrechte der Partei auch in diesem Verfahren) verwertet werden (VwGH vom 19.12.2001, Zl. 98/12/0139).
3.2. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen.
3.3. Im vorliegenden Fall hatte die belangte Behörde, obgleich in einem Verfahren nach § 12 c Abs. 1 Z 2 Gehaltsgesetz 1956 die Dienstbehörde die nicht gerechtfertigte Abwesenheit des DB bereits rechtskräftig festgestellt hat, im Sinne des oben unter Punkt 3.1.1. zitierten Judikats zu prüfen, ob der DB dadurch auch eine Dienstpflichtverletzung begangen hat. Dabei kam die belangte Behörde unter Heranziehung eines von ihr eingeholten Gutachtens zu dem Schluss, dass der DB im fraglichen Zeitraum tatsächlich nicht dienstfähig gewesen sei. Dem Vorbringen der Disziplinaranwältin, dass die belangte Behörde dabei in der Beweiswürdigung fehlerhaft vorgegangen sei, kommt Berechtigung zu. Die belangte Behörde stützt sich nämlich auf eine einziges Gutachten, dass sie ohne nähere Begründung als Obergutachten qualifiziert, welches hinsichtlich des getroffenen Kalküls der "wahrscheinlichen" mangelnden Dienstfähigkeit keine nähere Begründung enthält, obwohl der Gutachter selbst darauf hinweist, dass eine retrospektive gutachterliche Beurteilung des psychischen Gesundheitszustandes des DB problematisch ist. Eine nähere Auseinandersetzung mit dem zeitnah zum Tatzeitpunkt gestellten Gutachten, das dem DB bescheinigt, trotz festgestellter Beeinträchtigungen Dienst versehen zu können bzw. Ausführungen, warum diesem durchaus schlüssigen Gutachten nicht gefolgt wird, erfolgte nicht.
Wie oben unter Punkt II.1.5. festgestellt, geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der DB am 02.12.2013 gesundheitlich in der Lage gewesen wäre, Dienst zu verrichten, somit nicht dienstunfähig war. Wie bereits beweiswürdigend ausgeführt wurde, kann nämlich nicht erkannt werden, inwiefern seine Erkrankung ihn an der ordnungsgemäßen Dienstverrichtung an seinem Arbeitsplatz gehindert hätte.
Eine durch Erkrankung gerechtfertigte Dienstabwesenheit liegt vor, wenn durch diese Erkrankung die ordnungsgemäße Dienstleistung des Beamten an seinem Arbeitsplatz verhindert wird oder durch die Dienstleistung die Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung gegeben wäre oder die Dienstleistung für den Beamten eine objektiv unzumutbare Unbill darstellen würde. Wie bereits beweiswürdigend ausgeführt, kann nicht erkannt werden, dass die Erkrankung des DB diesen an der ordnungsgemäßen Dienstleistung an seinem Arbeitsplatz gehindert hätte oder dass damit eine Gefahr der Verschlimmerung der bestehenden Krankheit verbunden gewesen wäre. Dass sich nämlich die depressive Symptomatik des DB, die im Hinblick darauf, das der DB bereits mehrere Jahre nicht Dienst versah, offenkundig unabhängig von einer Dienstverrichtung bestand, mit Dienstantritt verschlechtern würde, kann nicht erkannt werden, zumal im Gutachten des Dr. XXXX vom 29.04.2016 die Wiederaufnahme der Berufstätigkeit und Übernahme von verantwortungsvolleren Tätigkeiten mehr als fallweise sogar ausdrücklich empfohlen wird. Hinsichtlich der diagnostizierten Anpassungsstörung des DB kann im Hinblick darauf, dass diese sich in einer ablehnenden Haltung gegenüber seiner Arbeit manifestiert, zwar davon ausgegangen werden, dass die Dienstverrichtung dem DB gerade wegen dieser Störung sehr schwer gefallen wäre, daraus resultiert jedoch keinesfalls eine objektiv unzumutbare Unbill der Dienstverrichtung.
3.3.1. Der vom DB in seiner Äußerung zur Beschwerde vertretenen Ansicht, wonach die eingeholten Gutachten, soweit sie von der BVA stammen, nicht einmal als Gutachten zu qualifizieren wären, weil die BVA nur für die Beurteilung der Ruhestandsversetzung zuständig wäre, kann nicht gefolgt werden. Zum einen wurde der Antrag des DB auf Ruhestandsversetzung bereits im August 2011 bescheidmäßig abgewiesen, so dass nur die im Frühjahr 2011 ergangenen Gutachten im Rahmen des Ruhestandsversetzungsverfahrens ergingen. Wie aber in der unter Punkt 3.1.3. zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, können die Beweisergebnisse aus einem Ruhestandsversetzungsverfahrens unter den angeführten Bedingungen durchaus auch ich in einem besoldungsrechtlichen Bezugseinstellungsverfahren oder, wie im vorliegenden Fall, im Disziplinarverfahren herangezogen werden. Die übrigen von der Dienstbehörde eingeholten Gutachten sind ohnehin zur Beurteilung der Dienstfähigkeit des DB eingeholt worden und kann auch nicht erkannt werden, inwiefern die bei bzw. für die BVA tätigen Sachverständigen allein aufgrund ihrer Tätigkeit im Rahmen eines Dienstverhältnisses der BVA allein aus diesem Grund der Dienstbehörde BEV derartig nahe stünden, dass damit gleichsam eine Anscheinsbefangenheit vorliegen würde. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass diese Gutachten entgegen dem Vorbringen des DB keineswegs per se als beweiskräftiger angesehen werden, als jenes des Univ.Prof. XXXX, sondern lediglich hinsichtlich der Frage, ob der DB Dienst verrichten konnte, nach Ansicht des BVwG schlüssiger sind.
3.4. Die Beschwerde macht weiters geltend, dass die belangte Behörde zu Unrecht von einem " disziplinarrechtlich entschuldbaren Rechtsirrtum" des DB ausgegangen sei, weil dieser davon ausgegangen sei, dass die Vorlage eines "fachärztlichen Befundberichtes", das weitere Fernbleiben vom Dienst entgegen der Aufforderung der Dienstbehörde, diesen unverzüglich anzutreten, gerechtfertigt habe. Auch diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu.
Zunächst bestehen hg erhebliche Zweifel, ob der DB tatsächlich einem Rechtsirrtum dergestalt erlag, dass die neuerliche Vorlage einer Krankenstandbestätigung im Dezember 2013 die weitere Abwesenheit vom Dienst rechtfertigen würde. Einzelne Ausführungen des DB lassen nämlich eher den Schluss zu, dass der DB entweder darauf vertraute, dass die Dienstbehörde die von ihm nach Aufforderung zum Dienstantritt neuerlich vorgelegte Krankenbestätigung seiner Ärztin faktisch akzeptieren würde und ihm lediglich wie bisher, eine neuerliche Untersuchungen gemäß § 52 Abs. 1 BDG 1979 anordnen würde (vgl. Neuropsychologischer Befundbericht von Mag. Weidlich vom 13.02.2012, Seite 3: "Er habe mit seinem Berufsleben abgeschlossen, zwar könne er noch jahrelang mit 80% der Bezüge im Krankenstand bleiben, er möchte aber das Kapitel Berufsleben zu Ende bringen.") oder aber die Ansicht vertrat, er müsse den Dienst trotz Aufforderung nicht antreten, weil ihn "unzuständige" Ärzte untersucht hätten (vgl. Verhandlungsschrift der belangten Behörde vom 13.03.2016, Seite 18, "..... Hätte mir ein Arzt wie zB der Polizeiarzt geschrieben, dass ich nicht krank bin, wäre die Lage völlig klar gewesen ich hätte den Dienst anzutreten gehabt. Das ist aber ein völlig anderes Thema.").
Auch wenn diese bis dahin gepflogenen Vorgangsweise der Dienstbehörde durchaus geeignet war, beim DB einen Irrtum über die möglichen Konsequenzen seiner Missachtung der Weisung zum Dienstantritt hervorzurufen und man dem DB glaubt, dass er dachte, sein Fernbleiben würde mit Vorlage einer Krankenstandbestätigung gerechtfertigt werden, ist dieser von der belangten Behörde angenommenen Rechtsirrtum dem DB durchaus vorwerfbar und somit nicht geeignet, den Nichtantritt des Dienstes zu rechtfertigen.
Entgegen der Annahme der belangten Behörde, war nämlich die vom Dienstvorgesetzten des DB gegenüber diesem bei Übergabe der Krankenstandbestätigung getätigte sinngemäße Aussage, dass damit alles seine Ordnung habe, nicht geeignet, einen allfälligen Rechtsirrtum zu entschuldigen. Grundsätzlich muss der Irrtum im Disziplinarrecht frei von Fahrlässigkeit über im BDG 1979 ausdrücklich normierte Dienstpflichten der Beamten (§§ 44 bis 60 BDG 1979) sein (Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten 4, 2010, S 50). Gerade im vorliegenden Fall hätte der DB nach der diesbezüglich unmissverständlichen schriftlichen Aufforderung zum Dienstantritt keineswegs mehr darauf vertrauen dürfen, dass ein Befundbericht seiner behandelnden Ärztin, der überdies wortgleich mit einem vor der Dienstfähigkeitsuntersuchung ausgestellten ist, sein weiteres Fernbleiben vom Dienst rechtfertigt, selbst wenn sein unmittelbarere Vorgesetzter - demselben Rechtsirrtum erliegend - diese Meinung vertritt. Die von der belangten Behörde vertreten Ansicht, dass der DB sich in diesem Rechtsirrtum bis zum Ende des Tatzeitraumes im November 2014 befand, kann im Hinblick darauf, dass mit Bescheid der Dienstbehörde vom 10.01.2014 der Entfall der Bezüge des DB wegen ungerechtfertigter Abwesenheit vom Dienst angeordnet wurde, nicht gefolgt werden, sondern stellt dies ein Beharren auf einem (Rechts)standpunkt und keinen Rechtsirrtum dar.
3.5. Zur Strafzumessung:
3.5.1. Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld und für die Strafbemessung ist danach sowohl das objektive Gewicht der Tat (der 'Unrechtsgehalt') maßgebend als auch der Grad des Verschuldens.
3.5.2. Bei der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst handelt es sich grundsätzlich um eine schwerwiegende Pflichtverletzung. Schon eine (zumindest bedingt) vorsätzliche, eigenmächtige (unerlaubte) Abwesenheit vom Dienst ist grundsätzlich nicht als geringfügig zu werten (VwGH vom Zl. 2000/09/0111). Bei längeren nicht gerechtfertigten Abwesenheiten vom Dienst, die im Ergebnis einer Arbeitsverweigerung gleichkommen, wird unabhängig von einer Bezugseinstellung nach § 12c GehG im Hinblick auf die damit verbundene Beeinträchtigung des Dienstbetriebes und des korrekten Verhaltens gegenüber der Kollegenschaft und der Allgemeinheit die Fortsetzung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses unzumutbar und allenfalls sogar die Disziplinarstrafe der Entlassung auszusprechen sein (vgl. VwGH vom 19.11.1997, Zl. 96/09/0031).
Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht allerdings darin, dass die Leistungsverweigerung des DB nicht aus schlichter Arbeitsunwilligkeit sondern in der subjektiven Annahme, arbeitsunfähig zu sein, erfolgte, weshalb die Pflichtverletzung in diesem Sinne nicht vorsätzlich, sondern fahrlässig erfolgte. Die vom DB gezeigte mangelnde Leistungsbereitschaft beruht nämlich, wie die Sachverständigen übereinstimmend bestätigt haben, auf einer offenbar durch Kränkungen ausgelösten (narzisstischen) Persönlichkeitsstörung, die sich insbesondere im Fehlen von Bewältigungsstrategien äußert, dh in der mangelnden psychischen Bereitschaft mit der Situation anders als gezeigt umzugehen. Dieser Umstand mildert das Verschulden des DB erheblich.
Die Verhängung einer Geldstrafe erschien daher im Hinblick darauf, dass der DB wegen seiner ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst bereits eine erhebliche Einkommenseinbuße hinzunehmen hatte bzw. seine Bezüge wegen des jahrelangen Krankenstandes auf 80 % gekürzt wurden und er nunmehr im Ruhestand ist, entbehrlich, weshalb mit einem Verweis das Auslangen gefunden werden konnte.
Der Ausspruch einer Disziplinarstrafe war jedoch im Hinblick darauf, dass die ungerechtfertigte Abwesenheit vom Dienst kein Bagatelldelikt darstellt, allein schon aus generalpräventiven Erwägungen erforderlich. Andernfalls würde sowohl in der Kollegenschaft als auch in der Allgemeinheit der Eindruck entstehen, dass das vom DB gezeigte Verhalten, mag es auch auf einer Persönlichkeitsstörung beruhen, vom Dienstgeber toleriert wird.
B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die unter A) zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird verwiesen.
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