BVwG W134 2116832-1

BVwGW134 2116832-117.11.2015

BVergG §141 Abs5
BVergG §280 Abs5
BVergG §292 Abs1
BVergG §312
BVergG §318 Abs1
BVergG §319
BVergG §320 Abs1
BVergG §331 Abs1 Z2
BVergG §332 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
BVergG §141 Abs5
BVergG §280 Abs5
BVergG §292 Abs1
BVergG §312
BVergG §318 Abs1
BVergG §319
BVergG §320 Abs1
BVergG §331 Abs1 Z2
BVergG §332 Abs3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W134.2116832.1.00

 

Spruch:

W134 2114723-2/43E

W134 2116832-1/3E

W134 2116832-2/15E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas Gruber als Vorsitzender sowie Dr. Angelika Schätz als fachkundige Laienrichterin der Auftraggeberseite und Mag. Matthias Wohlgemuth als fachkundiger Laienrichter der Auftragnehmerseite im Nachprüfungsverfahren betreffend das Vergabeverfahren "Verfahren auf Grundlage des Art 5 Abs 7 VO (EG) Nr. 1370/2007 wegen Unzulässigkeit einer nachträglichen Vertragsänderung, Unzulässigkeit einer Notvergabe, Unzulässigkeit einer Direktvergabe von Schienenpersonenverkehrsleistungen für den Fahrplan 2015/2016 durch den Auftraggeber SCHIG

(Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH) im Auftrag des BMVIT (Bund)", der Auftraggeberin Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH, Lassallestraße 9b, 1020 Wien, vertreten durch XXXX aufgrund der Anträge der XXXX vertreten durch XXXX vom 22.09.2015 und vom 06.11.2015, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.10.2015 wie folgt beschlossen:

A)

I. Der Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge "nach Anberaumung einer mündlichen Verhandlung die Entscheidung der SCHIG vom 15.9.2015 - und die damit getroffene Entscheidung der Wahl des Vergabeverfahrens - für nichtig erklären" wird gemäß § 312 BVergG 2006 zurückgewiesen.

II. Der Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge "nach Anberaumung einer mündlichen Verhandlung die Entscheidung der SCHIG vom 30.10.2015 - und die damit getroffene Entscheidung der Wahl des Vergabeverfahrens - für nichtig erklären" wird gemäß § 312 BVergG 2006 zurückgewiesen.

III. Der Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge "nach Anberaumung einer mündlichen Verhandlung die Entscheidung der SCHIG vom 15.9.2015 - und die damit getroffene Wahl des Zuschlagsempfängers - für nichtig erklären" wird gemäß § 312 BVergG 2006 zurückgewiesen.

IV. Der Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge "nach Anberaumung einer mündlichen Verhandlung die Entscheidung der SCHIG vom 30.10.2015 - und die damit getroffene Wahl des Zuschlagsempfängers - für nichtig erklären" wird gemäß § 312 BVergG 2006 zurückgewiesen.

V. Die beiden gleichlautenden Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge "nach Anberaumung einer mündlichen Verhandlung feststellen, dass das Vergabeverfahren in rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt wurde" werden gemäß § 312 BVergG 2006 zurückgewiesen.

VI. Die beiden gleichlautenden Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge "nach Anberaumung einer mündlichen Verhandlung feststellen, dass die Durchführung einer Vergabe ohne Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und der Nichtdiskriminierung wegen Verstoß gegen das BVergG, die hierzu ergangenen Verordnungen und des unmittelbar anwendbaren Unionsrechts rechtswidrig war, und jedenfalls den Vertrag mit dem die AG die gegenständlichen Schienenverkehrsleistungen an die XXXXvergeben hat für nichtig zu erklären," werden gemäß § 312 BVergG 2006 zurückgewiesen.

VII. Die beiden gleichlautenden Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge "jedenfalls der AG den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühr binnen 14 Tagen ab Rechtskraft zu Handen der ausgewiesenen Rechtsvertreterin bei sonstiger Exekution auferlegen" werden gemäß § 319 BVergG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Mit Schreiben vom 22.09.2015, beim BVwG eingelangt am 23.09.2015, stellte die Antragstellerin die im Spruch genannten Anträge, sowie einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

Begründend wurde von der Antragstellerin im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

Die Antragstellerin sei ein in Österreich zugelassenes, privates Eisenbahnverkehrsunternehmen (idF: "EVU") mit Sitz in Wien und Standort in Linz. Sie bediene seit 11.12.2011 die Strecke Wien - Salzburg - Wien im Schienenpersonenverkehr. Die vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (idF: "bmvit") als Eisenbahnsicherheitsbehörde vom 29.05.2009 erteilte eisenbahnrechtliche Verkehrsgenehmigung berechtige die Antragstellerin zur Erbringung von Eisenbahnverkehrsleistungen auf der Schieneninfrastruktur eines Eisenbahninfrastrukturuntemehmens (idF: "EIU") in Österreich, in den weiteren Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (idF: "EU"), in den Vertragsparteien des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum und in der Schweizer Eidgenossenschaft. Die Verkehrsgenehmigung entspreche einer Genehmigung der Richtlinie 95/18/EG . Die Antragstellerin sei somit jedenfalls berechtigt und auch fähig, im gesamten Bundesgebiet Eisenbahnverkehrsleistungen zu erbringen.

Die Antragstellerin wende sich gegen die von der Auftraggeberin SCHIG mbH (idF: "SCHIG" oder "Auftraggeberin" oder "AG") offenbar geplante oder bereits durchgeführte Neuvergabe von öffentlichen Schienenpersonenverkehrsleistungen an dieXXXX oder "mitbeteiligte Partei") für das Fahrplanjahr 2015/2016. Inhaltlich handle es sich dabei um eine unzulässige nachträgliche Änderung eines öffentlichen Auftrages oder eine unzulässige Notvergabe oder ein unzulässige Direktvergabe zu Gunsten der Auftragnehmerin XXXX Die Antragstellerin wende sich mit ihren Anträgen sowohl gegen die Wahl des Vergabeverfahrens (bzw. die Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren) als auch gegen die Wahl des beabsichtigten Zuschlagsempfängers XXXX

Der Antragstellerin werde vom AG bislang jede weitergehende Information zu dieser Vergabe verweigert, weshalb nicht einmal klar sei, welche konkreten Schienenverkehrsleistungen für welchen Leistungszeitraum vergeben werden sollten bzw. schon vergeben worden seien. Ebenso unklar bleibe die rechtliche Grundlage auf die diese Vergabe gestützt werden solle bzw. gestützt worden sei.

Aus dem Schriftverkehr der XXXX mit BMVIT/SCHIG sei erkennbar, dass Anfragen und Auskunftsersuchen der XXXX generell ausweichend, nur vage oder gar nicht inhaltlich beantwortet würden. Abgesehen von den gesetzlichen Auskunftspflichten der öffentlichen Verwaltung müsse jeder Auftraggeber sein Verhalten im Sinne der gesetzlichen Ziele Transparenz, Nichtdiskriminierung und bestem Kundennutzen ausrichten. Weder von der AG SCHIG/BMVIT noch der XXXX erfolge dies in ausreichender Weise.

In der jüngsten "Antwort" der Auftraggeberin XXXX vom 15.9.2015 sei erstmals zum Thema der Vergabe für Fahrplan 2015/16 bestätigt worden, dass Leistungen der XXXX umgeschichtet werden" (Seite 1, Punkt "Ad Frage 1"). Im gleichen Schreiben nur wenige Zeilen weiter sei die Rede von "vorgenommenen Umschichtungen'", wodurch der XXXX offen eingestehe, dass er diese "Umschichtungen" bereits durchgeführt habe.

Im Schreiben des XXXX vom 15.9.2015 an die XXXX komme erstmals die iSd Gesetzes "gesondert anfechtbare Entscheidung" des Auftraggebers SCHIG zum Ausdruck, die gegenständlichen Schienenpersonenverkehrsleistungen ohne jegliches Verfahren freihändig vergeben zu wollen. Nur so könne erklärt werden, wieso eine Vorankündigung iSd PSO-VO unterlassen worden sei und trotz Nachfragen der XXXXjede Auskunft von der AG SCHIG verweigert worden sei.

Die Antragstellerin habe ein Interesse am Vertragsabschluss, es drohe ihr ein Schaden und ihre Rechte würden verletzt.

Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 25.09.2015 gab diese bekannt, dass es sich bei der angefochtenen Entscheidung um keine gesondert anfechtbare Entscheidung der Antragsgegnerin iSd § 141 Abs 5 BVergG 2006 handeln könne, da seitens der Antragsgegnerin keine nach außen in Erscheinung tretende Willenserklärung publiziert worden sei und zurzeit auch kein Vergabeverfahren (einschließlich einer Direktvergabe) betreffend die Bestellung von Schienenpersonenverkehrsleistungen durchgeführt werde, im Rahmen dessen eine solche Erklärung getätigt hätte werden können. Auch der Feststellungsantrag gehe zur Gänze ins Leere, da der zwischen der Antragsgegnerin und der XXXX abgeschlossene Verkehrsdienstevertrag vom 03.02.2011 auch in den vergangenen 6 Monaten nicht geändert worden sei bzw. auch sonst keine Vergabeakte im Hinblick auf diesen seitens der Antragsgegnerin durchgeführt worden seien.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2015, W134 2114723-1/2E, wurde der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen.

Mit Schreiben vom 05.10.2015 hat die mitbeteiligte Partei XXXX begründete Einwendungen erhoben. Sie brachte im Wesentlichen vor, dass keine gesondert anfechtbare Entscheidung vorliegen und der Antragstellerin die technische Leistungsfähigkeit fehlen würde.

Mit Schreiben der Antragstellerin vom 14.10.2015 hat diese im Wesentlichen vorgebracht, dass im Fahrplan 2016 vorgesehen sei, dass die Struktur des Angebotes, der Leistungsumfang, die Abgeltung, der Zuglauf, die zeitliche Lage der Züge und auch die Zugbildung (verwendetes Material) wesentlich verändert worden seien. Insgesamt werde damit dem Umfang und der Qualität nach massiv in den bestehenden Fahrplan eingegriffen. Die Auswirkungen auf andere Marktteilnehmer wie die Antragstellerin seien von einer Tragweite, die nur mit einer völligen Neuvergabe ohne jegliches Vergabeverfahren vergleichbar sei.

Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 27.10.2015 und vom 29.10.2015 hat diese im Wesentlichen ausgeführt, dass der übliche Ablauf der jährlichen Fahrplanänderungen so ablaufe, dass im Herbst (September bzw. Oktober) ein erster Entwurf der Anlagen 3a bzw. 3c (Zugverzeichnisse) des Verkehrsdienstevertrages des Bundes für das folgende Fahrplanjahr erstellt werde. Aufgrund dieses Entwurfes der Anlagen 3a und 3c des VDV SCHIG mbH erfolge eine weitere Prüfung durch die Auftraggeberin, wobei Änderungen gegenüber der bestehenden beauftragten Zugverzeichnisse von der Auftraggeberin nach bestimmten Kriterien geprüft und beurteilt würden. Festgehalten werde, dass sämtliche bis zum Fahrplan 2015 durchgeführten Fahrplananpassungen des VDV SCHIG mbH nicht verfahrensgegenständlich seien und allfällige Anträge auch jedenfalls verfristet wären. Die von der Auftraggeberin erstellten internen Planungen betreffend die Zugverzeichnisse (Anl. 3a und 3c des VDV SCHIG mbH) der für das Fahrplanjahr 2016 österreichweit zu erbringenden Verkehrsleistungen befänden sich seitens der Auftraggeberin noch in Prüfung und seien daher noch keineswegs abschließend erfolgt. Es liege daher zurzeit noch keine Willensbildung der Auftraggeberin hinsichtlich der Fahrplananpassung 2016 vor. Noch weniger könne daher in diesem Zusammenhang eine nach außen tretende Willenserklärung der Auftraggeberin, welche gegenständlich anzufechten versucht werde, ausgemacht werden.

Am 30.10.2015 fand im Bundesverwaltungsgericht darüber eine mündliche Verhandlung statt.

Mit Schreiben vom 06.11.2015 stellte die Antragstellerin weitere Nachprüfungs- und Feststellungsanträge (jedoch keinen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung). Diese waren im Wesentlichen gleichlautend wie die Anträge vom 22.09.2015. Auch das Vorbringen war im Wesentlichen gleichlautend wie das in dem Schreiben der Antragstellerin vom 22.09.2015 mit der Ausnahme, dass vorgebracht wurde, dass die nunmehr angefochtene gesondert anfechtbare Entscheidung die erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2015 (Seite 6 der Verhandlungsschrift) nach außen in Erscheinung getretene Auftraggeberentscheidung der SCHIG sei, die Vergabe von neuen Schienenverkehrsleistungen ohne jegliches Verfahren zu vergeben.

Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 10.11.2015 hat diese dazu angegeben, dass es sich dabei jedenfalls um keine gesondert anfechtbare Entscheidung der Antragsgegnerin im Sinne des § 141 Abs. 5 BVergG handeln könne, da seitens der Antragsgegnerin keine nach außen in Erscheinung tretende Willenserklärung publiziert sondern vielmehr eine Wissenserklärung abgegeben worden sei und zur Zeit auch kein Vergabeverfahren (einschließlich einer Direktvergabe) betreffend die Bestellung von Schienenpersonenverkehrsleistungen durchgeführt werde im Rahmen dessen eine solche Erklärung getätigt hätte werden können.

Mit Schreiben vom 16.11.2015 hat die mitbeteiligte Partei XXXX begründete Einwendungen erhoben. Sie brachte im Wesentlichen vor, dass keine gesondert anfechtbare Entscheidung vorliegen und der Antragstellerin die technische Leistungsfähigkeit fehlen würde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt (schlüssiges Beweismittel)

Mit Schreiben des Verkehrsverbund XXXX ohne Datum (dieses Schreiben wird von der Antragstellerin als Schreiben vom 15.09.2015, Beilage./18 bezeichnet) gerichtet an eine Frau XXXX und einen Herrn Doktor XXXX lautet auszugsweise wie folgt:

"SPNV Leistungsanpassung 2018-Schreiben 6

Ad Frage 1:

Wir verstehen ihre Frage dahingehend, ob Bestellungen der XXXX umgeschichtet werden.

Wir können bestätigen, dass unsererseits Leistungen der XXXX umgeschichtet werden.

[...]

Ad Frage 3:

[...]

Die XXXX hat in Bezug auf den Fahrplan 2016 Abstimmungsgespräche mit dem ausführenden EVU durchgeführt, um zu evaluieren inwiefern freiwerdende Kapazitäten und Effizienzgewinne eingesetzt werden können, um den höchstmöglichen Fahrgastnutzen im Taktfahrplangefüge im Rahmen der bestehenden Verträge zu erzeugen.

Die von der XXXX vorgenommenen Umschichtungen betreffend das gesamte Fahrplangefüge des Gesamtbestelllos elf.

[...]

Der exakte Umfang der Umschichtung steht noch nicht fest, jedoch erfolgt jedenfalls eine kostenneutrale Umschichtung."

(Nachprüfungsantrag vom 22.09.2015, Beilage./18)

§ 5 Abs 1 des Verkehrsdienstevertrages abgeschlossen zwischen der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH als Auftraggeber und der XXXX betreffend die Erbringung von Verkehrsleistungen im Schienenpersonenverkehr vom 03.02.2011 (kurz "VDV" genannt) lautet:

"§ 5 Änderungen der Verkehrsleistungen während aufrechter Vertragsdauer

(1) Alle Änderungen der in § 4 beschriebenen vereinbarten Verkehrsleistungen, sowohl für die nächstfolgenden Jahresnetzfahrplanperioden als auch Änderungen während der laufenden Jahresnetzfahrplanperiode, sind einvernehmlich und schriftlich zwischen den Vertragspartnern festzulegen. Die Erhöhung oder Verminderung des Abgeltungsbetrags richtet sich nach § 9 und Anlage 5 und 15a sowie 4d dieses Vertrags." (VDV vom 03.02.2011)

Der VDV umfasst zu den einzelnen Vertragsjahren jeweils mehrere Anlagen in denen Änderungen im Sinne des § 5 VDV vorgenommen wurden wie folgt:

* Vertragsjahr 2010, gültig ab 01.04.2010, unterfertigt am 03.02.2011

* Vertragsjahr 2011, gültig ab 12.12.2010 bzw. 01.01.2011, unterfertigt am 15.12.2011

* Vertragsjahr 2012, gültig ab 11.12.2011 bzw. 01.01.2012, unterfertigt am 10.12.2012

* Vertragsjahr 2013, gültig ab 09.12.2012 bzw. 01.01.2013, unterfertigt am 24.02.2014

* Vertragsjahr 2014, gültig ab 15.12.2013 bzw. 01.01.2014, unterfertigt am 05.08.2014

* Vertragsjahr 2015, gültig ab 14.12.2014 bzw. 01.01.2015, unterfertigt am 17.03.2015

(Aktenvermerk der Auftraggeberin vom 29.10.2015)

Die letzte Änderung im Sinne des § 5 VDV erfolgte am 17.03.2015 im Zuge der Fahrplananpassung 2015. Eine sonstige Änderung oder ein sonstiger Vertrag zwischen der Auftraggeberin und der XXXX wurde seit einem Jahr nicht abgeschlossen. (Aktenvermerk der Auftraggeberin vom 29.10.2015; glaubwürdige Aussage der Zeugen XXXXin der mündlichen Verhandlung)

2. Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den in Klammer genannten Quellen, deren inhaltliche Richtigkeit außer Zweifel steht.

Die Aussagen der Zeugen XXXX in der mündlichen Verhandlung waren schlüssig, glaubwürdig und widerspruchsfrei.

3. Rechtliche Beurteilung:

3. a) Zu den Nachprüfungsanträgen (Spruchpunkte I. bis IV.):

Die Antragstellerin hat beantragt, die Entscheidung der SCHIG vom 15.09.2015 und die damit getroffene Entscheidung der Wahl des Vergabeverfahrens sowie des Zuschlagsempfängers für nichtig zu erklären. Mit der Entscheidung der SCHIG vom 15.09.2015 meint die Antragstellerin offenkundig das Schreiben des XXXX vom 15.09.2015 wie es im Sachverhalt wiedergegeben wird.

§ 320 Abs 1 BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 128/2013, lautet:

"Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern

----------

1.-er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und

2.-ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht."

Wie bereits im Beschluss des BVwG vom 02.10.2015, W134 2114723-1/2E, ausgeführt, ist davon auszugehen, dass es sich bei der angefochtenen Entscheidung (Schreiben des XXXX vom 15.09.2015) um keine gesondert anfechtbare Entscheidung der Antragsgegnerin iSd § 141 Abs 5 bzw. § 280 Abs 5 BVergG 2006 handelt, da seitens der Auftraggeberin keine nach außen in Erscheinung tretende Willenserklärung publiziert worden ist und zurzeit auch kein Vergabeverfahren (einschließlich einer Direktvergabe) betreffend die Bestellung von Schienenpersonenverkehrsleistungen durchgeführt wird, im Rahmen dessen eine solche Erklärung getätigt hätte werden können. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Schreiben Beilage ./18 um ein Schreiben der XXXX handelt. Dieses Schreiben kann daher nicht der Antragsgegnerin zugerechnet werden. Dem Nachprüfungsantrag fehlen daher mangels Vorliegen einer gesondert anfechtbaren Entscheidung der Auftraggeberin die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Absatz 1 BVergG 2006 (VwGH 17.09.2014, 2013/04/0149).

Wenn die Antragstellerin in ihrem zweiten Nachprüfungsantrag vom 06.11.2015 als gesondert anfechtbare Entscheidung die erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2015 (Seite 6 der Verhandlungsschrift) nach außen in Erscheinung getretene Auftraggeberentscheidung der SCHIG, die Vergabe von neuen Schienenverkehrsleistungen ohne jegliches Verfahren zu vergeben sieht, ist ihr entgegenzuhalten, dass sowohl auf der Seite 6 der Verhandlungsschrift als auch in der gesamten mündlichen Verhandlung keine gesondert anfechtbare Entscheidung erkannt werden kann. Die Auftraggeberin bzw. ein Mitarbeiter der Auftraggeberin der als Zeuge vernommen wurde, hat vielmehr in dieser mündlichen Verhandlung ausgesagt, dass Änderungen des VDV betreffend den Fahrplan 2016 noch in einem Planungsstand und bei Weitem noch nicht abschlussreif sind. Darin kann jedenfalls keine gesondert anfechtbare Entscheidung gesehen werden (VwGH 17.09.2014, 2013/04/0149).

3. b) Zu den Feststellungsanträgen (Spruchpunkte V. und VI.):

Die Antragstellerin hat beantragt festzustellen, "dass das Vergabeverfahren in rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt wurde" sowie "dass die Durchführung einer Vergabe ohne Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und der Nichtdiskriminierung wegen Verstoß gegen das BVergG, die hierzu ergangenen Verordnungen und des unmittelbar anwendbaren Unionsrechts rechtswidrig war, und jedenfalls den Vertrag mit dem die AG die gegenständlichen Schienenverkehrsleistungen an die XXXXvergeben hat für nichtig zu erklären."

Die Antragstellerin hat somit Feststellungsanträge gemäß § 331 Absatz 1 Z. 2 BVergG gestellt.

§ 331 Abs 1 Z 2 BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 128/2013, lautet:

"Ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages hatte, kann, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, die Feststellung beantragen, dass

----------

2.-die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war, oder"

§ 332 Abs 3 BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 128/2013, lautet auszugsweise:

"Anträge gemäß § 331 Abs. 1 Z 2 bis 4 sind binnen sechs Monaten ab dem auf die Zuschlagserteilung folgenden Tag einzubringen. [...]"

Aus § 331 Absatz 1 Z. 2 i.V.m. § 332 Abs. 3 BVergG 2006 ergibt sich, dass eine der Voraussetzungen zur Stellung eines Feststellungsantrages gemäß § 331 Absatz 1 Z. 2 BVergG ist, dass ein dem BVergG unterliegender Vertrag abgeschlossen wurde, wobei die Zuschlagserteilung nicht länger als 6 Monate zurückliegt.

Es war daher zu klären, ob die Auftraggeberin mit der von der Antragstellerin benannten Zuschlagsempfängerin XXXX in den letzten 6 Monaten einen Vertrag abgeschlossen oder geändert hat.

Wie im Sachverhalt dargestellt, erfolgte die letzte Änderung im Sinne des § 5 VDV am 17.03.2015 im Zuge der Fahrplananpassung 2015. Eine sonstige Änderung oder ein sonstiger Vertrag zwischen der Auftraggeberin und der XXXX wurde seit einem Jahr jedenfalls nicht abgeschlossen. Somit hat die Auftraggeberin mit der XXXX seit mehr als 6 Monaten seit Antragstellung (23.09.2015) keinen Vertrag abgeschlossen oder einen solchen geändert. Die Feststellungsanträge waren daher zurückzuweisen.

Von der Durchführung einer neuerlichen mündlichen Verhandlung konnte im Sinne des § 24 Abs. 4 VWGVG ungeachtet des Parteiantrags abgesehen werden, da klar ist, dass die nochmalige mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

4. Gebührenersatz (Spruchpunkt A) VII.):

§ 319 Abs 1 und 2 BVergG 2006 lautet:

"§ 319. (1) Der vor dem Bundesveraltungsgericht wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller hat Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 318 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber. Der Antragsteller hat ferner Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 318 entrichteten Gebühren, wenn er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.

(2) Ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf einstweilige Verfügung besteht nur dann, wenn

1. dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird und

2. dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben wurde oder der Antrag auf einstweilige Verfügung nur wegen einer Interessenabwägung abgewiesen wurde."

Da dem Hauptantrag nicht stattgegeben wurde, besteht kein Anspruch auf Ersatz der Gebühren durch die Auftraggeberin.

B) Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu VwGH 17.09.2014, 2013/04/0149) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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