BVwG W114 2013254-1

BVwGW114 2013254-123.10.2014

BVergG §2 Z16 lita
BVergG §320 Abs1
BVergG §321 Abs1
BVergG §328 Abs1
BVergG §328 Abs2
BVergG §329 Abs1
BVergG §329 Abs3
BVergG §329 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
BVergG §2 Z16 lita
BVergG §320 Abs1
BVergG §321 Abs1
BVergG §328 Abs1
BVergG §328 Abs2
BVergG §329 Abs1
BVergG §329 Abs3
BVergG §329 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W114.2013254.1.00

 

Spruch:

W114 2013254-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard DITZ im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "Ausschreibung Mietwäsche und Bekleidungsautomaten für alle AUVA-Einrichtungen, WA 105600/6200" der Auftraggeberin Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert Stifter Straße 65, 1200 Wien, vertreten durch XXXX, vom 20.10.2014:

"Das Bundesverwaltungsgericht möge für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens der Antragsgegnerin die Erteilung des Zuschlages im gegenständlichen Vergabeverfahren "Ausschreibung Mietwäsche und Bekleidungsautomaten für alle AUVA-Einrichtungen WA 105600/6200" im Hinblick auf alle 3 Lose untersagen" wie folgt beschlossen:

A)

Der Auftraggeberin wird gemäß § 328 BVergG 2006 für die Dauer des beim Bundesverwaltungsgericht zu W114 2013254-2 geführten Nachprüfungsverfahrens die Erteilung des Zuschlages untersagt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Vorbringen der Parteien:

Mit Schriftsatz vom 20.10.2014, beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) eingelangt am selben Tag, begehrte die Salesianer Miettex GmbH, Linzer Straße 104-110, 1140 Wien (im Weiteren: Antragstellerin), vertreten durch XXXX, die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 08.10.2014, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberin, Akteneinsicht, sowie die Erlassung der im Spruch dieses Beschlusses genannten einstweiligen Verfügung zum Vergabeverfahren "Ausschreibung Mietwäsche und Bekleidungsautomaten für alle AUVA-Einrichtungen, WA 105600/6200" der "Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert Stifter Straße 65, 1200 Wien" (im Weiteren: Auftraggeberin oder AG).

Dazu wurde von der Antragstellerin im Wesentlichsten zusammengefasst Folgendes ausgeführt:

Es wäre zur Zahl WA 105600/6200 von der AG die Zurverfügungstellung von Mietwäsche (Dienstbekleidung und Flachwäsche) für alle Behandlungseinrichtungen und sonstigen Stellen der AG im Wege eines zweistufigen Verhandlungsverfahrens ausgeschrieben worden. Im Zuge dieser Ausschreibung sollten flächendeckend - ausgenommen sei das UKH Salzburg auf Grund fehlender Platzkapazitäten - alle UKHs und RZs vom Zuschlagsempfänger mit sogenannten Bekleidungsautomaten ausgestattet werden. Dadurch sollte die permanente Zurverfügungstellung von Berufskleidung (sieben Tage/Woche, 24 Stunden/Tag) sichergestellt werden. Die Ressourcenpotenziale in den örtlichen Wäscheausgaben sollten genutzt werden können.

Die Antragstellerin habe einen Teilnahmeantrag gestellt und sich am Vergabeverfahren beteiligt. Am 16.09.2014 habe eine Verhandlungsrunde stattgefunden. Dabei sei von der Antragstellerin aufmerksam gemacht worden, dass die im Preisblatt angegebenen Mengen der Mietwäscheartikel über dem derzeitigen Niveau liegen würden.

Am 17.09.2014 sei die Antragstellerin zur Legung eines LAFO eingeladen worden. Bei der Angebotsöffnung wären Preise dreier Angebote verlesen worden.

Am 01.10.2014 sei der Antragstellerin die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten eines Mitbewerbers bekanntgegeben worden. Am 08.10.2014 sei diese Zuschlagsentscheidung widerrufen worden und eine neuerliche Zuschlagsentscheidung, abermals lautend auf die nunmehrige Zuschlagsempfängerin, bekanntgegeben worden.

Die Antragstellerin wies auf ihr Interesse am Vertragsabschluss hin und machte Angaben zum ihr drohenden Schaden. Sie führte aus, in welchen Rechten sie sich verletzt erachtet. Hinsichtlich der Gründe für die Rechtswidrigkeiten der angefochtenen Zuschlagsentscheidung wies sie zusammengefasst hin, dass eine erforderliche vertiefte Angebotsprüfung nicht stattgefunden habe und dass die Angebote der Mitbewerber keine angemessenen und betriebswirtschaftlich nachvollziehbare Preise aufweisen würden. Die Angebotspreise der Mitbewerber wären nicht plausibel zusammengesetzt, der zweitgereihte Bieter würde über keine geforderte Referenz über den Betrieb eines Bekleidungsautomaten verfügen, die Mitbewerber hätten wettbewerbsbehindernde Abreden getätigt, und die Qualitätsbewertung sei nicht korrekt vorgenommen worden. Der Nachprüfungsantrag sei rechtzeitig, die Pauschalgebühren wären vergaberechtskonform eingezahlt worden.

Im Hinblick auf die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung habe eine Interessenabwägung zu Gunsten der Antragstellerin auszufallen. Die beantragte einstweilige Verfügung stelle auch die gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme dar.

Die Auftraggeberin, vertreten durch XXXX, übermittelte am 23.10.2014 die Unterlagen des Vergabeverfahrens und eine Stellungnahme vom selben Tag, in der sie angeforderte allgemeine Informationen zum Vergabeverfahren abgab.

Zur beantragten einstweiligen Verfügung führte sie aus, dass seitens der AG keine Interessen bestehen würden, die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung für die Dauer von längstens sechs Wochen sprechen würden. Das Vorbringen der Antragstellerin werde bestritten, es werde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Eine detaillierte inhaltliche Stellungnahme zum Vorbringen der Antragstellerin werde fristgerecht in einem gesonderten Schriftsatz erstattet werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt:

Die Auftraggeberin hat in einem Verhandlungsverfahren die Zurverfügungstellung von Mietwäsche für Behandlungseinrichtungen und sonstige Stellen der Auftraggeberin ausgeschrieben. Die Bekanntmachung im Amtsblatt der EU erfolgte am 30.01.2014. (Vergabeunterlagen der AG).

Die Antragstellerin hat sich am Vergabeverfahren beteiligt und ein Angebot abgegeben (Vergabeunterlagen der AG).

Am 08.10.2014 wurde von der AG die Zuschlagsentscheidung im gegenständlichen Vergabeverfahren zu Gunsten eines Mitbewerbers der Antragstellerin an die Bieter im Vergabeverfahren bekannt gegeben (Vergabeunterlagen der AG).

Das Vergabeverfahren ist dem Oberschwellenbereich zuzuordnen. Ende der sich aus § 321 Abs. 1 BVergG sich ergebenden Frist für die Einbringung eines Nachprüfungsantrages gegen die Zuschlagsentscheidung ist der 20.10.2014, 24.00 Uhr. (Vergabeunterlagen der AG).

Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig auf den in Klammer genannten Quellen, deren inhaltliche Richtigkeit außer Zweifel steht und im einleitenden Schriftsatz der Antragstellerin bestätigt wird.

2. Zulässigkeit des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung:

Im Wege einer Grobprüfung der Antragslegitimation der Antragstellerin zur Stellung eines Antrages auf Erlassung einer einstweilige Verfügung ist gemäß § 328 Abs. 1 BVergG 2006 zu prüfen, ob der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG 2006 nicht offensichtlich fehlen. Diese Grobprüfung ergibt, dass sich das Vergabeverfahren in einem Stadium vor Zuschlagsentscheidung befindet. Es wurde eine gesondert anfechtbare Entscheidung - die Zuschlagsentscheidung gemäß § 2 Z 16 lit. a sublit. dd BVergG - angefochten. Unter Berücksichtigung von § 321 Abs. 1 BVergG ist der Nachprüfungsantrag und der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung rechtzeitig und erfüllt alle anderen in § 328 Abs. 2 BVergG enthaltenen Voraussetzungen. Ein offensichtliches Fehlen der Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG liegt ebenfalls nicht vor.

3. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung

Gemäß § 328 Abs. 1 BVergG 2006 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

Gemäß § 329 Abs. 1 BVergG 2006 hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Gemäß § 329 Abs. 3 BVergG 2006 können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

Bei Abwägung aller möglicherweise geschädigten Interessen der Antragstellerin, der sonstigen Bieter und der Auftraggeberin, eines allfälligen besonderen öffentlichen Interesses an der Fortführung des Vergabeverfahrens sowie des öffentlichen Interesses an der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter (VfGH 15.10.2001, B 1369/01) erscheint ein Überwiegen der nachteiligen Folgen der einstweiligen Verfügung für die bewilligte Dauer nicht gegeben. Im Übrigen hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ein Auftraggeber zumindest ein Nachprüfungsverfahren sowie die damit einhergehende Verzögerung des Vergabeverfahrens einzukalkulieren.

Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst, Kommentar zur Exekutionsordnung² [2008], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. § 329 Abs 4 BVergG verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies mit 6 Wochen begrenzt ist (§ 326 BVergG). Die Auftraggeberin ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesvergabeamtes (nunmehr: Bundesverwaltungsgericht) davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (vgl BVA 24.6.2010, N/0051-BVA/10/2010-EV13 mit weiteren Nachweisen).

Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.

B) Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu VwGH 6. 11. 2002, 2002/04/0138;

30. 6. 2004, 2004/04/0028; 1. 2. 2005, 2005/04/0004; 29. 6. 2005, 2005/04/0024; 1. 3. 2007, 2005/04/0239; 27. 6. 2007, 2005/04/0254;

29. 2. 2008, 2008/04/0019; 14. 1. 2009, 2008/04/0143; 14. 4. 2011, 2008/04/0065; 29. 9. 2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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