BVwG W112 1424712-2

BVwGW112 1424712-228.6.2016

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W112.1424712.2.00

 

Spruch:

W112 1424712-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 12.02.2016, Zl. 811350304-2002859, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.04.2016 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 55 und 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 9 iVm § 50 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 09.11.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zum Nachweis seiner Identität legte der Beschwerdeführer seinen russischen Führerschein vor.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.01.2012 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Gegen den genannten Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und dieser im vollen Umfang angefochten. Zudem legte der Beschwerdeführer einen Ehevertrag des islamischen Zentrums XXXX vor, wonach der Beschwerdeführer am XXXX Frau XXXX geheiratet habe.

Am 08.04.2014 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Im Zuge der Verhandlung fand eine eingehende Befragung des Beschwerdeführers zu den Fluchtgründen durch das Bundesverwaltungsgericht statt und wurde auch die Möglichkeit eingeräumt, zu den im Verfahren herangezogenen Länderberichten und zur Integration Stellung zu nehmen. Hinsichtlich seiner Integrationsbemühungen legte der Beschwerdeführer Deutschkursbestätigungen vom 31.01.2013 sowie vom 13.06.2013 vor.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.09.2014 wurde die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen und hinsichtlich Spruchpunkt III. gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Gleichzeitig wurde die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

Die Entscheidung hinsichtlich der Rückkehrentscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sowohl im Hinblick auf die Schwester als auch auf die Ehefrau des Beschwerdeführers kein Familienleben iSd Art. 8 EMRK bestehe, sodass eine Ausweisung keinen Eingriff in das Familienleben darstelle. Zudem seien keine Umstände erkennbar, die auf eine während des etwa zweieinhalbjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet entstandene außergewöhnliche Integration des Beschwerdeführers schließen ließen; so sei der Beschwerdeführer nicht selbsterhaltungsfähig, leiste keine gemeinnützige Arbeit, besuche abgesehen von Deutschkursen keine Bildungseinrichtungen und sei kein Mitglied in einem Verein. Ein Vergleich der Verhältnisse in Österreich zu jenem im Herkunftsstaat, in welchem der Beschwerdeführer den überwiegenden und prägenden Teil seines Lebens verbracht habe, er über familiäre Anknüpfungspunkte verfüge sowie beruflich und gesellschaftlich integriert gewesen sei, lasse keine unzumutbaren Härten in einer Rückkehr des Beschwerdeführers erkennen.

Eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof bzw. eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen Spruchpunkt I. und II. der Entscheidung wurde vom Beschwerdeführer nicht eingebracht, weshalb das Erkenntnis durch Zustellung am 04.09.2014 in Rechtskraft erwuchs.

2. Im fortgesetzten Verfahren wurde der Beschwerdeführer mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.12.2014 vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt, wonach die Erlassung einer Rückkehrentscheidung beabsichtigt sei und ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt. Gleichzeitig wurde er aufgefordert seine persönlichen und familiären Verhältnisse darzulegen.

Mit Schriftsatz vom 29.01.2015 führte der Beschwerdeführer aus, aufgrund der beschäftigungsrechtlichen Situation sei es ihm derzeit nicht möglich einer Beschäftigung nachzugehen. Im Falle der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung könne er allerdings aufgrund eines rechtlich bindenden Arbeitsvorvertrags in Vollzeit als Lettershopmitarbeiter angestellt werden, wodurch es ihm möglich wäre sich und seine Familie selbst zu erhalten. Sein derzeitiger Unterhalt werde durch die Grundversorgung sowie die Unterstützung seiner Lebensgefährtin bestritten. Er lebe mit seiner Lebensgefährtin und der gemeinsamen Tochter in der Mietwohnung seiner Lebensgefährtin; zuvor habe er bei seiner Schwester gewohnt. Eine standesamtliche Heirat sei mangels bestimmter Dokumente, welche er nur in Russland besorgen könnte, derzeit nicht möglich. Seine Lebensgefährtin sei seit Juli 2014 im Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft. In Tschetschenien habe er 12 Schulstufen absolviert und eine Buchhalterausbildung begonnen. Er habe auch als Maurer gearbeitet.

Zum Nachweis seiner Angaben legte der Beschwerdeführer vor:

* Arbeitsvorvertrag vom 26.01.2015, wonach der Beschwerdeführer ab Erhalt der Aufenthaltsgenehmigung Vollzeit als Lettershoparbeiter beschäftigt werden würde

* Deutschkursbestätigung vom 31.01.2014

* Österreichischer Reisepass und Staatsbürgerschaftsnachweis betreffend die Lebensgefährtin

* Geburtsurkunde und Staatsbürgerschaftsnachweis betreffend seine Tochter

* Mietvertrag seiner Lebensgefährtin vom 24.01.2014

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 25.08.2015 gab der Beschwerdeführer im Beisein seiner gewillkürten Vertreterin an, er sei mit seiner Lebensgefährtin lediglich nach traditionellem Ritus verheiratet. Er wohne mit dieser schon seit drei Jahren im gemeinsamen Haushalt, er sei allerdings nicht immer an dieser Adresse, sondern auch an der Adresse seiner Schwester gemeldet gewesen; er habe sich erst im Jahr 2014 an der Adresse seiner Lebensgefährtin gemeldet. Seine Lebensgefährtin sei im Jahr 2002 aus der Russischen Föderation geflüchtet und habe zunächst den Status einer Asylberechtigten erhalten und sei mittlerweile österreichische Staatsbürgerin. Seine Tochter sei im Oktober 2014 geboren worden. Er habe einige Deutschkurse besucht, sonst habe er keine Ausbildungsmaßnahmen ergriffen. Er sei bislang keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen und beziehe Leistungen aus der Grundversorgung. Der vorgelegte Arbeitsvorvertrag betreffe Hilfstätigkeiten und würde er dabei etwa € 1.000,- netto verdienen. Seine Lebensgefährtin sei derzeit in Karenz, nehme danach aber ihre Beschäftigung als Rezeptionistin wieder auf. In Österreich lebe auch noch seine asylberechtigte Schwester. Im Herkunftsstaat lebten noch seine Eltern und ein Bruder. Er habe nicht versucht einen legalen Aufenthaltstitel zu erlangen, da sein Asylverfahren noch im Laufen sei.

Mit Eingabe vom 01.09.2015 brachte der Beschwerdeführer einen Arbeitsvorvertrag vom 31.08.2015 in Vorlage, wonach der Beschwerdeführer als Lagerarbeiter bei einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden ein Bruttogehalt von € 1.600,- verdienen würde.

Mit Schreiben des Bundesamtes vom 11.09.2015 wurde der Beschwerdeführer erneut vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihm die Länderinformationen zu Tschetschenien zur Kenntnis gebracht.

Mit Schriftsatz vom 05.10.2015 wiederholte der Beschwerdeführer zunächst die Ausführungen vom 29.01.2015 und wies weiters daraufhin, dass die Behörde zu prüfen habe, ob der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in sein Herkunftsland das Familienleben mit seiner Tochter fortführen könnte (vgl. VfGH 11.03.2014, U 37/2013 ua). Der Umstand, dass die Familiengründung mit einer österreichischen Staatsangehörigen im Rahmen und in Kenntnis des unsicheren Aufenthaltes erfolgt sei, rechtfertige für sich genommen keine durch aufenthaltsbeendende Maßnahmen bedingte Trennung von Ehefrau und Kind (vgl. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/21/0010).

Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes, zugestellt am 16.02.2016, wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Russland zulässig sei; weiters wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise auf zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

Zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers führt die belangte Behörde aus, dass in Österreich die Lebensgefährtin mit österreichischer Staatsangehörigkeit, die gemeinsame Tochter sowie eine Schwester des Beschwerdeführers lebten. Wie bereits im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gewürdigt, sei die Ehe nicht nach österreichischen Rechtsnormen geschlossen worden und könne daher nicht als solche angesehen werden. Auch der Umstand der Familiengründung, zu einem Zeitpunkt in dem er bereits von seinem unsicheren Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet in Kenntnis gewesen sei, sei seitens des Bundesverwaltungsgerichtes gewürdigt worden. Der Kontakt zu seiner Schwester bestehe erst seit seiner Einreise nach Österreich. Wechselseitige Abhängigkeiten zwischen ihm und seiner Schwester seien nicht hervorgebracht worden. Wie im zentralen Melderegister ersichtlich sei der gemeinsame Haushalt mit seiner Lebensgefährtin erst nach dem erlassenen Bescheid begründet worden. Es liege somit kein Eingriff in das Familienleben vor. Auch wenn der Beschwerdeführer über familiäre Bindungen in Österreich verfüge, könne dazu angemerkt werden, dass er auch nach der Rückkehr in den Herkunftsstaat den Kontakt weiterhin aufrechterhalten könnte.

Nennenswerte private oder soziale Kontakte habe der Beschwerdeführer nicht angegeben. Er sei in keinen Vereinen oder gemeinnützigen Organisationen tätig. Er habe bisher auch keine weiteren Kurse besucht, um seine Integration in die österreichische Gesellschaft sowie seine beruflichen Aussichten zu verbessern. Er sei nicht selbsterhaltungsfähig und lebe aus der Grundversorgung. Er habe gemäß der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nach der erstinstanzlichen Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz seinen zukünftigen Aufenthalt als nicht gesichert betrachten müssen. Es liege somit kein schützenswertes Privatleben vor.

In Tschetschenien dagegen lebten seine Eltern und sein Bruder, zu denen er Kontakt habe. Er habe den überwiegenden Teil seines Lebens in Russland gelebt, sei dort auch sozialisiert worden und zur Schule gegangen. Er verfüge daher mit Sicherheit über private Anknüpfungspunkte die eine Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft erleichtern würden. Er sei ein junger und gesunder Mann der sich seinen Lebensunterhalt, notfalls auch mit Gelegenheitsarbeiten, in Russland sichern könne und auch dort auf Unterstützung durch Familie, Freunde und Bekannte zurückgreifen könnte und somit bei einer Rückkehr nicht von einer bedrohenden Notlage für die Existenz gesprochen werden könne. Somit liege kein Hinderungsgrund bei der Rückkehr nach Russland vor und sei ein solcher auch seinerseits nicht bekannt gegeben worden.

3. Mit Schriftsatz vom 24.02.2016, eingelangt am 25.02.2016, erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen diesen Bescheid. Begründend führt der Beschwerdeführer aus, seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.09.2014 habe sich der Sachverhalt hinsichtlich seines schützenswerten Privat- und Familienlebens maßgeblich geändert. So habe er mit seiner Lebensgefährtin mittlerweile eine Tochter, die ebenso wie seine Lebensgefährtin, österreichische Staatsangehörige sei. Er lebe mit seiner Lebensgefährtin seit mehr als drei Jahren im gemeinsamen Haushalt, weswegen ein schützenswertes Familienleben bestehe. Dies scheint insofern plausibel, als der Beschwerdeführer seit 09.02.2012 mit seiner Lebensgefährtin nach traditionellem Ritus verheiratet sei, wenngleich er erst seit September 2014 an der Wohnadresse seiner Lebensgefährtin gemeldet sei. Die belangte Behörde habe ihre Ermittlungspflicht dadurch verletzt, indem sie es unterlassen habe, die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers zum Familienleben einzuvernehmen. Die belangte Behörde habe es auch unterlassen notwendige Feststellungen dazu zu treffen bzw. zu prüfen, ob ein gemeinsames Familienleben im Herkunftsstaat möglich wäre. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation immer noch Verfolgungshandlungen ausgesetzt sei. Hätte die belangte Behörde den Beschwerdeführer näher zu seinem Familienleben befragt, hätte sie zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass der Beschwerdeführer eine enge und liebevolle Beziehung zu seiner minderjährigen Tochter und zu seiner Lebensgefährtin führe und diese auch in der Erziehung und Pflege des gemeinsamen Kindes unterstütze. Der Beschwerdeführer sei auch nicht näher zu den sozialen Kontakten zu seiner Schwester befragt worden. Der Beschwerdeführer habe mindestens einmal in der Woche persönlichen Kontakt zu seiner Schwester. Wenn die belangte Behörde weiters vermeine, der Beschwerdeführer könne nach seiner Ausreise den Kontakt via moderne Kommunikationstechniken fortsetzen, sei dies insofern nicht nachvollziehbar, wie der Beschwerdeführer die Beziehung zu seiner einjährigen Tochter aufrechterhalten könnte. Letztlich habe das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Integrationsbemühungen keine Berücksichtigung gefunden. So bemühe sich der Beschwerdeführer seit Beginn seines Aufenthaltes um seine sprachliche Integration. Er verfüge über Arbeitsvorverträge, womit die Selbsterhaltungsfähigkeit gegeben sei. Zudem gehe seine Lebensgefährtin einer Vollzeitbeschäftigung nach, wodurch die Selbsterhaltungsfähigkeit der Familie ebenfalls gegeben sei. Diesbezüglich wurde eine die Lebensgefährtin betreffende Anmeldung zur Sozialversicherung vom 13.01.2016 vorgelegt. Die belangte Behörde habe auch nicht berücksichtigt, dass die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers als österreichische Staatsbürgerin ihren Lebensmittelpunkt in Österreich begründet habe und hier auch in sozialer und beruflicher Hinsicht fest verwurzelt sei. Abschließend wurde darauf hingewiesen, dass die vom Verfassungsgerichtshof geforderte Abwägung der öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung gegenüber den privaten und familiären Interessen eines Fremden an einem Verbleib in Österreich von der Behörde lediglich mangelhaft vorgenommen worden sei.

4. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 26.04.2016 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die russische Sprache und der gewillkürten Vertreterin des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

Befragung des Beschwerdeführers:

R: Ich entnehme den Akten, dass Sie XXXX heißen, geboren am XXXX in XXXX, Staatsangehörigkeit Russische Föderation, Volksgruppenzugehörigkeit Tschetschenien, ist das korrekt?

BF: Ja.

R: Wie geht es Ihnen gesundheitlich?

BF: Normal, alles ok.

R: Können Sie Ihren Inlands- oder Auslandsreisepass vorlegen?

BF: Ich habe keinen, ich habe nur eine Geburtsurkunde.

R: Wurde Ihnen nie ein Pass ausgestellt?

BF: Ich hatte schon den russischen Pass, aber zu Hause in Tschetschenien.

R: Was bedeutet "zu Hause"?

BF: In Tschetschenien.

R: Sind Sie mit oder ohne Reisepass ausgereist?

BF: Ich hatte die Pässe, aber die wurden von der Ukraine zurück nach Hause geschickt.

R: Was bedeutet sie wurden nach Hause geschickt?

BF: In der Ukraine hat man mir die Pässe abgenommen und gemeint, dass man mich auch ohne Pässe nach Österreich bringen wird.

R: Wo sind die Pässe jetzt?

BF: Zu Hause in Tschetschenien

R: Bei wem?

BF: Bei meinen Eltern.

R: Haben Sie sich jemals darum bemüht, sich den Pass übermitteln zu lassen?

BF: Nein.

R: Warum nicht?

BF: Ich möchte hier bei der Botschaft einen Auslandsreisepass bekommen.

R: Warum möchten Sie bei der Botschaft einen Auslandsreisepass bekommen, wenn Sie hier schon einen haben?

BF: Heuer ist er abgelaufen.

R: Was ist mit Ihrem Inlandsreisepass? Warum haben Sie sich den nicht schicken lassen?

BF: Ich weiß es nicht. Ich habe nicht gefragt.

R: Sie haben sich Ihre Geburtsurkunde und Zeugnisse übermitteln lassen, warum nicht auch Ihren Pass?

BF: Diese Dokumente hatte ich mit.

R: Warum haben die dann nicht gleich im Verfahren vorgelegt, sondern erst später, wenn Sie diese gleich mit hatten?

BF: Ich habe sie gezeigt. Ich hatte alle Atteste mit.

R: Sie wiesen sich bei der traditionellen Eheschließung gegenüber dem Imam XXXX bei Abschluss des muslimischen Ehevertrags im Islamischen Zentrum in Wien mit ihrem Reisepass Nr. 1113503 aus (BFA AS 60). Ich wiederhole die Frage: Wo ist Ihr Pass?

BF: Ich habe die weiße Karte gezeigt, aber das ist kein Pass. Ich habe hundertprozentig keinen Pass gezeigt, das weiß ich.

R: Sie sind in XXXX geboren und lebten bis zu Ihrer Ausreise am 31.10.2011 mit Ausnahme des Bürgerkrieges, den Sie bei Verwandten in XXXX verbrachten in dem Dorf XXXX im Rayon XXXX, und wohnten bis zur Ausreise im Haus Ihrer Eltern. Ist das korrekt?

BF: Ja.

R: Welche Ausbildung haben Sie absolviert?

BF: Ich habe die Grundschule abgeschlossen.

R: Wie viele Jahre?

BF: Elf. Dann habe ich eine Buchhalter-Ausbildung gemacht.

R: Von wann bis wann?

BF: Von 2009 bis 2011, oder von 2008 bis 2011, so genau weiß ich das jetzt nicht mehr.

R: Meinen Kollegen haben Sie gesagt, dass sie dreizehn Jahre Grundschule absolviert haben!

BF: Bei uns gibt es nur elf Klassen Grundschule. Warum dreizehn protokolliert wurden weiß ich nicht, möglicherweise hat man die Jahre berücksichtigt, die während des Bürgerkrieges waren, während ich keine Schule besucht habe.

R: Beschreiben Sie mir Ihre Buchhalter-Ausbildung!

BF: Was meinen Sie genau?

R: Wie ist das abgelaufen? Sind Sie da hingegangen, haben Sie Prüfungen absolviert?

BF: Ich habe da gearbeitet. Ich bin nur zu Prüfungen gegangen, sonst war ich immer in der Arbeit.

R: Was haben Sie gearbeitet?

BF: Auf Baustellen. Damals wurde Putin-Prospekt gebaut in Grosny.

R: Haben Sie immer bei einer Firma gearbeitet? Haben Sie bei verschiedenen Firmen gearbeitet?

BF: Bei verschiedenen Firmen. Eine Firma hieß XXXX (phonetisch), die andere hieß XXXX (phonetisch). An andere kann ich mich nicht mehr erinnern.

R: Von wann bis wann haben Sie auf Baustellen gearbeitet?

BF: Ich habe mit 16 Jahren auf Baustellen zu arbeiten begonnen. Zuerst mit meinem Vater, ich habe ihm geholfen. Als ich noch in der Schule war habe ich mit meinem Vater in den Ferien gearbeitet.

R: Sie haben bislang angegeben, dass Ihr Vater Lehrer für Mathematik und Sport ist.

BF: Mein Vater hat Geographie und Leibesübungen in der Schule unterrichtet.

R: War er jetzt Lehrer und auf Baustellen?

BF: Bei uns gibt es dreimonatige Ferien und da hat er auf Baustellen gearbeitet.

R: Wie haben Sie im Herkunftsstaat Ihren Lebensunterhalt bestritten?

BF: Ich habe gearbeitet auf Baustellen.

R: Beim Bundesamt haben Sie angegeben nur für eine Baufirma XXXX gearbeitet zu haben.

BF: Für diese Firma habe ich nur die letzten drei Jahre gearbeitet.

R: Vorm Bundesamt haben sie gesagt, nur 2010 bis 2011 haben Sie dort gearbeitet.

BF: XXXX ist auch ein Teil der Firma XXXX. Ich weiß nicht wie das jetzt heißt. XXXX war die Hauptfirma. Es gibt so etwas wie Niederlassungen und eine von denen hieß so.

R: Haben Sie noch Verwandte im Herkunftsstaat?

BF: Ja, alle.

R: Was heißt alle?

BF: Mama, Papa, drei Brüder.

R: In der letzten Einvernahme sagten Sie, nur ein Bruder.

BF: Einer macht eine Ausbildung in Russland und zwei sind zu Hause.

R: Zu Hause heißt im Haus Ihrer Eltern?

BF: Ja.

R: Wie bestreiten Ihre Eltern und Geschwister im Herkunftsstaat Ihren Lebensunterhalt?

BF: Mein Vater hat in der Schule gearbeitet. Meine Mutter ist Behinderte der ersten Gruppe und sie bekommt eine Pension. Beide Brüder arbeiten auf Baustellen.

R: Wie ist der Kontakt mit Ihrer Familie im Herkunftsstaat?

BF: Per Telefon.

R: Sprechen Sie sich regelmäßig?

BF: Nein, drei, vier oder fünfmal im Monat.

R: Was würde dagegen sprechen, im Falle der Rückkehr wieder zu Ihren Eltern zu ziehen?

BF: Ich hatte dort Probleme.

R: Meinen Sie damit die Probleme, die Sie im Asylverfahren geschildert haben?

BF: Ja.

R: Gibt es sonstige Gründe?

BF: Nein.

R: Sie sind am 27.12.2011 aus der Betreuungsstelle Traiskirchen ausgezogen. Wo haben Sie danach gewohnt?

BF: Bei meiner Schwester.

R: Wie lange haben Sie bei Ihrer Schwester gewohnt?

BF: Zwei Jahre, aber genau weiß ich es nicht mehr.

R: Das heißt bis Ende 2013?

BF: Ich war dort angemeldet.

R: Haben Sie dort gewohnt oder haben Sie nicht dort gewohnt?

BF: Ich habe bei meiner Frau gewohnt. Die Wohnungen befanden sich nur 200 oder 300 m voneinander entfernt und ich habe meiner Schwester oft geholfen.

R: Warum haben Sie sich nicht korrekt gemeldet? Ich muss Sie darüber informieren, dass eine absichtliche falsche Meldung eine Strafe nach dem Meldegesetz nach sich zieht!

BF: Weil wir übersiedelt sind. Ich habe sowohl bei meiner Schwester, als auch bei meiner Frau gewohnt und meine Frau hat gearbeitet.

R: Sie haben gesagt, Sie haben Ihrer Schwester geholfen. Warum hat Ihre Schwester Hilfe gebraucht?

BF: Weil sie damals krank war.

R: Was hatte Ihre Schwester?

BF: Ein psychisches Leiden.

R: Ist Ihre Schwester mittlerweile wieder genesen?

BF: Ja.

R: War Ihre Schwester bereits krank als Sie eingereist sind?

BF: Ja.

R: Wer hat sich zuvor um Ihre Schwester gekümmert?

BF: Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht wer geholfen hat.

R: Wie war der Kontakt mit Ihrer Schwester vor Ihrer Einreise nach Österreich (dh 2005-2011)?

BF: Wir hatten keinen Kontakt.

R: Hatten Sie selbst keinen Kontakt zu Ihrer Schwester bevor sie nach Österreich ausgereist ist?

BF: Ich wusste wie es ihr geht, weil sie die Eltern angerufen hat.

R: Wie gestaltet Ihr Kontakt mit Ihrer Schwester aktuell?

BF: Normal, wie zwischen einem Bruder und einer Schwester.

R: Was bedeutet das?

BF: Wir haben einfach normalen Kontakt. Alles ist ok.

R: Fragewiederholung.

BF: Ich lebe im XXXX und sie im XXXX. Wir sehen uns zwei bis dreimal in der Woche.

R: Sie haben, nachdem Ihr Asylverfahren in erster Instanz negativ entschieden war, am XXXX nach muslimischem Ritus geheiratet, sind aber standesamtlich nicht verheiratet. Ist das korrekt?

BF: Wir waren beim Standesamt und wollten heiraten. Man hatte aber gesagt, dass man viele Dokumente braucht. Unter Anderem eine Bestätigung von zu Hause, dass ich nicht verheiratet bin und auch andere Dokumente, an die ich mich nicht erinnere. Ich hatte aber keine Möglichkeit diese Dokumente vorzulegen.

R: Beschreiben Sie bitte, wie Sie Ihre Gattin nach muslimischen Ritus kennengelernt haben!

BF: In Wien haben wir uns kennengelernt.

R: Bitte beschreiben Sie mir genau das erste Aufeinandertreffen mit Ihrer Gattin. Wo haben Sie sich getroffen, wie war das.

BF: Es ist viel Zeit vergangen. Sie ist nach Wien gekommen. Wir haben uns getroffen.

R: Beschreiben Sie mir im Detail wie sie sich getroffen haben. Beschreiben Sie mir dieses Treffen.

BF: Ich möchte keine Details nennen.

R: Warum möchten Sie keine Details nennen?

BF: Ich möchte es aus persönlichen Gründen nicht.

Beschwerdeführer lächelt.

R: Warum möchten Sie diese Fragen aus persönlichen Gründen nicht beantworten?

BF: Ich will das nicht. Man kann das nicht mit Worten beschreiben.

R: Was haben Sie an diesem Tag in Wien gemacht?

BF: Was ich gemacht habe? Nichts.

R: Sie haben damals noch in Traiskirchen gelebt. Warum sind Sie da nach Wien gefahren.

BF: Ich bin zu meiner Schwester gekommen.

R: Wo haben Sie Ihre Frau ungefähr getroffen.

BF: Im 20. Bezirk. Wir waren spazieren.

R: Was heißt spazieren?

BF: Sie und ich.

R: Wie haben Sie sich getroffen?

BF: schweigt.

R: Kannten Sie die Familie Ihrer Gattin schon früher?

BF: Die Frau habe ich nicht gekannt, aber die Eltern habe ich gekannt.

R: Woher haben Sie die Eltern gekannt.

BF: Weil Sie aus XXXX sind.

BFV: Ich möchte dazu noch ausführen, dass es aufgrund des Kulturkreises aus dem der Beschwerdeführer stammt, sehr schwer ist über diese für ihn sehr privaten Dinge zu sprechen.

R: Das heißt Sie kannten Ihre Schwiegereltern, bevor Sie Ihre Gattin kannten?

BF: Ja.

R: War die Eheschließung mit Ihren Schwiegereltern arrangiert, oder haben Sie Ihre Gattin zufällig in Wien getroffen?

BF: Zuerst haben wir darüber gesprochen und das vereinbart. Ich habe zuerst mit meiner Frau gesprochen und erst dann habe ich die Eltern gefragt, ob ich die Tochter heiraten darf.

R: Wie kam Ihre Gattin zufällig an dem Tag nach Wien?

BF: Sie war wahrscheinlich bei einem Praktikum, oder sie ist zur Schwester gekommen, das weiß ich nicht genau.

R: Wie hat sich Ihr Kontakt zu Ihrer Gattin danach bis zur Ihrer Eheschließung gestaltet?

BF: Per Telefon, wir haben miteinander telefonisch gesprochen.

R: Was wusste Ihre Gattin über Ihren Aufenthaltsstatus?

BF: Nichts. Sie wusste, dass mir zu Hause Gefahr droht, aber ich habe ihr keine Einzelheiten erzählt.

R: Das heißt Ihre Gattin wusste, dass Sie Asylwerber sind?

BF: Ja.

R: Für mich klingt diese Eheschließung arrangiert. Möchten Sie dazu etwas sagen?

BF: Ich hätte ja nicht sicher sein können, dass ich nach der Heirat hier bleiben kann. Ich habe hier eine Frau getroffen, in die ich mich verliebt habe und die habe ich auch geheiratet. Damals habe ich nicht darüber nachgedacht, ob ich hier bleiben kann oder nicht.

R: Können Sie mir jetzt das erste Aufeinandertreffen mit Ihrer Frau beschreiben, oder nicht?

BF: Ich habe schon gesagt dass ich nicht darüber sprechen will.

R: Wenn Sie an dieser Frage nicht mitwirken, wird das Gericht seine Schlüsse daraus ziehen!

BF: Ja, das weiß ich schon. Ich weiß, dass das etwas merkwürdig klingt, aber ich möchte das für mich behalten.

BFV: Ich möchte noch anführen, dass es jetzt ein aufrechtes Familienleben gibt, mit einem gemeinsamen Haushalt, einem gemeinsamen Kind und einem sehr liebevollen Vater.

R: Seit wann leben Sie mit Ihrer Gattin nach muslimischen Ritus zusammen?

BF: Zusammen seitdem wir geheiratet haben, aber ich habe hin und wieder auch bei meiner Schwester übernachtet. Ständig bei ihr habe ich erst seit 2014 gewohnt.

R: Leben Sie mit Ihrer Gattin an der Adresse XXXX, oder lebt noch jemand da?

BF: Die Tochter lebt noch dort. Wir leben zu dritt da.

R: Sonst lebte niemand an dieser Adresse?

BF: Ich weiß von niemand sonst, ich kann mich nicht erinnern.

R: Wer ist XXXX?

BF: denkt nach.

R: Laut dem Asylakt Ihrer Schwester ist das Ihr Schwager!

BF: Der Mann meiner Schwester? Ja der Mann meiner Schwester.

R: Warum mussten Sie da so lange nachdenken?

BF: Wir nennen Ihn anders. Ich wusste gar nicht mehr dass er so heißt.

R: Wie nennen Sie ihn?

BF: XXXX.

R: Wohnte XXXX jemals bei Ihnen und Ihrer Frau?

BF: Nein. Wahrscheinlich war das seine Postadresse, wenn er dort angemeldet war.

R: Laut ZMR-Auskunft verfügte er 2014 in Ihrer Wohnung über einen gemeldeten Wohnsitz.

BF: Ich weiß davon nichts, ich habe ihn nicht angemeldet.

R: Haben Sie Kontakt zu Ihrem Schwager?

BF: Nein, ich hatte auch keinen.

R: Was heißt Sie hatten keinen Kontakt zu Ihrem Schwager, Sie haben in der Wohnung Ihrer Schwester gewohnt!

BF: Meine Schwester hat nicht zusammen mit ihm gelebt. Ich weiß nicht genau wie das war.

R: Sie sagen Sie haben einen engen Kontakt zu Ihrer Schwester, aber Sie wissen so gut wie nichts über ihr Leben!

BF: Ich weiß alles über das Leben meiner Schwester.

R: Beschreiben Sie Ihr Familienleben mit Gattin nach muslimischen Ritus und Tochter!

BF: Wir leben zusammen. In der Früh stehen wir um acht oder neun auf. Wir frühstücken und wir gehen dann zu Mittag mit der Tochter in den Park. Wir sind ca. eine Stunde im Park und dann gehen wir nach Hause. Die Tochter geht dann wieder schlafen und am Abend gehen wir auch in den Park und gehen dort spazieren.

R: Was ist Ihre Beteiligung im Haushalt?

BF: Im Haushalt? Manchmal staubsauge ich, oder wasche das Geschirr. Manchmal macht sie Mittagessen, manchmal ich, je nachdem wann wer Zeit hat.

R: In welcher Sprache unterhalten Sie sich zuhause?

BF: Sie spricht vorwiegend Deutsch mit mir.

(ohne Verdolmetschung)

R: Sprechen Sie Deutsch?

BF: Ein bisschen.

R: Haben Sie Deutschkurse gemacht?

BF: Deutschkurs? Fünf bis sechs Mal. Deutschkurs bei Caritas.

R: Wann haben Sie den letzten Deutschkurs gemacht?

BF: Meine Frau arbeitet. Ich, Tochter zu Hause.

R: Seit wann arbeitet Ihre Frau wieder?

BF: überlegt

R: Fragewiederholung.

BF: Nur zwei Monaten.

R: Heißt dass, Sie arbeitet seit zwei Monaten wieder?

BF: Jetzt nichts arbeiten.

(mit Verdolmetschung)

R: Ist Ihre Frau in Karenz oder arbeitet Sie zurzeit?

BF: Sie arbeitet zurzeit nicht, aber sie hat gearbeitet. Es gab eine Krise in der Arbeit, manche wurden gekündigt. Diese Kündigung war vor ca. zwei Monaten.

R: Wer kümmert sich jetzt hauptsächlich um das Kind?

BF: Ich. Ich kümmere mich viel um das Kind, weil sie Termine hat. Ich kümmere mich um die Tochter.

R: Wann haben Sie jetzt Ihren letzten Deutschkurs gemacht?

BF: Vor einem Jahr. Jetzt im Juni beginne die A2 Kurse an der Volks[hoch]schule. Ich habe mich schon eingetragen.

R: Die letzten Zeugnisse haben Sie aus Jänner 2014 vorgelegt.

BF: Ich hatte noch weitere Kurse besucht. Habe aber kein Zertifikat bekommen.

R: Haben Sie jemals eine Deutschprüfung beim ÖIF abgelegt?

BF: Ich werde jetzt die A2 Prüfung machen.

R: Wie bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt in Österreich?

BF: Ich bekomme Geld von der Caritas. 200 Euro pro Monat.

R: Haben Sie in Österreich jemals legal gearbeitet?

BF: Nein.

R: Sie haben in der letzten Verhandlung meinem Kollegen gegenüber angekündigt, dass Sie im Sommer 2014 arbeiten würden.

BF: Ich habe gesagt dass ich arbeiten werde, aber mit der weißen Karte war die Arbeitsaufnahme nicht möglich. Man hat mir gesagt, dass ich sogar mit einem Visum oder auch einem anderen Status arbeiten darf, aber nicht mit der Karte.

R: Haben Sie sich jemals um eine Arbeit als zB. Erntehelfer bemüht?

BF: Ich war bei allen möglichen Firmen. Auch bei denen, die Zeitungen verteilen. Ich bin sogar in der Nacht hingefahren und habe dem Chef dort meine weiße Karte gezeigt. Der Chef hat gesagt, dass er das nicht kann weil er sonst Probleme bekommen wird.

BFV: Es ist tatsächlich so, dass es für Asylwerber fast unmöglich ist einer erlaubten Beschäftigung nachzugehen, weil auch sehr viele Menschen aus dem EU-Raum sich um Arbeiten wie zB. Erntehelfer bemühen.

R: Sie haben eine Einstellungszusage der Firma XXXX vorgelegt. Diese ist der Wirtschaftskammer unbekannt und auch die Homepage ist "leer"!

BF: Diese Firma existiert im 23. Bezirk.

R: An der Adresse befindet sich eine Firma namens XXXX.

BF: Ja, diese Arbeitszusage bezog sich auch auf XXXX. Ich habe diese Zusage bereits vorgelegt.

R: Haben Sie sich um eine Lehrstelle als Mauerer beworben oder sonst um eine Anerkennung Ihrer Ausbildung bemüht?

BF: Nein, das habe ich nicht gemacht. Ich kann eigentlich fast alles machen. Ich muss nur eine Bewilligung bekommen. Mit einer weißen Karte habe ich nur Probleme. Niemand will mich aufnehme[n].

R: Haben Sie sich um die Anerkennung Ihrer Ausbildung als Buchhalter oder um eine Lehre als Bürokaufmann, oder Praktika o.ä. bemüht?

BF: Die Buchhaltung interessiert mich nicht wirklich. Ich würde lieber auf Baustellen arbeiten, weil ich schon viele Jahre auf Baustellen gearbeitet habe.

R: Haben Sie sonst Kurse, zB. bei der VHS einen Hauptschulabschlusskurs besucht?

BF: Nein, nur die Kurse bei der Caritas.

R: Haben Sie bislang ehrenamtliche Tätigkeiten ausgeübt?

BF: Sie meinen unentgeltlich? Nein.

R: Haben Sie entgeltlich etwas gemacht?

BF: Nein auch nicht.

R: Mit wem haben Sie in Österreich Kontakt?

BF: Mit Tschetschenen. Ich habe viele Bekannte, aber zu den Bekannten habe ich nur solchen Kontakt, dass wir uns gegenseitig fragen wie es uns geht. Das ist alles.

R: Sind Sie Mitglied in Vereinen? Wie nehmen Sie am sozialen Leben in Österreich teil?

BF: Nein.

R: Ich habe zu Ihrem Verfahren keine weiteren Fragen. Wollen Sie noch etwas Ergänzendes vorbringen oder weitere Beweisanträge stellen?

BF: Nein, das ist alles.

BFV: Wäre es möglich für Sie, Ihr Familienleben mit Ihrer Frau und Ihrer kleinen Tochter in Tschetschenien zu führen?

BF: Nein. Meine Frau lebt hier seit zehn oder zwölf Jahren. Ihre Eltern sind hier, alle sind hier. Sie hat hier die Ausbildung gemacht. Für sie wird das Leben dort sehr kompliziert.

BFV: Wie würde der Kontakt zu Ihrer Tochter aussehen, wenn Sie alleine ausreisen müssten? BF: Kein guter. Ich kann nicht in Tschetschenien leben, wenn ich meine Tochter nicht aufwachsen sehe. Ich halte das nicht aus, wenn ich sie nur einen einzigen Tag nicht sehe.

R: Die Entscheidung wird auf Grundlage der mündlichen Verhandlung sowie der Aktenlage erfolgen. Sollten Sie weitere, neue Dokumente etc vorlegen wollen, die für Ihr Verfahren relevant sind, sollten Sie das von sich aus und umgehend machen.

R: Haben Sie die Dolmetscherin gut verstanden?

BF: Ja.

(...)

R: Wurde das rückübersetzt, was Sie vorher angegeben haben oder möchten Sie Korrekturen anbringen?

BF: Zu Seite 7 gebe ich an, dass es sich bei der Pass-Nr. um die Nummer meiner Asylverfahrenskarte handelt. Zu Seite 9 möchte ich bestätigen, dass es sich um Niederlassungen handelt. Zu Seite 12:

Ich glaube, dass ich den negativen Bescheid erst bekommen habe, als ich schon verheiratet war. Ich glaube, dass ich den Bescheid kurz nach meiner Eheschließung bekommen habe. Zu Seite 18 möchte ich die Einstellungszusage der Firma XXXX aus 2015 vorlegen. (Ist bereits aktenkundig).

R: Sie haben den Bescheid am 31.01.2012 erhalten. Zumindest haben Sie an diesem Tag den Abholschein bekommen und der Beginn der Abholfrist war der 01.02.2012.

B: Ja, wahrscheinlich hat man das an dem Tag geschickt, ich habe die Post aber erst später geholt. Wir haben diese Beschwerde am letzten Tag eingebracht. XXXX war damals nämlich meine Anwältin. Ich habe das nämlich so verstanden, dass die Frist erst beginnt, wenn ich das Schriftstück von der Post hole. XXXX hat mir dann erklärt wie das wirklich ist.

R: Betreffend Seite 9 habe ich mich versprochen. Es war nicht Mathematik, es war Geographie.

R: Eine letzte Frage: Können Sie mir Ihre Hochzeitsfeier beschreiben?

BF: Das war im XXXX. Das war eine tschetschenische Hochzeit. Sie wurde aus XXXX gebracht. Ich war nicht dort. Bei uns ist das so, dass ich als Bräutigam nicht dabei sein durfte. Ich war zu Hause.

R: Haben Sie mit Ihren Verwandten die Hochzeit gefeiert?

BF: Nur meine Schwester, sonst niemand. Auch die Bekannten von der Schwester waren dort.

Befragung der Zeugin XXXX:

R: Ihr Name ist XXXX, geboren am XXXX in XXXX, Russische Föderation,

Wohnadresse: XXXX; Verhältnis zum BF: Schwester, sie sind geschieden und haben drei Kinder. Ist das korrekt?

Z 1: Ja.

R: Sie leben seit 2005 in Österreich und sind 2007 im Familienverfahren nach ihrem geschiedenen Gatten asylberechtigt, ist das korrekt?

Z 1: Ja, das ist korrekt.

R: Wie alt sind Ihre Kinder, was ist ihr Aufenthaltsstatus und ihr Gesundheitszustand?

Z 1: Mein ältester Sohn ist siebzehn Jahre alt. Er geht ins Gymnasium in die 7. Klasse. Der zweite geht in die Volksschule in die dritte Klasse und die Kleinste, ein Mädchen, geht in die zweite Klasse der Volksschule. Die beiden jüngsten Kinder sind hier geboren, 2006 und 2008.

R: Wie geht es Ihnen gesundheitlich?

Z 1: Gut.

R: Seit wann sind Sie geschieden?

Z 1: Seit eineinhalb Jahren. Wir waren zuvor getrennt.

R: Lebten Sie seit Ihrer Scheidung mit jemanden in Lebensgemeinschaft?

Z 1: Nein.

R: Warum lebten Sie 2014/2015 in einem Frauenhaus?

Z 1: Das hatte mit der Scheidung zu tun.

R: Wie ist Ihr aktueller Gesundheitszustand?

Z 1: Jetzt geht es mir viel besser, jetzt bin ich gesund.

R: Wann ist es Ihnen gesundheitlich schlecht gegangen?

Z 1: Das war von 2011 bis 2014. Als ich noch im Krankenstand war, wollte ich meine Nostrifizierung durchführen. Ich wurde zwar beim Vincentinum aufgenommen, aber das AMS hat sich geweigert mir Geld auszuzahlen, weil ich noch immer im Krankenstand war. Ich bin dann zum Direktor, ich habe ihm gesagt, dass ich noch im Krankenstand die Aufnahmeprüfung gemacht habe und dass ich aufgenommen wurde. Ich habe ihn gebeten, für mich einen Platz im Herbst zu reservieren und er hat gesagt, dass das kein Problem sein wird und ich einen Platz bekommen werde. Ich habe schon 200 Stunden im Altenheim im Kolpinghaus gemacht, es fehlen noch 400 Stunden. Ich warte jetzt noch auf eine Zuweisung, weil ich noch 200 Stunden im operativen Bereich und 200 Stunden im konservativen Bereich machen muss.

R: Sind Sie erwerbstätig?

Z 1: Ja, das kann man so sagen. Aber das Diplom habe ich noch nicht, das österreichische. Das russische Diplom habe ich. Ich will weiter im Spital arbeiten.

R: Wie war der Kontakt zu Ihrem Bruder vor Ihrer Ausreise aus der Russischen Föderation?

Z 1: Sie meinen als Familie? Normal. Wir sind eine freundschaftliche Familie. Ich habe vier Brüder und bin das einzige Mädchen. Ich wurde in der Familie sehr geliebt.

R: Wie war der Kontakt zu Ihrem Bruder seit dessen Einreise nach Österreich?

Z 1: Ich habe er erfahren, dass er hier in Österreich, in Traiskirchen ist.

R: Das heißt dazwischen hatten sie keinen Kontakt?

Z 1: Wir haben telefoniert. Ich hatte immer Kontakt zu meiner Familie und ich habe auch jetzt noch Kontakt zu meiner Familie.

R: Wie lange hat Ihr Bruder bei Ihnen gewohnt?

Z 1: Er war immer bei mir. Ich erinnere mich jetzt nicht. Ich denke ich war im Frauenhaus 2014 im Herbst. Bis Herbst hat er bei mir gewohnt in der XXXX.

R: Das heißt Ihr Exmann ist ausgezogen, dann ist Ihr Bruder ausgezogen?

Z 1: Er ist zu mir gekommen und ist wieder weggegangen. Wir waren immer getrennt. Er hatte eine andere Frau gehabt. Mein Bruder war bei mir, aber die Frau von meinem Bruder hat auch eine Wohnung gehabt. Das war nicht allzu weit weg. Das waren fünf Minuten von mir.

R: Wissen Sie wer die Freundin Ihres Exmannes war?

Z 1: Das weiß ich nicht. Das interessiert mich nicht.

R: Können Sie mir beschreiben, wie Ihr Bruder seine Frau kennengelernt hat?

Z 1: Ich kenne die Familie dieser Frau sehr gut. Wir kommen aus einem Dorf. Ich habe sie meinem Bruder im Internet gezeigt. Weiter weiß ich nicht. Vielleicht haben sie übers Internet miteinander geschrieben. Ich kenne XXXX sehr gut.

R: Sind sie befreundet?

Z 1: Ich kenne ihre Familie. Dort leben überhaupt nur hundert Familien. Wir sind alle so gut befreundet, dass wir fast verwandt sind.

R: War die Ehe schon vor Einreise arrangiert, oder hat sich das erst in Österreich ergeben?

Z 1: In Österreich. Er konnte sich an sie überhaupt nicht erinnern. Ich kenne sie. Er kennt die Eltern, aber er und seine derzeitige Frau waren damals noch klein. Ich meine, als ich damals noch in Tschetschenien, in Russland war.

R: Beschreiben Sie mir die Hochzeitsfeier Ihres Bruders!

Z 1: Ja das war eine sehr schwere Zeit für mich. Zu dem Zeitpunkt war ich sehr schwer krank. Das war wie eine gewöhnliche tschetschenische Hochzeit.

R: Wie ist aktuell die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrer Schwägerin?

Z 1: Sehr gut.

R: Das heißt Sie haben auch so privaten Kontakt?

Z 1: Sicher.

R: Wie ist der Kontakt zu Ihrem Bruder aktuell?

Z 1: Wir Tschetschenen haben so eine Mentalität, dass die Familie für uns sehr wichtig ist. Sicher besuchen wir uns gegenseitig. Er kommt mit seiner Tochter und ich komme mit meinen Kindern. Er hat mir sehr geholfen. Er sollte nämlich von Traiskirchen wo anders hin verlegt werden und ich hatte eine Betreuerin bei der Caritas, sie hieß XXXX. Ich habe ihr alle Gutachten gebracht vom AKH und so und dann wurde er zu mir gebracht.

R: Haben Sie noch Kontakt zu Ihrem Exmann?

Z 1: Mit meinem Exmann habe ich noch Kontakt. Wir haben drei Kinder zusammen, da muss man Kontakt halten.

R: Zahlt er Ihnen oder für die Kinder Alimente?

Z 1: Nein.

R: Wie bestreiten Sie dann Ihren Lebensunterhalt?

Z 1: Ich bekomme jetzt Geld vom AMS. Auch wenn ich das Praktikum mache. Wenn das Praktikum zu Ende ist und ich zu Hause bin, dann bekomme ich Mindestsicherung.

R: Wie schaffen Sie das mit der Kinderbetreuung?

Z 1: Meine Kinder sind vier Tage bei meinem Mann und drei Tage bei mir. Die Schule, das Gymnasium ist nämlich in der Nähe. Von Freitag bis Sonntag sind sie bei mir.

BFV: Hat Ihr Bruder Sie unterstützt, als es Ihnen schlecht ging und Sie krank waren?

Z 1: Ja, er hat mich sehr unterstützt. Er hat alles gemacht.

Das Protokoll wird zur Durchsicht vorgelegt.

R: Wurde alles richtig protokolliert?

Z 1: Ja.

Befragung der Zeugin XXXX:

R: Ihr Name ist XXXX, geboren am XXXX in XXXX, Russische Föderation,

Wohnadresse: XXXX; Beruf: Rezeptionistin, Verhältnis zum BF:

Lebensgefährtin, sie sind ledig und haben eine Tochter mit dem Beschwerdeführer. Ist das korrekt?

Z 2: Standesamtlich sind wir noch nicht verheiratet.

R: Wie ist Ihr Gesundheitszustand?

Z 2: Sehr gut.

R: Sie sind muslimischen Glaubens, tschetschenische Volksgruppenangehörige, lebten bis 2003 in der Russischen Föderation und waren bis 2014 Russische Staatsangehörige, seit 2004 in Österreich asylberechtigt und sind seit 2014 wie auch Ihre Tochter österreichische Staatsbürgerin. Ist das korrekt?

Z 2: Wir haben bis ca. 2001 in der Russischen Föderation gelebt, danach waren wir in Polen, Tschechien. Seit 2003 sind wir in Österreich. Asyl haben wir 2003 oder 2004 bekommen.

R: Seit 2004 sind Sie in Österreich asylberechtigt?

Z 2: Ja.

R: Ihr Asylstatus gründete sich auf die Erstreckung im Familienverfahren nach Ihrem Vater. Worauf stützte sich der Asylantrag Ihres Vaters?

Z 2: Ja, das stimmt. Wir sind geflüchtet, er war Kämpfer und wird bis heute verfolgt. Er darf nicht zurück.

R: Haben Sie in Österreich auch Probleme?

Z 2: Nein.

R: Haben Sie noch Verwandte in der Russischen Föderation?

Z 2: Ja.

R: Haben diese Verwandten Probleme?

Z 2: zB. wurden meine Cousins nach dem Aufenthaltsort meines Vaters befragt.

R: Wann war das?

Z 2: Das war so ca. vor fünf Jahren. Es gab Säuberungsaktionen, darunter versteht man, dass nachgeschaut ob etwas zu finden ist und die Personen überprüft werden.

R: Da wurde immer nur nach Ihrem Vater gefragt?

Z 2: Ja.

R: Welchen Problemen wären Sie ausgesetzt, wenn Sie persönlich in die Russische Föderation zurückfahren müssten?

Z 2: Ich will sowieso nicht zurück. Aber ich glaube die würden mich zur Miliz rufen und auch befragen.

R: Welche Verwandten haben Sie in Österreich?

Z 2: Die ganze Familie. Meine Schwestern, mein Bruder, meine Eltern.

R: Welchen Aufenthaltsstatus haben Ihre Verwandten?

Z 2: Sie sind alle asylberechtigt und meine Schwester hat schon Papiere eingereicht.

R: Wie ist Ihr Kontakt zu Ihnen?

Z 2: Gut.

R: Ihre Eltern leben in Kärnten, Sie leben in Wien.

Z 2: Meine Eltern sind seit August hier in Wien. Meine Schwester, die auch in Wien angefangen hat in einem Hotel zu arbeiten, hat sie nachgeholt.

R: Wo arbeitet Ihr Bruder?

Z 2: Der ist Dachdecker, zurzeit ist er arbeitslos und wohnt in Wien.

R: Welche Sprachen sprechen Sie?

Z 2: Englisch, Russisch, Deutsch und Tschetschenisch.

R: Welche Umgangssprache sprechen Sie zuhause?

Z 2: Unterschiedlich. Wir versuchen unser Russisch zu verbessern und Deutsch. Wir möchten, dass unsere Tochter dreisprachig aufwächst. Am besten wären vier Sprachen. Die Schwester spricht perfekt Englisch.

R: Sind Sie nach Ihrer Einreise nach Österreich jemals in die Russische Föderation gereist?

Z 2: Nein.

R: Sie lebten bis 2011 bei Ihren Eltern in XXXX in Kärnten, ist das korrekt?

Z 2: Nein, ich habe allein gelebt seit ich achtzehn oder neunzehn bin. Jedenfalls als ich die HAK gemacht habe. Die Matura muss ich noch nachholen.

R: Alleine, heißt dass alleine in Wien oder in Kärnten?

Z 2: In Kärnten.

R: Wie haben Sie den Beschwerdeführer kennengelernt?

Z 2: In Wien. Per Telefon. Wir haben uns durch seine Schwester kennengelernt, weil er ist auch aus XXXX. Das ist Bauernland. Wir haben uns noch nicht gekannt, wir waren noch zu klein, aber ich war oft in Wien. Ich habe immer Wien geliebt. Wir haben übers Telefon gesprochen und uns dann getroffen.

R: Wie bekam er Ihre Telefonnummer?

Z 2: Über die Schwester.

R: Was wussten Sie über Ihren Aufenthaltsstatus, als sie sich kennengelernt haben?

Z 2: Mir wurde gesagt, dass sein Asylverfahren noch läuft. Aber damals war es nicht so wichtig, wir waren verliebt.

R: Wie haben Sie Ihre Schwägerin kennengelernt?

Z 2: Meine Schwester kennt sie auch und durch ihre Krankheit hat sie mit unseren Eltern auch schon geredet.

R: Wie ist der Kontakt zu ihr?

Z 2: Sehr gut. Das ist eigentlich wie eine Familie. Wir sind immer gegenseitig für uns da.

R: Sie haben sich im November 2011 das erste Mal getroffen, im Jänner 2012 beschlossen zu heiraten und am XXXX in einer XXXX Moschee geheiratet ohne sich vorher zu kennen?

Z 2: Ja. Wir dürfen uns im Islam nicht so treffen wie es hier angenommen wird. Wir dürfen uns nur sehen und nicht einmal Händchen halten.

R: Beschreiben Sie mir Ihr Hochzeitsfest!

Z 2: Weißes Kleid, viele Angehörige waren dabei. Wir sind von Kärnten hierher gefahren. Ich habe in Wien sehr viele Freunde.

R: Wann haben Sie beschlossen nach Wien zu ziehen?

Z 2: Ich wollte eigentlich, seit ich Schule gemacht habe, habe ich mir versprochen dass ich nach Wien gehen werde. Kärnten ist so still und für Ältere. Für mich war das nichts.

R: Seit Wann leben Sie mit dem Beschwerdeführer zusammen?

Z 2: Seit wir verheiratet sind. Ich bin sofort nach Wien gezogen und habe sofort Arbeit gefunden, bei der ich auch sehr gut verdient habe.

R: Warum war Ihr Ehemann dann bis 2014 bei seiner Schwester und nicht bei Ihnen gemeldet?

Z 2: Ich habe sehr oft die Wohnungen gewechselt, die eine war sehr teuer, hat über 700 Euro gekostet, die andere war schmutzig, die nächste hat auch nicht gepasst. Ich habe dreimal die Wohnung gewechselt. Der Beschwerdeführer hat sich auch oft bei seiner Schwester aufgehalten, weil sie sehr krank war. Dazu kommt, dass ich nur in der Nacht zu Hause war, weil ich sehr lange gearbeitet habe. Ich habe auch 12 Stunden-Dienste gehabt. Das war am Anfang sehr schwer und ich habe ihm gesagt er soll seiner Schwester helfen und auf die Kinder aufpassen.

R: Wie bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt?

Z 2: Seit einem Monat bin ich arbeitslos, aber ich bekomme aber 960 Euro vom AMS. Das genügt. Hoffentlich fange ich bald wieder an.

R: Das heißt Sie haben als Rezeptionistin gearbeitet, waren dann in Karenz, haben dann wieder gearbeitet und wurden dann gekündigt?

Z 2: Ja. Es wurden sehr viele von uns gekündigt. Das ist vermutlich wegen der Krise. Vor der Karenz hatten wir sehr viele russische Gäste, als ich zurückkam hatten wir fast gar nichts mehr zu tun. Wir waren zu viele Rezeptionisten. Sie haben mir gesagt, wenn sie wieder jemanden brauchen rufen sie mich an.

R: Wie haben Sie die Kinderbetreuung organisiert, als Sie gearbeitet haben?

Z 2: Der Papa ist sehr gut dabei.

R: Wie gestaltet sich Ihr Familienleben?

Z 2: Jetzt bin ich eh so viel zu Hause. Jetzt können wir uns sehr viel teilen, das ist jetzt kein Problem. Ich kann zB zu meinen Vorstellungsgesprächen gehen. Im Haushalt hilft er sehr gut. Ich bin sehr froh ihn zu haben. Mein Mann hat nur ein Problem beim Sprachen lernen. Nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Russisch. Ich glaube auch in Russisch bin ich besser, obwohl er so lange dort war. Auch auf Deutsch versteht er besser als er spricht. Beim Sprechen vermischt er. Die Aussprache ist sehr schlecht.

R: Was würde dagegen sprechen, das Familienleben in der Russischen Föderation fortzusetzen?

Z 2: Ich glaube er kann sowieso nicht zurück. Ich und meine Tochter, wir sind österreichische Staatsbürger und ich will auch hier in Österreich bleiben. Ich habe seit ich sechs bin so viel gesehen und so viel erlebt, was einer in sechzig Jahren nicht erlebt hat.

R: Was würde dagegen sprechen, das Familienleben so lange getrennt zu führen oder durch Besuche aufrecht zu erhalten, bis Ihr Mann einen Niederlassungstitel bekommt.

Z 2: Die Kleine braucht Ihren Papa. Sie kann noch nicht sprechen. Ich brauche auch seine Hilfe. Ohne seine Hilfe geht es nicht, weil ich muss ja wieder arbeiten.

R: Möchte BFV Fragen stellen?

BFV: Nein.

Z 2: Ich hoffe sehr, dass er ein Papier bekommt und arbeiten gehen kann. Wenn hier etwas gebaut wird, steht er dabei und schaut stundenlang zu. Das tut schon weh, ihn dabei nur zuschauen zu sehen. Es ist für ihn sehr schwer nichts zu tun. Jetzt hat er eh die Kleine. Aber wir würden uns sehr freuen, wenn er endlich die Arbeitsgenehmigung bekommen würde.

R: Zu den Meldeauskünften: Wenn ich es richtig sehe, ist seit 2013 Ihr Schwager bei Ihnen gemeldet. Zuerst in der XXXX, dann in der XXXX.

Z 2: Er war nur wegen der Adresse gemeldet. Er hat nie bei uns gewohnt, er brauchte nur eine Postadresse. Die Caritas hat ihm keine gegeben.

R: Haben Sie noch Kontakt zu ihm?

Z 2: Nein, jetzt nicht mehr.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die - zulässige -

Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Die Identität des volljährigen Beschwerdeführers steht fest. Der Beschwerdeführer ist russischer Staatsangehöriger, Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe und muslimischen Glaubens.

Der Beschwerdeführer wurde in XXXX geboren und lebte bis zu seiner Ausreise im Oktober 2011 mit Ausnahme in Zeiten des Bürgerkrieges, in der er bei Verwandten in XXXX gewohnt hat, im Elternhaus in XXXX.

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 09.11.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er verfügte nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 30.01.2012, dem Beschwerdeführer zugestellt am 01.02.2012 mit dem sein Antrag auf internationalen Schutz sowohl im Hinblick auf den Status eines Asylberechtigten, als auch im Hinblick auf den Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde, wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.09.2014 rechtskräftig abgewiesen.

Die Fluchtgründe des Beschwerdeführers wurden rechtskräftig für unglaubwürdig erachtet. Auch seine Schwester brachte keine Asylgründe in Bezug auf ihre Familie glaubwürdig vor; sie und ihre Kinder erhielten den Asylstatus im Familienverfahren nach ihrem geschiedenen Gatten. Es konnte im Asylverfahren nicht festgestellt werden, dass dem gesunden Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Der Beschwerdeführer absolvierte die Grundschule und begann eine Ausbildung zum Buchhalter. Seit seinem sechzehnten Lebensjahr arbeitete der Beschwerdeführer - zweitweise gemeinsam mit seinem als Lehrer bediensteten Vater - als Bauarbeiter und verfügte über eine Wohnmöglichkeit im Elternhaus. Darüber hinaus könnten ihn - wie auch vor der Ausreise - sein berufstätiger Vater, seine pensionsberechtigte Mutter sowie die Brüder unterstützen. Auch aus der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergaben sich keine Gefährdungen iSd §§ 3 und 8 AsylG 2005.

Der ledige Beschwerdeführer ist mit einer österreichischen Staatsangehörigen nach traditionellem islamischem Ritus verheiratet. Diese Ehe wurde von seiner Schwester arrangiert. Der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin lernten sich erst nach seiner Einreise nach Österreich kennen und seine Lebensgefährtin war sich ab Beginn der Beziehung des unsicheren Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers bewusst. Die traditionelle islamische Eheschließung fand nach der Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz durch das Bundesamt statt.

Dieser Beziehung entstammt eine gemeinsame Tochter, geboren am XXXX in Wien. Die Tochter ist österreichische Staatsbürgerin und lebt mit ihrer Mutter und dem Beschwerdeführer im gemeinsamen Haushalt. Nach der Geburt der Tochter war die Mutter und nicht der Beschwerdeführer in Karenz; nach der Karenz wurde die Mutter arbeitslos. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer hauptsächlich mit der Kinderbetreuung oder dem Haushalt befasst wäre oder dass die Lebensgefährtin diesbezüglich auf den Beschwerdeführer angewiesen wäre, er unterstützt sie allerdings hiebei. Die Lebensgefährtin bestreitet den Lebensunterhalt für sich, die Tochter und den Beschwerdeführer durch Arbeitslosengeld. Der Beschwerdeführer lebte seit 2014 mit seiner Gattin im gemeinsamen Haushalt. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Schwager des Beschwerdeführers im gemeinsamen Haushalt mit dem Beschwerdeführer und seiner Lebensgefährtin lebte.

Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers stammt aus demselben Dorf wie der Beschwerdeführer und lebte bis 2001 in der Russischen Föderation, 2001-2003 in Polen und seit 2003 in Österreich. Sie war bis zum Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft 2014 Russische Staatsangehörige und seit 2004 in Österreich asylberechtigt. Sie spricht deutsch, tschetschenisch und russisch und war vor der Geburt der Tochter als Rezeptionistin erwerbstätig. Bis 2011 lebte die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers in Kärnten, seit 2011 in Wien; seit 2011 zogen auch ihr Bruder, der derzeit arbeitslos ist, ihre Schwester, die in einem Hotel arbeitet, und ihre Eltern nach Wien; mit ihrer Familie hat sie engen Kontakt. Sie hat auch engen Kontakt zur Schwester des Beschwerdeführers.

Eine eigene Gefährdung der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers wurde in ihrem Asylverfahren nicht festgestellt; auf sie wurde der Asylstatus ihres Vaters gemäß § 11 AsylG 1997 erstreckt. Diesem wurde Asyl auf Grund seiner Involvierung in den Ersten Tschetschenienkrieg zuerkannt. Einer Gefährdung in Österreich war die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers nicht ausgesetzt. Im Herkunftsstaat wurden Cousins im Rahmen von Säuberungen ca. 2010 nach dem Aufenthaltsort ihres Vaters gefragt. Weitere Verfolgungsmaßnahmen wurden nicht gesetzt. Im Falle der Rückkehr droht der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers aktuell keine asylrelevante Gefährdung.

Im Bundesgebiet leben auch seine geschiedene, asylberechtigte Schwester und deren drei Kinder; eine eigene Gefährdung der Schwester konnte im Asylverfahren nicht festgestellt werden; sie leitete ebenso wie ihre Kinder den Asylstatus von ihrem damaligen Gatten ab. Zu dem in Österreich lebenden asylberechtigten Schwager besteht kein Kontakt mehr. Mit der Schwester bestand kein Kontakt, nachdem sie 2005 nach Österreich zog, bis ihr der Beschwerdeführer 2011 nach Österreich nachfolgte. Ab Dezember 2011 lebte er mit ihr im gemeinsamen Haushalt und unterstütze sie, als sie an psychischen Problemen im Zusammenhang mit der Scheidung von ihrem Gatten litt. Seit 2014 lebt er bei seiner Lebensgefährtin, seine Schwester ist wieder genesen und erwerbstätig im Rahmen des Nostrifizierungsverfahrens. Die Kinderbetreuung teilt sie sich mit ihrem Gatten, wobei die Kinder am Wochenende bei ihr wohnen. Der Kontakt zu seiner Schwester stellt mittlerweile ein normales geschwisterliches Verhältnis dar; es gibt regelmäßige persönliche Besuche.

Darüber hinaus verfügt der Beschwerdeführer über einen Bekanntenkreis in Österreich, wobei alle seine Bekannten tschetschenische Wurzeln haben. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig, bezieht Grundversorgung und ist bisher weder einer legalen Erwerbstätigkeit noch einer ehrenamtlichen Tätigkeit nachgegangen und auch nicht in Vereinen engagiert. Er hat sich auch nicht ernsthaft um den Erwerb der Selbsterhaltungsfähigkeit etwa durch Bewerbung um eine Lehrstelle, einen Hauptschulabschlusskurs oder die Anerkennung seiner Ausbildung in der Russischen Föderation in Österreich bemüht; abgesehen von Deutschkursen besucht er keine Bildungseinrichtungen. Trotz des fünfjährigen Aufenthalts in Österreich spricht er Deutsch nur auf Anfängerniveau (A1). Er ist gesund und unbescholten.

Im Herkunftsstaat leben seine Eltern und seine Brüder, wobei die Eltern und zwei Brüder in Tschetschenien im familieneigenen Haus wohnen; ein Bruder lebt in Russland. Er hält mit seiner Familie Kontakt über Telefon.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers war nie nach § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG geduldet. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig. Der Beschwerdeführer wurde nicht Opfer von Gewalt iSd §§ 382b oder 382e EO.

Es gibt keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, die der Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat entgegenstünde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen beruhen auf den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten, insb. den Einvernahmen des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt am 25.08.2015 und seiner Befragung und der der Schwester und der Lebensgefährtin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 26.04.2016, weiters den Auszügen aus dem Zentralen Melderegister, Strafregister, IZR und GVS.

Die Angaben zur Tochter des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin ergeben sich aus den vorgelegten Geburtsurkunden und Staatsbürgerschaftsnachweisen.

Dass die Ehe nach islamischen Ritus zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Lebensgefährtin von seiner Schwester arrangiert wurde, ergibt sich aus deren Aussage, auch wenn der Beschwerdeführer hiezu die Aussage unbegründet verweigerte. Dass sich die Lebensgefährtin des unsicheren Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers bei Eingehen dieser Beziehung bewusst war, ergibt sich aus ihren Angaben. Dass die traditionelle Eheschließung mit seiner Lebensgefährtin erst nach der Zustellung der Entscheidung des Bundesamtes eingegangen wurden ergibt sich aus dem Akt und kann mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe geglaubt, die Beschwerdefrist beginne erst mit Abholung nicht entkräftet werden; vielmehr gab er auch selbst an, sich im Zeitpunkt der Eheschließung seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst gewesen zu sein. Dass der Schwager des Beschwerdeführers bei seiner Lebensgefährtin wohnte, kann entgegen seiner amtlichen Meldung auf Grund der übereinstimmenden Angaben von Beschwerdeführer und Lebensgefährtin nicht festgestellt werden.

Die Angaben zu den Lebensumständen seiner Lebensgefährtin in Österreich ergeben sich aus ihren Angaben in der hg. mündlichen Verhandlung, ebenso die Angaben zu ihrem Asylverfahren und dem ihres Vaters. Die Feststellung, dass ihr im Falle der Rückkehr keine Verfolgung drohen würde, ergibt sich aus ihren Angaben, ihre im Herkunftsstaat lebenden Verwandten keiner Verfolgung ausgesetzt wären, außer der Vorladung und Befragung der Cousins nach dem Aufenthaltsort ihres Vaters im Rahmen von Säuberungen ca. 2010. Eine weitergehende Verfolgung brachte die Lebensgefährtin nicht vor; als Rückkehrbefürchtung brachte sie vor, dass sie zur Miliz vorgeladen und nach dem Aufenthaltsort ihres Vaters befragt werden könne. Damit tut sie jedoch keine asylrelevante Verfolgung dar.

Die Angaben zur Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Schwester ergeben sich aus den übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und seiner Schwester. Die Angaben zu den übrigen Lebensumständen des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben in der hg. mündlichen Verhandlung. Dass er sich um die Herstellung seiner Selbsterhaltungsfähigkeit bemüht hätte, kann trotz der beiden vorgelegten Einstellungszusagen nicht festgestellt werden, da auf Grund der mangelnden Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für die Erteilung einer Arbeitsbewilligung nicht vorliegen. Dies trifft auch auf das Vorbringen des Beschwerdeführers am 27.06.2016 in einer Urgenz zu, jetzt arbeiten zu können. Ebensowenig kann festgestellt werden, dass er sich hauptsächlich um die gemeinsame Tochter kümmere, da die Lebensgefährtin, nicht der Beschwerdeführer zur Kinderbetreuung in Karenz ging und sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers auch aktuell, seit seine Lebensgefährtin arbeitslos ist, keine überwiegende Kinderbetreuung ableiten lässt.

Die Angaben zu den Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Niveau seiner besuchten Deutschkurse (der Besuch eines Deutschkurses auf dem Niveau A2 ist erst geplant) und der (versuchte) Befragung ohne Verdolmetschung in der hg. mündlichen Verhandlung.

Die Angaben zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation fußen auf den Angaben des Beschwerdeführers.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG, und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Zu A)

1. Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des Abs. 18 und 19 in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes (Z 1), jeden weiteren einer abweisenden Entscheidung folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes (Z 2), den zurückweisenden Bescheid gemäß § 4 des Bundesasylamtes (Z 3), jeden weiteren einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 4 folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes (Z 4), den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt (Z 5), oder den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 aberkannt wird (Z 6), so hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegen.

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach dem AsylG 2005 mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird (Z 1), der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird (Z 2), der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 3), einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt (Z 4) oder einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird (Z 5) und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

Das Bundesamt hat gemäß § 58 Abs. 1 AsylG 2005 die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird (Z 1), der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2), einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt (Z 3), einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird (Z 4) oder ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5).

Das Bundesamt hat gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.

Das Bundesamt hat gemäß § 58 Abs. 3 AsylG 2005 über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Das Bundesamt hat gemäß § 58 Abs. 4 AsylG 2005 den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist gemäß § 58 Abs. 11 AsylG 2005 das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen (Z 1) oder der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen (Z 2). Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen:

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8), die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9).

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 14a Abs. 4 NAG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt (Z 1), einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 vorlegt (Z 2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3) oder einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 besitzt (Z 4).

Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen: wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht (Z 1); zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel (Z 2) oder wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist (Z 3).

Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt gemäß § 57 Abs. 2 AsylG 2005 vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist gemäß § 57 Abs. 3 AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist gemäß § 57 Abs. 4 AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.

Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist gemäß § 46a Abs. 1 FPG geduldet, solange deren Abschiebung gemäß §§ 50 und 51 (Z 1) oder §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 (Z 2) unzulässig ist.

Darüber hinaus ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1a FPG geduldet, wenn das Bundesamt von Amts wegen feststellt, dass die Abschiebung des Betroffenen aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich ist, es sei denn, dass nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt. Diese Duldung kann vom Bundesamt mit Auflagen verbunden werden, sie endet jedenfalls mit Wegfall der Hinderungsgründe. Die festgesetzten Auflagen sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 63 Abs. 2 AVG) mitzuteilen. § 56 gilt sinngemäß. Vom Fremden zu vertretende Gründe liegen gemäß § 46a Abs. 1b FPG jedenfalls vor, wenn er seine Identität verschleiert (Z 1), einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt (Z 2) oder an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt (Z 3).

Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt gemäß § 52 Abs. 2 FPG unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird (Z 1), dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2), ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt (Z 3) oder ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird (Z 4) und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Die Rückkehrentscheidung wird gemäß § 52 Abs. 8 FPG im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

Das Bundesamt hat gemäß § 52 Abs. 9 FPG mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei. Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann gemäß § 52 Abs. 10 FPG auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert gemäß § 52 Abs. 11 FPG nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf gemäß § 9 Abs. 4 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können (Z 1), oder er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist (Z 2).

Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf gemäß § 9 Abs. 5 AsylG 2005 mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf gemäß § 9 Abs. 6 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK, oder das 6. bzw.13. ZPEMRK verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 GFK), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Während eines Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbots, worüber der Fremde zu verständigen ist, ist gemäß § 51 Abs. 1 FPG auf Antrag des Fremden festzustellen, ob die Abschiebung in einen von ihm bezeichneten Staat, der nicht sein Herkunftsstaat ist, gemäß § 50 FPG unzulässig ist. Bezieht sich ein Antrag gemäß § 51 Abs. 1 FPG auf den Herkunftsstaat des Fremden, gilt dieser Antrag gemäß § 51 Abs. 2 FPG als Antrag auf internationalen Schutz. Diesfalls ist gemäß den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 vorzugehen. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag darf der Fremde gemäß § 51 Abs. 3 FPG in den Staat gemäß § 51 Abs. 1 FPG nicht abgeschoben werden, es sei denn, der Antrag wäre gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. Nach Abschiebung des Fremden in einen anderen Staat ist das Verfahren als gegenstandslos einzustellen. Der Bescheid, mit dem über einen Antrag gemäß Abs. 1 rechtskräftig entschieden wurde, ist gemäß § 51 Abs. 5 FPG auf Antrag oder von Amts wegen abzuändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt wesentlich geändert hat, so dass die Entscheidung hinsichtlich dieses Landes anders zu lauten hätte. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über einen derartigen Antrag darf der Fremde in den betroffenen Staat nur abgeschoben werden, wenn der Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist.

Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG wird gemäß § 55 Abs. 1 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemä0ß § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Bei Überwiegen besonderer Umstände kann gemäß § 55 Abs. 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

Das Bundesamt hat gemäß § 55 Abs. 4 FPG von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Die Einräumung einer Frist gemäß § 55 Abs. 1 FPG ist gemäß § 55 Abs. 5 FPG mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 01.09.2014 das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 19 iVm Abs. 20 Z 1 AsylG 2005 an das Bundesamt zurückverwiesen. Daher hatte das Bundesamt die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 10 AsylG 2005 zu prüfen.

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten als auch des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Das Bundesamt hat gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn die Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde und gemäß § 58 Abs. 3 AsylG 2005 über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. Bei Verfahren, die nach § 75 Abs. 20 AsylG 2005 an das Bundesamt zurückverwiesen wurden, ist diese Prüfung im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmen (vgl. Böckmann-Winkler in Schefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht, AsylG 2005 § 75 Anm. 4). Dabei sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend (§ 75 Abs. 20 AsylG 2005).

3. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch der Beschwerdeführer ein Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 AsylG 2005 behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhalts im Ermittlungsverfahren hervor.

4. Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind nach § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, sowie die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist, zu berücksichtigen.

4.1. Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff in die Ausübung des Rechts auf Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Vom Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z. B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, Appl. 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, Appl. 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfSlg. 18.224/2007, 18.135/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

4.2. Die Schwester des Beschwerdeführers lebt in Österreich. Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt - auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. u.a. VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479, 19.11.2010, 2008/19/0010). Es bestand kein Kontakt zwischen den Geschwistern nach der Ausreise der Schwester nach Österreich 2005 bis zur Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich 2011 und davor lediglich telefonisch im Wege der Eltern. 2011-2014 lebte der Beschwerdeführer bei seiner Schwester und unterstütze sie in einer psychischen Erkrankung auf Grund ihrer Scheidung. Seit 2014 ist die Schwester gesund und nicht mehr auf die Hilfe des Beschwerdeführers angewiesen. Sie sichert ihren Lebensunterhalt und den ihrer Kindern durch AMS-Unterstützung im Rahmen der Nostrifizierung und teilt sich die Betreuung ihrer Kinder mit ihrem geschiedenen Gatten. Zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Schwester besteht nunmehr normaler geschwisterlicher Kontakt mit regelmäßigen Besuchen. Eine Abhängigkeit von seiner Schwester hat der Beschwerdeführer umgekehrt nicht behauptet. Enge Bindungen, die diese Beziehung zwischen Erwachsenen als Familienleben iSd Art. 8 EMRK erscheinen lassen würden, liegen daher nicht vor. Die Beziehung des Beschwerdeführers zu seiner Schwester ist allerdings im Rahmen des Privatlebens zu beachten.

Der Beschwerdeführer lebt mit seiner Lebensgefährtin und seiner Tochter im gemeinsamen Haushalt; beide sind österreichische Staatsbürger.

Die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin bestand im Herkunftsstaat noch nicht; sie wurde nach der Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich von seiner Schwester arrangiert. Sowohl der Beschwerdeführer als auch seine Lebensgefährtin waren sich bei Eingehen der Beziehung des unsicheren Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers bewusst. Sie schlossen die Ehe nach muslimischem Ritus nachdem der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom Bundesasylamt abgewiesen worden war. Schon aus diesem Grund stellt eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer keine Verletzung seines Rechts auf Familienleben dar: In seiner neueren Rechtsprechung geht der Europäische Gerichtshof für Menschrechte davon aus, dass die Beziehung zu Lebensgefährten und Kindern aus einer Beziehung, die eingegangen wurde, während sich die Eltern des unsicheren Aufenthaltsstatus eines Elternteils bewusst waren, nicht den Schutz des Familienlebens iSd Art. 8 EMRK genießt (EGMR, 16.04.2013, Fall Udeh, Appl. 12.020/09, Z 50: "En revanche, en ce qui concerne la relation avec la nouvelle amie du requérant et la naissance de l'enfant issu de cette relation, ces faits ne peuvent pas être pris en compte dans l'examen de la Cour, étant donné qu'ils sont intervenus à un moment où le droit du requérant de séjourner en Suisse était déjà précaire. Il ne peut dès lors pas s'en prévaloir dans le cadre de la présente affaire, même dans l'hypothèse où il va se marier avec cette personne."). Auch der Verwaltungsgerichtshof stellt in seiner Rechtsprechung darauf ab, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die betroffenen Personen bewusst waren, der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes sei derart, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher ist (VwGH 30.04.2009, 2009/21/086; 19.02.2009, 2008/18/0721).

Auch unter Berücksichtigung der Kinderrechte gemäß Art. 24 GRC, Art. 2 BVG Kinderrechte ist die Verhängung einer Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Tochter nicht unverhältnismäßig:

Die Betreuung der gesunden Tochter obliegt vor allem der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers: Sie ging zur Betreuung ihrer Tochter in Karenz und betreut auch seit Ende der Karenz die Tochter hauptsächlich, da sie arbeitslos wurde. Der Beschwerdeführer hilft im Haushalt mit. Eine Abhängigkeit der Lebensgefährtin im Hinblick auf Haushalt und Kinderbetreuung vom Beschwerdeführer, die eine Rückkehrentscheidung unverhältnismäßig machen würde, wird dadurch nicht dargetan. Zudem verfügt die Lebensgefährtin über ein dichtes soziales Netz in Wien: Sie hat ein gutes Verhältnis zur Schwester des Beschwerdeführers, deren Ex-Mann sie sogar ihre Wohnung als Meldeadresse zur Verfügung stellte, ihre Eltern, ihre Schwester und auch ihr Bruder leben alle am Wohnort der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers. Auch ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis besteht nicht, da die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers den Unterhalt für sich und die Tochter durch Arbeitslosengeld und Kindergeld bestreitet.

Ein Aufenthalts- oder Einreiseverbot wurde nicht verhängt. Es ist dem Beschwerdeführer daher nicht verwehrt, von seinem Herkunftsland aus ein geordnetes Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltstitels durchzuführen und bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen des Fremdenpolizei- bzw. Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes in das Bundesgebiet zurückzukehren.

In der Zwischenzeit kann der Kontakt nicht nur über elektronische Medien, sondern auch über Besuche aufrechterhalten werden: Sowohl die Lebensgefährtin als auch die Tochter können als österreichische Staatsbürger Visa für die Russische Föderation beantragen, dies ungeachtet der Frage, ob nicht die Tochter durch Geburt ohnedies auch die russische Staatsangehörigkeit erworben hat. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers war vor Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft im Hinblick auf die Russische Föderation asylberechtigt, allerdings leitete sie diesen Status von ihrem Vater ab, eine Gefährdung der Lebensgefährtin selbst wurde nicht festgestellt. Eine solche kann auch aktuell für den Fall der Rückkehr in die Russische Föderation nicht erkannt werden, da die Lebensgefährtin als Gefährdung der im Herkunftsstaat verbliebenen Verwandten nur eine Befragung der Cousins nach dem Aufenthaltsort ihres Vaters im Rahmen von Säuberungen ca. 2010 relevierte und als Rückkehrbefürchtung angab, man würde sie zur Miliz laden und nach dem Aufenthaltsort ihres Vaters befragen; eine asylrelevante Gefährdung der Lebensgefährtin und der Tochter des Beschwerdeführers kann dadurch nicht erkannt werden.

Es wäre der Lebensgefährtin und der Tochter des Beschwerdeführers auch zumutbar, den Beschwerdeführer in die Russische Föderation zu begleiten, bis sein Niederlassungsverfahren durchgeführt ist: Die Lebensgefährtin stammt aus dem Dorf des Beschwerdeführers, ihre Verwandten leben ebenfalls noch dort. Sie spricht die Landessprachen Russisch und Tschetschenisch und verbrachte die ersten elf Jahre ihres Lebens dort. Auf Grund der mangelnden Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers steht fest, dass im Haushalt des Beschwerdeführers Russisch und Tschetschenisch gesprochen wird und die Tochter sohin mit den Landessprachen sowie der Landeskultur vertraut ist. Auch die Großeltern des Kindes sowie Onkel und Tante väterlicherseits leben dort.

Es liegt somit ein zB der Entscheidung des EGMR 11.04.2006, Fall Useinov, Appl. 61292/00, betreffend einen Fremden, der ausgewiesen wurde, obwohl mit einer Belgierin zwei gemeinsame minderjährige Kinder hatte und bereits mehrere Jahre in den Niederlanden lebte, aber nicht damit rechnen durfte, sich auf Dauer in diesem Staat niederlassen zu dürfen, vergleichbarer Sachverhalt vor (vgl. zu dieser Entscheidung auch VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721).

Zu den weiteren Familienangehörigen seiner Lebensgefährtin (Eltern, Geschwister) besteht kein Abhängigkeitsverhältnis und sohin kein Familienleben iSd Art. 8 EMRK.

4.3. Die Rückkehrentscheidung greift auch nicht in das Privatleben des Beschwerdeführers ein.

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Sisojeva ua, Appl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Österreich über schützenswertes Privatleben verfügt, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Ausgehend davon, dass der Verwaltungsgerichtshof bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer ausgeht (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf die VwGH 8.3.2005, 2004/18/0354; 27.3.2007, 2005/21/0378), und im Erkenntnis vom 26.6.2007, 2007/10/0479, davon ausgeht, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte", ist im Fall des Beschwerdeführers, der sich erst seit November 2011 - sohin seit weniger als fünf Jahren - in Österreich aufhält, anzunehmen, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet relativ kurz ist.

Er ist nicht nur illegal nach Österreich eingereist, er schickte sogar absichtlich seinen Inlandsreisepass und Reisepass in den Herkunftsstaat zurück, um ohne identitätsbezeugende Dokumente nach Österreich einzureisen; er ersuchte entgegen seiner Mitwirkungspflicht auch seine Eltern nie, ihm seine identitätsbezeugenden Dokumente wieder zu übermitteln (vgl. dazu VwGH 22.1.2009, 2008/21/0654). Der Beschwerdeführer ist - wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis vom 01.09.2014 rechtskräftig festgestellt hat - nicht aus Furcht vor Verfolgung aus seinem Herkunftsstaat ausgereist. Die diesbezügliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes wurde auch nicht bekämpft.

Selbst wenn man von schützenswertem Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich ausginge, wäre der Eingriff in dieses verhältnismäßig:

Der Beschwerdeführer verfügt über starke Bindungen zum Herkunftsstaat: Er hat dort mehrere Familienmitglieder, insbesondere seine Eltern und seine Geschwister, mit denen er bis zur Ausreise vor weniger als fünf Jahren zusammengelebt hat; mit seinen Verwandten hat er weiterhin telefonischen Kontakt. Er hat sein gesamtes Leben bis zur Ausreise dort verbracht. Er kann sowohl Tschetschenisch als auch Russisch sprechen, besuchte dort elf Jahre lang die Schule, begann eine Ausbildung als Buchhalter und war dort auch erwerbstätig. Es ist daher davon auszugehen, dass er sich nach weniger als fünf Jahren Abwesenheit von seinem Herkunftsstaat in die dortige Gesellschaft wieder eingliedern können wird. Dafür spricht auch, dass sein Freundeskreis in Österreich seinen Angaben zufolge nur aus Personen mit tschetschenischen Wurzeln besteht.

Im Gegensatz dazu ist er in Österreich nur schwach integriert: Er spricht nach fast fünf Jahren Aufenthalt in Österreich Deutsch nur auf dem Niveau A1, dem niedrigsten Niveau des Europäischen Referenzrahmens für Sprachen. Außer Deutschkursen auf diesem Anfängerniveau hat er keinerlei Bildungsmaßnahmen in Anspruch genommen: Weder hat er einen Hauptschulabschlusskurs absolviert, noch sich um eine Anerkennung seiner Ausbildung im Herkunftsstaat bemüht oder etwa Praktika absolviert. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig und lebt von der Grundversorgung bzw. wird er von seiner Lebensgefährtin unterstützt. Eine künftige Selbsterhaltungsfähigkeit vermag er auch durch die vorgelegten bzw. behaupteten Einstellungszusagen darzutun, da der Beschwerdeführer nicht darzulegen vermag, dass er über die für die Erteilung der dazu benötigten Beschäftigungsbewilligung erforderlichen Voraussetzungen verfügt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht hat, dass der Ausübung einer Beschäftigung sowie einer etwaigen Einstellungszusage oder Arbeitsplatzzusage eines Asylwerbers, der lediglich über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz und über keine Arbeitserlaubnis verfügt hat, keine wesentliche Bedeutung zukommt (VwGH 22.02.2011, 2010/18/0323, mit Hinweis auf VwGH 15.09.2010, 2007/18/0612, und 29.06.2010, 2010/18/0195 jeweils mwN). Der Beschwerdeführer übt auch keine ehrenamtliche Tätigkeit aus und ist auch nicht in Vereinen oder anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen engagiert. Abgesehen vom Kontakt zu seiner Lebensgefährtin, Tochter und Schwester hat der Beschwerdeführer nur Kontakt zu tschetschenischen Bekannten. Mit diesen kann er jedoch den Kontakt telefonisch oder im Wege elektronischer Medien aufrecht erhalten, wie er dies umgekehrt zur Zeit mit seinen Eltern und Brüdern tut, die im Herkunftsstaat leben und mit denen er vor seiner Ausreise im gemeinsamen Haushalt lebte.

Das Interesse des Beschwerdeführers an der Aufrechterhaltung dieser privaten Kontakte ist noch zusätzlich dadurch geschwächt, dass er sich bei allen Integrationsschritten seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein musste: Der Beschwerdeführer durfte sich hier bisher nur auf Grund eines Antrages auf internationalen Schutz aufhalten, der zu keinem Zeitpunkt berechtigt war (vgl. zB VwGH 20.2.2004, 2003/18/0347; 26.2.2004, 2004/21/0027; 27.4.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 8.4.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen). Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013).

Dass der Fremde strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (zB VwGH 25.2.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.4.2012, 2011/18/0253).

Diesen schwach ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251). Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes überwiegen daher derzeit die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet (vgl. dazu VfSlg. 17.516/2005 sowie ferner VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479).

4.4. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist daher nicht geboten um dem Beschwerdeführer die Aufrechterhaltung eines Privat- und Familienlebens in Österreich zu ermöglichen.

5. Die Voraussetzungen des § 10 AsylG 2005 liegen vor: Da der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, ist die Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 zu erlassen. Weil der Antrag des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen wurde, liegt weder ein Fall des § 8 Abs. 3a noch des § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vor. Es ist auch kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen (s. Punkt 3).

6. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG setzt weiters voraus, dass dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Der Beschwerdeführer gab an, über kein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens zu verfügen.

7. Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Wie bereits in Punkt 4.3. ausgeführt, wird durch die Rückkehrentscheidung nicht in das Recht des Beschwerdeführers auf Privatleben eingegriffen. Selbst wenn man vom Vorliegen einer diesbezüglich geschützten Rechtssphäre ausginge, wäre der Eingriff, jedenfalls verhältnismäßig und die Erlassung der Rückkehrentscheidung zur Erreichung der Ziele des Art. 8 Abs. 2 EMRK, insbesondere dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten. Das Gleiche gilt aus den im Punkt

4.2. dargelegten Gründen auch im Hinblick auf das Recht auf Familienleben.

8. Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung in einen bestimmten Staat zulässig ist.

Während eines Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist gemäß § 51 Abs. 1 FPG auf Antrag des Fremden zu entscheiden, ob die Abschiebung gemäß § 50 FPG unzulässig ist. Bezieht sich ein Antrag gemäß § 51 Abs. 1 FPG auf den Herkunftsstaat des Fremden, gilt dieser Antrag gemäß § 51 Abs. 2 FPG als Antrag auf internationalen Schutz. Diesfalls ist nach den Bestimmungen des AsylG 2005 vorzugehen.

8.1. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG 2005.

Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhalts wurde mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.09.2014 rechtskräftig verneint.

Auch seit der Zustellung der Entscheidung am 04.09.2014 hat sich keine relevante Änderung des Sachverhalts ergeben, weder im Hinblick auf die allgemeine Lage im Herkunftsstaat, noch im Hinblick auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers; der Beschwerdeführer ist weiterhin gesund und hat auch sonst keine relevante Änderung der Lage oder seiner persönlichen Verhältnisse behauptet.

8.2. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG 2005.

Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhalts wurde mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.09.2014 rechtskräftig verneint.

Auch seit der Zustellung der Entscheidung am 04.09.2014 hat sich keine relevante Änderung des Sachverhalts ergeben, weder im Hinblick auf die allgemeine Lage im Herkunftsstaat, noch im Hinblick auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers: Der Beschwerdeführer verweist in der mündlichen Verhandlung auf die bisher im Asylverfahren vorgebrachte Gefährdung und behautet nicht das Vorliegen eines seit dem 04.09.2014 eingetretenen Sachverhalts.

8.3. Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Eine derartige Empfehlung besteht für die Russische Föderation nicht.

8.4. Die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation ist daher zulässig.

9. Mit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG wird gemäß § 55 Abs. 1 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Diese beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht besondere Umstände, die der Betroffene bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Derartige besondere Umstände (vgl. VwGH 16.5.2013, 2012/21/0072) wurden vom Beschwerdeführer nicht behauptet und sind auch im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen, sodass die Frist von 14 Tagen zu bestätigen ist.

10. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen, insbesondere der Abwägung des Privat- und Familienlebens, auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung zu § 50 FPG wurde bei den Erwägungen zu Punkt 8., die zu Fragen des Art. 8 EMRK wurde bei den Erwägungen zu Punkt 4. wiedergegeben. Insoweit die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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