BVwG W108 2214009-1

BVwGW108 2214009-114.2.2019

ABGB §1034
AVG §56
B-VG Art. 132 Abs1 Z1
B-VG Art. 133 Abs4
SDG §2 Abs2 Z1 litc
SDG §2 Abs2 Z1 litd
SDG §6 Abs2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:W108.2214009.1.00

 

Spruch:

W108 2214009-1/3E

 

BESCHLUSS

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. BRAUCHART als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt vom 27.12.2018, Zl. Pers 9-M-50, betreffend Rezertifizierung beschlossen:

 

A)

 

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

BEGRÜNDUNG:

 

I. Verfahrensgang/Sachverhalt:

 

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer wurde als Sachverständiger in die vom Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) geführte Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für die Fachgebiete

XXXX zuletzt bis zum 31.12.2018 befristet eingetragen.

 

Mit Schriftsatz vom 24.09.2018 begehrte der Beschwerdeführer unvertreten die Verlängerung dieser Eintragung (die Rezertifizierung) gemäß § 6 Abs. 2 SDG (Sachverständigen- und Dolmetschergesetz).

 

Die belangte Behörde leitete zu den Voraussetzungen der beantragten Rezertifizierung ein Ermittlungsverfahren ein und thematisierte im Rahmen einer Vernehmung des Beschwerdeführers am 09.10.2018 gegen ihn geführte (Zwangsversteigerungs)Verfahren und seinen Gesundheitszustand, wobei der Beschwerdeführer auch über das in Bezug auf seine Person geführte Sachwalterschaftsverfahren sprach.

 

2. Das Bezirksgericht XXXX hatte (nach Erstellung eines fachärztlichen Gutachtens nach Befundaufnahme am 13.02.2017, Gutachtenserörterung mit dem Beschwerdeführer am 30.01.2018 und Gutachtensergänzung vom 02.01.2018 nach Rücksprache mit einem Arzt an einer Klinik, an der sich der Beschwerdeführer längere Zeit zur Rehabilitation aufhielt) mit Beschluss vom 06.03.2018, 29 P71/17i-41, (nach der damals geltenden Rechtslage) den Rechtsanwalt

XXXX zum Sachwalter für den Beschwerdeführer zur Vertretung vor Ämtern, Gerichten und Behörden sowie zur Verwaltung des Vermögens ausgenommen des laufenden Einkommens nach Abzug der Fixkosten bestellt.

 

Zum Zustandsbild war aufgrund der Befundung durch den psychiatrischen Sachverständigen folgendes Zustandsbild festgehalten worden:

 

"[Beim Beschwerdeführer] besteht eine organisch-psychische Erkrankung, nämlich ein organisches Psychosyndrom nach Schädel-Hirntrauma (ICD 10 Klassifikation der WHO: F07.2) nach einem Verkehrsunfall vom 24.06.2017, Zustand nach künstlichem Tiefschlaf bei Hemisymptomatik. Die Orientierung ist persönlich und situativ gegeben, örtlich und zeitlich jedoch ursprünglich nicht. Die Konzentration lässt im Gesprächsverlauf leicht nach, Wahrnehmungsstörungen sind nicht explorierbar. Es kam zwar seit der Befundaufnahme des Sachverständigen am 18.07.2017 zu einer weiteren Besserung des Zustandes der betroffenen Person, was sich insbesondere im Rahmen der Gutachtenserörterung am 30.11.2017 zeigte. Die betroffene Person konnte im Rahmen der Gutachtenserörterung zwar Ort und Datum der Verhandlung nennen, was im Rahmen der Befundaufnahme im September 2017 noch nicht möglich war, weiterhin zeigten sich aber deutlich die inhaltliche Einengung auf berufliche Fragen und Benachteiligung durch verschiedene Institutionen; bei vielen Fragen zeigte sich eine starke Neigung, sehr ausreichend und generalisierend zu antworten. Auch im Rahmen der Rehabilitation an der XXXX-Klinik zeigte sich ein Verhalten, wie es auch der im Verfahren beigezogene Sachverständige beobachtete, nämlich auf sprachlich sehr hohem Niveau ausweichend zu antworten und konkrete Rückfragen nicht beantworten zu können. An der XXXX-Klinik bemerkte man eine ausgeprägte Gedächtnisstörung, einfachste Stationsabläufe konnte die betroffene Person nicht erfüllen. Es zeigten sich paranoide Gedanken sowie ein submanisches Verhalten. Trotz Besserung ist im Moment weiterhin zu befürchten, dass die betroffene Person sich bei der Verwaltung ihrer Geldangelegenheiten massiv schädigen könnte.

 

...

 

Die betroffene Person ist laut Ansicht des Sachverständigen nicht in der Lage, Vollmachten erteilen zu können. Die betroffene Person würde auch bei Hilfe eines Rechtsanwaltes bei angedachten Lösungen in paranoide Deutungen kippen, was wieder zu selbstschädigendem Verhalten führen würde. Das sehr resolute Auftreten der betroffenen Person führt dazu, dass außenstehenden Personen die nach wie vor bestehenden Gedächtnisdefizite nicht auffallen. Familienangehörige wären auf Grund der in den Krankenhäusern beobachteten Ratlosigkeit und Ohnmacht gegenüber dem sehr selbstbewussten Auftreten [des Beschwerdeführers] nicht in der Lage, Maßnahmen, die nicht seinem Willen entsprechen, durchsetzen zu können."

 

Das Landesgericht Klagenfurt hatte dem dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Rekurs mit Beschluss vom 04.07.2018, 2 R 74/18m, nicht Folge gegeben und ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der Beschwerdeführer begründe nicht, warum die Bestellung eines Sachwalters zu Unrecht erfolgt wäre. Das Erstgericht habe hier mit der Bestellung einer außerhalb der Familie stehenden Person nicht gegen die Kriterien des § 279 ABGB (aF) verstoßen.

 

Der Oberste Gerichtshof gab mit Beschluss vom 26.11.2018, 8 Ob 125/18t, dem dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs Folge, hob den Beschluss des Rekursgerichts auf und trug dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung aus Anlass des Rekurses des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Erstgerichts auf. Das Rekursgericht habe die Änderung der Rechtslage durch das mit 01.07.2018 in Kraft getretene 2. Erwachsenenschutz-Gesetz, BGBl I Nr 59/2017 (2. ErwSchG), nicht beachtet und nach dem 01.07.2018 einen Beschluss nach der alten Rechtslage gefasst. Das Rekursgericht hätte eine Entscheidung nach den Bestimmungen des 2. ErwSchG zu treffen oder - bei Fehlen von Entscheidungsgrundlagen - das Verfahren an die erste Instanz zu überweisen gehabt.

 

3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt (im Folgenden: belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Rezertifizierung seiner Eintragung in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für seine Fachgebiete abgewiesen (Spruchpunkt I.) und für eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen (Spruchpunkt II.).

 

Begründend wurde in diesem Bescheid ausgeführt, mit Bescheid vom 11.12.1984 sei der beschwerdeführende Sachverständige in die von der belangten Behörde als Zertifizierungsstelle zu führende Sachverständigenliste, befristet bis 31.12.1989, eingetragen worden. Infolge weiteren Vorliegens der Eintragungsvoraussetzungen sei mit Schreiben der belangten Behörde vom 05.10.1989 die Befristung aufgehoben und mit weiterem Schreiben der belangten Behörde vom 15.12.2008 die Eintragung bis zum 31.12.2018 verlängert worden. Mit Schreiben vom 24.09.2018 habe der Beschwerdeführer die weitere Rezertifizierung seiner Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger beantragt.

 

Der Beschwerdeführer sei am 24.02.2017 Beteiligter eines schweren Verkehrsunfalles gewesen, wobei er ein schweres Schädelhirntrauma mit Schädelimpressionsfraktur erlitten habe und weshalb er über mehrere Monate in einen künstlichen Tiefschlaf habe versetzt werden müssen. In Folge dessen sei ein gegen den Beschwerdeführer als Verpflichteter vor dem Bezirksgericht XXXX seit 2014 geführtes Zwangsversteigerungsverfahren (zu XXXX) der XXXX - durch Beitritt auch der XXXX und der XXXX. - über Forderungen von insgesamt ca. EUR 3 Millionen, sowie die Verfahren XXXX (XXXX gegen den Beschwerdeführer wegen EUR 3 Millionen s.A. aus Rückzahlungsverpflichtungen als Rechtsnachfolger aus einem Kreditvertrag) und XXXX (XXXX gegen den Beschwerdeführer wegen EUR 15.066,00 s.A. aus Herausgabe von Mieterkautionen einer gegenüber dem Beschwerdeführer ersteigerten Liegenschaft), beide Landesgericht Klagenfurt, gemäß S 6a ZPO unterbrochen und vor dem Bezirksgericht XXXX für den Beschwerdeführer die Beigebung eines Sachwalters angeregt worden. Nach dem im Verfahren 29 P 71/17i vor dem Bezirksgericht XXXX eingeholten Sachverständigengutachten leide der Beschwerdeführer als Folge des Verkehrsunfalls nach wie vor an einem organischen Psychosyndrom nach Schädel-Hirntrauma (ICD 10 Klassifikation der WHO F07.2). Mit Beschluss des Bezirksgerichtes vom 06.03.2018 sei für den Beschwerdeführer ein Sachwalter (nunmehr Erwachsenenvertreter) zur Vertretung vor Ämtern, Gerichten und Behörden sowie Verwaltung des Vermögens bestellt und das der Befundung durch einen psychiatrischen Sachverständigen entsprechende [oben unter Punkt 2. dargelegte] Zustandsbild festgehalten worden. Das erstgerichtliche Urteil sei vom Landesgericht Klagenfurt als Rechtsmittelgericht mit Beschluss vom 04.07.2018 bestätigt und nur mehr die außerordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof zugelassen worden. Zu einem mit dem Beschwerdeführer im Zuge des Rezertifizierungsverfahrens geführten Gespräch sei dieser nur mit einem Rollator gehfähig gekommen und von einer Begleitperson unterstützt worden. Auch das Niedersetzen und Aufstehen sei dem Beschwerdeführer nur unter großen Mühen möglich gewesen. Im Gespräch sei er lautstark aufgetreten, habe sich in Bezug auf seine Verfahren völlig zu Unrecht "verfolgt" gefühlt und habe (nicht konkretisierbare) "große Gegenmaßnahmen" angekündigt.

 

Eine Eintragung in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen könne um fünf Jahre verlängert werden (Rezertifizierung), wenn die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 (mit Ausnahme der Z 1 lit. b und der Z 2) sowie nach § 2a SDG weiterhin gegeben seien. Nach § 2 Abs. 2 Z 1 lit. c und lit. d SDG zähle zu den Eintragungsvoraussetzungen auch die Geschäftsfähigkeit in allen Belangen und das Nichtbestehen einer aufrechten gesetzlichen Vertretung im Sinne des § 1034 ABGB (wie gerichtliche Erwachsenenvertretung) sowie die persönliche Eignung für die mit der Ausübung der Tätigkeit des Sachverständigen verbundenen Aufgaben. Auf Grund des vorliegenden Zustandsbildes des Beschwerdeführers aus dem Verfahren 29 P 71/17i vor dem Bezirksgericht XXXX sei davon auszugsehen, dass beim Beschwerdeführer die Geschäftsfähigkeit nicht mehr in allen Belangen gegeben sei und ist die Beigebung eines Erwachsenenvertreters sehr wahrscheinlich sei. Es sei daher die vorgenannte Eintragungsvoraussetzung des § 2 Abs. 2 Z 1 lit. c SDG nicht mehr gegeben. Darüber hinaus verlangten aber auch die Fachgebiete, für die der Beschwerdeführer als Sachverständiger eingetragen sei, uneingeschränkte Gehfähigkeit (insbesondere zur Durchführung notwendiger Augenscheine, auch im unwegsamen Gelände) und liege auch aus diesem Grund die Eintragungsvoraussetzung des § 2 Abs. 2 Z 1 lit. d SDG derzeit nicht mehr vor. Dem Antrag auf Rezertifizierung sei daher nicht stattzugeben gewesen.

 

Mit Zustellverfügung ordnete die belangte Behörde die Zustellung dieses Bescheides ausschließlich an den Beschwerdeführer als Empfänger (Adressaten) an. Nach einem erfolglosen Zustellversuch am 31.12.2018 wurde dieser Bescheid ausschließlich direkt dem Beschwerdeführer am 02.01.2019 (Beginn der Abholfrist der hinterlegten Briefsendung) durch Hinterlegung zugestellt.

 

4. Gegen die Abweisung seines Antrages auf Rezertifizierung erhob der Beschwerdeführer, durch einen Rechtsanwalt als gewillkürten Vertreter, fristgerecht Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG und führte aus, das dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Verfahren sei mangelhaft geblieben, da es die belangte Behörde unterlassen habe, Erhebungen und Feststellungen zum Gesundheitszustand (physisch) des Beschwerdeführers vorzunehmen. Es sei zur Ansicht der belangten Behörde, wonach der Beschwerdeführer auch körperlich nicht in der Lage wäre, seine Sachverständigentätigkeit auszuüben, auszuführen, dass der Beschwerdeführer zur "Begutachtung" im Rahmen des Rezertifizierungsverfahrens bei der belangten Behörde angereist sei. Dies alleine zeige bereits, dass hierdurch ein Ausschluss der Eignung zur Sachverständigentätigkeit nicht gerechtfertigt werden könne, da dies somit auch bei der Begutachtungstätigkeit möglich sei. Die Hilfestellung beim Auf- und Niedersetzen durch den Sohn des Beschwerdeführers könne hierbei ebenfalls nicht zur Beurteilung herangezogen werden, da die Tätigkeit des Beschwerdeführers einer solchen nicht bedürfe. Ob der Beschwerdeführer hierbei gesundheitlich in der Lage sei, seine Tätigkeit als Sachverständiger auszuüben, sei von der belangten Behörde aber zu keinem Zeitpunkt (medizinisch) geprüft worden, sondern sei lediglich eine Beurteilung durch die belangte Behörde aus der Laiensphäre vorgenommen worden. Überdies sei es dem Beschwerdeführer jedoch auch aufgrund technischer Hilfsmittel mittlerweile möglich, seine Tätigkeit, etwa mit einer näher dargelegten Methode, auch ohne körperliche Anstrengung wahrzunehmen. Diese Methode mit neuesten Technologien sei vom Beschwerdeführer noch während dessen Krankenhausaufenthaltes erarbeitet worden, während dieser von Ärzten, und nun auch von der belangten Behörde, negativ beurteilt worden sei. Hierfür sei aber jedenfalls der körperliche Zustand des Beschwerdeführers irrelevant. Zu diesem liege jedenfalls kein wie auch immer geartetes Gutachten vor und könne daher in die Entscheidung der belangten Behörde nicht als Entscheidungsgrund einfließen. Dem Bescheid könne auch nicht entnommen werden, wann das darin angeführte Gespräch im Rahmen des Rezertifizierungsverfahrens geführt worden sei und ob die belangte Behörde hierbei berücksichtigt habe, dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers kontinuierlich verbessert habe. Die bereits ursprünglich angeregte Sachwalterschaft stelle sich derart dar, dass die in den zugrundeliegenden Verfahren beteiligten Parteien Interesse daran gehabt hätten, dass der Beschwerdeführer seiner gutachterlichen Tätigkeit nicht mehr nachkommen könne, da dieser bereits in davor von diesem ausgestellten Gutachten zu deren Ungunsten Tatsachen erhoben habe. Überdies sei aber auch zum psychischen Zustand des Beschwerdeführers klar auszuführen, dass im Rahmen der zur Gutachtenserstellung geführten Gespräche auch über für die Sachverständigentätigkeit des Beschwerdeführers inhaltliche Themen gesprochen worden sei, so etwa über eine (aus Sicht des Beschwerdeführers und durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs bestätigte) widerrechtliche Widmung, welche dem Sachverständigen auch bekannt zu sein schien. Hierbei von "paranoiden Gedanken" oder von "Verfolgungswahn" zu sprechen, würde jede Person als zur Ausübung der Sachverständigentätigkeit unfähige Person kennzeichnen, welche getroffene Entscheidungen oder Sachverhalte in Frage stelle. Dies sei jedenfalls nicht ausreichend, um eine Geschäftsfähigkeit oder persönliche Eignung einer Person als Sachverständiger abzusprechen. Hierdurch kennzeichne sich jedoch vielmehr die Mangelhaftigkeit des ausgestellten Gutachtens (welchem auch kein entsprechender Befund vorausgegangen sei). Dem vom Bezirksgericht XXXX eingeholten (und von der belangten Behörde in ihrem Bescheid zitierten) Sachverständigengutachten könne jedoch unmissverständlich entnommen werden, dass eine Besserung des Zustandes des Beschwerdeführers (zum Untersuchungszeitpunkt) eingetreten sei. Eine Prüfung des Zustandes des Beschwerdeführers nach dieser Untersuchung sei nicht mehr erfolgt. Eine Beurteilung des Zustandes des Beschwerdeführers und eine entsprechende Eignung zur Ausübung der Sachverständigentätigkeit sei von der belangten Behörde jedenfalls nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden und hätte diese den Sachverhalt von Amts wegen ermitteln müssen. In diesem Fall wäre die belangte Behörde jedoch auch zu einem anderen Ergebnis gekommen, nämlich dass die Voraussetzungen zur Rezertifizierung der Eintragung des Beschwerdeführers in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen gegeben seien. Die belangte Behörde stütze sich in ihrem Bescheid auf das geführte Sachwalterschaftsverfahren. Dieses sei nunmehr durch den Obersten Gerichtshof mit Entscheidung zu 8 Ob 125/18t aufgrund des vom Beschwerdeführer erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurses zu dessen Gunsten entschieden und wegen Berechtigung an die Unterinstanz zurückverwiesen worden. Hierbei sei ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Sachwalterschaft (nunmehr Erwachsenenvertretung) der Beschwerdeführer nicht als besachwaltet gelte und daher primär davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer in der Lage sei, seinen bisherigen Tätigkeiten uneingeschränkt nachzukommen. Da die belangte Behörde all dies verkannt habe, habe sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und dieser sei daher aufzuheben.

 

5. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

 

6. Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurden vom Beschwerdeführer sein außerordentlicher Revisionsrekurs (in dem der Beschwerdeführer durch dessen Sohn als Verfahrensvertreter, der wiederum durch den in der vorliegenden Beschwerde auftretenden gewillkürten Rechtsvertreter vertreten wurde) sowie der Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 26.11.2018, 8 Ob 125/18t, nachgereicht.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Verfahrensgang (Verwaltungsgeschehen)/Sachverhalt ausgegangen.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Verfahrensgang (Verwaltungsgeschehen) und Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt der von der belangten Behörde vorgelegten Akten des Verfahrens, insbesondere aus dem Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 06.03.2018, 29 P 71/17i- 41, der mit Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom 04.07.2018, 2 R 74/18m, bestätigt wurde, sowie aus der (gut leserlichen) Zustellverfügung betreffend den Bescheid vom 27.12.2018, die mit dem im Akt einliegenden Zustellnachweis korrespondiert, aus der Beschwerde sowie aus dem Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 26.11.2018, 8 Ob 125/18t.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

 

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

 

3.2. Die Zulässigkeit einer Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG setzt einen tauglichen Anfechtungsgegenstand, somit die Erlassung (rechtliche Existenz) eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde voraus.

 

Die Erlassung eines - wie hier - schriftlichen Bescheides hat durch rechtswirksame Zustellung bzw. Ausfolgung zu erfolgen.

 

Verfahrensakte, wie etwa Zustellungen, gegen prozessunfähige Personen sind unwirksam. Mangelt es einem Adressaten einer Verfahrenshandlung (insbesondere auch eines Bescheides) in Bezug auf den Verfahrensgegenstand an der Prozessfähigkeit, so geht die Verfahrenshandlung insofern ins Leere, als sie diesem Adressaten gegenüber keinerlei Rechtswirkungen entfaltet. Die Behörde kann diesfalls Verfahrenshandlungen rechtswirksam nur gegenüber dem gesetzlichen Vertreter (etwa einem Sachwalter [nunmehr Erwachsenenvertreter]) setzen (vgl. etwa VwGH 25.02.2016, Ra 2016/19/0007, mwN sowie die in Hengstschläger/Leeb, AVG I2, unter Rz 5 f zu § 9 AVG wiedergegebene weitere Judikatur).

 

Die - nur an den Beschwerdeführer als Zustellungsempfänger verfügte und erfolgte - Zustellung des angefochtenen Bescheides wäre daher nur dann rechtswirksam - und der angefochtene Bescheid damit erlassen (rechtlich existent) -, wenn der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides (31.12.2018 bzw. 02.01.2019) prozessfähig gewesen wäre.

 

Davon kann aus folgenden Gründen nicht ausgegangen werden:

 

Inwieweit die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten (hier: des Beschwerdeführers) in Frage kommt, ist gemäß § 9 AVG, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen und sieht auch das SDG im vorliegenden Zusammenhang nichts anderes vor. Einen Mangel der Prozessfähigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen.

 

Der Beschluss über die Bestellung eines Sachwalters führt ab seiner Erlassung - innerhalb des Wirkungskreises des Sachwalters - zur eingeschränkten Geschäfts- und Handlungsfähigkeit des Betroffenen und wirkt insofern konstitutiv, als ab seiner Wirksamkeit die Prozessfähigkeit und Handlungsfähigkeit im dort umschriebenen Ausmaß keinesfalls mehr gegeben ist (vgl. etwa VwGH 22.06.2016, Ra 2016/03/0064; VwGH 20.12.2016, Ra 2015/01/0162; VwGH 27.10.2014, Ra 2014/02/0107, mwH). Für die Zeit davor ist erforderlichenfalls zu prüfen, ob der Betroffene schon damals nicht mehr prozessfähig gewesen ist und somit nicht mehr in der Lage war, Bedeutung und Tragweite der Verfahren und der sich in diesen ereignenden prozessualen Vorgänge zu erkennen, zu verstehen und sich den Anforderungen derartiger Verfahren entsprechend zu verhalten (zur Prüfungsbefugnis der Prozessfähigkeit für die Zeit vor Erlassung des im Sachwalterverfahren ergangenen gerichtlichen Bestellungsbeschlusses vgl. zB VwGH 30.03.2017, Ra 2016/07/0084; VwGH 16.05.2000, 98/14/0225, mwN; ebenso VwGH 25.03.1999, 98/06/0141).

 

Im vorliegenden Fall wurde mit bezirksgerichtlichem Beschluss vom 06.03.2018 über den Beschwerdeführer ein Sachwalter (nunmehr Erwachsenenvertreter) zur (gesetzlichen) Vertretung vor Ämtern, Gerichten und Behörden sowie Verwaltung des Vermögens - nicht rechtskräftig - bestellt. Da die Bestellung des Sachwalters (noch) nicht wirksam ist, ist (wie zB für die Frage der wirksamen Zustellung des angefochtenen Bescheides) somit zu prüfen, ob der Beschwerdeführer als Bescheidadressat bzw. im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides im angeführten Sinn prozessfähig war

 

Angesichts des oben dargelegten, auf einer Befundung durch einen psychiatrischen Sachverständigen beruhenden Zustandsbildes des Beschwerdeführers, dem zufolge beim Beschwerdeführer eine organisch-psychische Erkrankung in Form eines organischen Psychosyndroms nach Schädel-Hirntrauma nach einem Verkehrsunfall, Zustand nach künstlichem Tiefschlaf bei Hemisymptomatik, besteht, eine ausgeprägte Gedächtnisstörung bemerkt wurde, sich paranoide Gedanken sowie ein submanisches Verhalten zeigten und trotz Besserung weiterhin zu befürchten ist, dass sich der Beschwerdeführer massiv schädigen könnte und nicht in der Lage ist, Vollmachten erteilen zu können, weiters des Umstandes, dass derzeit ein Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters nach wie vor anhängig ist und mit Gerichtsbeschluss vom 06.03.2018 ein Sachwalter für den Beschwerdeführer bestellt wurde, die Bestellung vom Rekursgericht bestätigt wurde, und letztlich auch aufgrund der im Ergebnis bloß zurückverweisenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofes wegen Nichtbeachtung der geänderten Rechtslage durch das 2. ErwSchG geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Zustellvorganges betreffend den angefochtenen Bescheid nicht prozessfähig war. Der Beschwerdeführer trat (in der Beschwerde) dem vom Sachverständigen beschriebenen Zustandsbild bloß unsubstantiiert entgegen und brachte im Übrigen auch keine konkreten, überzeugenden Umstände vor, die gegen die Richtigkeit der gerichtlichen Bestellung eines Sachwalters (nunmehr Erwachsenenvertreters) sprechen. Die Beurteilung, dass es dem Beschwerdeführer an der Prozessfähigkeit mangelte bzw. mangelt, geht mit der Begründung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, wonach aufgrund des vorliegenden Zustandsbildes des Beschwerdeführers davon auszugsehen sei, dass beim Beschwerdeführer die Geschäftsfähigkeit nicht mehr in allen Belangen gegeben und die Beigebung eines Erwachsenenvertreters sehr wahrscheinlich sei, und der Prämisse der Gerichte, die in den bei ihnen anhängigen Verfahren die Beigebung eines Sachwalters für den Beschwerdeführer wegen Wegfalls der Prozessfähigkeit anregten, konform, sodass die von der belangten Behörde vorgenommene - ihre eigene Begründung konterkarierende - Zustellung des angefochtenen Bescheides an den prozessual handlungsunfähigen Beschwerdeführer keine Rechtswirkungen auszulösen vermochte.

 

Zudem wurde nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich geworden, dass der angefochtene Bescheid dadurch wirksam erlassen worden wäre, dass er dem gerichtlich bestellten Sachwalter oder dem nunmehr einschreitenden Rechtsanwalt als gewillkürten Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt worden wäre, ganz abgesehen davon, dass im gegenständlichen Rezertifizierungsverfahren keine Vollmacht des Beschwerdeführers an diesen Rechtsanwalt vorliegt (der Beschwerdeführer war im Rezertifizierungsverfahren bisher untertreten) und dieser Rechtsanwalt sich in der Beschwerdeschrift auch nicht auf eine ihm erteilte Vollmacht berief (wobei sich aus den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen im Pflegschaftsverfahren überdies ergibt, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage ist, Vollmachten erteilen zu können, die Bestellung eines gewillkürten Vertreters jedoch die Prozessfähigkeit voraussetzt).

 

Im Übrigen wäre, da auch eine Verfahrenshandlung wie ein Rezertifizierungsantrag bzw. ein Rezertifizierungsverfahren nach dem SDG Prozessfähigkeit des Antragstellers voraussetzt, bereits hinsichtlich des vom unvertretenen Beschwerdeführer eingebrachten verfahrenseinleitenden Rezertifizierungsantrages die Wirksamkeit der Verfahrenshandlung zu überprüfen bzw. das den Beschwerdeführer betreffende Verfahren zur Wahrung seiner Parteirechte mit dem gesetzlichen Vertreter des Beschwerdeführers zu führen gewesen.

 

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher zum Ergebnis, dass der angefochtene Bescheid nicht rechtswirksam erlassen (rechtlich existent) wurde. Die Beschwerde war daher schon deshalb (ungeachtet allfälliger weiterer die Unzulässigkeit der Beschwerde bewirkender Mängel, etwa der Vollmacht oder der Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter) mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückzuweisen (vgl. etwa VwGH 27.04.2011, 2008/23/1027, dessen diesbezügliche Aussagen auch für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten gelten).

 

Der Vollständigkeit halber ist noch auf Folgendes hinzuweisen: Die Frage der Prozessfähigkeit ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Vorfrage (iSd § 38 AVG) zu beurteilen. Muss die Behörde von Amts wegen oder auf Grund eines eingebrachten Antrages gegen einen Prozessunfähigen, der eines gesetzlichen Vertreters entbehrt, eine Amtshandlung vornehmen, so muss sie einen Kurator (etwa einen Sachwalter [nunmehr Erwachsenenvertreter]) bestellen lassen. Im Fall der Anhängigkeit eines Verfahrens zur Vorfrage steht es im Ermessen der Behörde, das Verfahren auszusetzen oder selbst die Vorfrage zu beurteilen.

 

3.3. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen war.

 

Zu B)

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich im konkreten Fall eine Rechtsfrage stellt, die über den (hier vorliegenden konkreten) Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Ausgehend davon kann eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG von grundsätzlicher Bedeutung auch insofern nicht bejaht werden (vgl. etwa VwGH 25.09.2015, Ra 2015/16/0085, mwN). Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

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