BVwG W101 2113680-1

BVwGW101 2113680-129.9.2017

ABGB §865
B-VG Art.133 Abs4
E-Government Gesetz §2
E-Government Gesetz §4
E-Government Gesetz §5
E-Government Gesetz §7
StZRegBehV 2009 §2
StZRegBehV 2009 §9 Abs2
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W101.2113680.1.00

 

Spruch:

W101 2113680-1/8E

 

W101 2113843-1/10E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Einzelrichterin über die Beschwerden der minderjährigen XXXX, vertreten durch XXXX und XXXX, gegen die beiden Bescheide der Datenschutzbehörde vom 09.06.2015, Zl. DSB-D433.003/0001-DSB/2015, betreffend das E-Government-Gesetz und die Stammzahlenregisterbehördenverordnung 2009 zu Recht erkannt:

 

A)

 

In Erledigung der Beschwerden gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG werden die beiden angefochtenen Bescheide dahingehend abgeändert, dass der Spruch eines Bescheides wie folgt zu lauten hat:

 

Der Antrag vom 17.02.2015 wird mangels Geschäftsfähigkeit der am XXXX geborenen Antragstellerin als unzulässig zurückgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

Am 17.02.2015 brachten die gesetzlichen Vertreter der am XXXX geborenen Beschwerdeführerin in einem Schreiben an die Datenschutzbehörde vor, dass sie als Eltern gesetzlich zur Vertretung des Kindes berechtigt und verpflichtet seien sowie dass beide Elternteile im Besitz einer Handysignatur seien, was sie durch die Vorlage von Kopien diverser Urkunden und Bestätigungen belegen konnten. In diesem Schreiben beantragten die gesetzlichen Vertreter, es möge ihrer Tochter (im Folgenden mj. Beschwerdeführerin) eine Bürgerkarte bzw. Handysignatur ausgestellt und auf den jeweiligen Handysignaturen beider Elternteile eine Vertretungsvollmacht für diese eingetragen werden.

 

Die belangte Behörde teilte diesen Antrag in zwei Teile auf und erließ aufgrund dieser Teilung die folgenden zwei Bescheide:

 

Auf der einen Seite wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 09.06.2015, Zl. DSB-D433.003/0001-DSB/2015, den Antrag vom 17.02.2015 zurück. In diesem den Antrag zurückweisenden Bescheid hielt die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht fest:

 

Die Datenschutzbehörde sei gemäß § 7 E-GovG als Stammzahlenregisterbehörde für die Erzeugung und Bereitstellung der eindeutigen Kennung (Personenbindung) zuständig. Im Rahmen dieser Aufgabe stelle die Datenschutzbehörde sicher, dass Nutzer von elektronischen Signaturen im Rahmen von E-Government-Anwendungen eindeutig identifiziert würden und gleichzeitig durch das Verwenden von bereichsspezifischen Kennzeichen das Zusammenführen personenbezogener Daten nicht erleichtert werde.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 StZRegBehV 2009 habe die Eintragungsstelle die Identität der Bürgerkartenwerberin bzw. des Bürgerkartenwerbers festzustellen und die Personenbindung in der Bürgerkarte einzutragen. Nach § 2 Abs. 2 Z 1 StZRegBehV 2009 sei die Stammzahlenregisterbehörde eine Eintragungsstelle.

 

Eine Personenbindung könne aber nur in eine geeignete Signaturkarte eingetragen werden bzw. im Falle der Handysignatur mit einem vorhandenen geeigneten Signaturprodukt verknüpft werden. Beides sei von der mj. Beschwerdeführerin nicht in Vorlage gebracht worden.

 

Daraus ergebe sich einerseits, dass die Datenschutzbehörde zur Ausstellung einer Bürgerkarte - wie ausdrücklich beantragt - unzuständig sei. Andererseits würden die Voraussetzungen für die Eintragung einer Personenbindung - mangels Vorliegens einer geeigneten Signaturkarte bzw. eines geeigneten Signaturproduktes - nicht vorliegen.

 

Auf der anderen Seite wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 09.06.2015, Zl. DSB-D433.003/0001-DSB/2015, den Antrag vom 17.02.2015 ab. In diesem den Antrag abweisenden Bescheid hielt die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht fest:

 

Die Eintragung gesetzlicher Vollmachten sei in § 9 Abs. 2 StZRegBehV 2009 grundsätzlich vorgesehen. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass die bzw. der Vertretene oder eine von ihr bzw. ihm bevollmächtigte Person mit der Bürgerkarte die Richtigkeit der Angaben zum Vollmachtsverhältnis bestätige, oder geeignete Urkunden vorgelegt würden und glaubhaft gemacht werde, dass die bzw. der Vertretene von der Eintragung Kenntnis habe.

 

Die erste Alternative könne insoweit ausgeschlossen werden, als die mj. Beschwerdeführerin die Richtigkeit der Angaben zum Vollmachtsverhältnis mangels geschäftsfähigen Alters weder selbst abgeben, noch rechtsgültig jemanden dazu beauftragen könne. Das Vorliegen einer gesetzlichen Vertretung alleine reiche nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 StZRegBehV 2009 nicht aus.

 

Alternativ könnten jedoch geeignete Urkunden vorgelegt werden, sofern die bzw. der Vertretene glaubhaft von der Eintragung Kenntnis habe. Auch diese Eintragungsvoraussetzung sei insoweit nicht erfüllt, als die minderjährige Beschwerdeführerin mangels geschäftsfähigen Alters eine solche Kenntnis nicht gültig erlangen könnte.

 

Gegen den den Antrag zurückweisenden Bescheid erhoben die gesetzlichen Vertreter der mj. Beschwerdeführerin fristgerecht eine Beschwerde, in der sie die Rechtswidrigkeit dieses angefochtenen Bescheides im Wesentlichen folgendermaßen begründeten:

 

Die Bürgerkarte/Handysignatur verwende man für zwei Dinge:

 

-) elektronische Signatur von PDF

 

-) elektronischer Ausweis im Internet

 

Nach derzeitiger Regelung brauche man die Bürgerkarte/Handysignatur auch, um eine andere Person zu bevollmächtigen, sich mit der Bürgerkarte zu vertreten (z.B. das Eltern ihr Kind mit ihrer Bürgerkarte vertreten könnten, sich als dieses einloggen und für das Kind eine Meldebestätigung erhalten könnten).

 

Die Ausstellung eines amtlichen Ausweises stelle einen klassischen Akt staatlicher Hoheitsverwaltung dar. Auch wenn Teilbereiche dieser Ausstellung an Private ausgelagert würden, bleibe es ein staatlicher Hoheitsakt.

 

Vergleichen könne man dies mit der Ausstellung eines Reisepasses bzw. Personalausweises. Während man bei diesen sich vor der Behörde legitimiere und diese die Daten erhebe, finde der tatsächliche Druck in der Staatsdruckerei statt. Die Druckerei stelle das Trägermedium zur Verfügung und die Behörde kümmere sich um die Personenbindung. Die Staatsdruckerei sei eine GmbH.

 

Ähnlich funktioniere dies bei der Bürgerkarte bzw. Handysignatur. Der Zertifizierungsdienstanbieter stelle das Trägermedium zur Verfügung (qualifizierte Signatur), die Behörde kümmere sich um die Personenbindung.

 

Einziger Zertifizierungsdienstanbieter in Österreich, der eine bürgerkartetaugliche Signatur anbiete, sei die A-Trust. Es handle sich dabei um eine GmbH, die von mehreren Banken und Kammern betrieben werde.

 

Während beim Reisepass niemand auf die Idee kommen würde, dass die Staatsdruckerei entscheiden dürfe, ob diese ganze Kreise der Gesellschaft vom Zugang zum Papier für einen Reisepass ausschließen dürfe (z.B. Reisepässe nur für Männer), werde dies beim elektronischen Ausweis nicht nur hingenommen, sondern auf zahlreichen staatlichen Internetseiten sogar kommuniziert und Personen unter 14 Jahren von der Ausstellung eines elektronischen Ausweises ausgeschlossen.

 

Dieser, nicht von einzelnen Personen verursachte, sondern diskriminierende Ausschluss einer ganzen Gesellschaftsgruppe nur des Alters wegen, bei einem Akt der staatlichen Hoheitsverwaltung, stelle einen klaren Verstoß gegen Art. 21 der EU-Grundrechtecharta dar. Der Staat müsste, wenn er Teile der Hoheitsverwaltung auslagere, klare Regelungen erlassen, die Verstöße gegen die EU-Grundrechtecharta untersagen.

 

Aus diesem Grund werde die Verfassungskonformität der derzeitigen Regelung angezweifelt und die Vorlage und Prüfung an bzw. durch den Verfassungsgerichtshof angeregt bzw. der Antrag gestellt, dass das Bundesverwaltungsgericht die Datenschutzbehörde zur antragsgemäßen Ausstellung einer Bürgerkarte/Handysignatur verpflichte.

 

Gegen den den Antrag abweisenden Bescheid erhoben die gesetzlichen Vertreter der mj. Beschwerdeführerin auch fristgerecht eine Beschwerde, in der sie die Rechtswidrigkeit dieses angefochtenen Bescheides im Wesentlichen folgendermaßen begründeten:

 

Beide Varianten des § 9 Abs. 2 StZRegBehV 2009 würden von der belangten Behörde ausgeschlossen werden, da sie ausführe, dass ihre Tochter kein geschäftsfähiges Alter habe und dadurch weder rechtsgültig jemand mit der Vertretung beauftragen könne, noch mangels Alters eine solche Einsicht gültig erlangen könne. Die Freigabe der Vollmachtsvertretung scheitere jedoch auch schon daran, dass ihrer unmündigen Tochter die Ausstellung einer Bürgerkarte verwehrt werde, wobei hier auf die beiliegend zweite Beschwerde verwiesen werde.

 

Gemäß § 158 ABGB seien sie als Obsorgeberechtigte in allen Belangen berechtigt und verpflichtet ihr Kind zu vertreten. Während sie also berechtigt seien, physisch auf das Magistratische Bezirksamt zu gehen und im Namen ihrer Tochter für sie eine Meldebestätigung zu erlangen oder für sie Rechtsgeschäfte abzuschließen, sollten sie dies nach der Rechtsauslegung der Datenschutzbehörde nicht sein. Diese Rechtsauslegung wäre vom Gesetzgeber nicht gewünscht und entspreche auch nicht den tatsächlichen Umständen.

 

Vielmehr würde seitens der Datenschutzbehörde die Möglichkeit zur manuellen Eintragung von Vollmachtsverhältnissen abgeschafft und automatisiert bzw. werde nur noch die Möglichkeit zur Selbstfreigabe mittels Bürgerkarte akzeptiert. Diese einseitige Gesetzesauslegung seitens der Datenschutzbehörde sei rechtswidrig.

 

Als Beilagen zu den Beschwerden legten die gesetzlichen Vertreter der mj. Beschwerdeführerin diverse Schreiben und zu sieben verschiedenen Gesetzen Auszüge aus dem RIS vor.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerden:

 

Die beiden angefochtenen Bescheide wurden am 16.06.2015 rechtswirksam zugestellt, weshalb die 4-wöchige Beschwerdefrist am 14.07.2015 geendet hat.

 

Die gegenständlichen Beschwerden wurden am 09.07.2015 nicht bei der Datenschutzbehörde, sondern beim Bundesverwaltungsgericht direkt mittels Boten eingebracht. Diese (falsch eingebrachten) Beschwerden wurden am 13.07.2015 per DHL-Sendung mit zwei Schreiben der Gerichtsabteilung W195 des Bundesverwaltungsgerichtes weitergeleitet.

 

Die Beschwerden sind bei der Datenschutzbehörde am 14.07.2015 - also am letzten Tag der Beschwerdefrist - eingelangt.

 

1.2. Zum Antrag vom 17.02.2015:

 

Die am XXXX geborene mj. Beschwerdeführerin, der antragsgemäß eine Bürgerkarte bzw. Handysignatur ausgestellt werden soll und für welche auf den beiden Handysignaturen von deren obsorgeberechtigten Eltern Vertretungsvollmachten iSd § 9 Abs. 2 StZRegBehV 2009 eingetragen werden sollen, ist aufgrund ihres Alters nicht geschäftsfähig.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Diese Feststellungen ergeben sich aus den Gerichtsakten zu Zl. W195 2110408-1 (betreffend Zurückweisung des Antrages) und zu Zl. W195 2110423-1 (betreffend Abweisung des Antrages) und den Verwaltungsakten.

 

Zu den Feststellungen betreffend die Rechtzeitigkeit der Beschwerden bzw. Übergabe an den Zustelldienst DHL siehe insbesondere den - in den Verwaltungsakten aufliegenden - Aktenvermerk der belangten Behörde vom 16.07.2015.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Weder das E-Government-Gesetz (E-GovG) noch die Stammzahlenregisterbehördenverordnung 2009 (StZRegBehV 2009) enthalten Gesetzesbestimmungen über ein Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

 

Gemäß § 39 Abs. 1 DSG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide, sowie wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in den Angelegenheiten dieses Bundesgesetzes durch Senat.

 

Da die Bestimmung des § 39 Abs. 1 DSG 2000 festschreibt, dass in den Angelegenheiten "dieses Bundesgesetzes" durch Senat zu entscheiden ist, d.h. die Senatszuständigkeit ausschließlich für Bescheide nach dem DSG 2000 vorgesehen ist, leitet sich aus der Bestimmung des § 6 BVwGG ab, dass über die Beschwerden gegen die beiden angefochtenen Bescheide nach dem E-GovG und der StZRegBehV 2009 durch Einzelrichter zu entscheiden ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

3.3. Zu A)

 

3.3.1. Die belangte Behörde hat ihre beiden Bescheide auf folgende Rechtsgrundlagen gegründet, die auch im gegenständlichen Beschwerdeverfahren maßgebend sind: § 4, § 5 und § 7 E-GovG sowie § 2 und § 9 Abs. 2 StZRegBehV 2009 (idF der angefochtenen Bescheide).

 

§ 2 Z 10 E-GovG idF BGBl. I Nr. 8/2008 (Begriffsbestimmungen) lautet:

 

"Bürgerkarte": eine logische Einheit, die unabhängig von ihrer technischen Umsetzung eine qualifizierte elektronische Signatur (§ 2 Z 3a des Signaturgesetzes - SigG, BGBI. I Nr. 190/1999) mit einer Personenbindung (§ 4 Abs. 2) und den zugehörigen Sicherheitsdaten und -funktionen sowie allenfalls mit Vollmachtsdaten verbindet.

 

§ 4 Abs. 1 bis 4 E-GovG idF BGBl. I Nr. 10/2004 (Funktion "Bürgerkarte") lautet:

 

(1) Die Bürgerkarte dient dem Nachweis der eindeutigen Identität eines Einschreiters und der Authentizität des elektronisch gestellten Anbringens in Verfahren, für die ein Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine für den Einsatz der Bürgerkarte taugliche technische Umgebung eingerichtet hat.

 

(2) Die eindeutige Identifikation einer natürlichen Person, die rechtmäßige Inhaberin einer Bürgerkarte ist, wird in ihrer Bürgerkarte durch die Personenbindung bewirkt: Von der Stammzahlenregisterbehörde (§ 7) wird elektronisch signiert oder besiegelt bestätigt, dass der in der Bürgerkarte als Inhaberin bezeichneten natürlichen Person eine bestimmte Stammzahl zur eindeutigen Identifikation zugeordnet ist. Hinsichtlich des Identitätsnachweises im Fall der Stellvertretung gilt § 5.

 

(3) Die Eintragung der Personenbindung in der Bürgerkarte erfolgt durch die Stammzahlenregisterbehörde oder in ihrem Auftrag durch andere Behörden oder sonstige geeignete Stellen, die in der gemäß Abs. 5 zu erlassenden Verordnung näher zu bezeichnen sind. Die Eignung ist nach dem Vorhandensein der notwendigen technischen Ausstattung und der zu ihrer Nutzung notwendigen Fachkenntnisse sowie der Verlässlichkeit im Hinblick auf die Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen zu beurteilen.

 

(4) Die Authentizität eines mit Hilfe der Bürgerkarte gestellten Anbringens wird durch die in der Bürgerkarte enthaltene elektronische Signatur nachgewiesen.

 

§ 5 Abs. 1, 3 und 4 E-GovG idF BGBl. I Nr. 7/2008 (Bürgerkarte und Stellvertretung) lautet:

 

(1) Soll die Bürgerkarte für vertretungsweises Handeln verwendet werden, muss auf der Bürgerkarte des Vertreters ein Hinweis auf die Zulässigkeit der Vertretung eingetragen sein. Dies geschieht, indem die Stammzahlenregisterbehörde bei Nachweis eines aufrechten Vollmachtsverhältnisses bzw. Vorliegen gesetzlicher Stellvertretung auf Antrag des Vertreters die Stammzahl des Vertretenen und das Bestehen eines Vollmachtsverhältnisses mit allfälligen inhaltlichen und zeitlichen Beschränkungen auf der Bürgerkarte des Vertreters einträgt. Die Berechtigung zur Empfangnahme von Dokumenten gemäß § 35 Abs. 3 zweiter Satz des Zustellgesetzes - ZustG, BGBl. Nr. 200/1982, muss gesondert eingetragen werden. § 4 Abs. 3 gilt für die notwendigen Eintragungen in die Bürgerkarte sinngemäß. (3) Soweit diese Dienstleistung bei Behörden eingerichtet ist, können unabhängig von ihrer sachlichen und örtlichen Zuständigkeit hiezu eigens ermächtigte Organwalter für Betroffene auf deren Verlangen Verfahrenshandlungen in bürgerkartentauglichen Verfahren setzen. Der Auftrag des Betroffenen ist bei der Behörde in geeigneter Form zu dokumentieren. Die Verfahrenshandlung wird mit Hilfe der Bürgerkarte des Organwalters gesetzt. Die generelle Befugnis des Organwalters zur Vornahme der Verfahrenshandlung für Betroffene muss aus dem Signaturzertifikat seiner Bürgerkarte hervorgehen. Die Stammzahlenregisterbehörde hat in diesem Fall zur elektronischen Identifikation des Vertretenen auf Antrag des Organwalters die Stammzahl des Vertretenen direkt der bürgerkartentauglichen Anwendung, bei der die Verfahrenshandlung vorgenommen wird, bereitzustellen. Die generelle Befugnis umfasst nicht die Berechtigung gemäß § 35 Abs. 3 zweiter Satz ZustG und die Zustellungsvollmacht gemäß § 9 Abs. 1 ZustG.

 

(4) Wird die Bürgerkarte für vertretungsweises Handeln (Abs. 1 bis 3) verwendet, muss sichergestellt sein, dass

 

1. auch die Stammzahl des Vertreters der bürgerkartentauglichen Anwendung zur Ver-fügung gestellt wird und

 

2. die Stammzahlen durch die bürgerkartentaugliche Anwendung nur zur Errechnung von bPK verwendet werden.

 

§ 7 Abs. 1 E-GovG idF BGBl. I Nr. 83/2013 (Stammzahlenregisterbehörde) lautet:

 

(1) Stammzahlenregisterbehörde ist die Datenschutzbehörde, die diese Aufgabe im Wege des Datenverarbeitungsregisters wahrnimmt.

 

§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 StZRegBehV 2009 idF BGBl. II Nr. 330/2009 (Eintragungsstellen) lautet:

 

(1) Die Eintragungsstelle hat die Identität der Bürgerkartenwerberin bzw. des Bürgerkartenwerbers festzustellen und die Personenbindung einzutragen.

 

(2) Eintragungsstellen sind

 

1. die Stammzahlenregisterbehörde

 

2. in deren Auftrag tätige Behörden

 

3. in deren Auftrag tätige Zertifizierungsdienstanbieter, die qualifizierte Zertifikate ausstellen.

 

§ 9 StZRegBehV 2009 idF BGBl. II Nr. 330/2009 (Stellvertretung;

Eintragung eines Vollmachtsverhältnisses) lautet:

 

(1) Die Stammzahlenregisterbehörde hat auf Ersuchen der Vertreterin bzw. des Vertreters ein Vollmachtsverhältnis auf deren bzw. dessen Bürgerkarte einzutragen.

 

(2) Voraussetzung für die Eintragung ist der Bestand einer gesetzlichen Stellvertretung oder eines Vollmachtsverhältnisses, welcher der Stammzahlenregisterbehörde insbesondere dadurch nachzuweisen ist, dass

 

-1. die bzw. der Vertretene oder eine von ihr bzw. ihm bevollmächtigte Person mit der Bürgerkarte die Richtigkeit der Angaben zum Vollmachtsverhältnis bestätigt, oder

 

2. geeignete Urkunden vorgelegt werden und glaubhaft gemacht wird, dass die bzw. der Vertretene von der Eintragung Kenntnis hat.

 

(3) Die Stammzahlenregisterbehörde hat den Vertretungs-Datensatz zu erstellen und diesen auf der Bürgerkarte der Vertreterin bzw. des Vertreters einzutragen. Der Vertretungs-Datensatz hat eine eindeutige Bezeichnung (Seriennummer), die erforderlichen Angaben zum Vollmachtsverhältnis und die Stammzahl der bzw. des Vertretenen zu enthalten.

 

(4) Sobald die Stammzahlenregisterbehörde den Vertretungs-Datensatz erstellt hat oder die Erstellung des Vertretungs-Datensatzes fehlgeschlagen ist, hat sie die bei ihr noch vorhandene Stammzahl der bzw. des Vertretenen unverzüglich zu löschen.

 

(5) Die Stammzahlenregisterbehörde hat für Ersuchen gemäß Abs. 1 ein Webformular und, sofern erforderlich, eine Schnittstelle zur Verfügung zu stellen.

 

Aus Anm. 10 des Kommentars zu § 2 Z 10 E-GovG idF BGBl. I Nr. 8/2008 (siehe Dohr/Pollirer/Weiss/Knyrim, DSG2 - Datenschutzrecht) ergibt sich, dass die Bürgerkarte keine neue e-Card, sondern ein virtuelles Konzept mit bestimmten Funktionalitäten vor allem der Identifizierung und Authentifizierung, die mittels unterschiedlicher technischer Medien (Bankomatkarte, eigene Med-Card, Mobiltelefon uÄ) in Anspruch genommen werden können.

 

Gemäß § 7 E-GovG ist die Datenschutzbehörde als Stammzahlenregisterbehörde für die Erzeugung und Bereitstellung der eindeutigen Kennung (Personenbindung) zuständig. Im Rahmen dieser Aufgabe stellt die Datenschutzbehörde sicher, dass Nutzer von elektronischen Signaturen im Rahmen von E-Government-Anwendungen eindeutig identifiziert werden und gleichzeitig durch das Verwenden von bereichsspezifischen Kennzeichen das Zusammenführen von personenbezogener Daten nicht erleichtert wird. Die Stammzahlenregisterbehörde ist gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 StRegBehV 2009 u. a. eine Eintragungsstelle und hat als solche die Identität der Bürgerkartenwerberin bzw. des Bürgerkartenwerbers festzustellen und die Personenbindung in der Bürgerkarte einzutragen (§ 2 Abs. 1 StZRegBehV 2009).

 

Wie sich aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 StZRegBehV 2009 ergibt, sind als Voraussetzung für die Eintragung eines gesetzlichen Vollmachtsverhältnisses der Stammzahlenregisterbehörde (Datenschutzbehörde) nachzuweisen, dass die bzw. der Vertretene oder eine von ihr bzw. ihm bevollmächtigte Person mit der Bürgerkarte die Richtigkeit der Angaben zum Vollmachtsverhältnis bestätigt (erste Alternative) oder geeignete Urkunden vorgelegt werden und glaubhaft gemacht wird, dass die bzw. der Vertretene von der Eintragung Kenntnis hat (zweite Alternative).

 

Auf der Grundlage dieser Gesetzesbestimmungen hat die belangte Behörde den Antrag der mj. Beschwerdeführerin dahingehend geteilt, dass dieser hinsichtlich der Ausstellung einer Bürgerkarte bzw. Handysignatur zurückgewiesen und hinsichtlich der Eintragung der Vertretungsvollmachten iSd § 9 Abs. 2 StZRegBehV 2009 auf den Handysignaturen der obsorgeberechtigten Eltern abgewiesen wurde. Aufgrund folgender rechtlicher Erwägungen kann die zuständige Einzelrichterin der Vorgangsweise der belangten Behörde nicht folgen:

 

Die gesamten Bestimmungen des E-GovG iVm der StZRegBehV 2009 zur Bürgerkarte setzen, ohne dies explizit zu nennen, die zumindest beschränkte Geschäftsfähigkeit eines mündigen Minderjährigen voraus. Personen ab dem vollendeten 14. Lebensjahr dürfen als mündige Minderjährige nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts über Sachen, die ihnen zur freien Verfügung überlassen worden sind - wie beispielsweise ein Handy -, frei verfügen und sich diesbezüglich auch verpflichten. Dementsprechend können mündige Minderjährige, die ein Handy besitzen, auch ein qualifiziertes Zertifikat beantragen und einen Zertifizierungsvertrag abschließen, sodass sie die Funktion einer Bürgerkarte bzw. Handysignatur nutzen können. Auch die beiden oben erwähnten Alternativen des § 9 Abs. 2 StZRegBehV 2009 setzen die zumindest beschränkte Geschäftsfähigkeit der vollmachtsgebenden Person voraus.

 

Diese teleologische Auslegung der in Rede stehenden Gesetzesbestimmungen führt darüber hinaus zum Ergebnis, dass unmündige und nicht geschäftsfähige Minderjährige wie im vorliegenden Fall vom Gesetzgeber bewusst ausgeschlossen wurden. Dies erscheint der zuständigen Einzelrichterin nicht nur vertretbar, sondern nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts sogar geboten, weil der Abschluss eines Zertifizierungsvertrages mit einem Minderjährigen unter sieben Jahren gemäß § 865 ABGB ohnehin nichtig wäre.

 

Folglich fehlt es im Fall der mj. Beschwerdeführerin, die - wie oben festgestellt - als am XXXX Geborene nicht geschäftsfähig ist, an einer Prozessvoraussetzung. D.h. hier ist die einschreitende Partei nicht antragslegitimiert.

 

Zur Ausstellung einer Bürgerkarte bzw. Handysignatur, auch an Minderjährige ab dem vollendeten 14. Lebensjahr, ist nach Abschluss eines Zertifizierungsvertrages grundsätzlich die A-Trust (Gesellschaft für Sicherheitssysteme im elektronischen Datenverkehr GmbH) und nicht die Datenschutzbehörde zuständig. Dies sei der Vollständigkeit halber festgehalten, die gegenständliche Unzulässigkeit des Antrages ergibt sich aber - wie schon gesagt - aus der mangelnden Geschäftsfähigkeit der mj. Beschwerdeführerin.

 

Aus dem Gesichtswinkel der fehlenden Antragslegitimation der Partei ist auch der zweite Teil des Antrages hinsichtlich der Eintragung der Vertretungsvollmachten iSd § 9 Abs. 2 StZRegBehV 2009 auf den Handysignaturen der obsorgeberechtigten Eltern als unzulässig zurückzuweisen und nicht abzuweisen. Somit ist der gegenständliche Antrag als Einheit anzusehen, über den in einem Bescheid der belangten Behörde abzusprechen gewesen wäre.

 

In der Folge waren die den einheitlichen Antrag betreffenden Beschwerdeverfahren in einem Erkenntnis abzuschließen und die beiden angefochtenen Bescheide entsprechend abzuändern.

 

Daher werden in Erledigung der Beschwerden gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG die beiden angefochtenen Bescheide dahingehend abgeändert, dass der Spruch eines Bescheides wie folgt zu lauten hat:

 

Der Antrag vom 17.02.2015 wird mangels Geschäftsfähigkeit der am XXXX geborenen Antragstellerin als unzulässig zurückgewiesen.

 

3.3.2. Die zuständige Einzelrichterin hat keine Zweifel an der Verfassungskonformität der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen, sodass der diesbezüglichen Anregung zur "Vorlage und Prüfung an den bzw. durch den Verfassungsgerichtshof" nicht Folge geleistet wird.

 

3.3.3. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 und 3 VwGVG entfallen, da sie von den gesetzlichen Vertretern der mj. Beschwerdeführerin auch nicht beantragt wurde.

 

3.4. Zu B) Zulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zur gegenständlichen Entscheidung bzw. Rechtsfrage, ob einer unmündigen, nicht geschäftsfähigen Minderjährigen eine Bürgerkarte bzw. Handysignatur auszustellen und für diese auf den Handysignaturen der gesetzlichen Vertreter im Hinblick auf § 9 Abs. 2 StZRegBehV 2009 eine Vertretungsvollmacht einzutragen ist, fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

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