BVwG L504 2120407-1

BVwGL504 2120407-17.3.2019

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:L504.2120407.1.00

 

Spruch:

L504 2120407-1/20E

 

Schriftliche Ausfertigung des am 07.02.2019 mündlich verkündeten Erkenntnis

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , XXXX 1988 alias XXXX 1985 geb., StA. Irak, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.11.2015, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.02.2019 zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird gemäß § 3 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrenshergang

 

Die beschwerdeführende Partei [bP] stellte am 19.12.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Es handelt sich dabei um einen Mann, welcher seinen Angaben nach Staatsangehöriger des Irak mit sunnitischem Glaubensbekenntnis ist, der Volksgruppe der Araber angehört, in Bagdad geboren ist und überwiegend in Ramadi wohnhaft war.

 

In der von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Erstbefragung gab die bP zu ihrer Ausreisemotivation Folgendes an:

 

"Auf Grund der mangelnden Sicherheit durch die Unruhen seit Belagerung der IS in meinem Herkunftsland habe ich dieses verlassen. Ich werde als Sunnit von der Regierung und der IS verfolgt und bedroht. Sonst habe ich keine Fluchtgründe."

 

In der folgenden Einvernahme beim Bundesamt führte die bP ergänzend aus, dass sie im Irak gefährdet sei, weil sie "Omar" heiße. Dies sage auch eine Statistik der Zeitung "Times". Sie werde konkret deshalb von den Schiiten bedroht. Die Bedrohung durch die Regierung könne sie nicht beweisen, die Lage im Irak sei so. Die schiitische Miliz "Asaeb ahl al haq" habe sie 2011 bedroht und deshalb sei sie oft zw. Bagdad und Ramadi gefahren. Ein schiitischer Freund habe ihr geraten nicht mehr nach Bagdad zu fahren, da sie sonst umgebracht würde.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom Bundesamt mit Bescheid vom 18.11.2015 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt.

 

Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak zugesprochen und gem. $ 8 Abs 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

 

Das Bundesamt gelangte im Wesentlichen zur Erkenntnis, dass hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten eine aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation nicht dargelegt bzw. glaubhaft gemacht worden sei. Auf Grund der allgemeinen Lage, infolge der Kämpfe, ging das Bundesamt von einer realen Gefahr der "Verletzung von Grundrechten" aus und erkannte den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu.

 

Am 01.02.2016 langte die Beschwerde samt Verwaltungsakt beim BVwG ein. Zusammengefasst wird auf das bisherige Vorbringen verwiesen und dargelegt, dass sie im Irak auf Grund ihres typisch sunnitischen Vornamens Omar leicht als Sunnit erkennbar wäre. Schiiten würden Menschen mit diesem Namen verfolgen und töten. Der Familie sei vor der Ausreise der Verkauf westlicher Kleidung angelastet und zwei Geschäfte vernichtet worden. Die Familie sei unter Saddam Hussein im Stadtrat von XXXX gewesen. Aus der Familie würden einige sunnitische Prediger stammen, die in den Jahren 2011 und 2012 ermordet worden seien. Zum Beweis ihrer Gefährdung werde die neuerliche Einvernahme im Zuge einer Verhandlung beantragt.

 

Am 07.01.2019 wurde dem BVwG vom Bundesamt eine Mitteilung der LPD, beim Bundesamt bereits am 15.10.2018 eingelangt, übermittelt, wonach es Informationen gebe, dass die bP sich auch im Irak aufhalte.

 

Am 25.01.2019 wurden dem BVwG vom Bundesamt weitere Informationen und Nachweise über Anwesenheiten der bP im Irak, während des laufenden Beschwerdeverfahrens, übermittelt. Diese stammen vom Bundeskriminalamt und von Interpol Rom. Sie wurde bei der Grenzkontrolle am Flughafen in Italien anlässlich der Einreise einer näheren Kontrolle unterzogen und dabei ihre Reiseunterlagen für die Weiterleitung an die österreichische Polizei kopiert. Übermittelt wurden von Interpol Rom insbesondere Kopien aus ihrem irakischen Reisepass und dem österr. Fremdenpass.

 

Demnach ist die bP nachweisbar bereits wenige Wochen nach Erlangung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten (Beschwerdeeinbringung 18.01.2016, erste Reise in den Irak bereits am 15.02.2016 [!]) unter Verwendung des im Asylverfahren verheimlichten irakischen Reisepasses, in dem sie mit dem Vornamen Omar aufscheint und sich im Irak damit der Grenzkontrolle stellte, in den Irak gereist und sind zahlreiche weitere Reisebewegungen in ihren Herkunftsstaat und dortige längere Aufenthalte ersichtlich.

 

Korrespondierend dazu sind insbesondere Aufenthalte in Bagdad an verschiedenen öffentlichen Orten auf dem öffentlichen Facebook-Profil der bP ersichtlich. Dem Erscheinungsbild der Fotos nach, erinnern diese an solche von Urlaubsaufenthalten.

 

Vor der Verhandlung fand eine Verständigung vom Ergebnis der ergänzenden Beweisaufnahme des BVwG statt, zugestellt an einen der beiden ausgewiesenen Vertreter. Eine Stellungnahme zu den Berichten wurde nicht abgegeben.

 

Die Ladung zur Verhandlung wurde beiden bevollmächtigten Vertretern, ARGE Rechtsberatung und MigrantInnenverein St. Marx, rechtswirksam zugestellt. Nach Zustellung der Ladung wurde von beiden Organisationen die Vollmacht zurückgelegt. Die ARGE teilte mit, dass die Ladung an die bP weitergeleitet worden wäre, sich diese aber nicht bei der ARGE gemeldet habe. Der MigrantInnenverein teilte mit, dass sie zur bP keinen Kontakt mehr habe und der Verein habe sie daher auch nicht von der Verhandlung verständigen können.

 

Mit der Ladung wurde der bP in einem Beiblatt mitgeteilt, dass das unentschuldigte Fernbleiben von der Verhandlung - unabhängig von der Möglichkeit die Verhandlung in ihrer Abwesenheit durchzuführen - eine Verletzung einer Mitwirkungsverpflichtung darstellt. Weiters, dass das Bundesverwaltungsgericht in einem solchen Fall insbesondere davon ausgeht, dass von ihrer Seite kein Interesse an einer persönlichen Anhörung beim Bundesverwaltungsgericht besteht und daher auch keine nochmalige Ladung erfolgen wird. Die Entscheidung könne dann ohne ihre persönliche Anhörung zu den Ermittlungsergebnissen (das diesbezügliche Parteiengehör findet grds. auch im Rahmen der Verhandlung statt) ergehen.

 

Am 07.02.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht in Abwesenheit beider Parteien eine öffentliche Verhandlung durch. Das BFA verzichtete auf eine Teilnahme, die beschwerdeführende Partei war unentschuldigt nicht erschienen.

 

Mit der Ladung wurde die beschwerdeführende Partei auch umfassend auf ihre Mitwirkungsverpflichtung im Beschwerdeverfahren hingewiesen und sie zudem auch konkret aufgefordert, insbesondere ihre persönliche Ausreisemotivation und Rückkehrbefürchtungen soweit als möglich spätestens in der Verhandlung durch geeignete Unterlagen bzw. Bescheinigungsmittel glaubhaft zu machen, wobei eine umfassende, jedoch demonstrative Aufzählung von grds. als geeignet erscheinenden Unterlagen erfolgte. Solche, auch der Verfahrensförderungspflicht des § 39 Abs 2a AVG entspringende, Bescheinigungen oder substantiierte Darlegungen erfolgten nicht.

 

Am Ende der Verhandlung wurde die Entscheidung mündlich verkündet.

 

Auf Grund der Ermittlungsergebnisse regte das BVwG nach der Verkündung der Entscheidung beim Bundesamt die Aberkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten an, zumal ein aktueller Bedarf an einem solchen offenkundig nicht (mehr) als gegeben erscheint.

 

Am 19.02.2019 beantragte das Bundesamt innerhalb offener Frist gem. § 29 Abs 4 VwGVG die schriftliche Ausfertigung des in der Verhandlung verkündeten Erkenntnis. Ein solcher Antrag wurde von der bP nicht gestellt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde, der eingelangten Mitteilungen über die Reisebewegungen sowie durch die Ergebnisse des ergänzenden Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben.

 

1. Feststellungen (Sachverhalt)

 

1.1. Identität und Herkunftsstaat:

 

Aus der Mitteilung von Interpol Rom und dem Bundeskriminalamt ergibt sich als Identität Omar XXXX , XXXX in Bagdad geboren.

 

Die bP ist im Besitz eines irakischen Reisepasses, ausg. am XXXX .2012 in XXXX , gültig bis XXXX .2020. Die bP gab im Asylverfahren falsch an, dass sich dieser nicht in ihrem Besitz befindet.

 

Nach Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde vom Bundesamt für die bP ein österreichischer Fremdenpass ausgestellt, den sie für ihre zahlreichen Reisen in Europa, Asien oder auch um in den Irak zu gelangen, nutzte.

 

Es ist glaubhaft, dass die bP der Volksgruppe der Araber und dem sunnitischen Glauben zugehörig ist. Ihre Staatsangehörigkeit und der hier der Prüfung zugrundeliegende Herkunftsstaat ist Irak.

 

1.2. Regionale Herkunft und persönliche Lebensverhältnisse vor der Ausreise; zu erwartende persönliche Lebensverhältnisse nach einer Rückkehr:

 

Die bP ist in Bagdad geboren und absolvierte von 1994 bis 2014 ihre schulische Ausbildung in Ramadi, Provinz XXXX .

 

Die Familie besitzt in Ramadi ein Haus mit 5 Zimmer.

 

Sie wohnte vor ihrer Ausreise überwiegend in Ramadi. Die letzte Zeit vor der Ausreise lebte sie in Bagdad an nicht näher bekannter Adresse.

 

Sie war nebenberuflich als Verkäufer in den beiden Geschäften der Familie tätig.

 

In der Einvernahme beim Bundesamt behauptete sie, dass sie im Irak verheiratet ist. In der Erstbefragung machte sie solche Angaben nicht.

 

Die bP trat im Asylverfahren als mittellos auf und bezog staatliche Grundversorgung. Am 28.02.2017 wurde sie wegen unbekanntem Aufenthalt aus dieser entlassen. Seit 30.04.2017 ist sie auch nicht mehr im Rahmen der Grundversorgung krankenversichert. Aus einem Auszug aus der Datenbank der Sozialversicherung ergeben sich keine vergangenen oder aktuellen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen und damit auch keine aus solchen erzielte finanziellen Einkünfte. Ihre zahlreichen Reisebewegungen in Europa, Türkei, Asien, Irak, die sie seit Erlangung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten tätigte, weisen auf ganz erhebliche finanzielle Ressourcen bzw. Einkünfte unbekannter Art und Quelle hin, die im Asylverfahren von ihr nicht dargelegt wurden.

 

1.3. Familiäres/verwandtschaftliches bzw. soziales Netzwerk im Herkunftsstaat

 

Ihren Angaben in der Einvernahme beim Bundesamt nach leben zwei Schwestern in Erbil und die Mutter in Bagdad bei einer Freundin. Ein Bruder lebt in Istanbul.

 

Die bP hat im Beschwerdeverfahren eine Änderung dieser, in ihrer persönlichen Sphäre liegenden Umstände im Rahmen ihrer bestehenden Mitwirkungsverpflichtung ( § 15 AsylG, § 39 Abs 2a AVG) im Beschwerdeverfahren nicht mitgeteilt, weshalb davon ausgegangen wird, dass bei der Rückkehr noch ein für sie zugängliches Netzwerk für eine allfällige Unterstützung besteht.

 

1.4. Ausreisemodalitäten

 

Sie reiste Anfang November 2014 von Bagdad aus per Flugzeug auf legale Art in die Türkei, wo sie ca. 1 Monat verblieb. Behauptetermaßen reiste sie mit Hilfe einer kriminellen Schlepperorganisation auf dem Landweg weiter bis nach Österreich, wo sie am 19.12.2014 den gegenständlichen Antrag stellte.

 

Sie durchreiste auf ihrem Weg nach Österreich mehrere als sicher geltende Staaten. In diesen suchte sie nicht um Schutz an. Es wurde nicht behauptet, dass ihr dort die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz nicht auch möglich gewesen wäre oder dass Flüchtlinge dort keinen Schutz erlangen könnten.

 

1.5. Gesundheitszustand

 

Die bP hat im Verfahren keine behandlungsbedürftige Erkrankung dargelegt.

 

1.6. Zu den behaupteten ausreisekausalen Geschehnissen / Erlebnissen im Zusammenhang mit staatlichen bzw. nichtstaatlichen Akteuren und der zu erwartenden Rückkehrsituation:

 

Glaubhaft ist, dass die bP die Stadt Ramadi zum angegebenen Zeitpunkt auf Grund einer dortigen Vorherrschaft des IS verlassen hat und vor der Ausreise nach Bagdad gezogen ist. Ebenso ist glaubhaft, dass sie anschließend von Bagdad aus legal per Flugzeug in die Türkei gereist ist. Seit Ende 2015 gilt Ramadi als vom IS zurückerobert und ist eine derartige konkrete und substantiierte Bedrohungslage durch den IS, wie zum Zeitpunkt ihrer Ausreise, aktuell weder in Ramadi noch in Bagdad oder anderen Regionen des Iraks gegeben.

 

Der bP wurde mit Bescheid vom 18.11.2015, auf Grund der allgemeinen Sicherheitslage, vom Bundesamt der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Mit Schriftsatz vom 18.01.2016 wurde Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status eines Asylberechtigten erhoben und die Behauptung, im Falle einer Rückkehr in den Irak einer aufrechten, asylrelevanten Verfolgung durch die Regierung bzw. Schiiten wegen ihres Namens Omar und wegen der Zugehörigkeit zu den Sunniten zu unterliegen wiederholt.

 

Bereits wenige Wochen nach Beschwerdeerhebung begann die bP unter Verwendung ihres im Verfahren verheimlichten irakischen Reisepass, der sie insbesondere für die staatlichen, irakischen Grenzkontrollposten bzw. Sicherheitskräfte als Omar bzw. als Sunniten erkennbar machte, wiederholte Reisen mit längeren Aufenthalten in den Herkunftsstaat Irak.

 

Dass es dabei zu sicherheitsrelevanten Vorfällen oder gar Verfolgungshandlungen seitens staatlicher oder nichtstaatlicher Akteure gekommen wäre, kam nicht hervor. Dafür finden sich auch auf ihrem österr. Facebook-Profil keine Ansatzpunkte.

 

Folgende Reisebewegungen in den Irak sind aus ihrem irakischen Reisepass ersichtlich und für das BVwG erwiesen, wobei im Folgenden nur die unzweifelhaft leserlichen Ein- und Ausreisestempel aufgelistet werden und nur bis zum oa. Kontrollzeitpunkt durch die italienische Grenzpolizei am Flughafen gereichen:

 

XXXX 02.2016 Einreisestempel Irak, Bagdad, Flughafen

 

XXXX 03.2016 Ausreisestempel Irak, Bagdad, Flughafen

 

XXXX 06 .2016 Einreisestempel Irak, Bagdad, Flughafen

 

XXXX 12.2016 (nicht lesbar) Irak,

 

XXXX 03.2017 Einreisestempel Irak, Bagdad, Flughafen

 

XXXX 02.2018 Ausreisestempel Irak, Bagdad, Flughafen

 

XXXX 02.2018 Einreisestempel Irak, Bagdad, Flughafen

 

XXXX 06.2018 Ausreisestempel Irak, Bagdad, Flughafen

 

XXXX 06.2018 Einreisestempel Irak, Bagdad, Flughafen

 

XXXX 12.2018 Ausreisestempel Irak, Bagdad, Flughafen

 

Den Stempeln folgend, ergeben sich dabei idR jeweils längere Aufenthalte im Irak.

 

Der österr. Fremdenpass und der irakische Reisepass wurden am 16.12.2018 am Flughafen in Rom anlässlich der Einreise, von Bagdad kommend, von der ital. Grenzpolizei kopiert und der österr. Polizei übermittelt. Die bP hatte dabei auch ein am 12.12.2018 in einem Wiener Reisebüro ausgestelltes Flugticket Bagdad-Istanbul-Rom bei sich, welches ebenfalls in Kopie übermittelt wurde.

 

Von der LPD wurde weiters mitgeteilt, dass polizeiliche Nachforschungen auf Facebook ergeben haben, dass die bP dort unter " XXXX " registriert ist und ihre Aufenthalte im Irak, im Wesentlichen korrespondierend mit den oa. Reisebewegungen, mit Fotos an öffentlichen Orten bzw. auch in Lokalen oder Restaurants in einem öffentlichen Konto für alle Interessierten zugänglich macht. Die LPD hat eine Lichtbildbeilage vom Facebook Konto übermittelt und konnte sich das BVwG auch selbst auf Facebook von diesen Bildern und Postings überzeugen. Die Bilder erwecken den Eindruck einer Dokumentation von Urlaubsaufenthalten.

 

Es kam nicht hervor, dass die bP bei ihren wiederholten Reisen in den Irak und dortigen längeren Aufenthalten relevante Probleme gehabt hätte.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass im Irak aktuell Personen wegen ihres, an sich überwiegend bei Sunniten anzutreffenden, Vornamens Omar oder wegen der Zugehörigkeit zu den Sunniten schon deshalb mit einer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohenden asylrelevanten Verfolgungsgefahr konfrontiert sind.

 

1.8. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat:

 

Quellen:

 

Interview mit deutscher Journalistin B. S. zu Bagdad vom 04.10.2018

 

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu sicherheitsrelevanten Vorfällen im Irak bei denen Sunniten Opfer wurden, vom 31.01.2019

 

Vorfallsrecherche zu Bagdad Jänner/Februar 2019, Abfrage v. 06.02.2019 via google news, Schlagwort "Baghdad", Suche auf Englisch

 

Baghdads Green Zone reopens, vom 11.01.2019, Aljazeera

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Ramadi , mwN

 

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Irak v. 20.11.2018

 

Politik / Zusammensetzung der Bevölkerung

 

Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert. Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat, der aus 18 Provinzen besteht. Die Autonome Region Kurdistan ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte.

 

Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich. So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnit, der Premierminister ist ein Schiit und der Präsident der Republik ein Kurde. Die meisten religiös-ethnischen Gruppen sind im Parlament vertreten.

 

Der Irak hat ca. 38 Millionen Einwohner. Etwa 75-80 % der heute im Irak lebenden Bevölkerung sind Araber, 15-20 % sind Kurden und 5 % sind Turkomanen, rund 600.000 Assyrer/Aramäer, etwa 10.000 Armenier oder Angehörige anderer ethnischer Gruppen. Weiterhin sollen im Südosten 20.000 bis 50.000 Marsch-Araber leben. Von turkomanischen Quellen wird der Anteil der eigenen ethnischen Gruppe auf etwa 10 % geschätzt.

 

Etwa 97 % der Bevölkerung sind muslimisch. Über 60 % sind Schiiten und zwischen 32 und 37 % Sunniten; die große Mehrheit der muslimischen Kurden ist sunnitisch. Ca. 17-22 %, also ca. 6,5 bis 8,4 Millionen der Gesamtbevölkerung sind arabische Sunniten (vorwiegend im Zentral- und Westirak), ca. 15-20 % der Gesamtbevölkerung sind kurdische Sunniten. So wie Schiiten sind auch (arabische) Sunniten in hohen politischen (zB Parlamentspräsident) und öffentlichen Ämtern vertreten. Ebenso als Beschäftigte bei Polizei, Militär und Gerichten. Sunniten nehmen ebenso am sonstigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teil. Christen, Jesiden und andere Religionen bilden mit ca. 3 % eine Minderheit. Die Christen zählen überwiegend zu den orientalisch-christlichen Gemeinschaften: Chaldäisch-katholische Kirche, Assyrische Kirche des Ostens, Alte Kirche des Ostens, Armenische Apostolische Kirche, Römisch-katholische Kirche, Syrisch-katholische Kirche, Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien, Assyrisch-evangelische Kirche und andere.

 

Sicherheitskräfte - Milizen - Rechtschutz

 

Die irakischen Sicherheitskräfte ISF:

 

Im ganzen Land sind zahlreiche innerstaatliche Sicherheitskräfte tätig. Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF, Iraqi Security Forces) bestehen aus Sicherheitskräften, die vom Innenministerium verwaltet werden, Sicherheitskräften, die vom Verteidigungsministerien verwaltet werden, den Volksmobilisierungseinheiten (PMF, Popular Mobilization Forces), und dem Counter-Terrorism Service (CTS). Das Innenministerium ist für die innerstaatliche Strafverfolgung und die Aufrechterhaltung der Ordnung zuständig; es beaufsichtigt die Bundespolizei, die Provinzpolizei, den Dienst für den Objektschutz, den Zivilschutz und das Ministerium für den Grenzschutz. Die Energiepolizei, die dem Ölministerium unterstellt ist, ist für den Schutz von kritischer Infrastruktur in diesem Bereich verantwortlich. Konventionelle Streitkräfte, die dem Verteidigungsministerium unterstehen, sind für die Verteidigung des Landes zuständig, führen aber in Zusammenarbeit mit Einheiten des Innenministeriums auch Einsätze zur Terrorismusbekämpfung sowie interne Sicherheitseinsätze durch. Der Counter-Terrorism Service (CTS) ist direkt dem Premierminister unterstellt und überwacht das Counter-Terrorism Command (CTC), eine Organisation, zu der drei Brigaden von Spezialeinsatzkräften gehören. Die irakischen Streit- und Sicherheitskräfte dürften mittlerweile wieder ca. 100.000 Armee-Angehörige (ohne PMF und Peshmerga) und über 100.000 Polizisten umfassen.

 

Volksmobilsierungseinheiten (PMF):

 

Der Name bezeichnet eine Dachorganisation für etwa vierzig bis siebzig Milizen und demzufolge ein loses Bündnis paramilitärischer Formationen. Die PMF werden vom Staat unterstützt und sind landesweit tätig. Die Mehrheit der PMF-Einheiten ist schiitisch, was die Demografie des Landes widerspiegelt. Sunnitische, jesidische, christliche und andere "Minderheiten-Einheiten" der PMF sind in ihren Heimatregionen tätig. Es gibt große, gut ausgerüstete Milizen, quasi militärische Verbände, wie die Badr-Organisation, mit eigenen Vertretern im Parlament, aber auch kleine improvisierte Einheiten mit wenigen Hundert Mitgliedern, wie die Miliz der Schabak. Viele Milizen werden von Nachbarstaaten wie dem Iran oder Saudi-Arabien unterstützt. Die Türkei unterhält in Baschika nördlich von Mosul ein eigenes Ausbildungslager für sunnitische Milizen. Die Milizen haben eine ambivalente Rolle. Einerseits wäre die irakische Armee ohne sie nicht in der Lage gewesen, den IS zu besiegen und Großveranstaltungen wie die Pilgerfahrten nach Kerbala mit jährlich bis zu 20 Millionen Pilgern zu schützen. Andererseits stellen die Milizen einen enormen Machtfaktor mit Eigeninteressen dar, was sich in der gesamten Gesellschaft, der Verwaltung und in der Politik widerspiegelt und zu einem allgemeinen Klima der Korruption und des Nepotismus beiträgt. Die PMF unterstehen seit 2017 formal dem Oberbefehl des irakischen Ministerpräsidenten. Alle PMF-Einheiten sind offiziell dem Nationalen Sicherheitsberater unterstellt. Die Bemühungen der Regierung, die PMF als staatliche Sicherheitsbehörde zu formalisieren, werden fortgesetzt, aber Teile der PMF bleiben "iranisch" ausgerichtet. Das Handeln dieser unterschiedlichen Einheiten stellt zeitweise eine zusätzliche Herausforderungen in Bezug auf die Sicherheitslage dar, insbesondere - aber nicht nur - in ethnisch und religiös gemischten Gebieten des Landes.

 

Rechtschutz

 

Das reguläre Strafjustizsystem besteht aus Ermittlungsgerichten, Gerichten der ersten Instanz, Berufungsgerichten, dem Kassationsgerichtshof und der Staatsanwaltschaft. Das Oberste Bundesgericht erfüllt die Funktion eines Verfassungsgerichts. Die Verfassung garantiert die Unabhängigkeit der Justiz. Jedoch schränken bestimmte gesetzliche Bestimmungen und Einflussnahmen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz ein. Personal- und Kompetenzmangel wird zuweilen beklagt.

 

Die Verfassung gibt allen Bürgern das Recht auf einen fairen und öffentlichen Prozess. Dennoch verabsäumen es Beamte vereinzelt, Angeklagte unverzüglich oder detailliert über die gegen sie erhobenen Vorwürfe zu informieren. Beobachter berichteten, dass Verfahren nicht den internationalen Standards entsprechen. Obwohl Ermittlungs-, Prozess- und Berufungsrichter im Allgemeinen versuchen, das Recht auf ein faires Verfahren durchzusetzen, gibt es diesbezüglich Mängel im Verfahren. Urteile ergehen vereinzelt mit überschießend hohen Strafen.

 

Aufgrund von Misstrauen gegenüber Gerichten oder fehlendem Zugang wenden sich Iraker vereinzelt auch an Stammesinstitutionen, um Streitigkeiten beizulegen, selbst wenn es sich um schwere Verbrechen handelt.

 

Die Rechtsprechung ist in der Praxis von einem Mangel an kompetenten Richtern, Staatsanwälten sowie Justizbeamten gekennzeichnet. Eine Reihe von Urteilen lassen auf politische Einflussnahme schließen. Hohe Richter werden oftmals auch unter politischen Gesichtspunkten ausgewählt.

 

Sicherheitslage

 

Im Dezember 2017 erklärte die irakische Regierung den militärischen Sieg über den Islamischen Staat. Die Sicherheitslage hat sich, seitdem die territoriale Kontrolle des IS gebrochen wurde, verbessert. Vereinzelte, untergetauchte IS-Kämpfer sind jedoch weiterhin in manchen Gebieten für Verbrechen verantwortlich. Ebenso werden vereinzelt Übergriffe seitens schiitischer Milizen verzeichnet. Die allgemeine Kriminalitätsrate ist hoch. Eine systematische Diskriminierung oder Verfolgung religiöser oder ethnischer Minderheiten durch staatliche Behörden findet grds. nicht statt. In der Autonomen Region Kurdistan sind Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt.

 

Wenngleich es zum Teil erhebliche Mängel im Sicherheits- und Rechtschutzsystem gibt, kann nicht davon gesprochen werden, dass für die Bevölkerung generell keine wirksamen Schutzmechanismen vorhanden wären oder, dass dazu kein Zugang möglich wäre. Ansätze zur Abhilfe und zur Professionalisierung entstehen durch internationale Unterstützung: Die Sicherheitssektorreform wird aktiv und umfassend von der internationalen Gemeinschaft unterstützt.

 

Es ergibt sich auf Grund der aktuellen Berichtslage und Vorfallsrecherche nicht, dass im Irak, insbesondere Ramadi oder Bagdad, aktuell eine Lage herrschen würde, die für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit (infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes) mit sich bringen würde.

 

Es kann auf Grund der aktuellen Berichtslage nicht festgestellt werden, dass derzeit quasi jede Person mit dem Persönlichkeitsprofil der beschwerdeführenden Partei (insbes. ethnische, konfessionelle Zugehörigkeit) im Irak bzw. in der Herkunftsregion, insbesondere auch nicht in Bagdad, einer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgung aus asylrelevanten Motiven unterliegen würde.

 

Es kann ebenso nicht festgestellt werden, dass für diese Personen im Irak bzw. in der Herkunftsregion, insbesondere auch nicht in Bagdad, eine allgemeine Sicherheitslage herrschen würde, wonach sie per se einer realen Gefahr einer Verletzung der persönlichen Unversehrtheit ausgesetzt wären.

 

Sunniten

 

Ca. 17-22 %, also ca. 6,5 bis 8,4 Millionen der Gesamtbevölkerung sind arabische Sunniten (vorwiegend im Zentral- und Westirak), ca. 15-20 % der Gesamtbevölkerung sind kurdische Sunniten. So wie Schiiten sind auch arabische Sunniten in hohen politischen (zB Parlamentspräsident) und öffentlichen Ämtern vertreten. Ebenso als Beschäftigte bei Polizei, Militär und Gerichten. Sunniten nehmen ebenso am sonstigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teil. Es gibt Berichte über vereinzelte Menschenrechtsverletzungen an Sunniten, va. durch schiitische Milizen oder unbekannte Täter. Vor allem Personen die Angehörige der terroristischen Gruppierung IS sind oder im Verdacht stehen solche zu sein oder diese unterstützen, können derart gefährdet sein. Auf Grund der Berichtslage lässt sich nicht schließen, dass dies Teil eines systematischen, quasi jeden Sunniten gleichermaßen treffenden Risikos ist. Sunniten, die in schiitisch dominierten Regionen leben, können gesellschaftliche Diskriminierung in einem moderaten Level erfahren, vor allem in den südlichen Gouvernements. Es handle sich vorwiegend um Diskriminierung am Arbeitsmarkt bzw. um gesellschaftliche Diskriminierung aufgrund von Nepotismus. Schiitische Arbeitgeber würden eher Schiiten einstellen. Generell ist die Zahl von registrierten, sicherheitsrelevanten Vorfällen jedoch seit dem Zeitpunkt als der IS als "vertrieben" gilt, stark rückläufig und regional unterschiedlich.

 

Aktuelle Versorgungslage

 

Es kann auf Grund der Berichtslage nicht festgestellt werden, dass aktuell im Irak eine derart schlechte Versorgungslage herrschen würde, dass nicht das zur Existenz unbedingt Notwendige erlangbar wäre.

 

Bewegungsfreiheit

 

Die irakische Verfassung und andere nationale Rechtsinstrumente erkennen das Recht aller Bürger auf Freizügigkeit, Reise- und Aufenthaltsfreiheit im ganzen Land an. Die Bewegungsfreiheit verbesserte sich, nachdem die vom IS kontrollierten Gebiete wieder unter staatliche Kontrolle gebracht wurden.

 

In einigen Fällen beschränken die Behörden die Bewegungsfreiheit von Vertriebenen und verbieten Bewohnern von IDP-Lagern, ohne eine Genehmigung das Lager zu verlassen. Das Gesetz erlaubt es den Sicherheitskräften aus Sicherheitsgründen die Bewegungsfreiheit im Land einzuschränken, Ausgangssperren zu verhängen, Gebiete abzuriegeln und zu durchsuchen. Es gab Berichte, dass Sicherheitskräfte (ISF, Peshmerga, PMF) Bestimmungen, die Aufenthaltsgenehmigungen vorschreiben, um die Einreise von Personen in befreite Gebiete unter ihrer Kontrolle zu beschränken, in der Vergangenheit selektiv umgesetzt haben.

 

Eine Kontrolle der eigenen Staatsangehörigen findet bei der Ausreise statt. Iraker mit gültigem Reisepass genießen Reisefreiheit und können die Landesgrenzen problemlos passieren.

 

Die kurdische Autonomieregierung schränkt die Bewegungsfreiheit in den von ihr verwalteten Gebieten ein. Innerirakische Migration aus dem Zentralirak in die Autonome Region Kurdistan ist grundsätzlich möglich. Durch ein Registrierungsverfahren wird der Zuzug jedoch kontrolliert. Wer dauerhaft bleiben möchte, muss sich bei der Asayish-Behörde des jeweiligen Bezirks anmelden. Informationen über die Anzahl der Anträge und Ablehnungen werden nicht veröffentlicht. Die Behörden verlangen von Nicht-Ortsansässigen, Genehmigungen einzuholen, die einen befristeten Aufenthalt in der Autonomieregion erlauben. Diese Genehmigungen waren in der Regel erneuerbar. Bürger, die eine Aufenthaltserlaubnis für die Autonome Region Kurdistan bzw. die von ihr kontrollierten Gebiete einholen wollen, benötigen idR einen in der Region ansässigen Bürgen. Bürger, die aus dem Zentral- oder Südirak in die Autonome Region Kurdistan einreisen (egal welcher ethno-religiösen Gruppe sie angehörten, auch Kurden) müssen aus Sicherheitsgründen Checkpoints passieren und Personen- und Fahrzeugkontrollen werden idR durchgeführt. Die Behörden der Autonomen Region Kurdistan wenden Beschränkungen zuweilen unterschiedlich streng an. Die Wiedereinreise von IDPs und Flüchtlingen wird - je nach ethno-religiösem Hintergrund und Rückkehrgebiet - mehr oder weniger restriktiv gehandhabt. Beamte hindern Personen, die ihrer Meinung nach ein Sicherheitsrisiko darstellen könnten, an der Einreise in die Region. Die Einreise kann für Männer oft schwieriger, insbesondere für arabische Männer, die ohne Familie reisen.

 

IDPs und Flüchtlinge

 

Die Zahl der Vertriebenen sinkt stetig; die Zahl der Rückkehrer ist mittlerweile auf 4 Millionen gestiegen. Die Regierung und internationale Organisationen, einschließlich UN-Einrichtungen und NGOs, versuchen, IDPs Schutz und andere Hilfe zu gewähren.

 

Rückkehr

 

Die freiwillige Rückkehrbewegung irakischer Flüchtlinge aus anderen Staaten, befindet sich im Vergleich zum Umfang der Rückkehr der Binnenflüchtlinge auf einem deutlich niedrigeren, im Vergleich zu anderen Herkunftsstaaten aber auf einem relativ hohen Niveau. Bei jenen Irakern, welche in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellten, Verfolgung behaupteten und während des Beschwerdeverfahrens freiwillig wieder zurückkehrten, handelt es sich überwiegend um arabische Sunniten und Schiiten. Neben Österreich führen auch andere Staaten der EU abgelehnte irakische Staatsangehörige in den Irak zurück.

 

Ramadi

 

Im Dezember 2013 begannen Kämpfer der dschihadistisch-salafistischen Organisation Islamischer Staat im Irak und der Levante (ISIS) die Städte Falludscha und Ramadi unter ihre Kontrolle zu bringen. Die irakische Regierung entsandte Soldaten der Iraqi Special Operations Forces (ISOF) zur Terrorismusbekämpfung in beide Städte. Am 15. Mai 2015 meldeten Medien die Eroberung Ramadis durch die mittlerweile in "Islamischer Staat" umbenannte Terrororganisation. In einem Fernsehinterview warf US-Verteidigungsminister Ashton Carter den irakischen Truppen daraufhin vor, keinen Kampfeswillen gezeigt zu haben.

 

Im Herbst 2015 wurde der Belagerungsring um die Stadt immer enger gezogen. Am 23. November 2015 waren angeblich 14 von 39 Stadtbezirken Ramadis von regierungstreuen Einheiten eingenommen, am 28. November 2015 die Brücke über den Euphrat. Nach Angaben der Irakischen Armee hat sie die Stadt bis zum 28. Dezember 2015 vollständig vom IS zurückerobert.

 

2. Beweiswürdigung

 

Einleitend ist anzuführen, dass die im Verfahren aufgenommenen Niederschriften mit den Aussagen der bP vollen Beweis iSd § 15 AVG über den Verlauf und Gegenstand der Amtshandlung bilden und mit diesem Inhalt als zentrales Beweismittel der Beweiswürdigung unterzogen werden können. Die bP trat den Gegenbeweis der Unrichtigkeit des darin bezeugten Vorganges nicht an.

 

Ad 1.1.1 Identität und Herkunftsstaat:

 

Dies ergibt sich unzweifelhaft aus den von der italienischen Polizei übermittelten Kopien des irakischen Reisepasses der bP. Die Echtheit und Unverfälschtheit wurde auch von diesen Organen nicht in Zweifel gezogen und hat auch das BVwG diesbezüglich keine anderweitigen konkreten Ansatzpunkte.

 

Die Feststellung zur Volksgruppe und zum Glauben gründen sich auf die persönlichen Angaben der bP, die an sich stimmig zu den oa. Dokumenten sind. Zudem ist Omar ein überwiegend bei Sunniten anzutreffender Vorname.

 

Ad 1.1.2. Regionale Herkunft und persönliche Lebensverhältnissen vor der Ausreise; zu erwartende persönliche Lebensverhältnisse nach einer Rückkehr:

 

Diese resultieren im Wesentlichen auf den im Verfahren diesbezüglich gleichbleibenden Angaben, welche insbesondere hinsichtlich Herkunft auch mit dem Herstellungsort des irakischen Reisepasses korrespondieren.

 

Dass die bP nicht mittellos ist, sondern vielmehr über ganz erhebliche finanzielle Einkünfte bzw. Ressourcen verfügt, ergibt sich unzweifelhaft aus den zitierten Quellen. Auf Facebook ist auf einem Bild zusammen mit ihrem Fremdenpass und einem Flugticket auch eine auf sie ausgestellte Kreditkarte ersichtlich.

 

Ad 1.1.3. Familiäres/verwandtschaftliches bzw. soziales Netzwerk im Herkunftsstaat:

 

Dies ergibt sich aus ihren im Verfahren im Wesentlichen gleichbleibenden, an sich plausiblen Angaben und der Nichtmitteilung von diesbezüglichen Änderungen, die alleine in ihrer persönlichen Sphäre liegen, im Rahmen ihrer gesetzlichen Mitwirkungsverpflichtung.

 

Ad 1.1.4. Ausreisemodalitäten:

 

Diese Feststellungen ergeben sich aus ihren persönlichen gleichbleibenden Angaben im Verfahren, welche auch nicht als unplausibel betrachtet werden können.

 

Ad 1.1.5. Gesundheitszustand:

 

Diese Feststellung ergibt sich unstreitig aus ihren persönlichen Angaben. Eine Änderung dieser in ihrer persönlichen Sphäre liegenden Umstände wurde von ihr nicht mitgeteilt.

 

Ad 1.1.6. Behauptete ausreisekausale Geschehnisse / Erlebnisse im Zusammenhang mit staatlichen bzw. nichtstaatlichen Akteuren und der zu erwartenden Rückkehrsituation:

 

Gerade beim Antrag auf internationalen Schutz kommt der persönlichen Aussage zur eigenen Gefährdungssituation im Herkunftsstaat als Beweismittel und zentralem Punkt in diesem Verfahren besondere Bedeutung zu, handelt es sich doch behauptetermaßen um persönliche Erlebnisse bzw. eigene sinnliche Wahrnehmungen des Antragstellers / der Antragstellerin über die berichtet wird. Diese entziehen sich zumeist - insbesondere auf Grund der faktischen und rechtlichen Ermittlungsschranken der Asylinstanzen - weitgehend einer Überprüfbarkeit und liegen diese idR alleine in der persönlichen Sphäre der bP.

 

Im Wesentlichen geht es für die Entscheider darum, zu beurteilen, ob es im konkreten Fall glaubhaft ist, dass die diesbezüglichen Aussagen der bP auf einem tatsächlichen persönlichen Erleben beruhen oder ob sich die Partei dabei der Lüge bedient bzw. die Aussagen nicht erlebnisbegründet sind.

 

Im Allgemeinen erfolgt eine (vorsätzliche) Falschaussage nicht ohne Motiv (vgl. Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 4. Auflage, Rz 246ff). Im Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz kann eine derartige Motivationslage, die den Wahrheitswillen eines Antragstellers/einer Antragstellerin zu beeinflussen geeignet ist, darin liegen, dass sie ihrer Überzeugung nach - uU auch durch Suggestion Dritter beeinflusst - dadurch gesteigerte Erfolgsaussichten erwarten, um den beantragten Status als Asylberechtigter oder als subsidiär Schutzberechtigter und damit einen Aufenthaltstitel samt Zugang zum Arbeitsmarkt und/oder staatlicher Versorgung zu erlangen (sog. "Folgenberücksichtigung", siehe oben zitierte Quelle).

 

Als Beurteilungskritierien für die Glaubhaftmachung nennt der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise:

 

Bloßes Leugnen oder eine allgemeine Behauptung reicht für eine Glaubhaftmachung nicht aus (VwGH 24.2.1993, 92/03/0011; 1.10.1997, 96/09/0007). Aus dem Wesen der Glaubhaftmachung ergibt sich auch, dass die Ermittlungspflicht der Behörde durch die vorgebrachten Tatsachen und angebotenen Beweise eingeschränkt ist (VwGH 29.3.1990, 89/17/0136; 25.4.1990, 90/08/0067). Ohne entsprechendes Vorbringen des Asylwerbers oder ohne sich aus den Angaben konkret ergebende Anhaltspunkte ist die Behörde / das Bundesverwaltungsgericht nicht verpflichtet jegliche nur denkbaren Lebenssachverhalte ergründen zu müssen (vgl. VwGH 10.8.2018, Ra 2018/20/0314, mwN).

 

Es ist Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen. (VwGH 30. 11. 2000, 2000/01/0356).

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubhaft anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleichbleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (vgl. zB. VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

 

Auch auf die Mitwirkung des Asylwerbers im Verfahren ist bei der Beurteilung der Glaubhaftmachung Bedacht zu nehmen. Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre [VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua], gesundheitliche [VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601; 14.6.2005, 2005/02/0043], oder finanzielle [vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099] Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht und Darlegungslast des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

 

Wenn Sachverhaltselemente im Ausland ihre Wurzeln haben, ist die Mitwirkungspflicht und Offenlegungspflicht der Partei in dem Maße höher, als die Pflicht der Behörde zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes wegen des Fehlens der ihr sonst zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten geringer wird. Tritt in solchen Fällen die Mitwirkungspflicht der Partei in den Vordergrund, so liegt es vornehmlich an ihr, Beweise für die Aufhellung auslandsbezogener Sachverhalte beizuschaffen (VwGH 12.07.1990, Zahl 89/16/0069).

 

Das BVwG geht auf Grund des Ermittlungsverfahrens davon aus, dass die bP in zentralen Bereichen, wo es um die Ausreise bzw. ausreisekausale Probleme und Rückkehrbefürchtungen geht, keine bzw. geringe Bereitschaft zeigte wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Offensichtlich hielt sie es selbst für einen positiven Ausgang des beantragten internationalen Schutzes für abträglich hier den Tatsachen entsprechende Angaben zu machen.

 

Dass zum Zeitpunkt der Ausreise in Ramadi eine erhebliche Gefährdungslage für die dortige Bevölkerung durch den IS gegen war, ist unstreitig und insoweit war der Wechsel des Wohnsitzes nach Bagdad nachvollziehbar, zumal zahlreiche IDPs dort Schutz und Aufnahme fanden. Dass sie in Bagdad einer Verfolgung ausgesetzt und ihr dort ein Aufenthalt unzumutbar gewesen wäre, hat sie nicht konkret vorgebracht.

 

Maßgeblich für diese Entscheidung ist jedoch die aktuelle Lage und legte hier das Bundesverwaltungsgericht ein besonderes Gewicht auf die von der bP gezeigte eindrucksvolle und sehr aufschlussreiche Reiseaktivität in den Irak. Erwiesenermaßen findet diese jedenfalls seit der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten statt. Dies trotz Verfolgung im Irak mit drohender Tötung der bP, so zumindest ihre Behauptung beim Bundesamt und auch noch in der Beschwerde.

 

Erleichtert wurden diese Reisen auch durch die Ausstellung des österreichischen Fremdenpasses.

 

Den Ein- und Ausreisestempeln folgend war/ist sie dabei seit Anfang 2016 überwiegend im Irak aufhältig. Dass sie dabei relevante Probleme gehabt hätte oder gar asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt war, kam nicht hervor. Insbesondere legt auch die mehrmalige Wiederholung dieser Reisen eine solche Annahme nicht nahe. Es bietet auch ihr Facebook Profil, auf dem ihre Reisen weitgehend durch Bilder dokumentiert werden, keine diesbezüglichen Anhaltspunkte.

 

Erwiesen ist auch, dass die bP im Irak, insbesondere bei der Ein- und Ausreise, für ihre behaupteten Verfolger - konkret etwa Sicherheitsorgane als quasi verlängerter Arm der "Regierung" - durch die Verwendung ihres irakischen Reisepasses sowohl als "Omar" als auch als "Sunnit" mehr als deutlich erkennbar war. Dies jedoch offensichtlich ohne relevante Konsequenzen oder gar asylrelevante Verfolgungshandlungen. Wären solche zu Tage getreten, so könnte der allgemeinen Lebenserfahrung nach davon ausgehen, dass man die Gefahrenquelle meidet und sich nicht ihr wiederholt nähert. Mit anderen Worten, dass die bP nicht wiederholt in den Irak reist.

 

Die bP behauptete in der Beschwerde auch, dass sie bzw. ihre Familie im Irak doch auch einen gewissen Bekanntheitsgrad habe. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass ihr wiederholter, jeweils längerdauernder Aufenthalt auch seitens Dritter, insbesondere durch die behaupteten "Verfolger" nicht unbemerkt geblieben ist. Die wiederholte Reisetätigkeit der bP weist auch hier darauf hin, dass ihre dargelegte Behauptung nicht den Tatsachen entspricht bzw. zumindest seit Beginn ihrer Reisetätigkeit in den Irak Anfang 2016 und aktuell keine derartige Gefahr (mehr) gegeben ist.

 

Dafür, dass aktuell keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende asylrelevante Verfolgungsgefahr für Personen mit dem Vornamen Omar oder generell wegen der bloßen Zugehörigkeit zu den (arabischen) Sunniten (ca. 6,5 bis 8,4 Millionen der Gesamtbevölkerung) - ohne Hinzutreten weiterer, individueller, also in der jeweiligen Person gelegener Gefährdungsmomente - gegeben ist, finden sich insbesondere in aktuellen Vorfallrecherchen, wie etwa aus der gegenständlichen Anfragebeantwortung der Staatendokumentation über aufgelistete Vorfälle, bei denen Sunniten im Zeitraum Oktober 2018 bis Jänner 2019 Opfer wurden, keine Hinweise die dies ansatzweise belegen würden.

 

Vor der Verhandlung hat auch das BVwG selbst via Google news - eine Quelle die auch die Staatendokumentation nutzt - zeitraumbezogen nach Vorfällen recherchiert und keine gegenläufigen Erkenntnisse daraus gewonnen.

 

Beim Irak handelt es sich um ein Land mit sehr dichter Berichtslage und berichten regelmäßig und aktuell sowohl zahlreiche irakische als auch internationale Medien und sonstige Quellen selbst über kleinere, öffentlichkeitswirksame sicherheitsrelevante Vorfälle im Irak und sind diese im Regelfall auch online im Internet öffentlich verfügbar. Angemerkt wird, dass diese Recherchen via Google auch deshalb von besonderem Interesse, da darin auch Berichte auffindbar sind, aus denen eine Verbesserung der Sicherheits- oder Versorgungslage erkennbar ist.

 

Derartige Berichte finden sich etwa im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Irak nicht bzw. kaum. Beispielsweise sei der vom BVwG herangezogene Bericht bzw. das Interview der deutschen Journalistin B.S. erwähnt, der auch doch bemerkenswerte Verbesserungen der Lage gerade in Bagdad enthält. Von deren Person bzw. Profil konnte sich das BVwG, im konkreten auch der entscheidende Richter, im Rahmen einer Veranstaltung sowohl persönlich als auch von deren Aussageinhalt samt ergänzender Befragung einen Eindruck verschaffen. Das BVwG hat diesen Bericht bereits vor längerer Zeit der Staatendokumentation übermittelt. Bis dato fand dieser nach wie vor in keiner Aktualisierung des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation und auch nicht im ecoi.net Aufnahme. Dass die Staatendokumentation diese Journalistin als Erkenntnisquelle als nicht geeignet erachten würde kam nicht hervor, zumal andere Berichte von ihr durchaus im ecoi.net Eingang fanden. Diesen ist aber gemeinsam, dass sie darin Problemlagen aufzeigt.

 

Derartige Berichte über positive Entwicklungen sind aber für die notwendige Objektivierung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage für die Entscheider aber von erheblicher Bedeutung. Die objektive Lage lässt sich nicht bloß aus einer Ansammlung von zitierten Aussagen von Organisationen oder Personen erkennen, die sich von ihrem Ansinnen oder Organisationszweck her dem Schutz von Menschenrechten verschrieben haben und dabei auch zuweilen zu einer sehr generalisierenden und drastischen Wortwahl greifen, die oftmals bei oberflächlicher Betrachtung den Anschein von gutachtensähnlichen Schlussfolgerungen erwecken könnten, ohne dass bei näherer Betrachtung die konkrete Befundlage für derartige Erkenntnisse aber nachvollziehbar wäre.

 

Das gegenständliche Länderinformationsblatt der Staatendokumentation bietet im Gegensatz zu oa. aktuellen Vorfallsrecherchen auf Grund des Erscheinungszeitpunktes für eine Beurteilung der aktuellen Lage zum Entscheidungszeitpunkt weniger eine Grundlage, sie kann aber insbesondere für eine Einschätzung von Geschehnissen bzw. Abläufen und Problemlagen in der Vergangenheit eine wertvolle Grundlage für eine von den Entscheidern durchzuführenden Bewertung der individuellen, tatsächlichen Gefährdungssituation eines Antragstellers - jedoch immer in Zusammenschau mit ihrem konkreten individuellen Vorbringen über die persönliche Situation- sein.

 

Dafür, dass es etwa im Irak keine Personen mehr geben würde, die den Namen Omar öffentlich führen, finden sich auch bei Recherchen via google keine Hinweise. Sowohl via google oder auch auf Facebook finden sich Personen, welche nicht davor zurückscheuen ihren Namen Omar und - wie etwa auf Facebook - Aufenthaltsort für Dritte wahrnehmbar bekannt zu geben. Auch dies ein Indiz dafür, dass aktuell keine Lage im Irak vorherrscht, die zu einer mit maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohenden asylrelevanten Verfolgung führen würde, alleine weil jemand als Omar und damit auch als Sunnit erkennbar ist.

 

Stimmig zum Ergebnis dieser Vorfallrecherchen ist etwa auch die Wiedergabe der Erfahrungen der deutschen Journalistin, welche seit rd. 15 Jahren in Bagdad lebt und von einer von Bagdad ausstrahlenden, gewissen Liberalisierung und Tendenz der vorherrschenden jungen Bevölkerung berichtet, die auch dahin geht, die Trennung von Schiiten und Sunniten verschwimmen zu lassen und sich va. in Bagdad in einem Trend und offensichtlich weitgehenden Tolerierung von Ehen zwischen Sunniten und Schiiten zeigt. Die Vorfallrecherchen zeigen, dass dies in der Tat in hohem Maße wohl gebilligt wird, zumindest schlägt sich dies nicht in dokumentierten, sicherheitsrelevanten Vorfällen nieder.

 

Zu dieser sich abzeichnenden Situation über das zum Teil normalisierte Leben gerade in Bagdad sind auch die wiederholten Reisen bzw. langen Aufenthalte der bP im Irak durchaus stimmig und unter Zugrundelegung dieser Fakten auch nachvollziehbar.

 

Aus den überwiegenden Aufenthalten im Irak, dem nicht gegebenen Kontakt zu ihren gewillkürten Vertretungen und letztlich aus der Nichtteilnahme an der Verhandlung schließt das BVwG, dass die bP kein Interesse an einer (nochmaligen) persönlichen Anhörung im Rahmen einer Verhandlung hat. Von einer solchen Schlussfolgerung konnte die bP auch durch das mit der Ladung übermittelte Belehrungsblatt Kenntnis erlangen. Für das BVwG selbst ist der maßgebliche Sachverhalt aus dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens hinreichend erschließbar und bedarf es keiner persönlichen Einvernahme im Zuge einer Verhandlung.

 

Ad 1.1.7. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat:

 

Das BVwG hat durch die zitierten Berichte bzw. Erkenntnisquellen zur Lage im Irak Beweis erhoben und im Rahmen der Verhandlung, bzw. hinsichtlich des Länderinformationsblattes auch zuvor schriftlich, das Parteiengehör gewahrt. Die Parteien begaben sich ihres Rechts auf Parteiengehör insoferne, als sie an den Sachverhaltserhebungen bzw. der Erörterung der Beweisergebnisse im Zuge der mündlichen Verhandlung, zu der sie rechtzeitig und ordnungsgemäß geladen wurden, nicht teilnahmen. Diesfalls besteht nach hA keine Verpflichtung zum nachträglichen Vorhalt versäumter Handlungsteile (Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, RZ 29 zu § 45).

 

3. Rechtliche Beurteilung

 

Nichtzuerkennung des Status als Asylberechtigte/r

 

§ 3 AsylG

 

(1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

 

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

 

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

 

2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

 

(4) Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung.

 

(4a) Im Rahmen der Staatendokumentation (§ 5 BFA-G) hat das Bundesamt zumindest einmal im Kalenderjahr eine Analyse zu erstellen, inwieweit es in jenen Herkunftsstaaten, denen im Hinblick auf die Anzahl der in den letzten fünf Kalenderjahren erfolgten Zuerkennungen des Status des Asylberechtigten eine besondere Bedeutung zukommt, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist.

 

(4b) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet.

 

(5) Die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, ist mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

 

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist eine Person, die aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.

 

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern, ob eine vernunftbegabte Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen aus Konventionsgründen wohlbegründete Furcht erleiden würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380). Dies trifft auch nur dann zu, wenn die Verfolgung von der Staatsgewalt im gesamten Staatsgebiet ausgeht oder wenn die Verfolgung zwar nur von einem Teil der Bevölkerung ausgeübt, aber durch die Behörden und Regierung gebilligt wird, oder wenn die Behörde oder Regierung außerstande ist, die Verfolgten zu schützen (VwGH 4.11.1992, 92/01/0555 ua.).

 

Gemäß § 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005 ist eine Verfolgung jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtlinie. Demnach sind darunter jene Handlungen zu verstehen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art 15 Abs 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (Recht auf Leben, Verbot der Folter, Verbot der Sklaverei oder Leibeigenschaft, Keine Strafe ohne Gesetz) oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon - wie in ähnlicher beschriebenen Weise - betroffen ist.

 

Nach der auch hier anzuwendenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Verfolgung weiters ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 14.10.1998, Zl. 98/01/0262). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).

 

Verfolgung kann nur von einem Verfolger ausgehen. Verfolger können gemäß Art 6 Statusrichtlinie der Staat, den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschende Parteien oder Organisationen oder andere Akteure sein, wenn der Staat oder die das Staatsgebiet beherrschenden Parteien oder Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu gewähren.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müssen konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände behauptet und bescheinigt werden, aus denen die von der zitierten Konventionsbestimmung geforderte Furcht rechtlich ableitbar ist (vgl zB vom 8. 11. 1989, 89/01/0287 bis 0291 und vom 19. 9 1990, 90/01/0113). Der Hinweis eines Asylwerbers auf einen allgemeinen Bericht genügt dafür ebenso wenig wie der Hinweis auf die allgemeine Lage, zB. einer Volksgruppe, in seinem Herkunftsstaat (vgl VwGH 29. 11. 1989, 89/01/0362; 5. 12. 1990, 90/01/0202; 5. 6. 1991, 90/01/0198; 19. 9 1990, 90/01/0113).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

 

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

 

Der Antrag war nicht bereits gemäß §§4, 4a oder 5 AsylG zurückzuweisen.

 

Nach Ansicht des BVwG sind die dargestellten Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status als Asylberechtigter, nämlich eine glaubhafte Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat aus einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK angeführten Grund nicht gegeben.

 

Wie sich aus den Erwägungen ergibt, ist es der bP unter Zugrundelegung der ergänzenden Ermittlungsergebnisse nicht gelungen eine solche aktuelle Verfolgungsgefahr für ihre Person glaubhaft zu machen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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