BVwG I419 2177364-1

BVwGI419 2177364-130.11.2017

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z5
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs6
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:I419.2177364.1.00

 

Spruch:

I419 2177364-1/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX StA. NIGERIA, vertreten durch DIAKONIE Flüchtlingsdienst GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 12.10.2017, Zl. 831310207-150100504, zu Recht:

 

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,

dass der erste Satz des Spruchpunktes III wie folgt zu lauten hat:

 

"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ gemäß § 57 AsylG 2005 wird Ihnen nicht erteilt."

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer nigerianischer Staatsangehörigkeit, der Nigeria nach eigenen Angaben im November 2008 verlassen und anschließend von Libyen aus mit dem Schiff eine griechische Insel erreicht hatte, stellte dort bereits am 02.11.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Nachdem er 2013 nach Ungarn weitergereist war, stellte er am 02.09.2013 auch dort einen solchen Antrag, und schließlich nach illegaler Einreise am 10.09.2013 auch einen in Österreich. Dazu gab er erstbefragt an, er sei in Griechenland von Männern angegriffen worden, die ihn seit Nigeria verfolgten, und dabei schwer verletzt worden. Diese seien auf ein Grundstück aus, welches ihm wegen seines Vaters Tod zufallen sollte. Deshalb sei er aus Griechenland geflohen. Auch in Ungarn sei es für ihn nicht sicher. Was die EU sei, wisse er nicht. Zurückkehren wolle er nicht, weil er Angst um sein Leben habe, konkret "von den Männern getötet zu werden".

 

Nachdem er am 07.10.2013 bei einem Drogendelikt betreten worden war, verurteilte in das LG für Strafsachen am 25.10.2013 wegen gewerbsmäßigen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, fünf davon bedingt nachgesehen. Am 04.12.2013 teilte das Bundesasylamt ihm mit, dass Ungarn seiner Übernahme anschließend an die Strafhaft zugestimmt habe. Dazu einvernommen, gab er an, selbständig nach Ungarn fahren zu wollen.

 

Anschließend wurde sein Antrag mit Bescheid vom 04.12.2013 wegen Zuständigkeit Ungarns zurück- und der Beschwerdeführer dorthin ausgewiesen. Dieser Bescheid wurde mangels erhobener Beschwerde rechtskräftig.

 

Nachdem er am 15.12.2014 aufgegriffen worden war, gab der Beschwerdeführer an, dass er Österreich nicht verlassen habe, sondern hier mit Unterstützung von Freunden lebe. Am 12.01.2015 wurde der Beschwerdeführer darauf nach Ungarn überstellt.

 

2. Wenig später kehrte er wiederum illegal zurück und stellte am 24.07.2015 einen Folgeantrag, zu dem er in der Erstbefragung als Grund angab, er wolle sein Leben in Österreich verbringen und dazu gerne hier bleiben.

 

Am 14.06.2017 einvernommen, gab er an, dass sein Onkel väterlicherseits erst den Vater und dann vor mehr als 15 Jahren die Schwester des Beschwerdeführers getötet habe. An das Datum könne er sich nicht erinnern. Darauf habe er sich entschlossen, das Land zu verlassen, da außer ihm nur noch seine Mutter übrig gewesen sei. Er sei der erstgeborene Sohn, und wenn der Onkel ihn umbringe, habe dieser das Erbe in der Hand. Der Onkel sei Moslem und gefährlich, auch habe er im Dorf des Beschwerdeführers bereits Nachbarn nach dem Aufenthaltsort des Beschwerdeführers gefragt, weshalb diesem ein Fußfassen woanders in Nigeria nicht möglich sei. Stattdessen würde er dort sterben.

 

3. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid des BFA vom 12.10.2017 wurde der neuerliche Antrag auf internationalen Schutz betreffend die Status des Asyl- (Spruchpunkt I) und des subsidiär Schutzberechtigen bezogen auf Nigeria (Spruchpunkt II) abgewiesen.

 

Mit Spruchpunkt III wurde ein "Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 AsylG nicht erteilt", gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei. Zugleich stellte das BFA fest, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt IV) und erkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V). Schließlich verhängte das BFA mit Spruchpunkt VI ein fünf Jahre währendes Einreiseverbot.

 

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der im Kern vorgebracht wird, der Beschwerdeführer weise sowohl die Merkmale eines Konventionsflüchtlings als auch ein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

 

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers

 

Der einkommens- und vermögenslose Beschwerdeführer ist volljährig, gesund, erwerbsfähig und Staatsangehöriger von Nigeria. Er ist nicht verheiratet und Christ aus der Volksgruppe der Ibo. Seine Identität steht nicht fest. Er hat keine familiären Bindungen und keine Verwandten in Österreich. Der Beschwerdeführer übt in Österreich keine erlaubte Beschäftigung aus und ist hier nicht selbsterhaltungsfähig. Er konnte auch keine eigenen Existenzmittel in Österreich nachweisen und spricht kaum Deutsch.

 

Im Heimatland wohnen der etwa 24-jährige Bruder und die Mutter des Beschwerdeführers sowie ein Onkel mütterlicherseits. Dort hat der Beschwerdeführer elf Jahre lang die Schule besucht und anschließend in der familiären Landwirtschaft gearbeitet. Er spricht Ibo und Englisch.

 

Der Beschwerdeführer hat eine am 08.10.2017 in Pressburg geborene gemeinsame Tochter slowakischer Staatsangehörigkeit mit einer 31-jährigen ebenfalls slowakischen Staatsangehörigen. Diese beiden wohnen dort und haben weder einen Wohnsitz in Österreich noch einen gemeinsamen Wohnsitz mit dem Beschwerdeführer. Mit der Kindesmutter führt der Beschwerdeführer also eine – durch Besuche dieser in Österreich gekennzeichnete – Fernbeziehung, nach seinen Angaben seit drei Jahren.

 

Er besucht einen Deutschkurs für Niveau A2 und spielt als registrierter Spieler Fußball im Verein FC XXXX. Bei diesen Tätigkeiten und im Alltagsleben der Unterkunft und der täglichen Besorgungen hat er die damit einhergehenden Bekanntschaften und Freundschaften geschlossen.

 

Aufgrund seiner Straftat und der strafgerichtlichen Verurteilung war er von 08.10.2013 bis 06.12.2013 in Haft.

 

1.2 Zur Situation in Nigeria

 

1.2.1 Sicherheitsbehörden

 

Die allgemeinen Polizei- und Ordnungsaufgaben obliegen der rund 360.000 Mann starken (Bundes‑) Polizei, die dem Generalinspekteur der Polizei in Abuja untersteht (AA 21.11.2016). Der Generalinspekteur ist für die Durchsetzung der Gesetze verantwortlich. Zusätzlich zu der üblichen polizeilichen Verantwortung der Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung in den Bundesstaaten und Federal Capital Territory (FCT), überwacht der Generalinspekteur die Strafverfolgungsbehörden im ganzen Land, die mit Grenzschutz, Marineangelegenheiten (Navigation) und Terrorismusbekämpfung involviert sind. Der Generalinspekteur nominiert einen Polizeikommissar, der die National Police Force (NPF) in jedem Bundesstaat und FCT befehligt (USDOS 3.3.2017). Etwa 100.000 Polizisten sollen als Sicherheitskräfte bei Personen des öffentlichen Lebens und einflussreichen Privatpersonen tätig sein (AA 21.11.2016).

 

Neben der Polizei werden im Inneren auch Militär, Staatsschutz sowie paramilitärische Einheiten (sogenannte Rapid Response Squads) eingesetzt (AA 21.11.2016). Die Innere Sicherheit liegt also auch im Zuständigkeitsbereich des Department of State Service (DSS), das dem Präsidenten via nationalen Sicherheitsberater unterstellt ist. Die Polizei, das DSS und das Militär sind zivilen Autoritäten unterstellt, sie operieren jedoch regelmäßig außerhalb ziviler Kontrolle (USDOS 3.3.2017). Die National Drug Law Enforcement Agency (NDLEA) ist für alle Straftaten in Zusammenhang mit Drogen zuständig. Der NDLEA, in deren Zuständigkeit Dekret 33 fällt, wird Professionalität konstatiert (ÖBA 9.2016).

 

Die NPF und die Mobile Police (MOPOL) zeichnen sich hingegen durch geringe Professionalität, mangelnde Disziplin, Willkür und geringen Diensteifer aus (ÖBA 9.2016). Die Polizei ist durch niedrige Besoldung sowie schlechte Ausrüstung, Ausbildung und Unterbringung gekennzeichnet. Die staatlichen Ordnungskräfte sind personell, technisch und finanziell nicht in der Lage, die Gewaltkriminalität zu kontrollieren bzw. einzudämmen. Zudem sind nach allgemeiner Auffassung die Sicherheitskräfte teilweise selbst für die Kriminalität verantwortlich (AA 21.11.2016). Da die Polizei oft nicht in der Lage ist, durch gesellschaftliche Konflikte verursachte Gewalt zu unterbinden, verlässt sich die Regierung in vielen Fällen auf die Unterstützung durch die Armee (USDOS 3.3.2017). Jedoch sind im Allgemeinen die nigerianischen Behörden gewillt und fähig, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten (UKHO 8.2016b).

 

1.2.2 Spannungen zwischen Muslimen und Christen

 

Das Verhältnis zwischen Muslimen und Christen ist äußerst gespannt. Oft genügt ein geringer Anlass, um blutige Unruhen auszulösen. Ein auch nur annähernd in Verbindung gebrachter Vorfall im christlichen Süden gegen Muslime wird sofort Reaktionen im Norden hervorrufen, die immer wieder zum Tod von sogenannten Nichtgläubigen führen (Pogrome). Diese gehören mittlerweile zum politischen Alltagsgeschehen in Nigeria. Seit 2000 sprechen die offiziellen Zahlen von über 11.500 Toten aufgrund von religiösen Unruhen. Die tatsächlichen Zahlen dürften um ein Vielfaches höher liegen (GIZ 7.2017b). Der islamische Extremismus ist in Nigeria die wesentliche Triebkraft für Verfolgung, allerdings tragen auch "Exklusives Stammesdenken" und "Organisiertes Verbrechen und Korruption" zur Verfolgung bei. Ein Teil des Landes ist von starker Verfolgung betroffen (der Teil, der überwiegend von Muslimen bewohnt wird), wohingegen der andere, überwiegend von Christen bewohnte, Landesteil überhaupt nicht beeinträchtigt ist. Die Verfolgung von Christen in Nordnigeria wird meistens mit Boko Haram in Verbindung gebracht. Das Verfolgungsmuster insgesamt ist jedoch viel komplexer und darf nicht auf gewaltsame Übergriffe und Ermordungen von Christen (und gemäßigten Muslimen) seitens militanter islamistischer Gruppen reduziert werden. Das trifft besonders auf die zwölf nördlichen Scharia-Staaten zu, in denen die örtlichen Behörden und die Gesellschaft den Christen kaum Raum zum Leben lassen (OD 2017).

 

Auch wenn sich die meisten religiösen Führer beider Seiten für Toleranz und Mäßigung öffentlich aussprechen, wurde berichtet, dass das Misstrauen zwischen christlichen und muslimischen Führern interreligiöse Bemühungen bedroht (USDOS 10.8.2016).

 

In Nigeria sind drei Kategorien von einheimischen Christen (historisch gewachsenen Kirchen, protestantische Freikirchen, und Gemeinden mit Christen muslimischer Herkunft) an-zutreffen. Alle drei erleiden in den nördlichen Staaten Verfolgung. Besonders in den Scharia-Staaten ist eine Abkehr vom Islam hin zum christlichen Glauben gefährlich und kann viele Nöte nach sich ziehen. Christen werden in den Ausbildungseinrichtungen oft als Bürger zweiter Klasse betrachtet und dementsprechend behandelt. Christliche Mädchen stehen ständig in der Gefahr, entführt und zwangsverheiratet zu werden. Berichten zufolge haben einige der Scharia-Staaten sogar Organisationen zu dem Zweck der Entführung und Zwangsbekehrung von christlichen Mädchen gegründet (OD 2017).

 

In Nigeria hat die Terrormiliz Boko Haram offenbar weit mehr Menschen getötet als bislang angenommen. Das berichtet die Online-Zeitung Premium Times unter Berufung auf Aussagen des Gouverneurs des Bundesstaates Borno, Kashim Shettima. Er schätzt, dass in den vergangenen Jahren 100.000 Menschen bei Überfällen und Anschlägen ums Leben kamen. Dabei geht die islamistische Bewegung vor allem gegen Christen vor. Bislang waren internationale Organisationen von 20.000 Opfern ausgegangen (EAD 15.2.2017). Trotz des Erfolgs im Kampf gegen Boko Haram, welche maßgeblich für die Gewalt gegen Christen in den letzten Jahren verantwortlich war, bleibt die anhaltende Gewalt gegen Christen im zentralen Gürtel Nigerias weiter bestehen. Wie von der Open Doors-Forschungsabteilung World Watch Research (WWR) berichtet, hat sich im zentralen Gürtel Nigerias im Schatten von Boko Haram eine Gewaltspirale entwickelt:

Angriffe der muslimischen Hausa-Fulani Viehhirten und Siedler haben mutmaßlich zum Tod Tausender Christen und zur Zerstörung Hunderter Kirchen und Gemeindegebäude geführt (OD 2017). Jene Personen, die sich vor einer Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure fürchten, sollten in der Lage sein, Schutz bei Behörden zu suchen oder eine innerstaatliche Relokationsmöglichkeit in Anspruch zu nehmen (UKHO 8.2016).

 

In den zwölf nördlichen Bundesstaaten, die in den Jahren 2000/2001 die strengen strafrechtlichen Bestimmungen der Scharia wiedereingeführt haben, wird die Religionsfreiheit von Nicht-Muslimen in der Praxis teilweise beschränkt, da viele Verwaltungsvorschriften ohne Rücksicht auf die jeweilige Religionszugehörigkeit erlassen und durchgesetzt werden (z.B. Verbot des gemischten Schulunterrichts, Verbot des Alkoholgenusses, Geschlechtertrennung in öffentlichen Verkehrsmitteln, Neubau von Kirchen etc.) (AA 21.11.2016).

 

1.2.3 Bewegungsfreiheit

 

Die Verfassung sowie weitere gesetzliche Bestimmungen gewährleisten Bewegungsfreiheit im gesamten Land sowie Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung. Allerdings schränken Sicherheitsbeamte die Bewegungsfreiheit durch Ausgangssperren ein. Dies betrifft v.a. die Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa aufgrund der Operationen gegen Boko Haram. Auch in anderen Bundesstaaten gab es Ausgangssperren als Reaktion auf Vorfälle, wie zum Beispiel ethnisch-religiöse Gewalt. Es gibt auch weiterhin sogenannte "Stopp- und Durchsuchungsoperationen" in Städten und Hauptverkehrsstraßen, wobei Checkpoints eingerichtet werden. Der neue Generalinspektor der Polizei erneute den Auftrag seines Vorgängers, dass alle Checkpoints aufgelösten werden sollten. Dennoch blieben viele von Militär und Polizei betriebene Checkpoints vorhanden (USDOS 3.3.2017).

 

Bürger dürfen sich in jedem Teil des Landes niederlassen (USDOS 3.3.2017). Prinzipiell sollte es einer Person, die von nicht-staatlichen Akteuren verfolgt wird oder die sich vor diesen fürchtet, in einem großen Land wie Nigeria möglich sein, eine interne Relokation in Anspruch zu nehmen. Natürlich müssen die jeweiligen persönlichen Umstände beachtet werden (UKHO 10.8.2016). Es ist festzustellen, dass in den vergangenen Jahrzehnten eine fortgesetzte Durchmischung der Wohnbevölkerung auch der "Kern"-Staaten der drei Hauptethnien (Hausa, Yoruba, Igbo) durch Wanderungsbewegungen sowie aufgrund inter-ethnischer Heirat stattgefunden hat. So ist insbesondere eine starke Nord-Südwanderung, mit den sichtbaren Zeichen von vielen neuen Moscheen, feststellbar, wodurch Metropolen wie Lagos heute weitgehend durchmischt sind. Es bestehen daher innerstaatliche Fluchtalternativen (ÖBA 9.2016).

 

Grundsätzlich besteht in vielen Fällen die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung oder Repressionen Dritter durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aller-dings mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn sich Einzelpersonen an einen Ort begeben, in dem keine Mitglieder ihrer Familie bzw. erweiterten Verwandtschaft oder der Dorfgemeinschaft leben: Angesichts der anhaltend schwierigen Wirtschaftslage und der Bedeutung großfamiliärer Bindungen in der nigerianischen Gesellschaft ist es für viele Menschen praktisch unmöglich, an Orten ohne ein solches soziales Netz erfolgreich Fuß zu fassen. Für alleinstehende Frauen besteht zudem die Gefahr, bei einem Umzug in die Großstadt von der eigenen Großfamilie keine wirtschaftliche Unterstützung mehr zu erhalten (AA 21.11.2016).

 

Bundesstaats- und Lokalregierungen diskriminieren regelmäßig ethnische Gruppen, die in ihrem Gebiet nicht einheimisch sind. Dies nötigt gelegentlich Personen dazu, in jene Regionen zurückzukehren, aus denen ihre ethnische Gruppe abstammt (USDOS 3.3.2017).

 

1.2.4 Meldewesen

 

Ein Meldewesen ist nicht vorhanden (AA 21.11.2016; vgl. ÖBA 9.2016). Auch ein nationales funktionierendes polizeiliches Fahndungssystem existiert nicht. Damit ist es in der Praxis äußerst schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, nach verdächtigen Personen national zu fahnden, wenn diese untergetaucht sind. Das Fehlen von Meldeämtern und gesamtnigerianischen polizeilichen Fahndungsbehörden ermöglicht es in den allermeisten Fällen, bereits in der näheren Umgebung "unterzutauchen" (ÖBA 9.2016).

 

Im Sheriffs and Civil Process Act Chapter 407, Laws of the Federation of Nigeria 1990 sind Ladungen vor Gericht geregelt. Der Sheriff oder von ihm bestellte Bailiffs müssen die Ladungen in ganz Nigeria persönlich zustellen (ÖBA 9.2016).

 

1.2.5 Behandlung nach Rückkehr

 

Zum Zeitpunkt der Berichtslegung kann aufgrund der dargelegten Gründe kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen generell festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung iSv Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse, aus selbstständiger Arbeit, sichern kann, insbesondere dann wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).

 

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden. Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen. Die Einwanderungsbehörde führt ein Fahndungsbuch, anhand dessen bei aus dem Ausland zu-rückkehrenden Nigerianern eine Überprüfung bereits bei Ankunft am Flughafen erfolgt: Bei Notierung im Fahndungsbuch wird der Betreffende noch im Flughafengebäude verhaftet; im anderen Fall wird der betroffenen Person ein vorläufiges Identifikationspapier durch die nigerianische Einwanderungsbehörde ausgestellt, wenn sie lediglich über einen vorläufigen Reiseausweis einer nigerianischen Botschaft verfügt (AA 21.11.2016).

 

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Verhaftung bei Rückkehr aus politischen Gründen oder andere

 

außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylbewerbern aus Deutschland sind nicht bekannt. Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der Nigerianischen Immigrationsbehörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch der Drogenpolizei (National Drug Law Enforcement Agency/NDLEA) befragt und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 21.11.2016). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation". Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen. Die Rückgeführten verlassen das Flughafengebäude und steigen meistens in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Probleme, Anhaltungen oder Verhaftungen von rückgeführten Personen bei ihrer Ankunft am Flughafen Lagos wurden im Rahmen des Monitoring der Ankunft und des ungehinderten Verlassens des Flughafengeländes durch Vertreter der Botschaft nicht beobachtet. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit offiziellen Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 9.2016).

 

Im Ausland straf- oder polizeilich auffällig gewordene Personen, insbesondere Prostituierte, werden in ihren Herkunfts-Bundesstaat überstellt. Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vor-schriften im "Decree 33" nicht zu befürchten. Im Mai 2012 erhielt die Deutsche Botschaft in Abuja ein Schreiben des nigerianischen Justizministers mit der Bestätigung der Nichtanwendung des "Decree 33" (AA 21.11.2016). Da die österreichische Botschaft stets "overstay" als Abschiebungsgrund angibt, sind Verhaftungen bei Ankunft in Nigeria unwahrscheinlich. Dadurch ist das "Dekret 33" nicht geeignet, ein Rückschiebungshindernis für eine Person darzustellen (ÖBA 9.2016).

 

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z. B. eine ausreichende Versorgung von minderjährigen Rückkehrern dort nicht ohne weiteres gewährleistet wäre (AA 21.11.2016).

 

1.3 Zum Vorbringen:

 

Im angefochtenen Bescheid wurde aus den aktuellen "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria zitiert, nämlich mit Stand 07.08.2017, aus welchem auch die unter

1.2 getroffenen Feststellungen entnommen wurden. Im Lauf des Beschwerdeverfahrens ist keine Änderung eingetreten, sodass das Gericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und sie zu den seinen erhebt.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Nigeria Verfolgung durch Personen droht, insbesondere nicht, dass ihm ein Onkel nach dem Leben trachtet, um an die Erbschaft zu gelangen.

 

Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und auf-grund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

 

2. Beweiswürdigung:

 

2.1 Zum Verfahrensgang:

 

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

 

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit sowie zu den Lebensumständen des Beschwerde-führers gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des BFA, die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen auf die unbedenklichen Angaben im Administrativverfahren, soweit sie nicht den Onkel väterlicherseits betreffen.

 

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zu den Sprachkenntnissen des Beschwerdeführers gründen sich auf seine Angaben, und das Fehlen gegenteiliger Behauptungen gegenüber den Feststellungen des Bescheids in der Beschwerde. Daraus und aus dem vom Beschwerdeführer angegebenen Alter ergibt sich die Arbeitsfähigkeit.

 

Da der Beschwerdeführer nicht imstande oder nicht willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.

 

Die strafgerichtliche Belastung des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

 

Die Feststellungen betreffend die Vaterschaft, die Tochter und die Kindesmutter ergaben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und den seinerseits vorgelegten Urkundenkopien der Ausweise von Mutter und Tochter sowie der Geburtsurkunde der Letzteren.

 

2.3 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

 

Wie das BFA in seiner Beweiswürdigung aufzeigt, bringt der Beschwerdeführer im Folgeantrag verglichen mit dem Antrag aus 2013 zwar im Kern vor, jemand sei auf sein Erbe aus und wolle ihn daher umbringen, allerdings erweist sich das aktuelle, gesteigerte Vorbringen als unglaubwürdig.

 

Wie das BFA nachvollziehbar darlegt (S. 60 des Bescheids, AS 186), konnte der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe nicht kohärent schildern, blieb zu erwartende Details schuldig, etwa den Namen des kriminellen Onkels, und gab Widersprüchliches an. Die angebliche und fluchtauslösende Ermordung der Schwester datiert er als "bereits über 15 Jahre her", seine tatsächliche Ausreise dagegen in derselben Einvernahme vor neun oder zehn Jahren (S. 4 f der Niederschrift vom 14.06.2017, AS 116 f).

 

Demgegenüber wäre nicht nur eine zeitnahe Flucht zu erwarten, sondern auch ein Vorbringen der Gefahrensituation bereits im Erstantrag. Noch in der Erstbefragung zum Folgeantrag hat der Beschwerdeführer davon nicht nur nichts erwähnt, sondern ausdrücklich angegeben, er habe nochmals angesucht, weil er gerne bleiben und sein Leben hier verbringen möchte. Ausdrücklich gab er an, keine Gründe zu haben, die nicht bereits berücksichtigt worden seien (S. 3 der Niederschrift der Erstbefragung, AS 5).

 

Die behauptete Verfolgung und Tötungsabsicht, um an sein Erbe zu gelangen, ist umso weniger glaubwürdig, als der Beschwerdeführer über seine Zeit am elterlichen Gehöft angibt: "Wir waren sehr arm, es war sehr schwer" (S. 3 der Niederschrift vom 14.06.2017, AS 115). Das reduziert die Wahrscheinlichkeit des Mordmotivs, das angeblich seit mehr als 15 Jahren besteht, doch im Hinblick auf den somit überschaubaren Wert des Nachlasses beträchtlich.

 

Schließlich handelt es sich auch um einen Widerspruch, wenn der Beschwerdeführer für sich eine innerstaatliche Fluchtalternative verneint, weil der Onkel väterlicherseits schon nach ihm gefragt habe, und dieser Mann gefährlich sei, dagegen von seiner "über 60 Jahre" alten Mutter erzählt, dass diese von ihrem "großen Bruder", also dem Onkel mütterlicherseits, wirksam bei Besuchen im Heimatdorf vor dem Onkel väterlicherseits geschützt werde: Dann "kann ihr der Onkel nichts machen" (S. 6 und S. 3 der Niederschrift vom 14.06.2017, AS 118 und 115). Das relativiert im Hinblick auf die anzunehmende Betagtheit des erwähnten Beschützers und das vergleichsweise junge Alter des Beschwerdeführers die angebliche Gefährlichkeit sehr.

 

Das Gericht kommt daher – wie auch schon das BFA – zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung oder Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen.

 

2.4. Zu den Länderfeststellungen

 

Bei den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat aus-gewählten Quellen handelt es sich um eine ausgewogene Auswahl sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs, die es ermöglicht, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann.

 

Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des Gerichts bei den Feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogene und aktuelle.

 

Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht substantiiert entgegen. Insbesondere findet sich auch in der Beschwerdeschrift keine substanzielle Widerlegung der Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Fall, dass der Beschwerdeführer entgegen den Feststellungen doch aus irgendwelchen Motiven privat verfolgt würde. Das Argument der Beschwerdeschrift (S. 6, AS 254), wonach "in einer stammesbasierten Gesellschaft" "die Neuankunft einer Person nicht unbemerkt bleibt" entbehrt angesichts der Vielzahl und geografischen Verteilung von Städten mit Bevölkerungszahlen im sechs- und siebenstelligen Bereich, die Nigeria aufweist, der Nachvollziehbarkeit.

 

Wenn die Beschwerde darüber hinaus ausführt, dass sich aus den Länderberichten eine mangelnde Schutzwilligkeit des nigerianischen Staats den Beschwerdeführer betreffend ergebe, bleibt diese Behauptung gänzlich unbegründet. Abgesehen davon, dass die Länderberichte keine personenbezogenen Angaben oder Prognosen für bestimmte Menschen beinhalten, ist dem Vorbringen nicht zu entnehmen, warum es dem Staat gegenüber der konkreten Person des vor knapp einem Jahrzehnt ausgewanderten Beschwerdeführers im Speziellen am Schutzwillen mangeln sollte.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A) (Abweisung der Beschwerde):

 

3.1 Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I):

 

3.1.1 Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der GFK droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen, oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

3.1.2 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er werde wegen der erlangten Erbschaft bei einer Rückkehr vom Onkel umgebracht werden, ist auf die Notwendigkeit zu verweisen, eine Verfolgung zumindest glaubhaft zu machen. Wie ausgeführt, ist das dem Beschwerdeführer nicht gelungen. Dazu kommt, dass auch andernfalls, also im Fall einer glaubhaften Verfolgung wegen seiner Familienzugehörigkeit oder Stellung in der Familie, diese keine asylrelevante wäre, weil sie durch innerstaatliche Flucht beendet werden kann, wie die Länderfeststellungen im Gegensatz zum Vorbringen ergeben. Es gibt keinerlei Hinweis, dass der Beschwerdeführer im Unterschied zu anderen Menschen nicht ungehindert und ungefährdet nach Nigeria und innerhalb des Landes – konkret z. B. in eine der Städte – reisen könnte. Daher wäre dieser Umstand nach § 11 AsylG 2005 zu berücksichtigen und der Antrag deswegen abzuweisen gewesen.

 

3.1.3 Im vorliegenden Fall liegt daher die Voraussetzung einer aktuellen Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht vor. Daraus ergibt sich rechtlich gesehen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Nigeria keine Verfolgung nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht, und daher der Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides zu bestätigen ist.

 

3.2 Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II):

 

3.2.1 Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser Antrag in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab-gewiesen wird, und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Nach § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden.

 

3.2.2 Selbst wenn man in Bezug auf die Bekämpfung der Terroristen der Boko Haram durch die staatlichen Sicherheitskräfte von einem innerstaatlichen Konflikt ausginge, wäre der überwiegende Teil Nigerias, vor allem der Süden, nicht von einem solchen betroffen und wie dargestellt auch fluchtweise erreichbar.

 

3.2.3 Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage wie allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse liegen nicht vor, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes nach Art. 2 oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

 

3.2.4 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits öfters erkannt, dass die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig wurde jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte betont, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174 und VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443 mwH). Nach den Feststellungen zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers und den Länderfeststellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde.

 

Das gilt auch dann, wenn eine Unterstützung durch die Mutter, den Onkel mütterlicherseits und den Bruder des Beschwerdeführers unterbleibt. Der Beschwerdeführer ist mit seiner Schulbildung und seiner Zweisprachigkeit im Arbeitsmarkt integrierbar, sei es wie vor seiner Ausreise in der Landwirtschaft, sei es im städtischen Umfeld.

 

Es ist dem Beschwerdeführer auch unbenommen, gegebenenfalls Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden. Aufgrund all dessen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass auch der Ausspruch in Spruchteil II des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.

 

3.3 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005, Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III):

 

3.3.1 Nichterteilung eines Aufenthaltstitels

 

Im ersten Satz des Spruchpunkts III im angefochtenen Bescheid sprach das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt werde. Damit war offensichtlich das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemeint. Das erschließt sich aus der Begründung der bekämpften Entscheidung (S. 68 des Bescheids, AS 194). Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.

 

Von den alternativen Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Z. 1 bis 3 AsylG 2005 liegt hier keine vor und wurde vom Beschwerdeführer auch keine behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.

 

3.3.2 Rückkehrentscheidung

 

Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz sowohl betreffend den Status des Asyl-, als auch auf jenen des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, wie im bekämpften Bescheid geschehen, ist nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 Z 2 FPG vorgesehen, dass das BFA eine Rückkehrentscheidung erlässt.

 

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

 

Dabei ergibt im Fall des Beschwerdeführers eine individuelle Abwägung der berührten Interessen, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen ist.

 

Der Beschwerdeführer hat kein Familienleben im Bundesgebiet. Er hat zwar eine kleine Tochter, die allerdings bei ihrer Mutter in der Slowakischen Republik lebt, wobei die Mutter nicht mit dem Beschwerdeführer verheiratet ist, sondern seinen Angaben nach verlobt. Erst nach der angeblich geplanten Heirat wolle sie nach Österreich ziehen.

 

Zu prüfen war daher ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Mitteilungen und der Empfehlung des Vereins Ute Bock wird vom Vorhandensein eines solchen auszugehen sein, zumal der Beschwerdeführer nach einem rund vierjährigen Aufenthalt und durch die Mitgliedschaft in einem Fußballverein naturgemäß auch Sozialkontakte hatte und hat. Das gilt auch für seinen nun begonnenen Deutschkurs und die dort Lehrenden und Teilnehmenden.

 

Im Hinblick auf Art. 8 EMRK zu berücksichtigen ist, dass der Aufenthalt des - volljährigen und arbeitsfähigen - Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit seiner Einreise gut vier Jahre gedauert hat, dieser allerdings bereits im Monat nach seiner Einreise wegen einer Straftat inhaftiert werden musste. Spätestens ab der Mitteilung am 13.09.2013, dass das BAA die Zurückweisung seines Antrags beabsichtige, ist anzunehmen, dass der Beschwerdeführer sich seines unsicheren Aufenthalts bewusst sein musste, was gegen eine Aufenthaltsverfestigung spricht. Außerdem fußte der Aufenthalt auf einem Asylantrag, der unbegründet und im Anschluss an eine illegale Einreise gestellt worden war, dem Ignorieren der Ausreiseverpflichtung sowie der illegalen Rückkehr nach der Überstellung nach Ungarn und dem Folgeantrag.

 

Selbst bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte wäre nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken oder die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren. Der VwGH hat bei einem Fremden nach dessen mehr als zehnjährigen Aufenthaltsdauer, die ebenfalls mit einem Asylantrag begonnen hatte, die Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK mit dem Ergebnis bestätigt, dass sie zu keinem Überwiegen der privaten Interessen gelangte, zumal dem Revisionswerber die jahrelange Missachtung der Ausreiseaufforderung zum Vorwurf zu machen sei. (23.02.2017, Ra 2016/21/0340 mwH)

 

Es liegen auch keine Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen solchen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde. Der Beschwerdeführer übte in Österreich keine erlaubte Beschäftigung aus und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er konnte auch keine eigenen Existenzmittel in Österreich nachweisen.

 

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.

 

Es würde eine Benachteiligung jener Fremden gleichkommen, die die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen in Österreich beachten, wenn sich der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen könnte, obwohl er seinen Aufenthalt lediglich durch seine faktische Einreise und einen unbegründeten Asylantrag erzwungen hat und entgegen der Ausreiseverpflichtung fortsetzte. In letzter Konsequenz würde ein solches Verhalten zu einer unsachlichen und damit verfassungswidrigen Differenzierung der Fremden untereinander führen.

 

Im Fall des Beschwerdeführers kommt hinzu, dass er bereits im ersten Monat nach seiner Einreise durch die begangene Straftat ein Verhalten gesetzt hat, das keine Achtung der rechtlich in Österreich geschützten Werte zeigt.

 

Eine Rückkehrentscheidung steht weder der Leistung von Unterhalt an die Tochter des Beschwerdeführers entgegen, noch deren Treffen oder seiner allfälligen Heirat mit deren Mutter in einem Drittland. Auch die spätere Erlangung eines Aufenthaltstitels aus diesem Grund ist damit nicht ausgeschlossen, was angesichts der in § 60 Abs. 2 FPG vorgesehenen Verkürzungsmöglichkeit auch für das mit Spruchpunkt VI verhängte Einreiseverbot gilt.

 

Gegenwärtig fehlt dem Beschwerdeführer jedoch wie dargestellt ein Familienleben im Inland zur Gänze. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

 

3.3.3 Zulässigkeit der Abschiebung

 

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, die Festlegung eines solchen Staates wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.

 

Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.

 

§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre.

 

Es fehlt auch jedes Indiz dafür, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt Gefahr laufen würde in seinem Leben beeinträchtigt oder gar getötet würde.

 

Zudem liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und damit die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre.

 

Der Beschwerdeführer wird aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes in der Lage sein, in Nigeria zumindest notdürftig leben zu können. Er ist dort aufgewachsen und hat über zwei Drittel seines Lebens dort verbracht. Er spricht Ibo und Englisch und hat im Heimatland auch schon Berufserfahrung gesammelt.

 

Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Es genügt nicht für die Annahme, der Beschwerdeführer würde nach seiner Rückkehr keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, dass er möglicherweise in Österreich – auch ohne Straftaten – wirtschaftlich besser leben kann als im Herkunftsland. Somit fehlen im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

 

Zudem besteht in Nigeria keine so extreme Gefahrenlage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.

 

Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass in Nigeria das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht neu behauptet.

 

Eine der Abschiebung nach Nigeria entgegenstehende Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besteht nicht.

 

Daher erwiesen sich die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung als rechtmäßig und die Beschwerde daher insoweit als unbegründet.

 

Die Beschwerde war daher – von der Richtigstellung abgesehen – auch betreffend den Spruchpunkt III abzuweisen.

 

3.4 Zum Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV):

 

Das BFA hat die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt und dies mit den im folgenden Punkt zu erörternden Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Z. 5 BFA-VG begründet. Wie zu zeigen sein wird, hat es diese Bestimmung zu Recht angewendet.

 

In § 55 Abs. 1a FPG ist festgelegt, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise dann nicht besteht, wenn das BFA einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt hat. Die Feststellung in Spruchpunkt IV ist daher korrekt, weshalb der Beschwerde auch in diesem Punkt der Erfolg versagt bleibt.

 

3.5 Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt V):

 

Nach § 18 Abs. 1 Z. 5 BFA-VG kann das BFA die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung aberkennen, wenn das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht.

 

Das ist nach der Rechtsprechung unter anderem der Fall, wenn Umstände vorliegen, die besonders deutlich die Unrichtigkeit der erstatteten Angaben vor Augen führen (VwGH 21.08.2001, 2000/01/0214). Das BFA hält dazu im Bescheid fest, dass das Vorbringen "gänzlich als unglaubwürdig zu betrachten" sei und "offensichtlich nicht tatsächlich erlebten Ereignissen entspricht" (S. 75, AS 201).

 

Eine differenziertere Betrachtung ergibt, dass sich zwar aus dem späten Zeitpunkt, in welchem der Beschwerdeführer seine nunmehr behaupteten Fluchtgründe ausführt, für sich allein noch keine offensichtliche Tatsachenwidrigkeit ergibt. Die Wissenslücken betreffend die eigene Familie, bei der er sich immerhin zwei Jahrzehnte aufgehalten hat, sowie das zeitliche Auseinanderfallen vom behaupteten Erkennen der Gefahr einer- und Verlassen des Landes andererseits, wie sie in der Einvernahme zutage traten, vermitteln aber dann deutlich genug, dass die Schilderung des Geschehens unrichtig ist. Diese Deutlichkeit lässt das BFA zu Recht von einer offensichtlichen Tatsachenwidrigkeit ausgehen.

 

Daher durfte das BFA die aufschiebende Wirkung aberkennen, weshalb sich die Beschwerde auch betreffend den Spruchpunkt V als unbegründet erweist.

 

3.6 Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt VI):

 

Nach § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, und zwar grundsätzlich für bis zu 10 Jahre. Eine solche Tatsache, die auch bei der Bemessung der Dauer berücksichtigt werden muss, ist nach Z. 1 die gerichtliche Verurteilung des Drittstaatsangehörigen zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten, oder auch seine mehrfache Verurteilung wegen strafbarer Handlungen, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen.

 

Der Beschwerdeführer wurde 2013 im ersten Monat nach seiner Einreise bereits wegen eines Drogendelikts festgesetzt und anschließend von einem österreichischen Strafgericht zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten, fünf davon teilbedingt nachgesehen, verurteilt. Damit ist die Voraussetzung des § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG gegeben, weil die Dauer der Strafe sechs Monate übersteigt.

 

Der Strafrahmen des § 27 Abs. 3 SMG beträgt drei Jahre. Der Beschwerdeführer wurde als unbescholtener Ersttäter bereits mit einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von rund 20 % der Höchststrafe bestraft, was auf ein deutlich höheres Maß an Schuld hindeutet, als es bei solchen Erstverurteilungen ansonsten vorliegt.

 

Angesichts dieses Fehlverhaltens des Beschwerdeführers gefährdet sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Es besteht kein Zweifel, dass von ihm eine massive Gefährdung des gewichtigen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Kriminalität, speziell von Drogendelikten ausgeht.

 

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen somit das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Kriminalität und das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Ordnung des Fremdenwesens gegenüber. Diesen kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu.

 

Würde sich ein Fremder generell in einer solchen Situation wie der des Beschwerdeführers erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so liefe dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwider.

 

Im vorliegenden Beschwerdefall war allerdings auch zu berücksichtigen, dass die Verurteilung des Beschuldigten schon vier Jahre zurückliegt, und er daraufhin seither unbescholten blieb keine weitere Strafe erhielt. Davon geht auch das BFA in seiner rechtlichen Beurteilung aus (S. 77, AS 204), wobei insofern die an einer Stelle gegenteilige Ausführung (S. 78, AS 205) einem Versehen bei der Texterstellung zuzuschreiben sein dürfte.

 

Das sind Umstände, bei denen eine Befristung mit fünf von zehn möglichen Jahren nicht unangemessen ist. Nach all dem war die Beschwerde auch betreffend diesen Spruchpunkt VI abzuweisen.

 

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

 

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

 

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist.

 

Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

 

Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist – aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Gericht knapp sieben Wochen liegen – die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Gericht, von den für die Entscheidung nicht maßgeblichen Neuerungen im Vorbringen abgesehen, zur Gänze angeschlossen.

 

Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

 

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zum gesteigerten Vorbringen in Folgeanträgen, zur Relevanz des Privat- und Familienlebens bei Rückkehrentscheidungen oder zur ganzheitlichen Verhaltensbeurteilung bei der Verhängung und Bemessung von Einreiseverboten.

 

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.

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