BVwG I403 2200586-1

BVwGI403 2200586-16.2.2020

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2200586.1.00

 

Spruch:

I403 2200586-1/16E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.06.2018, Zl. 1144038503/170256479, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.01.2020 zu Recht:

 

A)

 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Nigeria, stellte am 27.02.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen sie im Wesentlichen damit begründete, aus Nigeria wegen ihrer Homosexualität geflohen zu sein.

 

Am 05.12.2017 wurde die Beschwerdeführerin niederschriftlich durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) einvernommen. Sie gab an, aus Nigeria geflüchtet zu sein, nachdem sie von ihrer Stiefmutter gemeinsam mit ihrer Freundin entdeckt worden sei. Im Falle einer Rückkehr befürchte sie, wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt zu werden.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 13.06.2018 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.) und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Als Frist für die freiwillige Ausreise wurden 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Die Behörde beurteilte das Fluchtvorbringen als unglaubhaft und äußerte Zweifel an der behaupteten homosexuellen Orientierung der Beschwerdeführerin.

 

Gegen den angefochtenen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 09.07.2018 Beschwerde erhoben. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag auf internationalen Schutz Folge gegeben und der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wird; in eventu der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird; in eventu ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt wird; in eventu den Bescheid ersatzlos beheben und zur neuerlichen Verhandlung an das BFA zurückverweisen; die ausgesprochene Rückkehrentscheidung und den Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria aufheben; der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen; die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung anordnen. Die Beschwerdeführerin ergänzte den Beschwerdeschriftsatz durch eine handschriftliche Darlegung ihres Fluchtgrundes.

 

Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 11.07.2018 vorgelegt.

 

Die Beschwerdeführerin informierte mit Schreiben vom 19.02.2019 darüber, dass sie aufgrund eines einzigen Sexualkontaktes mit einem Bekannten schwanger geworden sei; sie sei aber homosexuell.

 

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.09.2019 wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung der erkennenden Richterin zugewiesen.

 

Am 29.01.2020 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle XXXX, eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Beschwerdeführerin, ihrer rechtsfreundlichen Vertretung sowie einer Vertreterin der belangten Behörde durchgeführt. Der Vater des Sohnes der Beschwerdeführerin wurde als Zeuge befragt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Zur Person und zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin:

 

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige Nigerias. Ihre Identität steht nicht fest, sie hat bislang auch nicht die Ausstellung eines Reisepasses bei der nigerianischen Botschaft beantragt. Sie ist volljährig, Angehörige der Volksgruppe Edo und bekennt sich zum christlichen Glauben.

 

Die Beschwerdeführerin stammt aus Benin City und hat dort sechs Jahre die Schule besucht. Ihre Eltern leben getrennt, ihre Mutter führt einen Kleiderhandel. Die Beschwerdeführerin steht in regelmäßigem Kontakt mit ihrer Mutter (ein bis zweimal wöchentlich). Ihre Familie befindet sich in einer durchschnittlichen Einkommenssituation.

 

Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin kann nicht festgestellt werden, dass diese aufgrund ihrer sexuellen Orientierung in Nigeria der Gefahr einer staatlichen Verfolgung ausgesetzt ist. Das entsprechende Vorbringen ist nicht glaubhaft. Auch das Vorbringen rund um die Verbringung nach Europa durch eine angebliche Freundin ist widersprüchlich; eine daraus resultierende Bedrohung wurde zudem nicht vorgebracht, so dass sich auch hier keine Verfolgung ergibt.

 

Die Beschwerdeführerin ist im Fall ihrer Rückkehr nach Nigeria auch keiner wie immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt, sie könnte von ihrer Mutter unterstützt werden.

 

Die Beschwerdeführerin hält sich seit (mindestens) 21.02.2017 im Bundesgebiet auf. Seit 19.03.2019 lebt sie mit dem nigerianischen Staatsbürger XXXX zusammen, der in Österreich aufgrund einer - inzwischen geschiedenen - Ehe mit einer freizügigkeitsberechtigen Ungarin aufenthaltsberechtigt ist. Er verfügt über die "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" und hat gegenwärtig einen "Daueraufenthaltstitel-EU" beantragt. Am XXXX wurde der gemeinsame Sohn XXXX geboren, der aufgrund seines Vaters ebenfalls über ein Aufenthaltsrecht in Österreich verfügt. Beide Elternteile kümmern sich um das Kind, vorrangig aber die Beschwerdeführerin, da der Vater des Kindes als Taxifahrer arbeitet.

 

Die Beschwerdeführerin bestreitet ihren Lebensunterhalt in Österreich durch die Grundversorgung. Sie hat am 13.05.2019 den Pflichtschulabschluss gemacht und die B1-Integrationsprüfung abgelegt. Sie hat auch zahlreiche Freundschaften in Österreich geschlossen.

 

Die Beschwerdeführerin ist bislang unbescholten, doch ist sie beschuldigt und geständig, am 10.01.2020 in einem Geschäft Waren im Wert von € 47,49 gestohlen zu haben.

 

Die Beschwerdeführerin leidet an keiner gesundheitlichen Beeinträchtigung und ist erwerbsfähig.

 

Die Fortführung des gemeinsamen Familienlebens mit XXXX und XXXX in Nigeria ist möglich und zumutbar. Zudem steht der Beschwerdeführerin die Möglichkeit offen, einen Einreise- bzw. Aufenthaltstitel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zu beantragen.

 

1.2. Zur Situation in Nigeria:

 

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 13.06.2018 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria auszugsweise zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, denn in den entscheidungsrelevanten Punkten gab es auch keine Änderung durch das aktualisierte Länderinformationsblatt vom 12.04.2019, das im Folgenden ausschnittsweise zitiert wird:

 

Frauen

 

Auch wenn die Verfassung Gleichberechtigung vorsieht (USDOS 13.3.2019; vgl. AA 10.12.2018), kommt es zu beachtlicher ökonomischer Diskriminierung von Frauen (USDOS 13.3.2019). Frauen werden in der patriarchalischen und teilweise polygamen Gesellschaft Nigerias in vielen Rechts- und Lebensbereichen benachteiligt, v.a. dort, wo traditionelle Regeln gelten. So sind Frauen in vielen Landesteilen aufgrund von Gewohnheitsrecht von der Erbfolge nach ihrem Ehemann ausgeschlossen. Vor allem im Osten des Landes müssen sie entwürdigende und die persönliche Freiheit einschränkende Witwenzeremonien über sich ergehen lassen (z.B. werden sie gezwungen, sich den Kopf zu rasieren oder das Haus für einen bestimmten Zeitraum nicht zu verlassen oder sind rituellen Vergewaltigungen ausgesetzt). Darüber hinaus können Frauen im Norden zum Teil keiner beruflichen Betätigung nachgehen, weil sie die familiäre Wohnung ohne Begleitung eines männlichen Angehörigen nicht verlassen dürfen (AA 10.12.2018). Die geschlechtsspezifische Diskriminierung im Rechtssystem konnte allerdings reduziert werden (BS 2018).

 

Auf Bundesstaats- und Bezirksebene (LGA) spielen Frauen kaum eine Rolle. Jene mit Sekundär- und Tertiärbildung haben Zugang zu Arbeitsplätzen in staatlichen und öffentlichen Institutionen. Immer mehr Frauen finden auch Arbeit im expandierenden Privatsektor (z.B. Banken, Versicherungen, Medien). Einige Frauen besetzen prominente Posten in Regierung und Justiz, z.B. eine Richterin beim Obersten Gerichtshof und die Finanzministerin (BS 2018).

 

Rechtlich ist keine Vorschrift vorhanden, die gleiche Bezahlung für Frauen und Männer für gleichwertige Tätigkeiten festschreibt. Es gibt auch kein Diskriminierungsverbot bei der Einstellung von Angestellten. Im formalen Sektor bleiben Frauen unterrepräsentiert, während sie in der informellen Wirtschaft eine bedeutende Rolle spielen (Landwirtschaft, Nahrungsmittel, Märkte, Handel) (USDOS 13.3.2019).

 

Das Gesetz Violence Against Persons Prohibition Act (VAPP) befasst sich mit sexueller, körperlicher, psychologischer und sozioökonomischer Gewalt sowie mit schädlichen traditionellen Praktiken. Laut dem VAPP stellen häusliche Gewalt, gewaltsames Hinauswerfen des Ehepartners aus der gemeinsamen Wohnung, erzwungene finanzielle Abhängigkeit, verletzende Witwenzeremonien, Genitalverstümmelung (FGM/C) usw. Straftatbestände dar. Opfer haben Anspruch auf umfassende medizinische, psychologische, soziale und rechtliche Unterstützung. Mit Stand März 2018 ist das Gesetz erst im Federal Capital Territory (FCT) und den Bundesstaaten Anambra, Ebonyi und Oyo gültig, in anderen Bundesstaaten erst, sobald es dort verabschiedet wird (USDOS 13.3.2019).

 

Häusliche Gewalt ist weit verbreitet und wird sozial akzeptiert, die Polizei schreitet oft nicht ein. In ländlichen Gebieten zögern Polizei und Gerichte, in Fällen aktiv zu werden, in welchen die Gewalt das traditionell akzeptierte Ausmaß des jeweiligen Gebietes nicht übersteigt (USDOS 13.3.2019).

 

Geschlechtsspezifische Gewalt ist in Nigeria auf nationaler Ebene nicht unter Strafe gestellt. Einige Bundesstaaten, hauptsächlich im Süden gelegene, haben Gesetze, die geschlechtsspezifische Gewalt verbieten oder versuchen bestimmte Rechte zu schützen. Für häusliche Gewalt sieht das VAPP eine Haftstrafe von maximal drei Jahren, eine Geldstrafe von höchstens 200.000 Naira oder eine Kombination von Haft- und Geldstrafe vor (USDOS 20.4.2018).

 

Vergewaltigung steht unter Strafe. Gemäß dem VAPP beträgt das Strafmaß zwischen zwölf Jahren und lebenslänglicher Haft. Es sieht auch ein öffentliches Register von verurteilten Sexualstraftätern vor. Auf lokaler Ebene sollen Schutzbeamte ernannt werden, die sich mit Gerichten koordinieren und dafür sorgen sollen, dass die Opfer relevante Unterstützung bekommen. Das Gesetz enthält auch eine Bestimmung, welche Gerichte dazu ermächtigt, Vergewaltigungsopfern eine angemessene Entschädigung zuzusprechen. Vergewaltigungen bleiben aber weit verbreitet. Aus einer Studie geht hervor, dass der erste sexuelle Kontakt bei drei von zehn Mädchen im Alter von 10 bis 19 Jahren eine Vergewaltigung war (USDOS 13.3.2019).

 

Das Bundesgesetz kriminalisiert seit 2015 FGM/C auf nationaler Ebene (USDOS 13.3.2019; vgl. AA 10.12.2018; GIZ 4.2019b), dieses Gesetz ist aber bisher nur in einzelnen Bundesstaaten umgesetzt worden (AA 10.12.2018), nach anderen Angaben gilt es bis dato nur im Federal Capital Territory. 13 andere Bundesstaaten haben ähnliche Gesetze verabschiedet (EASO 11.2018b). Die Regierung unternahm im Jahr 2018 keine Anstrengungen, FGM/C zu unterbinden (USDOS 13.3.2019). Andererseits wird mit unterschiedlichen Aufklärungskampagnen versucht, einen Bewusstseinswandel einzuleiten. Bei der Verbreitung gibt es erhebliche regionale Unterschiede. In einigen - meist ländlichen - Regionen im Südwesten und in der Region Süd-Süd ist die Praxis weit verbreitet, im Norden eher weniger (AA 10.12.2018). Während im Jahr 2013 der Anteil beschnittener Mädchen und Frauen noch bei 24,8 Prozent lag, waren es 2017 nur noch 18,4 Prozent (EASO 11.2018b).

 

Für Opfer von FGM/C bzw. für Frauen und Mädchen, die von FGM/C bedroht sind, gibt es Schutz und/oder Unterstützung durch staatliche Stellen und NGOs (UKHO 2.2017). Frauen, die von FGM/ C bedroht sind und die nicht in der Lage oder nicht willens sind, sich dem Schutz des Staates anzuvertrauen, können auf sichere Weise in einen anderen Teil Nigerias übersiedeln, wo es sehr unwahrscheinlich ist, dass sie von ihren Familienangehörigen aufgespürt werden. Frauen, welche diese Wahl treffen, können sich am neuen Wohnort dem Schutz von Frauen-NGOs anvertrauen (UKHO 12.2013; vgl. UKHO 2.2017).

 

Die Hauptaufgaben der Bundesbehörde NAPTIP (National Agency for the Prohibition of Trafficking in Person) sind Bekämpfung des Menschenhandels, Verfolgung der Täter im Bereich Menschenhandel und Schutzmaßnahmen für Opfer (temporäre Unterkunft, Beratung, Rehabilitierung, Reintegration und Zugang zur Justiz). Obwohl die Behörde im Jahr 2017 deutlich höhere Geldmittel als im Vorjahr erhielt, verfügt sie über zu geringe Ressourcen (EASO 2.2019). Oba Ewuare, König von Benin (Bundesstaat Edo) hat am 9.3.2018 alle Opfern des Menschenhandels auferlegten Flüche für nichtig erklärt, und im Gegenzug jene, welche die Flüche ausgesprochen haben, ihrerseits mit einem Fluch belegt. Bei der Zeremonie waren Priester und traditionelle Heiler sowie Vertreter von NAPTIP eingeladen (Vanguard 10.3.2018; vgl. Iroko 21.3.2018). Üblicherweise sollen Opfer von Menschenhandel durch die auferlegten Flüche dazu gezwungen werden, die Namen der Täter nicht preiszugeben. NAPTIP geht davon aus, dass nunmehr die Strafverfolgung in solchen Fällen erleichtert wird (Vanguard 10.3.2018).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

_NGA_-_FGM_-_v_1_0.pdf, Zugriff 19.11.2018

 

 

 

(Alleinstehende) Frauen: interne Relokation, Rückkehr, Menschenhandel

 

Für alleinstehende Rückkehrerinnen ist keine generelle Aussage möglich. Nigeria verfügt über eine Anzahl staatlicher und halbstaatlicher Einrichtungen, insbesondere die National Agency for the Prohibition of Trafficking in Persons (NAPTIP), die sich um die Rehabilitierung und psychologische Betreuung rückgeführter Frauen annehmen und in jeder der sechs geopolitischen Zonen Regionalbüros unterhalten. NAPTIP kann als durchaus effektive nigerianische Institution angesehen werden und kooperiert mit mehreren EU-Staaten bei der Reintegration, ist Rückführungspartner für Drittstaaten und leistet u.a. Integrationshilfe (ÖB 10.2018). Die Agentur ist außerdem für die Bekämpfung des Menschenschmuggels zuständig, hat seit ihrer Gründung 2003 359 Verurteilungen von Schleppern erreicht sowie bis heute mehr als 13.000 Opfern von Menschenhandel geholfen (AA 10.12.2018). NAPTIP ist eine zentrale Anlaufstelle für Rückkehrerinnen und bietet unter anderem mehrmonatige Rehabilitierung (psychologische Betreuung) und Berufstraining für ehemalige Zwangsprostituierte an (ÖB 10.2018).

 

Es gibt viele Frauengruppen, welche die Interessen von Frauen vertreten, praktische Hilfe und Zuflucht anbieten (UKHO 8.2016a). Vom Office of the Special Adviser to the President on Relations with Civil Society erhielt die österreichische Botschaft eine Liste mit 203 auf Seriosität/Bonität geprüften NGOs, die sich um Rehabilitierung, Fortbildung und medizinische Betreuung/Versorgung sämtlicher Bevölkerungsgruppen des Staates bemühen. Darin werden regionale bzw. das ganze Staatsgebiet umfassende Organisationen aufgelistet, die sich um Witwen, Vollwaisen, minderjährige Mütter, alleinstehende Frauen, Albinos, HIV-Positive, Ex- Häftlinge, Häftlinge, Prostituierte, Alphabetisierung, FGM oder Opfer häuslicher Gewalt bemühen. Diese Organisationen betreiben Wohn- und Bildungsmöglichkeiten für Frauen, Waisen sowie körperlich und geistig Behinderte. Zusätzlich unterstützen Gattinnen der Gouverneure eigene "pet projects". Die bekannteste Vertreterin ist Dr. Amina Titi Atiku Abubakar, Gründerin und Vorsitzende der NGO WOTCLEF, die es bis zur Akkreditierung durch die UN gebracht hat und zahlreiche Projekte im Frauenbereich unterstützt (ÖB 10.2018).

 

Im traditionell konservativen Norden, aber auch in anderen Landesteilen, sind alleinstehende Frauen oft erheblichem Druck der Familie ausgesetzt und können diesem häufig nur durch Umzug in eine Stadt entgehen, in der weder Familienangehörige noch Freunde der Familie leben. Im liberaleren Südwesten des Landes - und dort vor allem in den Städten - werden alleinstehende oder allein lebende Frauen eher akzeptiert (AA 10.12.2018). Die Verfassung und Gesetze sehen interne Bewegungsfreiheit vor und Berichten zufolge treten Frauen aus dem ganzen Land kurze oder lange Reisen alleine an. Die Bewegungsfreiheit der Frauen aus muslimischen Gemeinden in den nördlichen Regionen ist jedoch stärker eingeschränkt. Im Allgemeinen ist eine interne Relokation insbesondere für alleinstehende und kinderlose Frauen nicht übermäßig hart - z.B. im Falle der Flucht vor einer lokalen Bedrohung, die von ihrer Familie oder nicht-staatlichen Akteuren ausgeht (UKHO 8.2016a).

 

Eine Auswahl spezifischer Hilfsorganisationen für Frauen:

 

African Women Empowerment Guild (AWEG): 29, Airport Road, Benin

City, Edo State Tel.: 08023514832, 08023060147, Email:

info@awegng.org (AWEG o.d.a). Die AWEG ist eine ausschließlich weibliche nicht profitorientierte NGO. Zielgruppe sind Frauen und Jugendliche. Spezielle Programme zielen darauf ab, Frauen beim Erwerb von Fähigkeiten im Bildungsbereich sowie im sozialen, ökonomischen und politischen Bereich zu unterstützen. AWEG führt Studien zu geschlechtsspezifischer Gewalt durch (AWEG o.D.b).

 

Women Aid Collective (WACOL), No 9 Matthias Ilo Avenue, New Haven Extension by Akanu Ibia Airport Flyover, Enugu State. Tel:

+234-8095757590, +234-9091333000, Email: wacolnig@gmail.com , wacolnig@yahoo.com , wacolenugu@wacolnigeria.org . WACOL ist eine Wohltätigkeitsorganisation und bietet verschiedene Unterstützung an:

Schulungen, Forschung, Rechtsberatung, Unterkunft, kostenloser Rechts- und Finanzbeistand, Lösung familieninterner Konfliktsituationen, Informationen und Bücherdienste (WACOL o.D.).

 

Women Advocates Research and Documentation Center (WARDC), 9b james Oluleye Crescent (Harmony Enclave), off Adeniyi Jones by Koko bus stop, Ikeja, Lagos State, (+234) 818 005 6401, Email:

womenadvocate@yahoo.com (WARDC o.d.a). WARDC ist eine Frauenrechts-NGO für weibliche Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt und anderer Menschenrechtsverletzungen. Ca. sechs Frauen pro Woche werden diesbezüglich in rechtlicher und sozialer Hinsicht beraten (WARDC o.d.b.).

 

Womens Health and Equal Rights Initiative (WHER), Adresse nicht online verfügbar, +234 818 645 7675, Email: wher@whernigeria.org (WHER o.d.a): WHER ist eine NGO zur Unterstützung von Frauen, die Angehörige einer sexuellen Minderheit sind (WHER o.d.b).

 

The Women's Consortium of Nigeria (WOCON): 13 Okesuna Street, Off Igbosere Road, Lagos, Nigeria, Tel: +234 8033188767, +234 8037190133, +234 8033347896, Email:

 

wocon95@yahoo.com , info@womenconsortiumofnigeria.org (WOCON o.D.a). WOCON ist eine gemeinnützige NGO, die sich der Durchsetzung der Frauenrechte und der Erzielung von Gleichheit, persönlicher Entwicklung und Frieden widmet. Ziel ist die Aufklärung bezüglich Menschenhandel und der Kampf gegen den Menschenhandel (WOCON o.D.b).

 

Women's Rights Advancement and Protection Alternative (WRAPA): 19, Monrovia Street, Off Aminu Kano Way, Wuse II Abuja, Tel.:

08188699961, 08172125692, 07063807887, Email: Wrapa399@gmail.com , wrapa399@yahoo.com . WRAPA ist eine Organisation, die bundesweit für Frauenrechte eintritt. Aktivitäten umfassen kostenfreie Rechtsberatung, Ausbildung, Mobilisation, Sensibilisierung und Meinungsbildung bezüglich rechtlicher Reformen. Jede Frau, die in irgendeiner Form einen Eingriff in ihre Rechte bzw. eine Diskriminierung erlitten hat, kann in den Genuss der Unterstützung von WRAPA kommen (WRAPA, o.D.).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

_Nigeria_-_Women.pdf, Zugriff 13.11.2018

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Homosexuelle

 

Homosexuelle Handlungen jeglicher Art sind - unabhängig vom Geschlecht der betroffenen Personen - sowohl nach säkularem Recht (AA 10.12.2018; vgl. GIZ 4.2019b) als auch nach Scharia-Recht (Körperstrafen bis hin zum Tod durch Steinigung in besonderen Fällen) strafbar. Allerdings sind kaum Fälle strafrechtlicher Verfolgung einvernehmlicher homosexueller Handlungen bekannt geworden (AA 10.12.2018). § 214 des Strafgesetzbuchs sieht 14 Jahre Haft für gleichgeschlechtliche Beziehungen vor (ÖB 10.2018). Der im Jänner 2014 verabschiedete Same Sex Marriage Prohibition Act (SSMPA) sieht zudem vor, dass homosexuelle Paare, die heiraten oder öffentlich ihre Zuneigung zeigen, mit Haft bestraft werden können. Das Gesetz sieht bis zu 14 Jahre Haft für Eheschließungen und zivilrechtliche Partnerschaften zwischen zwei Frauen oder zwei Männern vor (ÖB 10.2018; vgl. USDOS 13.3.2019, GIZ 4.2019b). Wer seine Liebesbeziehung zu einem Menschen des gleichen Geschlechts direkt oder indirekt öffentlich zeigt, soll dem Gesetz zufolge mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden können (ÖB 10.2018). Die gleiche Strafe ist für die Gründung und Unterstützung von Clubs, Organisationen oder anderen Einrichtungen für Schwule und Lesben vorgesehen (ÖB 10.2018; vgl. AA 10.12.2018).

 

In den zwölf nördlichen Bundesstaaten, wo das islamische Recht in Kraft ist, können homosexuelle Handlungen mit Haft, Stockschlägen oder Tod durch Steinigung bestraft werden (USDOS 13.3.2019; vgl. HL1 16.11.2015; DS1 20.11.2015). Aktivisten sind keine Fälle bekannt, bei denen die Todesstrafe umgesetzt wurde (USDOS 13.3.2019; vgl. HL1 16.11.2015; DS1 20.11.2015).

 

Insgesamt kam es auch unter der Scharia nur zu wenigen Verurteilungen (HL1 16.11.2015; vgl. DS1 20.11.2015).

 

Homosexuelle versuchen auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen und weitverbreiteter Vorbehalte in der Bevölkerung, ihre sexuelle Orientierung zu verbergen (AA 10.12.2018). Der SSMPA hat zu einer weiteren Stigmatisierung von Lesben und Schwulen geführt. Diese werden oftmals von der Polizei schikaniert und misshandelt und von der Bevölkerung gemobbt oder mittels Selbstjustiz verfolgt (GIZ 4.2019b). Erpressung und Gewalt treten oft schon beim Verdacht auf, homosexuell zu sein (MSMA 17.11.2015; vgl. LLM 16.11.2015). Die meisten Menschenrechtsverletzungen gegen Homosexuelle gehen von nicht-staatlichen Akteuren aus (LLM 16.11.2015; vgl. MSMK 19.11.2015). Die Verfügbarkeit von staatlichem Schutz ist in Frage zu stellen, manchmal interveniert die Polizei gar nicht oder verhaftet das Opfer (MSMA 17.11.2015; vgl. DS3 18.11.2015; DS1 20.11.2015). Opfer von Menschenrechtsverletzungen haben es extrem schwer, Vergehen bei den Behörden zu melden, denn es herrscht Angst vor Stigmatisierung, weiterer Gewalt und Diskriminierung. Es gibt viele Fälle, in denen Polizeibeamte Personen, von denen angenommen wird, dass sie sexuellen Minderheiten angehören, willkürlich verhaften. In der Folge werden hohe Geldsummen für die Freilassung gefordert. Staatliche Stellen sind häufig selbst die Täter bei Menschenrechtsverletzungen oder handeln in Kooperation mit nichtstaatlichen Akteuren (TIERS 12.2018).

 

Im Rahmen der Verabschiedung des SSMPA 2014 kam es zu einer Zunahme an Fällen von Belästigung und Drohung. Es wurde von zahlreichen Verhaftungen berichtet. Allerdings wurden die Verhafteten in allen Fällen ohne eine formelle Anklage nach Zahlung einer Geldsumme freigelassen, die oftmals nichts anderes als ein Bestechungsgeld war. Im Jahr 2017 kam es erstmals zu Anklagen unter dem SSMPA. Im November 2017 wurden ein Hotelbesitzer und zwei seiner Mitarbeiter wegen Unterstützung homosexueller Aktivitäten angeklagt. Im Dezember 2017 wurden die drei Angeklagten auf Kaution freigelassen und im August 2018 wurde das Verfahren eingestellt. Ansonsten ist keine strafrechtliche Verfolgung gemäß dem SSMPA feststellbar (USDOS 13.3.2018). Nach anderen Angaben wurden vereinzelt langjährige Haftstrafen verhängt; als Beispiel wird ein Fall aus dem Bundesstaat Kano vom Dezember 2016 genannt (ÖB 10.2018). Eine generelle bzw. systematische "staatliche Verfolgung" ist derzeit nicht gegeben (ÖB 10.2018; vgl. AA 10.12.2018). Die Rechtsänderung hat bisher nicht zu einer flächendeckenden verschärften Strafverfolgung geführt (AA 10.12.2018). Allerdings dient das Gesetz zur Rechtfertigung von Menschenrechtsverletzungen wie Folter, sexueller Gewalt, willkürlicher Haft, Erpressung von Geld sowie Verletzung von Prozessrechten (USDOS 13.3.2019).

 

Gesellschaftliche Diskriminierung bei offenem Zurschaustellen der sexuellen Orientierung ist vorhanden (ÖB 10.2018; vgl. AA 10.12.2018). Die Community wird nicht überwacht (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015; DS2 19.11.2015). Die Polizei wird nicht aus eigenem Antrieb aktiv und sucht gezielt nach Homosexuellen (HL1 16.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015). Die Polizei verhaftet Verdächtige in erster Linie mit dem Ziel, Geld zu erpressen. Grundsätzlich kommen Verdächtige nach der Zahlung einer "Kaution" wieder frei (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015). Aufgrund der bei der Polizei herrschenden Korruption ist es einfach, sich aus der Haft freizukaufen (VA1 16.11.2015).

 

Auch für betroffene Homosexuellen-NGOs hatte der SSMPA kaum Auswirkungen, keine der Organisationen musste die Arbeit einstellen (LLM 16.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015; DS2 19.11.2015). Im Gesundheitsbereich tätige NGOs mit Fokus auf Homosexuelle (v.a. HIV/AIDS) stellten zwar Anfang 2014 kurzfristig den Betrieb ein, doch wurde dieser nach wenigen Wochen wieder aufgenommen und läuft seither wie vor Inkrafttreten des SSMPA (IO1 20.11.2015).

 

Die meisten Homosexuellen-NGOs haben ihre Basis in den Hauptstädten der Bundesstaaten (DS3 18.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015; MSMA 17.11.2015). Üblicherweise sind die Homosexuellen- NGOs den Betroffenen bekannt (DS3 18.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015). Es existieren auch eigene HIV/AIDS-Kliniken, die gezielt für homosexuelle Patienten eingerichtet wurden (IO1 20.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015).

 

Verschiedene NGOs bieten Angehörigen sexueller Minderheiten rechtliche Beratung und Schulungen in Meinungsbildung, Medienarbeit und Bewusstseinsbildung in Bezug auf HIV an (USDOS 13.3.2019). Es existieren Netzwerke von Menschenrechtsanwälten, welche - im Falle der Verhaftung eines Homosexuellen - unmittelbar kontaktiert werden und die Person gegen "Kaution" freizukaufen versuchen (IO1 20.11.2015). Die Anwälte sind organisiert, es gibt unterschiedliche Vereine, z.B. Lawyers League for Minorities, Lawyers Alert oder die Coalition of Human Rights Lawyers (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015). Homosexuellen-Netzwerke verschiedener Landesteile bzw. Städte sind miteinander in Kontakt (MSMA 17.11.2015; vgl. LLM 16.11.2015). Die Netzwerke und Organisationen bieten auch Unterstützung und Zufluchtsmöglichkeiten an (USDOS 20.4.2018; vgl. MSMA 17.11.2015; LLM 16.11.2015).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Grundversorgung

 

Die nigerianische Wirtschaft hat sich 2017 allmählich aus der schlimmsten Rezession seit 25 Jahren erholt, das BIP ist um 0,55 Prozent gestiegen. Mehrere Faktoren haben dazu beigetragen, dass sich die nigerianische Wirtschaft seit Ende 2017 allmählich wieder erholt, unter anderem eine Steigerung der Erdölförderleistung, die Erholung des Erdölpreises und eine verbesserte Leistung von Landwirtschaft und Dienstleistungssektor (GIZ 4.2019c).

 

Etwa 80 Prozent der Gesamteinnahmen Nigerias stammen aus der Öl- und Gasförderung (AA 10.12.2018). Neben Erdöl verfügt das Land über z.B. Zinn, Eisen-, Blei-, und Zinkerz, Kohle, Kalk, Gesteine, Phosphat - gesamtwirtschaftlich jedoch von geringer Bedeutung (GIZ 4.2019c). Von Bedeutung sind hingegen der (informelle) Handel und die Landwirtschaft, welche dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bieten (AA 10.12.2018). Der Industriesektor (Stahl, Zement, Düngemittel) machte 2016 ca. 20 Prozent des BIP aus. Neben der Verarbeitung von Erdölprodukten werden Nahrungs- und Genussmittel, Farben, Reinigungsmittel, Textilien, Brennstoffe, Metalle und Baumaterial produziert. Industrielle Entwicklung wird durch die unzureichende Infrastruktur (Energie und Transport) behindert (GIZ 4.2019c).

 

Über 60 Prozent der Nigerianer sind in der Landwirtschaft beschäftigt, in ländlichen Gebieten über 90 Prozent (AA 9 .2018c). Der Agrarsektor wird durch die Regierung Buhari stark gefördert. Dadurch hat etwa der Anteil an Großfarmen zugenommen (GIZ 4.2019c; vgl. AA 9 .2018c). Auch die Mais- und Reisproduktion wurde dadurch kräftig ausgeweitet. Dabei ist das Potenzial der nigerianischen Landwirtschaft bei Weitem nicht ausgeschöpft (AA 9 .2018c) und das Land ist nicht autark, sondern auf Importe - v.a. von Reis - angewiesen (ÖB 10.2018; vgl. AA 9 .2018c). Über 95 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion kommt aus Subsistenzbetrieben (AA 9 .2018c). Historisch war Lebensmittelknappheit in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent. In einzelnen Gebieten im äußersten Norden (Grenzraum zu Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation allerdings schwierig. Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen, aber auch wegen der Vertreibungen als Folge der Attacken durch Boko Haram Hungerperioden für die nördlichen, insbesondere die nordöstlichen Bundesstaaten nicht aus. In Ernährungszentren nahe der nördlichen Grenze werden bis zu 25 Prozent der unter fünfjährigen Kinder wegen starker Unterernährung behandelt (ÖB 10.2018).

 

Die Einkommen sind in Nigeria höchst ungleich verteilt (BS 2018; vgl. GIZ 4.2019b). Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut (BS 2018; vgl. ÖB 10.2018), fast 50 Prozent unter der Armutsgrenze (GIZ 4.2019b).

 

Die Arbeitslosigkeit ist hoch, bei Jugendlichen wird sie auf über 20 Prozent geschätzt (GIZ 4.2019b). Offizielle Statistiken über Arbeitslosigkeit gibt es aufgrund fehlender sozialer Einrichtungen und Absicherung nicht. Geschätzt wird sie auf 20 bis 45 Prozent - in erster Linie unter 30-jährige - mit großen regionalen Unterschieden (ÖB 10.2018). Der Staat und die Bundesstaaten haben damit begonnen, Programme zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit umzusetzen. Die Resultate sind dürftig (BS 2018). Der Mangel an lohnabhängiger Beschäftigung führt dazu, dass immer mehr Nigerianer in den Großstädten Überlebenschancen im informellen Wirtschaftssektor als "self-employed" suchen. Die Massenverelendung nimmt seit Jahren bedrohliche Ausmaße an (GIZ 4.2019b).

 

Die Großfamilie unterstützt in der Regel beschäftigungslose Angehörige (ÖB 10.2018). Generell wird die Last für Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung vom Netz der Großfamilie und vom informellen Sektor getragen (BS 2018). Allgemein kann festgestellt werden, dass auch eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit findet, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2018).

 

Nur Angestellte des öffentlichen Dienstes, des höheren Bildungswesens sowie von staatlichen, teilstaatlichen oder großen internationalen Firmen genießen ein gewisses Maß an sozialer Sicherheit. Nur eine geringe Anzahl von Nigerianern (2016 ca. fünf Millionen) ist im Pensionssystem (Contributory Pension Scheme) registriert (BS 2018).

 

Programme zur Armutsbekämpfung gibt es sowohl auf Länderebene als auch auf lokaler Ebene. Zahlreiche NGOs im Land sind in den Bereichen Armutsbekämpfung und Nachhaltige Entwicklung aktiv. Frauenorganisationen, von denen Women In Nigeria (WIN) die bekannteste ist, haben im traditionellen Leben Nigerias immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch Nigerianer, die in der Diaspora leben, engagieren sich für die Entwicklung in ihrer Heimat (GIZ 4.2019c).

 

Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten. Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrerinnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerinnen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für "peppersoup", "garri" oder "pounded yam", für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt. Die Grundausstattung für eine mobile Küche ist für einen relativ geringen Betrag erhältlich. Hauptsächlich im Norden ist auch der Verkauf von bestimmten Holzstäbchen zur Zahnhygiene eine Möglichkeit, genügend Einkommen zu erlangen. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch "mini-farming" eine Möglichkeit, selbständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entweder das Sammeln der in Nigeria als "bushmeat" gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun "grasscutter" (Bisamratten-ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als "bushmeat" gezüchtet. Großfarmen bieten Tagesseminare zur Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Rascher Gewinn und gesicherte Abnahme des gezüchteten Nachwuchses sind gegeben. Schnecken und "grasscutter" finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden 10 Prozent des Gesprächspreises als Gebühr berechnet (ÖB 10.2018).

 

Quellen:

 

 

 

 

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/-/205790 , Zugriff 22.11.2018

 

 

 

 

 

Rückkehr

 

Generell kann kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung i.S.v Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Außerdem kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2018).

 

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden (AA 10.12.2018). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation" (ÖB 10.2018). Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen (AA 10.12.2018).

 

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor. Verhaftung aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig rückkehrenden Asylwerbern sind nicht bekannt (AA 10.12.2018). Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen (ÖB 10.2018). Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der zuständigen Behörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch von der NDLEA (National Drug Law Enforcement Agency) befragt (AA 10.12.2018) bzw. erkennungsdienstlich behandelt (ÖB 10.2018) und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 10.12.2018; vgl. ÖB 10.2018). Meist steigen sie in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit den Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖB 10.2018).

 

Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten (AA 10.12.2018). Aus menschenrechtlichen Erwägungen wird gegenüber nigerianischen Behörden als Grund für Abschiebungen stets "overstay" angegeben, da dieser kein strafrechtliches Delikt darstellt (ÖB 10.2018).

 

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos und anderen Landesteilen grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. eine ausreichende Versorgung dort nicht ohne weiteres gewährleistet ist. Internationale Akteure bemühen sich, neue Rückkehrer- bzw. Migrationsberatungszentren aufzubauen. Eine entsprechende Einrichtung von IOM in Benin-City, Edo State, wurde 2018 eröffnet. Gleichermaßen hat im Herbst 2018 in Lagos das Migrationsberatungszentrum der GIZ seinen Betrieb aufgenommen. Gemeinsam mit dem nigerianischen Arbeitsministerium wird dort über berufliche Perspektiven in Nigeria informiert (AA 10.12.2018).

 

Quellen:

 

 

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

 

2.1. Zum Verfahrensgang:

 

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt. Zudem wurde am 29.01.2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle XXXX, eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit der Beschwerdeführerin abgehalten.

 

2.2. Zur Person der Beschwerdeführerin:

 

Da die Beschwerdeführerin den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht ihre Identität nicht zweifelsfrei fest. In der mündlichen Verhandlung danach befragt, warum sie keinen Reisepass bei der nigerianischen Botschaft beantragt habe, antwortete die Beschwerdeführerin, dass sie nicht die Absicht habe zurückzukehren und auch gar nicht gewusst habe, dass man den Pass bei der Botschaft beantragen könne. Dem ist allerdings entgegen zu halten, dass der Vater ihres Sohnes sich einen Reisepass bei der Botschaft in Wien hatte ausstellen lassen.

 

Die Beschwerdeführerin gab immer gleichbleibend an, dass ihre Eltern in Nigeria getrennt leben würden und dass sie zwei Halbbrüder habe. Diese Angaben der Beschwerdeführerin erscheinen glaubhaft. Die Feststellung zur Einkommenssituation ihrer Familie in Nigeria ergibt sich daraus, dass die Beschwerdeführerin dem BFA am 05.12.2017 erklärte, dass ihre Familie für nigerianische Verhältnisse durchschnittlich leben würde und alle genug zum Essen hätten.

 

Die Feststellungen zu ihren Lebensumständen, ihrer gesundheitlichen Situation, ihrer Arbeitsfähigkeit, ihrer Herkunft sowie ihrer Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin vor dem BFA (Protokoll vom 05.12.2017) und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

 

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und Lebensumstände der Beschwerdeführerin in Österreich beruhen ebenfalls auf deren Aussagen vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Beschwerdeführerin legte folgende Unterlagen vor:

 

* Teilnahmebestätigung Basisbildungskurs bei "Frauen aus allen Ländern" vom 30.11.2017 und vom August 2017

 

* Zertifikat über die Teilnahme an einem Qualifizierungsprojekt vom 01.12.2017

 

* Bestätigung des Besuchs der "Übergangsstufe für Jugendliche mit geringen Kenntnissen der Unterrichtssprache Deutsch" vom 24.11.2017

 

* ÖSD-Zertifikat A1 vom 20.09.2017

 

* Zeugnis zur Integrationsprüfung des ÖIF auf Niveau B1 vom 21.03.2019

 

* Zeugnis über die Pflichtschulabschluss-Prüfung vom 13.05.2019

 

* Empfehlungsschreiben und Fotos

 

Die Feststellungen zur Familie der Beschwerdeführerin in Österreich ergeben sich aus der vorgelegten Geburtsurkunde ihres Sohnes, den Aufenthaltsberechtigungskarten ihres Sohnes und von dessen Vater J.I. sowie den Meldezetteln.

 

Dass der Vater ihres Sohnes J.I. am 20.12.2019 einen Antrag auf Erteilung eines Daueraufenthaltstitels stellte, ergibt sich aus dem vorgelegten Antragsprotokoll und einem Telefonat der erkennenden Richterin mit dem zuständigen Magistrat am 30.01.2020. Dem Antragsteller war mit Schreiben vom 20.12.2019 aufgetragen worden, innerhalb von zwei Wochen die fehlenden Unterlagen (Einkommensnachweis, Kreditschutzverbandauskunft und B1-Integrationsprüfung) vorzulegen, laut telefonischer Auskunft war der Nachweis der B1-Integrationsprüfung am 30.01.2020 noch nicht vorgelegen, bestanden ansonsten aber keine Erteilungshindernisse. Dem Auszug aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister betreffend J.I. vom 05.02.2020 ist zu entnehmen, dass zum Entscheidungszeitpunkt noch kein neuer Aufenthaltstitel vergeben wurde.

 

Dass sich sowohl die Beschwerdeführerin wie auch J.I. gemeinsam um den im Mai 2019 geborenen Sohn kümmern, ergibt sich aus ihren Aussagen in der mündlichen Verhandlung.

 

Dass die Fortsetzung des gemeinsamen Familienlebens in Nigeria möglich ist, ergibt sich daraus, dass es sich bei der Beschwerdeführerin, ihrem Sohn und dem Vater des Sohnes um nigerianische Staatsbürger handelt. Wie weiter unten noch aufgezeigt wird, hat die Beschwerdeführerin die Unterstützung ihrer in Benin City lebenden Mutter zu erwarten. Der Vater des Sohnes J.I. war im März 2019 auf Urlaub in Nigeria, so dass von keinen Rückkehrhindernissen auszugehen ist. Rückkehrhindernisse für ihn und den gemeinsamen Sohn liegen daher nicht vor; er meinte diesbezüglich in der Verhandlung nur, dass er keinen Grund sehe, in Nigeria zu leben, er wolle in Österreich leben, weil er gerne hier sei. Nachdem auch seine Familie in Benin City lebt, ist es aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes zumutbar und möglich, dass alle drei gemeinsam nach Nigeria zurückkehren und dort das Familienleben fortsetzen. Der Beschwerdeführerin stünde anderenfalls auch noch die Möglichkeit offen, dass sie - hinsichtlich ihres Sohnes - von Nigeria aus eine Niederlassungsbewilligung zur "Familienzusammenführung" beantragt.

 

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin ergibt sich aus einer Abfrage im Strafregister der Republik Österreich; die Anzeige wegen Ladendiebstahls und das Schuldeingeständnis der Beschwerdeführerin aus dem Abschlussbericht der LPD Tirol vom 31.01.2020.

 

2.3. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführerin:

 

Die Beschwerdeführerin begründete ihre gegenständliche Antragstellung im Wesentlichen mit dem Umstand, dass sie in Nigeria aufgrund ihrer sexuellen Orientierung der Gefahr einer staatlichen Verfolgung ausgesetzt sei. Sie sei von ihrer Stiefmutter beobachtet worden, als sie mit ihrer Freundin Geschlechtsverkehr gehabt habe. Ihr Vater habe dann die Polizei verständigt.

 

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.01.2020 kommt die erkennende Richterin zum Schluss, dass dieses Vorbringen nicht glaubhaft ist und die Beschwerdeführerin nicht homosexuell ist, wie im Folgenden gezeigt wird.

 

Zunächst war die Beschwerdeführerin nicht in der Lage, nachvollziehbar zu schildern, wie sie ihre eigene sexuelle Orientierung entdeckte. Sie meinte nur, dass sie ihre sexuelle Orientierung beim ersten Geschlechtsverkehr mit XXXX herausgefunden habe. Über eine Entwicklung dieser Gefühle oder über Probleme beim Entdecken ihrer eigenen sexuellen Orientierung oder ähnliches wurde nur oberflächlich berichtet. Laut den Angaben in der mündlichen Verhandlung habe sie sich immer in der Gesellschaft von Frauen wohler gefühlt. Dies passt wiederum nicht damit zusammen, dass die Beschwerdeführerin bereits im Alter von 14 Jahren eine sexuelle Beziehung zu einem Jungen einging und diese zwei Jahre lang aufrechterhielt, bis sie die Beziehung mit XXXX begann. Vor dem BFA etwa schilderte die Beschwerdeführerin ihre ersten Begegnungen mit ihrer Freundin XXXX zudem recht pragmatisch: "Sie hat mir schöne Kleider gegeben, die ihr zu klein waren. Sie hat mir Schuhe gegeben. Als ich das nächste Mal zu ihr ins Haus kam, war ich eigentlich eher an den Dingen interessiert, sie sie mir gab, als an den Dingen, die wir gemacht hatten. Denn mit dem Geld konnte ich mir Dinge kaufen, die mir meine Stiefmutter nie gegeben hätte." Die Beschwerdeführerin weckte nicht den Eindruck, dass sie den Prozess der Entdeckung einer homosexuellen Neigung, welcher in einem Land wie Nigeria, das gleichgeschlechtliche Sexualität tabuisiert, sicher Spuren hinterlässt, selbst durchlaufen hat.

 

Vor dem BFA schilderte die Beschwerdeführerin am 05.12.2017 den Ablauf des Geschehens, das zu ihrer Flucht aus Nigeria führte, folgendermaßen: "Am 04.09.2014 hat mich meine Stiefmutter erwischt. Ich hatte eine Schulfreundin namens XXXX (Nachname unbekannt) und meine Stiefmutter hat mich mit ihr in meinem Zimmer erwischt. Meine Stiefmutter sagte zu meinem Vater, dass er die Polizei anrufen soll. Mein Vater war entsetzt. Ich habe dann ein paar Kleidungsstücke zusammengepackt und bin zu meiner Mutter. An diesem Tag habe ich das erste Mal über eine Ausreise nachgedacht. Ich habe dann zwei Wochen bei meiner Mutter gewohnt. Ich habe um den 20.09.2014 schließlich meine Heimat Nigeria mit meiner Freundin namens XXXX (Nachname unbekannt) mit einem Mietauto Richtung Niger verlassen."

 

Die Schilderung der Szene erfolgte in der mündlichen Verhandlung aber anders: Vor dem BFA (siehe Zitat oben) hatte sie noch gemeint, sie habe dann ein paar Kleidungsstücke zusammengepackt, ehe sie geflohen sei. Dagegen legte sie in der mündlichen Verhandlung dar, dass ihre Stiefmutter sie gezwungen habe, 30 Minuten auf den Knien zu warten, bis der Vater nach Hause gekommen sei und dass sie danach einen kurzen Moment der Unaufmerksamkeit des Vaters genützt habe, um durch das Fenster zu flüchten. Vor dem BFA wurde daher ein geregeltes Verlassen des Hauses beschrieben, in der Verhandlung dagegen ein Sprung durch das Fenster.

 

Es ist darüber hinaus nicht nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin, obwohl sie ihren Angaben nach mitbekommen haben will, dass ihr Vater die Polizei verständigte, um sie zu XXXX zu schicken, ihre Freundin nicht warnte. Ebenso ist es nicht plausibel, dass sich die Beschwerdeführerin nie mehr nach dem Schicksal ihrer Freundin erkundigt haben will. Absolut unlogisch erscheint es auch, dass die Beschwerdeführerin sich dann die nächsten zwei bis drei Wochen bei ihrer Mutter aufgehalten haben will und dass diese, so ihre Angaben in der mündlichen Verhandlung, vom Vater erst angerufen wurde, als die Beschwerdeführerin bereits in Europa war. Es wäre für den Vater der Beschwerdeführerin wohl der erste Ort gewesen, an dem er nach der Beschwerdeführerin gesucht hätte.

 

Bereits aus diesen Angaben rund um die angebliche Flucht aus Nigeria ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht, dass die Ausreise nicht wegen der sexuellen Orientierung der Beschwerdeführerin und dem geschilderten Vorfall rund um die Entdeckung durch ihre Stiefmutter erfolgt war.

 

Vor dem BFA am 05.12.2017 erklärte die Beschwerdeführerin dann, in Österreich eine Freundin namens "XXXX" zu haben, die sie in einem Club oder in Hotels treffe. Die konkrete Frage, ob sie mit ihrer Freundin eine sexuelle Beziehung habe, bejahte die Beschwerdeführerin. Sie erklärte sich bereit, die Telefonnummer bekanntzugeben; diese wurde dem BFA am nächsten Tag übermittelt. Laut einem Aktenvermerk des BFA vom 07.12.2017 wurde der Anruf bereits erwartet; die Frau gab an, mit einem Afrikaner verheiratet zu sein und bereit zu sein, am 15.12.2017 zu einem Termin beim BFA zu erscheinen. Am 15.12.2107 informierte die Geladene das BFA, dass sie den Termin aus "persönlichen und gesundheitlichen Gründen" absagen müsse, unterzeichnete die Email aber mit einem anderen Namen als "XXXX". Die Beschwerdeführerin wurde mit Parteiengehör vom 10.01.2018 aufgefordert, den vollen Namen und die Adresse jener Frau bekanntzugeben, mit welcher sie eine sexuelle Beziehung geführt habe. Mit Schreiben vom 23.01.2018 erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie versehentlich die falsche Nummer angegeben habe; "XXXX" sei aber nicht mehr erreichbar und ihren Nachnamen wisse sie nicht. Übermittelt wurde ein Foto, das die Beschwerdeführerin mit einer anderen Frau zeigt. Die belangte Behörde stellte zu Recht fest, dass das ganze Vorbringen rund um die angebliche Freundin in Österreich nicht sehr plausibel wirkt. In der mündlichen Verhandlung bestätigte die Beschwerdeführerin zunächst noch einmal, dass sie in Österreich Beziehungen zu einer Frau gehabt habe. Im weiteren Verlauf der Verhandlung wurde die Beschwerdeführerin dann nochmals nach ihren sexuellen Beziehungen zu Frauen in Österreich gefragt; nunmehr erklärte die Beschwerdeführerin, keine solche gehabt zu haben, auch mit "XXXX" nicht. Auch diese unterschiedlichen Angaben sprechen - ebenso wie der Umstand, dass die Beschwerdeführerin in den dreieinhalb Jahren ihres Aufenthaltes in Österreich nur mit einem Mann eine sexuelle Beziehung unterhielt - dagegen, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich homosexuell ist.

 

Insbesondere spricht aber auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin inzwischen Mutter eines Sohnes geworden ist, dagegen, dass sie homosexuell ist. In der schriftlichen Stellungnahme vom 19.02.2019 war die Rede davon, dass sich die Beziehung zum Vater ihres Sohnes auf einen einzigen sexuellen Kontakt nach einer Hochzeitsfeier beschränkt habe. Dennoch zog sie bereits am 19.03.2019 - und damit bereits etwa zwei Monate vor der Geburt des Kindes - zu J.I. In der mündlichen Verhandlung versuchte die Beschwerdeführerin ebenso, die Beziehung zu J.I. zu leugnen, wie der folgende Ausschnitt zeigt.

 

"Richterin (RI): Führen Sie eine Beziehung mit J.I.?

 

Beschwerdeführerin (BF): Nein, wir haben keine Beziehung."

 

Der als Zeuge befragte J.I. dagegen bestätigte, dass sie eine Beziehung führen würden, wenn auch er dies relativierte, indem er meinte, wegen des gemeinsamen Sohnes.

 

Im weiteren Verlauf der Befragung gab die Beschwerdeführerin schließlich zu, dass sie zwar nach der Geburt ihres Sohnes aufgrund medizinischer Probleme etwa vier bis fünf Monate keinen Geschlechtsverkehr gehabt hätten, dass sie aktuell aber etwa alle zwei Wochen Sex hätten. Von der erkennenden Richterin damit konfrontiert, dass sich dies schwer mit der von ihr behaupteten Homosexualität vereinbaren lasse, meinte die Beschwerdeführerin, dass sie keine speziellen Gefühle für J.I. habe, dass sie den Sex zwar schon genieße, dass er sie aber darum betteln müsse und dass sie frei sein wolle. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes erscheint es dennoch nicht plausibel, dass die Beschwerdeführerin, wenn sie tatsächlich homosexuell orientiert wäre und sich zu Frauen hingezogen fühlen würde, regelmäßig Geschlechtsverkehr mit einem Mann hat und mit diesem zusammenlebt.

 

Der in der Verhandlung als Zeuge befragte J.I., mit dem die Beschwerdeführerin zusammenlebt und der der Vater ihres Sohnes ist, gab auf die Frage, ob die Beschwerdeführerin homosexuell sei, an, dass sie ihm das erzählt habe und er keinen Grund habe, daran zu zweifeln. Dies vermag den insgesamt gewonnenen Eindruck, dass die Beschwerdeführerin ihre Homosexualität nur vorzutäuschen versucht, um ihre Chancen auf einen positiven Ausgang des gegenständlichen Verfahrens zu erhöhen, aber nicht zu entkräften.

 

Die Beschwerdeführerin legte darüber hinaus ein Schreiben eines "Autonomen FrauenLesbenzentrums" vom 22.01.2020 vor, worin sie als "geoutete lesbische Frau" bezeichnet wird. Doch auch durch die Mitgliedschaft bei einem Verein, der für die Rechte Homosexueller eintritt, kann nicht automatisch auf eine bestimmte sexuelle Orientierung geschlossen werden. Der EGMR war etwa trotz eines vorgelegten "Bestätigungsschreibens" einer NGO der Ansicht, dass es einem Asylwerber nicht gelungen sei, seine Homosexualität glaubhaft zu machen (EGMR, I.K. gegen die Schweiz, Nr. 21417/17 vom 19.12.2017, Rz 28).

 

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher zum Schluss, dass die Beschwerdeführerin nicht homosexuell ist und ihr in Nigeria keine Verfolgung deswegen droht.

 

Die Beschwerdeführerin machte darüber hinaus geltend, dass sie ein Opfer von Menschenhandel sei. So erklärte sie in der mündlichen Verhandlung, dass eine Freundin namens XXXX gemeinsam mit ihr nach Libyen ausgereist sei, dort habe man sich aber verloren und erst wieder bei der Überfahrt nach Italien wiedergesehen. In Italien angekommen, habe XXXX sie aus dem Flüchtlingslager geholt und sie in dem Haus in Neapel untergebracht, in dem XXXX mit ihrem Freund gewohnt hätte. XXXX habe 10.000 Euro von der Beschwerdeführerin als Entgelt für die Reise nach Europa verlangt; sie hätte sich prostituieren sollen, doch sei ihr die Flucht gelungen und habe ihr ein Mann aus Benin ein Ticket und einen Reisepass besorgt, so dass sie nach Österreich gekommen sei.

 

Auch dieses Vorbringen ist in dieser Form nicht glaubhaft. In Nigeria spielen Frauen beim Menschenhandel eine wichtige Rolle, sowohl bei der Rekrutierung wie auch bei der Unterbringung und Kontrolle am Bestimmungsort. Diese "Madams" finden sich daher sowohl in Nigeria wie auch in den Bestimmungsländern und stehen in Kontakt miteinander. Es erscheint aber unwahrscheinlich, dass eine Frau, die offenbar ihr bisheriges Leben bzw. zumindest die letzten Jahre in Nigeria verbracht hatte (anderenfalls hätte sie nicht so eng mit der zu diesem Zeitpunkt 16jährigen Beschwerdeführerin befreundet sein können, dass diese sie als Patentante und engste Vertrauensperson neben ihrer Mutter bezeichnete), gemeinsam mit einem einzigen Opfer des Menschenhandels die lange und gefährliche Reise über Libyen antritt, um ein Jahr später nach Italien überzusetzen. Eine von XXXX ausgehende Bedrohung wurde von der Beschwerdeführerin aber auch gar nicht behauptet, so dass sich daraus - unabhängig von der Frage der Glaubhaftmachung - keine Verfolgung oder Gefährdung ergibt.

 

Andere Rückkehrbefürchtungen als jene, welche auf ihrer angeblichen Homosexualität basieren, schilderte die Beschwerdeführerin nicht; sie meinte diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung: "Ich könnte nicht zurückkehren, ich sehe keine Möglichkeit, Ich habe ja auch keinen Pass und Dokumente. Auch über das Meer zurückzukehren, wäre keine gute Alternative. Ich würde lieber hier bleiben."

 

Ausgehend von den genannten Widersprüchen und Unstimmigkeiten kommt das Bundesverwaltungsgericht, wie zuvor schon das BFA, zum Schluss, dass es nicht glaubhaft ist, dass der Beschwerdeführerin in Nigeria Verfolgung wegen ihrer sexuellen Orientierung droht. Der Beschwerdeführerin ist es nicht gelungen, eine konkrete, gegen ihre Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen.

 

Die belangte Behörde hatte auch den Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, unter Hinweis darauf, dass für die Beschwerdeführerin keine besondere Gefährdungssituation bestehe und nicht davon auszugehen sei, dass die Beschwerdeführerin in eine ausweglose Situation geraten würde. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den tragenden Erwägungen des BFA zu den Voraussetzungen für den Status des subsidiär Schutzberechtigten an. Es wird dabei auch nicht verkannt, dass die Beschwerdeführerin Nigeria als Minderjährige verlassen hat; inzwischen ist sie aber volljährig und leidet sie auch an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Die Beschwerdeführerin hat zudem Unterstützung durch ihre Mutter zu erwarten, mit der sie wöchentlich telefoniert und der es nach den Angaben der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung auch finanziell nicht schlecht geht. Selbst wenn die Beschwerdeführerin mit ihrem Sohn nach Nigeria zurückkehren würde, wäre sie nicht auf sich alleine gestellt. Sie gab in der mündlichen Verhandlung zwar an, dass ihre Mutter darüber enttäuscht war, dass es sich nicht um ein eheliches Kind handle, dass sie zugleich das Kind natürlich gerne sehen und die Beschwerdeführerin bei der Pflege des Kindes unterstützen würde. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr jedenfalls der Unterstützung ihrer Mutter sicher sein könnte. Somit würde die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr nicht in eine existenzbedrohende Lage geraten. Es wird nicht verkannt, dass alleinstehende Frauen in Nigeria Diskriminierung und Problemen begegnen; dies reicht aber nicht aus, um eine tatsächliche Gefährdung der Beschwerdeführerin aufzuzeigen, welche diese auch nie behauptet hatte. Die Beschwerdeführerin ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

 

2.4. Zu den Länderfeststellungen

 

Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht der erkennenden Richterin bei den Feststellungen um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).

 

Die Beschwerdeführerin trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht entgegen.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A)

 

3.1. Zum Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Im Zusammenhang mit der behaupteten Verfolgung wegen ihrer sexuellen Orientierung ist festzuhalten, dass dieses Vorbringen nicht glaubhaft ist. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob Homosexuellen in Nigeria generell Verfolgung droht, kann daher unterbleiben. Sonstige Fluchtgründe wurden nicht vorgebracht. Der Beschwerdeführerin ist es damit im gesamten Verfahren nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen ihre Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.

 

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat Nigeria keine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides abzuweisen ist.

 

3.2. Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 8 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

 

In Benin City, der Heimatstadt der Beschwerdeführerin, herrscht keine allgemeine existenzbedrohende Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse), weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR obliegt es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (Beschluss des VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/01/0134 mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I gegen Schweden Nr. 61204/09; sowie Erkenntnis des VwGH vom 25.02.2016, Ra 2016/19/0036 sowie vom 13.09.2016, Ra 2016/01/0096-3). Dies wurde von der Beschwerdeführerin nicht substantiiert dargelegt und kann nicht generell davon ausgegangen werden, dass es keiner alleinstehenden Frau in Nigeria möglich sein sollte, sich eine Existenz zu sichern. Besondere Vulnerabilitäten in der Person der Beschwerdeführerin liegen nicht vor; sie hat den Großteil ihres Lebens in Nigeria verbracht, ist gesund und erwerbsfähig und hat keinen plausiblen Grund vorgebracht, warum sie nicht die Unterstützung ihrer Mutter erhalten sollte. Aufgrund der Unterstützung ihrer Mutter wäre selbst für den Fall, dass sie gemeinsam mit ihrem Sohn (und ohne dessen Vater) nach Nigeria zurückkehren würde, davon auszugehen, dass beide Unterkunft und Grundversorgung erhalten würden, zumal auch der Vater ihres Sohnes in der mündlichen Verhandlung seine Bereitschaft zu einer finanziellen Unterstützung seines Sohnes in Nigeria geäußert hat.

 

Es darf auch nicht vergessen werden, dass die Gewährung eines Status nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 voraussetzt, dass die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit eine Verletzung des Art. 3 EMRK aufgezeigt wird (vgl. zuletzt VwGH, 25. Mai 2016/Ra 2016/19/0036-5); die bloße Möglichkeit einer Existenzbedrohung kann diese Schwelle nicht erreichen. Es ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr nach Nigeria ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät.

 

Es ergibt sich insgesamt kein reales Risiko, dass es durch die Rückführung der Beschwerdeführerin nach Nigeria zu einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde, sodass die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen ist.

 

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 sind allerdings nicht gegeben und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war der Beschwerdeführerin daher nicht zuzuerkennen.

 

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

 

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.

 

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet wie folgt:

 

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Im gegenständlichen Fall verfügt die Beschwerdeführerin über ein Familienleben in Österreich. Hier leben ihr Sohn, der am XXXX geboren wurde, und dessen Vater; die Beschwerdeführerin bestreitet zwar, mit ihm eine Beziehung zu führen, das Bundesverwaltungsgericht geht aber davon aus, dass dies nur dazu dient, das Fluchtvorbringen der Homosexualität weiter aufrechterhalten zu können. Jedenfalls leben die Beschwerdeführerin und der Vater ihres Sohnes bereits seit März 2019 zusammen und führen auch eine sexuelle Beziehung.

 

Sowohl ihr Sohn wie auch dessen Vater J.I. verfügen über eine Aufenthaltsberechtigung in Österreich; aktuell wurde die Ausstellung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt" beantragt. Bislang erfolgte die Ausstellung noch nicht, da J.I. die dafür notwendigen Deutschkenntnisse noch nicht nachgewiesen hat. Da zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt noch kein unbefristetes Niederlassungsrecht besteht, ist gegenständlich nicht nach § 9 Abs. 3 letzter Satz BFA-VG vorzugehen.

 

Dennoch sind natürlich die Auswirkungen einer Rückkehrentscheidung auf das Familienleben und insbesondere auch auf das Kindeswohl zu berücksichtigen. Im gegenständlichen Fall könnten die Beschwerdeführerin, ihr Sohn und dessen Vater gemeinsam nach Nigeria zurückkehren und dort ihr Familienleben fortsetzen; es bestehen keine besonderen Hindernisse für eine Rückkehr, zumal alle drei Staatsbürger Nigerias sind und die beiden Erwachsenen jeweils Familie in Benin City haben. Die Fortsetzung des Familienlebens ist daher auch außerhalb Österreichs möglich und bedeutet die Erlassung einer Rückkehrentscheidung somit auch nicht automatisch eine Trennung der Familie.

 

Zudem verfügt J.I. über ein geregeltes Einkommen, so dass gegebenenfalls auch der Weg über ein Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zur Familienzusammenführung offen Stünde. Es wäre der Beschwerdeführerin, die in Nigeria über eine Mutter verfügt, die sich bereiterklärt hat, sie bei der Versorgung des Sohnes zu unterstützen, zuzumuten, gemeinsam mit ihrem Sohn den Ausgang des entsprechenden Verfahrens in Nigeria abzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei keineswegs das Alter des Sohnes der Beschwerdeführerin und dass diesem eine Trennung von seiner Mutter nicht zumutbar ist. Nachdem es sich bei ihm aber um ein gesundes Kleinkind handelt, das aufgrund der Berufstätigkeit des Vaters aktuell in erster Linie von der Beschwerdeführerin versorgt wird, würde eine kurzfristige Trennung vom Vater, um den Ausgang des Verfahrens nach dem NAG in Nigeria abzuwarten, dem Kindeswohl nicht widersprechen. Daher steht es der Beschwerdeführerin offen, einen Einreisetitel nach dem NAG im Falle einer dauernden Aufenthaltsberechtigung ihres Sohnes bzw. dessen Vaters in Österreich zu beantragen.

 

Nachdem es daher einerseits die Möglichkeit gibt, das Familienleben in Nigeria fortzusetzen und andererseits auch die Möglichkeit besteht, für die Beschwerdeführerin einen Einreisetitel nach dem NAG zu beantragen, ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung weder unverhältnismäßig in Bezug auf das Recht der Beschwerdeführerin auf eine Achtung ihres Familienlebens noch in Bezug auf das Kindeswohl. Der Vollständigkeit halber ist auch darauf hinzuweisen, dass sowohl der Beschwerdeführerin als auch J.I. bewusst gewesen sein muss, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich ein unsicherer ist.

 

Zu berücksichtigen ist auch ein etwaiger Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin. Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder auch Erkenntnis vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 zu einem zweijährigem Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war), des Verfassungsgerichtshofes (29.11.2007, B 1958/07-9, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Art. 8 EMRK abgelehnt wurde; ebenso 26.04.2010, U 493/10-5 im Falle eines fünfjährigen Aufenthaltes) und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (siehe etwa EGMR, 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts der kurzen Dauer des Inlandsaufenthaltes von weniger als drei Jahren davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin das Interesse an der Achtung ihres Privatlebens überwiegt. Dabei wird nicht verkannt, dass die Beschwerdeführerin bereits die B1-Integrationsprüfung und den Pflichtschulabschluss absolviert hat. Dem steht aber gegenüber, dass sie von der Grundversorgung lebt und zwar unbescholten ist, gegenüber der Polizei aber zugab, am 10.01.2020 in einem Geschäft Waren gestohlen zu haben, da sie mit dem ihr zur Verfügung stehenden Geld nicht auskomme. Von einer Selbsterhaltungsfähigkeit ist daher nicht auszugehen.

 

Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK - auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Die Beschwerdeführerin leidet aber an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und hat in Nigeria familiäre Unterstützung in Form ihrer Mutter.

 

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.

 

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

 

3.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

 

Mit angefochtenem Bescheid wurde zudem festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Nigeria zulässig ist. Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ausgeschlossen ist, was es verunmöglicht, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse vom 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und vom 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 - 0062).

 

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

 

3.6. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

 

Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt. Dass besondere Umstände, die die Beschwerdeführerin bei der Regelung ihrer persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht.

 

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

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