Die Aufteilung eines Kaufpreises für mehrere (steuerlich unterschiedlich zu behandelnde) Wirtschaftsgüter hat nach objektiven Maßstäben zu erfolgen. Hiezu ist jeweils der Verkehrswert der Wirtschaftsgüter zu ermitteln (oder zu schätzen) und der Kaufpreis im Verhältnis dieser Werte aufzuteilen.
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2022:RV.7102223.2022
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durchdie SenatsvorsitzendeMag. Andrea Müller-Dobler MBA MSc, den RichterR2und die fachkundigen Laienrichter L1und L2in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***,vertreten durch die APP Steuerberatung GmbH, Schenkengasse 4 Tür 6, 1010 Wien über die Beschwerde vom 23. März 2015gegen den Einkommensteuerbescheid2012 desFinanzamtes Baden Mödling(nunmehr Finanzamt Österreich) vom 25. Februar 2015Steuernummer ***BF1StNr1***beschlossen:
I. Der Einkommensteuerbescheid 2012 vom 25.02.2015 wird gemäß § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde aufgehoben.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Hinsichtlich des Sachverhaltes und des bisherigen Verfahrensganges wird auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 06.05.2021, RV/7100399/2016 verwiesen.
Dieses Erkenntnis wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, VwGH vom 22.06.2022, Ro 2021/13/0029 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, wobei der Verwaltungsgerichtshof die Rechtswidrigkeit wie folgt begründete:
"…
16Die Revision wendet sich mit ausführlichem Vorbringen (auch zur Zulässigkeit der Revision) gegen die Annahme, dass eine private Grundstücksveräußerung vorliege. Zu diesem Vorbringen ist auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes, VwGH vom 3. Februar 2022, Ra 2020/15/0036, zu verweisen. Der Verwaltungsgerichtshof legt in jenem Beschluss unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung dar, dass Beteiligungen an betrieblich tätigen wie auch an bloß vermögensverwaltenden Personengesellschaften ertragsteuerlich nicht als eigene Wirtschaftsgüter, sondern als aliquote Beteiligung an jedem Wirtschaftsgut des Beteiligungsunternehmens gelten. Befindet sich eine Liegenschaft im wirtschaftlichen Eigentum einer KG, so wird mit der Veräußerung der Beteiligung an der KG durch einen Gesellschafter dessen aliquote Beteiligung an dieser Liegenschaft veräußert. Auf die Begründung jener Entscheidung wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.
17Zulässig und berechtigt ist die Revision aber, soweit sie sich gegen die Höhe der Bemessungsgrundlage wendet.
18Zunächst ist zu bemerken, dass das angefochtene Erkenntnis zu dieser Frage keine konkreten Sachverhaltsfeststellungen aufweist; im Rahmen der Beweiswürdigung wird nicht dargelegt, dass (und aus welchen Gründen) dem Tatsachenvorbringen des Revisionswerbers nicht zu folgen sei. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung geht das Bundesfinanzgericht aber nicht von diesem Vorbringen aus. So ist etwa darauf zu verweisen, dass nach dem Vorbringen des Revisionswerbers keineswegs dieser sich durch (hoch verzinste) Anleihen finanzierte, sondern vielmehr die Muttergesellschaft der E GmbH. Auch behauptet er nicht, es habe ein Zinsanspruch gegenüber dem Anzahlungsnehmer bestanden, der quasi "verschenkt" worden sei, woraus sich ein "Verlust" ergeben hätte; vielmehr machte er geltend, es sei insoweit ein Überschuss erzielt worden, der nicht als Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung zu besteuern sei.
19Beteiligungen auch an bloß vermögensverwaltenden Personengesellschaften gelten - wie bereits ausgeführt - als aliquote Beteiligung an jedem Wirtschaftsgut des Beteiligungsunternehmens. Eine Veräußerung der Beteiligung gilt daher als aliquote Veräußerung dieser Wirtschaftsgüter.
20Im vorliegenden Fall hatte die L KG Anteile an der W KG an die E GmbH veräußert. Damit veräußerte die L KG aliquot Teile an den einzelnen Wirtschaftsgütern (u.a. Grundstücke) der W KG an die E GmbH.
21Aus den Verfahrensakten ist ableitbar, dass die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der privaten Grundstücksveräußerung im Bescheid des Finanzamts vom 25. Februar 2015 (dies ist auch die Basis für die Besteuerung nach dem hier angefochtenen Erkenntnis) dadurch ermittelt wurde, dass vom Veräußerungserlös (Abtretungsentgelt für die Anteile an der KG) die "bedungene Einlage" der L KG abgezogen wurde; dieser "Überschuss" wurde mit zwei Dritteln dem Revisionswerber zugerechnet.
22Eine derartige Ermittlung der Bemessungsgrundlage entspricht nicht der Rechtslage. Als Einkünfte bei privaten Grundstücksveräußerungen ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten anzusetzen. Die Anschaffungskosten sind um Herstellungsaufwendungen und Instandsetzungsaufwendungen zu erhöhen, soweit diese nicht bei der Ermittlung von Einkünften zu berücksichtigen waren. Die Anschaffungskosten sind um Absetzungen für Abnutzungen, soweit diese bei der Ermittlung von Einkünften abgezogen worden sind, sowie um die in § 28 Abs. 6 EStG 1988 genannten steuerfreien Beträge zu vermindern (§ 30 Abs. 3 EStG 1988).
23Da die Veräußerung einer Beteiligung (auch) an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft als aliquote Veräußerung der Wirtschaftsgüter des Beteiligungsunternehmens gilt, kann der erzielte Überschuss nicht ausschließlich dem Erlös aus der Veräußerung des Grundstücksanteils zugerechnet werden.
24Als Veräußerungserlös sind alle wirtschaftlichen Vorteile zu zählen, die der Veräußerer erhält. Dazu zählt - wenn auch hier kein Betrieb, sondern lediglich Vermögensverwaltung vorliegt - neben dem vereinbarten Abtretungspreis insbesondere auch der Wert der vom Erwerber übernommenen Verbindlichkeiten (vgl. z.B. Fraberger/Papst in Doralt et al, EStG18, § 24 Tz 78 und 168).
25Die Aufteilung eines Kaufpreises für mehrere (steuerlich unterschiedlich zu behandelnde) Wirtschaftsgüter hat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach objektiven Maßstäben zu erfolgen. Hiezu ist jeweils der Verkehrswert der Wirtschaftsgüter zu ermitteln (oder zu schätzen) und der Kaufpreis im Verhältnis dieser Werte aufzuteilen (vgl. VwGH 15.2.1994, 93/14/0175; VwGH 19.12.2013, 2012/15/0033; VwGH 24.1.2022, Ra 2021/13/0117; vgl. auch Doralt/Mayr, EStG13, § 6 Tz 182).
26Auch zur Ermittlung des Veräußerungsgewinnes nach § 24 EStG 1972 bei einer Gewinnermittlung, bei der der Wert des zum Anlagevermögen gehörenden Grund und Bodens außer Ansatz zu bleiben hatte, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits dargelegt, dass dieser außer Ansatz zu lassende Wert im Wege einer Verhältnisrechnung zu ermitteln ist, und zwar in der Weise, dass zunächst die Verkehrswerte aller veräußerten Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens (einschließlich des Grund und Bodens) festzustellen sind. In dem Verhältnis, das dem Anteil des Grund und Bodens am Gesamtbetrag der Verkehrswerte entspricht, ist der Veräußerungserlös als auf Grund und Boden entfallend zu beurteilen. Dabei ist nicht von den Wertvorstellungen der Vertragsteile auszugehen; es sind vielmehr objektive Maßstäbe anzulegen (vgl. VwGH 30.6.1987, 86/14/0195, VwSlg. 6237/F).
27Auch im vorliegenden Fall sind daher zunächst die Verkehrswerte der einzelnen veräußerten Vermögensgegenstände zu ermitteln. In dem Verhältnis, das dem Anteil der Grundstücke (iSd § 30 Abs. 1 EStG 1988) am Gesamtbetrag der Verkehrswerte der veräußerten Wirtschaftsgüter entspricht, ist der Veräußerungserlös als auf diese Grundstücke entfallend zu beurteilen.
28Von diesem auf die Grundstücke entfallenden Veräußerungserlös sind die (anteiligen) Anschaffungskosten dieser Grundstücke (mit den Modifikationen nach § 30 Abs. 3 EStG 1988) abzuziehen.
…"
Im Hinblick auf das aufhebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ist über die Beschwerde neuerlich zu entscheiden und sind die versäumten Handlungen nachzuholen.
Rechtliche Erwägungen:
Gemäß § 278 Abs. 1 bis 3 BAO kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1 BAO) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderlassung hätte unterbleiben können.
Die Aufgabe, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben von Bedeutung sind, ist in erster Linie von der Abgabenbehörde wahrzunehmen.
Die Aufhebung unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde setzt voraus, dass Ermittlungen (§ 115 BAO) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderlassung hätte unterblieben können.
Zunächst weist der Verwaltungsgerichtshof auf seine ständige Rechtsprechung hin, dass Beteiligungen an betrieblich tätigen wie auch an bloß vermögensverwaltenden Personengesellschaften ertragsteuerlich nicht als eigene Wirtschaftsgüter, sondern als aliquote Beteiligung an jedem Wirtschaftsgut des Beteiligungsunternehmens gelten. Befindet sich eine Liegenschaft im wirtschaftlichen Eigentum einer KG, so wird mit der Veräußerung der Beteiligung an der KG durch einen Gesellschafter dessen aliquote Beteiligung an dieser Liegenschaft veräußert.
Zur Ermittlung des Veräußerungserlöses führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass dieser nach objektiven Maßstäben zu erfolgen hat, wobei nicht von den Wertvorstellungen der Vertragsteile auszugehen ist (siehe Rz 26). Im gegenständlichen Fall sind daher zunächst die Verkehrswerte der einzeln veräußerten Vermögensgegenstände zu ermitteln. In dem Verhältnis, das dem Anteil der Grundstücke (iSd § 30 Abs. 1 EStG 1988) am Gesamtbetrag der Verkehrswerte der veräußerten Wirtschaftsgüter entspricht, ist der Veräußerungserlös als auf diese Grundstücke entfallend zu beurteilen.
Im gegenständlichen Fall wurden mehrere Grundstücke, eine Beteiligung, eine Anzahlung auf einen Leasingvertrag und Kredite verkauft.
Folglich sind weitere Ermittlungen im Zusammenhang mit der Feststellung der Verkehrswerte der Grundstücke durchzuführen.
Zufolgedes Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes fehlen wesentliche Ermittlungen, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden können.
Die Aufhebung nach § 278 Abs. 1 BAO stellt eine Ermessensentscheidung dar, welche nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit zu treffen ist.
Zur Ermessensentscheidung hinsichtlich der Aufhebung hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis, VwGH vom 21.11.2002, 2002/20/0315 ausgeführt: "Es würde die Anordnungen des Gesetzgebers über ein zweitinstanzliches Verfahren unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung des gesamten Verfahrens vor die Berufungsbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zu einer bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinn des Gesetzes, wenn die Berufungsbehörde statt ihre umfassende Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungsrelevanten Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht."
Unter dem Blickwinkel des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes ist der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig und sind zwecks Entscheidungsreife nicht nur geringfügige zusätzliche Erhebungen zu tätigen. Würde das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall weitere Ermittlungen durchführen, käme es überdies zu erheblichen Verfahrensverzögerungen, weil alle Ermittlungsergebnisse und Stellungnahmen wechselweise den Parteien des Verfahren zwecks Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen wären.
Die Feststellung des Sachverhaltes durch das Bundesfinanzgericht selbst ist weder im Interesse der Raschheit gelegen noch mit erheblicher Kostenersparnis verbunden, weshalb sich die Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt als zweckmäßig erweist.
Billig ist die Zurückverweisung, weil es dem Beschwerdeführer nicht zumutbar ist, das Verfahren durch zeitaufwändige Erhebungen des Bundesfinanzgerichtes weiter zu verzögern und durch die Verfahrensverlagerung zum Verwaltungsgericht den Rechtsschutz und die Kontrollmechanismen einzuschränken.
Die Abgabenbehörde wird daher für den Fall, dass die bisherige Rechtsauffassung in Bezug auf die Festsetzung der Bemessungsgrundlage zur Berechnung der Immobilienertragsteuer beibehalten werden sollte, weitere Ermittlungen durchzuführen und den unter Zugrundelegung dieser Ermittlungsergebnisse festgestellten Sachverhalt einer neuerlichen rechtlichen Beurteilung zu unterziehen haben.
Daher war spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Bescheid gemäß § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde aufzuheben.
Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Beschlusses befunden hat (§ 278 Abs. 2 BAO). Im weiteren Verfahren sind die Abgabenbehörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im aufhebenden Beschluss dargelegte Rechtsanschauung gebunden (§ 278 Abs. 3 BAO).
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 274 Abs. 3 Z 3 BAO abgesehen werden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Streitfall sind nicht Rechtsfragen, sondern noch nicht geklärte Tatfragen relevant. Die ordentliche Revision ist demzufolge nicht zulässig.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 23. September 2022
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 278 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise: | VwGH 19.12.2013, 2012/15/0033 |