Erstattung gemäß Art. 236 ZK
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2014:RV.4200311.2010
Beachte:
VfGH-Beschwerde zur Zl. E 579/2014-3 eingebracht. Mit Beschluss v. 23.02.2015 Behandlung der Beschwerde abgelehnt und an den VwGH abgetreten.; Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2015/16/0033. Zurückweisung mit Beschluss v. 2.7.2015.
Entscheidungstext
Conrad von Hötzendorf-Str. 14-18
8010 Graz
DVR: 2108837
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesfinanzgericht hat durch
den Richter
Mag. Josef Gutl
in der Beschwerdesache AAA GmbH, Adresse, vertreten durch Dr. Markus Frank, LL.M., Rechtsanwalt, 1070 Wien, Neustiftgasse 3/5, gegen die Bescheide des Zollamtes Wien vom 10. August 2009, Zahlen aa/2003-64 und aa/2003-63, betreffend Erstattung der Abgaben nach Art. 236 ZK und Art. 239 ZK zu Recht erkannt:
- Die Beschwerde vom 11. September 2009 gegen den Bescheid des Zollamtes Wien vom
10. August 2009, Zahl aa/2003-64, wird als unbegründet abgewiesen. - Die Beschwerde vom 11. September 2009 gegen den Bescheid des Zollamtes Wien vom
10. August 2009, Zahl aa/2003-63, wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid des Zollamtes Wien vom 10. August 2009, Zahl: aa/2003-64, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 30. November 2003 auf Erlass der mit Bescheiden vom 19. März 2003, Zahlen bb/01 bis 08/2003/ StrV-Ref 2, vorgeschriebenen Eingangsabgaben gemäß Art. 236 der "Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften" (ZK) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) abgewiesen. Mit den genannten Bescheiden vom 19. März 2003 erfolgte die nachträgliche buchmäßige Erfassung von Antidumpingzoll und Abgabenerhöhung für Einfuhren von Stahlseilen.
Ebenfalls mit Bescheid des Zollamtes Wien vom 10. August 2009, Zahl: aa/2003-63, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 30. November 2003 auf Erlass der mit Bescheiden vom 19. März 2003, Zahlen bb/01 bis 08/2003/ StrV-Ref 2, vorgeschriebenen Eingangsabgaben gemäß Art. 239 ZK abgewiesen.
Die dagegen erhobenen (nun als Beschwerden zu erledigenden) Berufungen vom 11. September 2009, die mit gleichlautenden Schreiben vom 7. Oktober 2009 ergänzt worden sind, wurden mit Berufungsvorentscheidungen vom 4. März 2010, Zahlen: aa/2003-104 und aa/2003-108, als unbegründet abgewiesen.
Dagegen richteten sich die als Vorlageanträge zu wertenden Beschwerden vom 9. April 2010. Mit Schreiben vom 12. April 2010 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung. Mit weiteren (ebenfalls gleichlautenden) Schriftsätzen vom 29. Oktober 2010 und 24. Mai 2013 wurden die Vorbringen ergänzt, die in den Verfahren betreffend die nachträgliche buchmäßige Erfassung des Antidumpingzolls gemachten Vorbringen zu gegenständlichen erklärt und weitere Unterlagen vorgelegt. In ihren (umfangreichen) Eingaben bringt die Beschwerdeführerin zusammenfassend im Wesentlichen Folgendes vor:
Antidumpingzölle dürften nur auf Basis ausdrücklicher Rechtsgrundlagen vorgeschrieben werden. Vorschreibungen von Antidumpingzöllen auf Einfuhren von Kabeln und Seilen in den Jahren vor 2005 seien nicht zulässig, weil eine Rechtsgrundlage nicht bestanden habe und Käufe in Drittländern nicht von der einschlägigen Verordnung erfasst gewesen seien. Die für den gegenständlichen Zeitraum verordneten Antidumpingzölle für die Einfuhr von Kabeln und Seilen mit Ursprung in der Ukraine hätten nicht für solche von der BBB (nachfolgend Company genannt) gegolten, diese habe eine Preisbindungsvereinbarung abgeschlossen. Darüber hinaus seien bei Käufen gegenständlicher Waren in Drittländern die Bestimmungen der einschlägigen Antidumping-Verordnung nicht anzuwenden. Dies zeige sich insbesondere darin, dass der Verordnungsgeber die Antidumpingmaßnahmen auf Einfuhren aus der Republik Moldau und aus Marokko ausgeweitet habe. Es hätte keiner diesbezüglichen Regelung bedurft, wenn die Versendung über Drittländer automatisch von der allgemeinen Antidumping-Regelung für Waren aus der Ukraine umfasst gewesen wäre.
Die Beschwerdeführerin vertritt in ihren Eingaben weiters den Standpunkt, aufgrund eines wesentlichen Irrtums der Zollbehörden und somit aufgrund eines beachtlichen besonderen Umstandes sei die Erstattung zu gewähren gewesen. Die (nachträgliche) Erhebung der Antidumpingzölle ohne gültige Rechtsgrundlage stelle einen wesentlichen Irrtum und einen beachtlichen besonderen Umstand dar. Die Europäische Kommission habe bereits im Jahr 1998 Kenntnis von Umgehungen gehabt und über Jahre hinweg keine ausreichenden Untersuchungen und angemessene Schutzmaßnahmen vorgenommen. Sie habe es auch unterlassen, die Importeure zu warnen. Ebenso sei die österreichische Zollbehörde der ihr gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungspflicht nicht nachgekommen. Für die Überprüfung des in den Anmeldungen angegebenen Ursprungslandes müsse den Zollbehörden ein Ursprungszeugnis vorgelegen sein. Gegenteiligenfalls sei die Zollbehörde ihrer Prüfpflicht nicht nachgekommen. Es hätte den Zollbehörden auch auffallen müssen, dass die ausstellenden Behörden nicht die nach dem Abkommen vorgesehenen Formblätter verwendet hätten. Die Zollbehörden seien bei einem Hinweis auf eine Antidumpingmaßnahme im Österreichischen Gebrauchszolltarif verpflichtet, zumindest die Plausibilität des angegebenen Ursprungs zu überprüfen. Bei Fehlen eines derartigen Hinweises liege ebenfalls ein Irrtum bzw. ein beachtlicher besonderer Umstand vor, denn dann sei ein unrichtiger Zolltarif verteilt worden. Es führe auch eine erkennbare Unschlüssigkeit einer Zollanmeldung zum Irrtum der Zollbehörde. Dass die Ursprungszeugnisse den Zollbehörden vorgelegt worden seien, lasse sich daraus erkennen, dass diese Ursprungszeugnisse bei der Beschlagnahme der Unterlagen durch die Zollbehörde noch bei den beschlagnahmten Einfuhrunterlagen abgeheftet gewesen seien. Der Irrtum der Zollbehörden sei für die betreffend Importe von Waren unerfahrene Beschwerdeführerin nicht erkennbar gewesen. Es sei im Einfuhrzeitraum auch nicht möglich gewesen, die für die Ausstellung von Ursprungszeugnissen zuständige Stelle zu eruieren. Die mehrjährige irrige Verwaltungspraxis spreche auch für eine "verwickelte" Regelung. Über Jahre hinweg seien die von einer Handelskammer und von einer Spedition ausgestellten Ursprungszeugnisse von den Zollbeamten als von einer zuständigen Stelle ausgestellt angesehen worden. Die Beschwerdeführerin habe sich zur Sicherstellung eines gesetzmäßigen Vorgangs sogar einer behördlich konzessionierten Spedition bedient. Auch ein Wissen oder Wissenmüssen dieser schade der Beschwerdeführerin nicht.
Nur Betrugsabsicht (Art. 236 ZK) oder auch offensichtliche Fahrlässigkeit (Art. 239 ZK) der Beschwerdeführerin könnten einen Erlass oder eine Erstattung hindern. Die diesbezügliche Beweislast liege bei der Zollbehörde. Mit den bereits vorgelegten Unterlagen habe die Beschwerdeführerin nachgewiesen, dass ihr nicht einmal leichte Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden könne. Mit dem vorgelegten Gutachten sei die Marktüblichkeit der Seilpreise nachgewiesen worden.
In dem genannten Schreiben vom 24. Mai 2013 stellte die Beschwerdeführerin folgende Anträge:
- Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
- Zusammenlegung aller offenen gegenständlichen Verfahren wegen nachträglicher Verzollung.
- Überprüfung, ob dem Unabhängigen Finanzsenat (nunmehr Bundesfinanzgericht) alle hier gegenständlichen Schriftsätze und Beweisurkunden aus den die nachträgliche buchmäßige Erfassung betreffenden Verfahren vorliegen.
- Mangels Zuganges zum Österreichischen Gebrauchszolltarif den für den gegenständlichen Zeitraum gültigen Österreichischen Gebrauchszolltarif beizuschaffen und zu prüfen, ob dort ein Hinweis auf die Antidumpingmaßnahme aufscheint.
Darüber hinaus wurde für den Fall "von weiterhin bestehenden Zweifel über die Rechtslage" der Antrag gestellt, "dem Europäischen Gerichtshof vorab die Fragen vorzulegen, ob
a) die Verordnung des Rates VO (EG) Nr. 1796/1999 vom 12.08.1999 eine Rechtsgrundlage für die Vorschreibung von Anti-Dumping-Zoll für Lieferungen von Ware von der BBB, Ukraine, im Zeitraum 2000 bis 2004 darstellt;
b) die Verordnung des Rates VO (EG) Nr. 1796/1999 vom 12.08.1999 eine Rechtsgrundlage für die Vorschreibung von Anti-Dumping-Zoll für Lieferungen von Ware der BBB, Ukraine, im Zeitraum 2000 bis 2004 auch dann nicht darstellt, wenn diese Ware von Firmen in einem Drittland (Bulgarien oder Zypern bzw. Litauen) gekauft und in die Europäische Union importiert worden sind;
c) eine sonstige Rechtsgrundlage für die Vorschreibung von Anti-Dumping-Zoll für gegenständliche Lieferungen bestanden hat."
Abschließend wiederholte die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf "Anberaumung" einer mündlichen Verhandlung.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Im Zeitraum vom 24. November 2000 bis 15. Oktober 2001 meldete die Beschwerdeführerin, indirekt vertreten durch eine Speditionsgesellschaft, Seile aus Stahl der Position 7312 der Kombinierten Nomenklatur zur Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr an. In allen betreffenden Warenanmeldungen wurde in den Feldern 11 (Handelsland), 15 (Versendungsland) und 34 (Ursprungsland) Bulgarien (BG) angegeben. Ursprungszeugnisse wurden anlässlich der Einfuhrabfertigungen keine vorgelegt. Die mit diesen Warenanmeldungen in den freien Verkehr übergeführten Stahldrahtseile hatten ihren Ursprung in der Ukraine, konkret wurden sie von der Company hergestellt. Danach wurden die Stahldrahtseile aus der Ukraine nach Bulgarien ausgeführt und dort in ein Zolllager eingelagert. In weiterer Folge wurden die Waren aus dem Zolllager ausgelagert und in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht.
Aufgrund der vorliegenden Unterlagen und der Vorbringen der Beschwerdeführerin steht der vorstehende Sachverhalt fest. Alle Warenanmeldungen enthalten in dem hierfür vorgesehenen Feld 44 keinen Hinweis auf einen Ursprungsnachweis. Unter Berücksichtigung der im Zeitraum der Abfertigungen geltenden einschlägigen Bestimmung, wonach im Feld 44 der Anmeldung der für den gegebenenfalls vorgelegten Ursprungsnachweis vorgesehene Code (zB "F1" für einen Nachweis nach Formblatt A oder "ZU" für ein Ursprungszeugnis) und Nummer des Nachweises anzugeben waren und unter Berücksichtigung der Angaben der Beschwerdeführerin, wonach ihr die Ursprungsnachweise von der Vertreterin übermittelt worden seien und sich diese bei den beschlagnahmten Unterlagen befunden hätten, stand für das Bundesfinanzgericht fest, dass anlässlich der Einfuhrabfertigungen keine Ursprungsnachweise vorgelegt worden sind. Wären nämlich die Ursprungszeugnisse anlässlich der Einfuhrabfertigungen der Zollbehörde vorgelegt worden, wären diese im Zuge der Einfuhrabfertigungen eingezogen worden und hätten sich bei der Beschlagnahme nicht im Einflussbereich der Beschwerdeführerin befinden können. Diesbezüglich ist auch festzuhalten, dass es nicht der Zollbehörde oblag, die Vorlage von Ursprungsnachweisen im Feld 44 der Anmeldung zu dokumentieren, sondern es Aufgabe eines Anmelders ist, bei Vorlage eines Ursprungszeugnisses dieses im Feld 44 der Anmeldung anzugeben.
Aufgrund der durchgeführten Ermittlungen und aufgrund der im Zuge dieser vorgelegten oder sichergestellten Unterlagen (Ursprungszeugnisse, Zolldokumente, Frachtbriefe, Rechnungen, etc.) und der darin enthaltenen Angaben standen auch der Ursprung, die Geschäftsabwicklung und der weitere Transportweg fest. Diesbezüglich wird auch auf die Ausführungen in den Berufungsentscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates vom 24. Juni 2009, Zahl: ZRV/0013-Z2L/04, und vom 11. Dezember 2013, Zahl: ZRV/0093-Z2L/09, verwiesen. Darüber hinaus stellte die Beschwerdeführerin im Verfahren betreffend die nachträgliche buchmäßige Erfassung des Antidumpingzolls, dessen Erstattung im gegenständlichen Verfahren begehrt wird, in der am 24. Jänner 2013 abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung den Ursprung der Stahldrahtseile in der Ukraine außer Streit und stellte fest, es sei richtig, dass sich aus den Unterlagen der Ursprung in der Ukraine ergebe. Auch in ihren Ausführungen im zuletzt eingereichten Schreiben vom 24. Mai 2013, mit dem die Vorbringen und Anträge zusammen gefasst worden sind, bringt die Beschwerdeführerin vor, für die von der Company hergestellten Stahldrahtseile sei kein Antidumpingzoll zu erheben. Die Beschwerdeführerin geht somit auch in diesem Schreiben davon aus, dass es sich bei den mit den verfahrensgegenständlichen Anmeldungen zum freien Verkehr abgefertigten Waren um ukrainische Ursprungserzeugnisse handelt, die von der Company hergestellt worden sind. Der Ursprung der gegenständlichen Waren war somit unbestritten. Auf die gegenteiligen, zeitlich früher gemachten Angaben (und Anträge) war daher nicht mehr einzugehen.
Gemäß Art. 236 Abs. 1 ZK werden Einfuhrabgaben insoweit erstattet oder erlassen, als nachgewiesen wird, dass der Betrag im Zeitpunkt der Zahlung bzw. im Zeitpunkt der buchmäßigen Erfassung nicht gesetzlich geschuldet war oder der Betrag entgegen Art. 220 Abs. 2 buchmäßig erfasst worden ist. Die Erstattung oder der Erlass von Abgaben sind in zwei Fällen vorgesehen. Der Betrag ist gesetzlich nicht geschuldet oder der Betrag ist unter Missachtung des Art. 220 Abs. 2 ZK unzulässigerweise buchmäßig erfasst worden.
Nach Art. 20 Abs. 1 ZK stützen sich die bei Entstehen einer Zollschuld gesetzlich geschuldeten Abgaben auf den Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften. Die Bestimmung des Art. 20 Abs. 1 ZK legt somit fest, aus welchen Vorschriften sich die Abgabenpflicht ("gesetzlich geschuldete Abgaben") ergibt, nämlich aus dem Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften. Die Definition dieses Begriffes ist in Art. 20 Abs. 3 ZK enthalten (Lux in Dorsch, Zollrecht Art. 20 Rz. 5). Nach der zuletzt genannten Bestimmung umfasst der Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften unter anderem die Kombinierte Nomenklatur (Buchstabe a) und die sonstigen in anderen Gemeinschaftsregelungen vorgesehenen zolltariflichen Maßnahmen (Buchstabe g). Sonstige zolltarifliche Maßnahmen im Sinne des Art. 20 Abs. 3 Buchstabe g ZK sind zum Beispiel Antidumpingzölle. Bei der Beurteilung, ob im verfahrensgegenständlichen Fall Antidumpingzoll gesetzlich geschuldet war, war daher auf die diesbezüglich einschlägigen Vorschriften abzustellen.
Die Kombinierte Nomenklatur wurde mit "Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif" (nachfolgend KN-VO genannt) eingeführt und ist im Anhang I dieser Verordnung enthalten. Für die verfahrensgegenständlichen Einfuhrfälle fand Anhang I in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2204/1999 (für das Jahr 2000) und in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2263/2000 (für das Jahr 2001) Anwendung.
Gemäß Art. 2 KN-VO wird von der Kommission ein Integrierter Tarif der Europäischen Gemeinschaften, genannt "Taric" erstellt. Die Unterpositionen des Taric werden gemäß Art. 3 Abs. 2 der KN-VO durch eine neunte und zehnte Stelle gekennzeichnet, die zusammen mit der achtstelligen Codenummer der Unterposition der Kombinierten Nomenklatur die Taric-Codenummer bilden.
Gemäß § 45 Abs. 1 ZollR-DG hat der Bundesminister für Finanzen auf der Grundlage des Zolltarifs der Europäischen Gemeinschaften im Sinn des Art. 20 Abs. 3 ZK einen Österreichischen Gebrauchszolltarif (ÖGebrZT) herauszugeben, der auch die Sätze sonstiger Eingangs- und Ausgangsabgaben zu enthalten hat. Nach Zweckmäßigkeit hat dieser Gebrauchszolltarif auch andere gemeinschaftsrechtliche Regelungen gemäß Art. 2 der KN-VO sowie sonstige Rechtsvorschriften, die sich auf die Verbringung von Waren über die Zollgrenze oder über die Grenze des Anwendungsgebietes beziehen, zu enthalten. Dieser Gebrauchszolltarif stellt eine unverbindliche Zusammenstellung dieser Rechtsvorschriften dar. Der ÖGebrZT hat somit betreffend die Frage, ob Antidumpingzoll gesetzlich geschuldet ist, keinen rechtsverbindlichen Charakter.
Gemäß § 45 Abs. 4 ZollR-DG hat jedermann das Recht, gegen Ersatz der Gestehungskosten Ablichtungen des Gebrauchszolltarifs zu erhalten. Der Beschwerdeführerin wäre es daher möglich gewesen, den Inhalt des ÖGebrZT in Erfahrung bringen zu können.
Mit der Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 des Rates vom 12. August 1999 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China, Ungarn, Indien, Mexiko, Polen, Südafrika und der Ukraine, zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Antidumpingzolls auf diese Einfuhren und zur Einstellung des Antidumpingverfahrens gegenüber den Einfuhren mit Ursprung in der Republik Korea wurde auf die Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl der KN-Codes ex 7312 1082 (Taric-Code 7312 1082 10), ex 7312 1084 (Taric-Code 7312 1084 10), ex 7312 1086 (Taric-Code 7312 1086 10), ex 7312 1088 (Taric-Code 7312 1088 10) und ex 7312 1099 (Taric-Code 7312 1099 10) mit Ursprung in der Volksrepublik China, Ungarn, Indien, Mexiko, Südafrika und der Ukraine ein endgültiger Antidumpingzoll eingeführt (Art. 1 Abs. 1).
Art. 5 bestimmt, dass diese Verordnung am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft tritt. Die Verordnung wurde mit Amtsblatt Nr. L 217 vom 17. August 1999 veröffentlicht und ist somit am 18. August 1999 in Kraft getreten.
Gemäß Art. 11 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern tritt eine endgültige Antidumpingmaßnahme fünf Jahre nach ihrer Einführung oder fünf Jahre nach dem Datum des Abschlusses der letzten Überprüfung außer Kraft. Aufgrund einer eingeleiteten Überprüfung trat die Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 (mit Ausnahme für Einfuhren von Waren mit Ursprung in Mexiko) nicht schon mit 18. August 2004 außer Kraft, sondern wurde mit der am 17. November 2005 in Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 1858/2005 des Rates vom 8. November 2005 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Kabel und Seilen aus Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China, Indien, Südafrika und der Ukraine nach einer Überprüfung gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 verbunden.
Die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 waren daher in dem Zeitraum, in dem die verfahrensgegenständlichen Einfuhrabfertigungen angenommen worden sind (24. November 2000 bis 15. Oktober 2001), anzuwenden.
Gemäß Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 findet auf den cif-Nettopreis frei Grenze der Gemeinschaft, unverzollt, für von allen ukrainischen Unternehmen hergestellten, in Art. 1 Abs. 1 bestimmten Waren ein endgültiger Zollsatz von 51,8% Anwendung.
Aufgrund des klaren und eindeutigen Wortlauts der Bestimmung des Art. 1 Abs. 1 der zuletzt genannten Verordnung steht fest, dass für die Anwendung des Antidumpingzolls der (tatsächliche) Ursprung der Stahldrahtseile und nicht das Versendungsland entscheidend ist. Für Stahldrahtseile, die in einen in Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 genannten Taric-Code einzureihen sind, und ihren Ursprung in der Ukraine haben, kommt der endgültige Einfuhrzoll zur Anwendung.
Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ist zwar dahingehend zuzustimmen, dass im verfahrensgegenständlichen Zeitraum für Einfuhren von Stahldrahtseilen, die von der Company hergestellt worden sind, eine Befreiungsmöglichkeit vom Antidumpingzoll vorgesehen war, diese aber nur bei Erfüllung näher bestimmter Voraussetzungen zustand. So müssen gemäß Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 die von der Company hergestellten Stahldrahtseile direkt in die Gemeinschaft ausgeführt werden und einem einführenden Unternehmen in der Gemeinschaft in Rechnung gestellt werden. Diese Voraussetzungen waren in den gegenständlichen Fällen nicht gegeben. Die von der Company hergestellten Stahldrahtseile wurden nicht direkt in die Gemeinschaft ausgeführt. Diese wurden vorerst nach Bulgarien ausgeführt (Bulgarien ist erst seit 1. Jänner 2007 Mitglied der Europäischen Union), dort in ein Zolllager eingelagert. Erst nach erfolgter Auslagerung aus dem Zolllager wurden die Stahldrahtseile in die Gemeinschaft ausgeführt. Eine direkte Ausfuhr in die Gemeinschaft lag nicht vor. Darüber hinaus hat nicht die Company die mit den gegenständlichen Anmeldungen zum freien Verkehr abgefertigten Stahldrahtseile der Beschwerdeführerin in Rechnung gestellt, sondern ein in Bulgarien ansässiges Unternehmen.
Gemäß Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 ist für die Zollbefreiung auch noch die Vorlage einer von der Company ausgestellten Verpflichtungsrechnung Voraussetzung. Eine solche, die der im Anhang zur Verordnung (EG) Nr. 362/1999 der Kommission vom 18. Februar 1999 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China, Indien, Mexiko und der Ukraine und zur Annahme von Verpflichtungsangeboten bestimmter Ausführer in Ungarn und Polen bestimmten Form entsprechen muss, wurde anlässlich der Einfuhrabfertigungen nicht vorgelegt. Zusammen mit der Verpflichtungsrechnung ist eine gültige von den Behörden der Ukraine ausgestellte Exportlizenz - in der im Anhang zur Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 bestimmten Form - vorzulegen. Eine solche lag ebenfalls nicht vor.
Da in den verfahrensgegenständlichen Fällen die (kumulativ zu erfüllenden) Voraussetzungen für die Zollbefreiung (direkte Ausfuhr, Rechnungslegung durch Company, Verpflichtungsrechnung, Exportlizenz) nicht vorlagen, waren die von der Company hergestellten Stahldrahtseile nicht vom Antidumpingzoll zu befreien. Selbst die von der Beschwerdeführerin vorgelegten gutachterlichen Stellungnahmen kommen zu dem Schluss, dass die Ausnahme vom Antidumpingzoll nicht greift, wenn eine dieser Voraussetzungen fehlt. Für die von der Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 erfassten Stahldrahtseile mit Ursprung in der Ukraine war daher Antidumpingzoll in der gemäß Art. 1 Abs. 2 bestimmten Höhe zu erfassen.
Der Beschwerdeführerin war zwar dahingehend zu folgen, dass die Rücknahme der Zollbefreiungsmöglichkeit für Einfuhren von Stahldrahtseilen, die von der Company hergestellt worden sind, erst nach den gegenständlichen Einfuhrabfertigungen in Kraft getreten ist. Die nachträgliche buchmäßige Erfassung des Antidumpingzolls stützte sich jedoch nicht auf die Rücknahme der zum Zeitpunkt der Einfuhrabfertigungen vorgesehenen Zollbefreiungsmöglichkeit, sondern der Antidumpingzoll war - wie vorstehend ausgeführt - mangels Vorliegens der für die Befreiung bestimmten Voraussetzungen nach Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 geschuldet. Ohne entscheidungsrelevant zu sein ist ergänzend festzuhalten, dass durch den Wegfall der Zollbefreiungsmöglichkeit mit Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1674/2003 des Rates vom 22. September 2003 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung in unter anderem Polen und der Ukraine für von der Company hergestellte Kabel und Seile schon vor Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1858/2005 der für alle ukrainische Unternehmen geltende Antidumpingzoll (51,8%) anzuwenden war.
Festzuhalten ist auch, dass mit der Verordnung (EG) Nr. 1674/2003, die mit 26. September 2003 in Kraft getreten ist, die Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 dahingehend geändert worden ist, dass die Befreiungsmöglichkeit für von der Company hergestellte Kabel und Seile weggefallen ist. Der Verweis der Beschwerdeführerin auf die Verordnung (EG) Nr. 1678/2003 der Kommission vom 26. August 2003 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 362/1999 der Kommission zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl und zur Annahme von Verpflichtungsangeboten bestimmter Ausführer unter anderem in Polen sowie zur Änderung des Beschlusses 1999/572/EG der Kommission über die Annahme von Verpflichtungen im Rahmen der Antidumpingverfahren betreffend Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung in unter anderem der Ukraine ging daher betreffend den endgültigen Antidumpingzoll ins Leere.
Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin war - wie vorstehend festgestellt - für die buchmäßige Erfassung des Antidumpingzolls aufgrund des Wortlautes des Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 der Ursprung der Stahldrahtseile und nicht das Versendungsland entscheidend. Der Ansicht der Beschwerdeführerin, wonach Käufe in Drittländern nicht von der Verordnung erfasst gewesen seien, steht nicht nur der klare und eindeutige Wortlaut des Art. 1 Abs. 1, sondern auch Art. 2 Abs. 1 entgegen.
Mit der Anordnung, dass - auf den gegenständlichen Fall bezogen - die Befreiung vom Antidumpingzoll für von der Company hergestellte Kabel und Seile unter anderem nur dann zu gewähren ist, wenn die Waren direkt aus der Ukraine in die Gemeinschaft ausgeführt werden, hat der Verordnungsgeber ein weiteres Mal zum Ausdruck gebracht, dass Stahldrahtseile mit Ursprung in der Ukraine auch dann dem Antidumpingzoll unterliegen, wenn diese über ein anderes Land (gegenständlich Bulgarien) in die Gemeinschaft versendet werden. Der Einschränkung der direkten Ausfuhr als eine der Voraussetzungen für die Befreiung vom Antidumpingzoll hätte es nicht bedurft, wenn ein solcher auf Stahldrahtseile mit Ursprung in der Ukraine dann nicht geschuldet gewesen wäre, wenn die Ausfuhr in die Gemeinschaft über ein Drittland erfolgt. Eine Rechtsnorm darf nicht so verstanden werden, dass sie überflüssig ist. Dahinter steht der Erfahrungssatz, dass im Allgemeinen niemand zwecklose und funktionslose (weil praktisch unanwendbare) Anordnungen treffen will.
Für die mit den verfahrensgegenständlichen Anmeldungen in den freien Verkehr übergeführten Stahldrahtseile ukrainischen Ursprungs war nach der einschlägigen Bestimmung der Antidumpingzoll zu erheben und zwar unabhängig vom Versendungsland.
Auch aus dem Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 760/2004 des Rates vom 22. April 2004 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung unter anderem in der Ukraine auf die Einfuhren von aus der Republik Moldau versandten Kabeln und Seilen aus Stahl, ob als Ursprungserzeugnis der Republik Moldau angemeldet oder nicht und auf die Verordnung (EG) Nr. 1858/2005 lässt sich für die Beschwerdeführerin nichts gewinnen.
Mit der erstgenannten Verordnung wurde der auf die Einfuhren von Kabeln und Seilen mit Ursprung in der Ukraine vorgesehene Antidumpingzoll auf die Einfuhren der gleichen, aus der Republik Moldau versandten Kabel und Seile ausgeweitet, und zwar unabhängig davon, ob ihr Ursprung in der Anmeldung mit der Republik Moldau angegeben ist oder nicht. Mit dieser Verordnung hat der Verordnungsgeber nicht zum Ausdruck gebracht, dass für Ursprungserzeugnisse der Ukraine auch dann ein Antidumpingzoll zu erheben ist, wenn diese aus der Republik Moldau versandt werden. Mit dieser wurde vielmehr angeordnet, dass für gleiche (und nicht für diese) Kabel und Seile, für die mit Ursprung in der Ukraine eine Antidumpingmaßnahme besteht, der für ukrainische Ursprungserzeugnisse geltende Antidumpingzoll zu erheben ist, wenn diese aus der Republik Moldau versandt werden. Der Verordnungsgeber stellt betreffend die Republik Moldau für die Anwendung der Antidumpingmaßnahme nicht - wie in Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 - auf den Ursprung der Kabel und Seile ab. Der Antidumpingzoll ist bereits dann geschuldet, wenn gleiche (und nicht diese) Kabel und Seile aus der Republik Moldau versandt werden, unabhängig davon welchen Ursprung diese haben.
Auch mit Art. 1 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1858/2005 wurde der für Einfuhren von Kabeln und Seile mit Ursprung in der Ukraine geltende Antidumpingzoll auf die Einfuhren derselben (und nicht dieser) Kabel und Seile ausgeweitet, wenn diese - unabhängig vom Ursprung - aus der Republik Moldau versandt werden. Wäre der Ansicht der Beschwerdeführerin, ohne eine Ausweitung habe der Antidumpingzoll für Einfuhren von Kabeln und Seilen mit Ursprung in der Ukraine nicht vorgeschrieben werden können, wenn diese von Bulgarien aus in die Gemeinschaft versandt werden, zu folgen, dann hätte es betreffend die Republik Moldau keiner Ausweitung, sondern einer Einschränkung bedurft. Mit der Verordnung (EG) Nr. 760/2004 und mit Art. 1 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1858/2005 hätte angeordnet werden müssen, dass für Einfuhren von Kabeln und Seilen mit Ursprung in der Ukraine nur dann ein Antidumpingzoll zu erheben ist, wenn diese aus der Ukraine oder aus der Republik Moldau versandt werden.
Die Ansicht, dass für Einfuhren von Stahldrahtseilen mit Ursprung in der Ukraine unabhängig vom Versendungsland die Antidumpingmaßnahme zu berücksichtigen ist, steht nicht nur aufgrund des klaren und eindeutigen Wortlauts der einschlägigen Bestimmung fest, sondern geht auch aus dem 87. Erwägungsgrund zu der Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 hervor, wo festgestellt wird, dass die Antidumpingzollsätze für "Einfuhren von Waren, die ihren Ursprung in dem betroffenen Land haben" gelten. Stütze findet diese Ansicht auch in Beschlüssen der Europäischen Kommission (zB vom 19.8.2011, REC 05/2010 oder vom 13.7.2012, REM 01/2012). Auch diesen lagen Fälle zugrunde, in denen Waren eines Ursprungslandes, für das Antidumpingmaßnahmen vorgesehen waren, über Drittländer in die Gemeinschaft eingeführt worden sind. Wäre der Ansicht der Beschwerdeführerin zu folgen gewesen, hätte es keiner Entscheidungen der Kommission bedurft, ob auf Grund eines Irrtums oder eines besonderen Falles der grundsätzlich zu erhebende Antidumpingzoll nicht zu erfassen oder zu erstatten ist.
Betreffend das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die für die Stahldrahtseile gezahlten Preise für den europäischen Markt seien üblich gewesen, bedurfte es keiner Erwägungen, da die einschlägige, unmittelbar anzuwendende Verordnung kein Wertkriterium vorsieht und somit nicht auf die Höhe des gezahlten Preises abstellt. Der Antidumpingzoll ist, wie bereits ausgeführt, dann geschuldet, wenn Stahldrahtseile mit Ursprung in der Ukraine eingeführt werden. Auf die diesbezüglichen Beweisanträge war daher nicht einzugehen.
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entscheidet im Wege der Vorabentscheidung unter anderem über die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union (Art. 267 Abs. 1 Buchstabe b AEUV). Stellt sich einem mitgliedstaatlichen Gericht eine solche Frage, so kann diese dem EuGH vorgelegt werden, wenn es eine Entscheidung darüber zum Erlass des Urteils für erforderlich hält. Für das Bundesfinanzgericht bestanden aufgrund des klaren Wortlautes keine Zweifel darüber, ob die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 dahingehend auszulegen sind, ob der Antidumpingzoll für die im verfahrensgegenständlichen Zeitraum getätigten Einfuhren von Stahldrahtseilen mit Ursprung in der Ukraine, die von Bulgarien aus versandt worden sind, geschuldet war.
Für die gegenständlichen Einfuhren war der Antidumpingzoll gesetzlich geschuldet.
Mit den auf Art. 236 Abs. 1 zweiter Fall ZK hinweisenden Ausführungen brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe aufgrund beachtlicher Irrtümer der Zollbehörden Anspruch auf Erlass oder Erstattung der nachträglich vorgeschriebenen Zölle.
Gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b) ZK erfolgt keine nachträglich buchmäßige Erfassung, wenn der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat.
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH hat ein Abgabenschuldner nur dann einen Anspruch darauf, dass von einer Nacherhebung abgesehen wird, wenn alle Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind (EuGH 18.10.2007, Rs. C-173/06 ). Ein Absehen von der Nacherhebung ist bereits dann nicht begründet, wenn eine der drei Voraussetzungen fehlt (VwGH 17.05.2001, 2000/16/0590).
Der Irrtum muss auf ein aktives Handeln der Zollbehörden zurückzuführen sein, damit ein berechtigtes Vertrauen beim Abgabenschuldner begründet werden kann. Die Zollbehörde muss den Irrtum begehen, ihm nicht nur unterliegen (Alexander in Witte, Zollkodex6 Art. 220 Rz. 12). Auch nach der Rechtsprechung des EuGH begründen lediglich solche Irrtümer, die auf ein Handeln der zuständigen Behörden zurückzuführen sind und von einem verständigen Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnten, einen Anspruch darauf, dass von der Nacherhebung der Zölle abgesehen wird (EuGH 18.10.2007, Rs. C-173/06 ). Die Zollbehörden müssen somit selbst die Grundlage, auf der das Vertrauen des Zollschuldners beruht, geschaffen haben. Fälle in denen die Zollbehörde eine passive Rolle spielt, gehören nicht zum Begriff des Irrtums im Sinne dieser Vorschrift, weil die Behörde in einem solchen Fall nicht wirklich für den Fehler verantwortlich ist. Ein beachtlicher Irrtum liegt somit nur dann vor, wenn ihn die Zollbehörde begeht, nicht wenn sie ihm unterliegt (Gellert in Dorsch, Zollrecht Art. 220 Rz 52).
In den verfahrensgegenständlichen Einfuhranmeldungen wurde, wie bereits festgehalten, vom Anmelder und nicht von der Zollbehörde im jeweiligen Feld 34 Bulgarien (BG) als Ursprungsland und auch als Versendungsland erklärt. Ein Ursprungsnachweis wurde, wie zum Sachverhalt ausgeführt, nicht vorgelegt. Die anlässlich der Einfuhrabfertigungen vorgelegten Unterlagen (Rechnungen, Packlisten, Versanddokumente) enthielten keinen Hinweis auf den tatsächlichen Ursprung der Ware. Gemäß Art. 199 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK-DVO) übernimmt der Anmelder mit der Abgabe einer von ihm oder seinem Vertreter unterzeichneten Zollanmeldung bei einer Zollstelle gemäß den geltenden Vorschriften die Gewähr für die Richtigkeit der in der Zollanmeldung gemachten Angaben. Da mit den Warenanmeldungen der Zollbehörde gegenüber zum Ausdruck gebracht worden ist, dass es sich bei den zur Abfertigung gestellten Waren um solche mit Ursprung in Bulgarien handelt und die Zollbehörde diese Anmeldungen laut Beschauvermerk ohne Feststellungen (U/BV, zweites Unterfeld: "00" bzw. "90" ohne zusätzliche Bemerkungen) angenommen hat, trug allein die Beschwerdeführerin das Risiko der diesbezüglichen Erklärung. Sie kann sich daher beim unrichtig angemeldeten Ursprung nicht auf einen Irrtum der Zollbehörden berufen. Ein Irrtum der Zollbehörde wäre dann vorgelegen, wenn trotz Angabe des zutreffenden Ursprungslandes Ukraine oder trotz Feststellung des tatsächlichen Ursprungslandes diese von der Festsetzung des Antidumpingzolls Abstand genommen hätte.
Gemäß Art. 68 Abs. 1 Buchstabe a ZK können die Zollbehörden zwecks Überprüfung der von ihnen angenommenen Anmeldungen die Unterlagen prüfen; geprüft werden können die Anmeldung und die dieser beigelegten Unterlagen. Die Zollbehörden können vom Anmelder verlangen, dass er ihnen weitere Unterlagen zur Nachprüfung der Richtigkeit der Angaben in der Anmeldung vorlegt. Die Zollbehörde hat also die Ermächtigung, die von ihr angenommenen Zollanmeldungen zu überprüfen. Eine Prüfungspflicht besteht allerdings nicht. Selbst eine Überprüfung der in den Anmeldungen gemachten Angaben anhand der vorgelegten Unterlagen hätte keinen Hinweis auf die Unrichtigkeit des angegebenen Ursprungslandes ergeben. Die Angaben in den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Warenanmeldungen waren weder unschlüssig, noch handelte es sich um Anmeldungen, die nicht alle erforderlichen Angaben enthielten. So war auf den Rechnungen als Abgangsort "Bulgaria" angegeben und aus den Versanddokumenten ging eindeutig hervor, dass Stahldrahtseile von Bulgarien aus nach Österreich versandt wurden. Selbst vom Anmelder wurde in den Warenanmeldungen Bulgarien als Versendungsland und Ursprungsland angegeben. Die Angaben der Beschwerdeführerin und die vorgelegten Unterlagen ließen anlässlich der Einfuhrabfertigungen keine Anhaltspunkte auf das tatsächliche Ursprungsland erkennen. Aus der Unterlassung einer weitergehenden Prüfung des Ursprungs lässt sich somit ein Irrtum der Zollbehörde nicht ableiten.
Anlässlich der gegenständlichen Einfuhrabfertigungen wurde nicht der begünstigte Zollsatz aufgrund der Zollpräferenzmaßnahme mit Bulgarien beantragt, sondern der Regelzollsatz (Feld 36: "100"). Bei Abfertigungen zum Regelzollsatz ist die Vorlage eines Ursprungsnachweises - sofern nicht außenhandelsrechtliche oder sonstige Bestimmungen eine solche vorsehen - nicht zwingend erforderlich. Die Zollbehörde war entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht verpflichtet, weitere Nachforschungen anzustellen.
Selbst bei Vorlage von Ursprungszeugnissen anlässlich der Einfuhrabfertigungen läge ein Irrtum der Zollbehörden (gemäß Art. 4 Nr. 3 ZK handelt es sich dabei um die für die Anwendung des Zollrechts zuständigen Behörden) nicht vor.
Bei der Anwendung sämtlicher handelspolitischer Maßnahmen der Europäischen Union, einschließlich Antidumpingzöllen, werden zur Entscheidung, ob eine Ware Ursprungserzeugnis ist oder nicht, die nichtpräferenziellen Ursprungsregeln herangezogen. Die Behörden des Drittstaates spielen bei der Entscheidung über den nichtpräferenziellen Ursprung der Waren im Hinblick auf die Antidumpingregelungen der Europäischen Union keine Rolle. Sie haben diesbezüglich keine Kompetenzen, und deshalb kann eine von ihnen abgegebene Erklärung über den nichtpräferenziellen Ursprung der Waren keinen Irrtum der für die Anwendung des Zollrechts zuständigen Behörden darstellen und auch nicht Anlass zu einem berechtigten Vertrauen des Antragstellers geben (vgl. Beschluss der Kommission vom 13.7.2012, REM 01/2012).
Die im Verfahren vorgelegten Kopien von Ursprungszeugnissen, die als Ursprungsland Bulgarien ausweisen, wurden, wie selbst die Beschwerdeführerin vorbringt, im dafür vorgesehenen Feld nicht einmal von einer Behörde, geschweige denn von einer für die Anwendung des Zollrechts zuständigen Behörde, sondern von der bulgarischen Handelskammer bestätigt. Ein Irrtum einer für die Anwendung des Zollrechts zuständigen Behörde wäre daher bei Vorlage der Ursprungszeugnisse anlässlich der Abfertigungen nicht vorgelegen. Ebenso wenig wäre ein solcher der die Abfertigungen durchführenden Zollbehörde vorgelegen. Bei Vorlage dieser Zeugnisse anlässlich der Einfuhrabfertigungen wäre kein Irrtum dieser vorgelegen, vielmehr wäre die abfertigende Zollbehörde einem Irrtum unterlegen. Im Falle der Vorlage der Ursprungszeugnisse hätten diese eher der Untermauerung des vom Anmelder angegebenen Ursprungslandes (Bulgarien) gedient und hätten in Zusammenschau mit den sonstigen vorgelegten Unterlagen bei einer Plausibilitätsprüfung durch die Zollbehörde sogar die Angaben in den Anmeldungen bestärkt. Die Zollbehörde hätte somit keine Grundlage geschaffen, auf der das Vertrauen der Beschwerdeführerin beruhen hätte können. Vielmehr obliegt es dem Einführer in die Europäische Union, den nichtpräferenziellen Ursprung der eingeführten Waren festzustellen und zu melden, damit für sie die für diesen Ursprung geltenden Maßnahmen der Europäischen Union greifen (vgl. Beschluss der Kommission vom 13.7.2012, REM 01/2012).
Festzuhalten ist, dass der ÖGebrZT beigeschafft worden ist und in diesem zum jeweiligen Annahmedatum einen Hinweis auf die Antidumpingmaßnahme enthalten ist. Eine Verteilung eines fehlerhaften ÖGebrZT lag daher nicht vor. Selbst eine solche hätte nicht zum Erfolg der Beschwerde geführt, denn einzelstaatliche Zusammenstellungen von Vorschriften des Unionsrechts (wie der ÖGebrZT) können keinen Vertrauensschutz erzeugen (EuGH 12.7.1989, C-161/88 ). Die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Vorschriften, im konkreten die einschlägigen Verordnungen, stellen betreffend die von der Beschwerdeführerin bekämpfte Antidumpingmaßnahme das einzige positive Recht auf diesem Gebiet dar (vgl. EuGH 28.11.2008, C-38/07 ). Nach der Rechtsprechung des EuGH ist jeder gewerbliche Wirtschaftsteilnehmer verpflichtet, sich durch Lektüre der einschlägigen Amtsblätter der Europäischen Union Gewissheit über das auf seine Geschäfte anwendbare Unionsrecht zu verschaffen.
Den Verwaltungsakten lassen sich auch keine Hinweise dafür entnehmen, dass das jeweilige Abfertigungsorgan einen "veralterten" ÖGebrZT verwendet habe, und daher die Zollbehörde anlässlich der Einfuhrabfertigungen den Antidumpingzoll irrtümlich nicht erhoben habe. Durch das in den Anmeldungen erklärte Ursprungsland (Bulgarien) ließen sich für die Zollbehörde anlässlich der Einfuhrabfertigungen - auch bei Prüfung der Plausibilität der Erklärungen anhand der von der Anmelderin vorgelegten Unterlagen - keine Hinweise dafür entnehmen, dass das angegebene Ursprungsland nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprach und damit zusammenhängend, dass für die angemeldeten Stahldrahtseile ein Antidumpingzoll einzuheben ist. Unter Berücksichtigung der in den Warenanmeldungen von der Vertreterin, deren Handeln sich die Beschwerdeführerin nicht nur zurechnen lassen muss sondern durch deren Inanspruchnahme sich die Beschwerdeführerin nicht auf ihre Unerfahrenheit berufen kann (EuGH 20.11.2008, C-38/07 ), getätigten, nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechenden Angaben und der anlässlich der Einfuhrabfertigungen vorgelegten Unterlagen liegt ein pflichtwidriges Verhalten der Zollbehörden und somit ein Irrtum dieser nicht vor.
Keinen Irrtum stellt das bloße Unterlassen einer Unterrichtung des jeweiligen Wirtschaftsbeteiligten durch die Zollbehörden dar. Etwaige, zeitlich vor den gegenständlichen Einfuhrabfertigungen gelegene Untersuchungshandlungen der Europäischen Kommission wegen des Verdachts auf Unregelmäßigkeiten bei Einfuhren von Waren, die der einschlägigen Antidumpingmaßnahme unterliegen, vermögen somit einen Irrtum der Zollbehörde nicht begründen. Auch das von der Europäischen Kommission (Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung) an das Bundesministerium für Finanzen gerichtete Schreiben vom 23. April 2002, welches somit nach der letzten gegenständlichen Einfuhrabfertigung verfasst worden ist, und mit dem mitgeteilt worden ist, dass von der Antidumpingmaßnahme erfasste Waren mit Ursprung in der Ukraine als Ursprungswaren eines anderen Landes deklariert worden seien, vermag einen Irrtum der Zollbehörde nicht begründen. Ebenso wenig lässt sich aus einem Schreiben eines Parteienvertreters eines hier nicht gegenständlichen Unternehmens an ein Finanzamt betreffend Umsatzsteuerbefreiung für Lieferungen von Waren, die von der Company hergestellt worden sind und in denen der gegenständliche Versender als Rechnungsleger auftritt, ein Irrtum der Zollbehörde ableiten.
Nach der Rechtsprechung des EuGH kann auch eine langjährige Abfertigungspraxis ohne eigentliches zollbehördliches Handeln einen Irrtum begründen. Selbst unter Berücksichtigung der Abfertigungen in vergleichbaren Fällen, die zwischen 16. August 2001 und 11. April 2002 durchgeführt worden sind, und sich somit unter Berücksichtigung der verfahrensgegenständlichen Einfuhrabfertigungen der Zeitraum, in dem Einfuhren von Stahldrahtseilen mit Ursprung in der Ukraine getätigt worden sind, zwischen 24. November 2000 und 11. April 2002 erstreckt und somit dieser unter eineinhalb Jahren liegt, war von einer langjährigen Abfertigungspraxis nicht auszugehen. Eine solche liegt innerhalb einer Frist von drei Jahren nicht vor (vgl. Beschluss der Kommission 12.11.2010, REC 03/08).
Nach der von der Beschwerdeführerin genannten Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache C-250/91 wäre ein Irrtum der Zollbehörden dann vorgelegen, wenn in sämtlichen Zollanmeldungen als Ursprungsland "Ukraine" angegeben gewesen wäre, die in Rede stehenden Einfuhren relativ zahlreich gewesen wären und während eines verhältnismäßig langen Zeitraums stattgefunden hätten. Das war im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall. Anlässlich der Einfuhrabfertigungen wurde der Antidumpingzoll deswegen nicht erhoben, weil als Ursprungsland Bulgarien angegeben worden ist. Darüber hinaus ist, selbst unter Berücksichtigung der Abfertigungen in den vergleichbaren Fällen, bei 23 Abfertigungen über einen Zeitraum von knapp eineinhalb Jahren nicht von zahlreichen Abfertigungen auszugehen.
Da in den verfahrensgegenständlichen Fällen ein Irrtum der Zollbehörde nicht vorlag, bedurfte es keiner Erwägungen betreffend die Erkennbarkeit für den Zollschuldner, die Gutgläubigkeit und die Einhaltung aller Vorschriften über die Zollanmeldung. Auf die diesbezüglichen Vorbringen und Anträge war daher nicht einzugehen.
Die Voraussetzungen für eine(n) Erstattung/Erlass der Abgaben gemäß Art. 236 ZK lagen - da auch ein anderer Fall des Art. 220 Abs. 2 ZK nicht gegeben war - somit nicht vor.
Gemäß Art. 239 Abs. 1 ZK können Einfuhrabgaben "in anderen als den in den Artikeln 236, 237 und 238 genannten Fällen erstattet oder erlassen werden; diese Fälle
- werden nach dem Ausschussverfahren festgelegt;
- ergeben sich aus Umständen, die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind. Nach dem Ausschussverfahren wird festgelegt, in welchen Fällen diese Bestimmung angewandt werden kann und welche Verfahrensvorschriften dabei zu beachten sind. Die Erstattung oder der Erlass kann von besonderen Voraussetzungen abhängig gemacht werden."
Die Erstattung oder der Erlass der Abgaben aus den in Abs. 1 genannten Gründen erfolgt auf Antrag (Art. 239 Abs. 2 ZK).
Art. 899 ZK-DVO bestimmt Folgendes:
"(1) Stellt die Entscheidungsbehörde, bei der eine Erstattung oder ein Erlass nach Artikel 239 Absatz 2 Zollkodex beantragt worden ist, fest,
- dass die für diesen Antrag vorgebachten Gründe einen der in den Artikeln 900 bis 903 beschriebenen Tatbestände erfüllen und keine betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten vorliegt, so erstattet oder erlässt sie die betreffenden Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben;
- dass die für diesen Antrag vorgebrachten Gründe einen der in Artikel 904 beschriebenen Tatbestände erfüllen, so lehnt sie die Erstattung oder den Erlass der Einfuhr -oder Ausfuhrabgaben ab.
(2) In allen anderen Fällen, ausgenommen bei einer Befassung der Kommission gemäß Artikel 905, entscheidet die Entscheidungsbehörde von sich aus, die Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben zu erstatten oder zu erlassen, wenn es sich um besondere Fälle handelt, die sich aus Umständen ergeben, die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind. (…)"
Art. 905 Abs. 1 ZK-DVO lautet:
"Lässt die Begründung des Antrags auf Erstattung oder Erlass gemäß Artikel 239 Absatz 2 Zollkodex auf einen besonderen Fall schließen, der sich aus Umständen ergibt, bei denen weder eine betrügerische Absicht noch eine offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten vorliegt, so übermittelt der entscheidungsbefugte Mitgliedstaat der Kommission zur Entscheidung im Verfahren gemäß den Artikeln 906 bis 909,
- wenn diese Behörde der Auffassung ist, dass sich der besondere Fall aus Pflichtverletzungen der Kommission ergibt oder
- wenn der betreffende Fall im Zusammenhang steht mit Ergebnissen gemeinschaftlicher Ermittlungen im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 515/97 oder anderer gemeinschaftlicher Rechtsakte oder Abkommen, die die Gemeinschaft mit anderen Ländern oder Ländergruppen geschlossen hat und in denen die Möglichkeit der Durchführung derartiger gemeinschaftlicher Ermittlungen vorgesehen ist, oder
- wenn die Abgaben, die bei einem Beteiligten infolge desselben besonderen Umstandes, gegebenenfalls auch für mehrere Einfuhr- oder Ausfuhrvorgänge, nicht erhoben wurden, 500.000 EUR oder mehr betragen.
Der Begriff "Beteiligter" ist in gleicher Weise wie in Artikel 899 auszulegen."
Eine Erstattung gemäß Art. 239 Abs. 1 erster Anstrich ZK kommt somit dann in Betracht, wenn einer der in den Art. 901 bis 903 ZK-DVO beschriebenen Tatbestände erfüllt ist und keine offensichtliche oder betrügerische Absicht des Beteiligten vorliegt. Darüber hinaus wird die nationale Verwaltung ermächtigt, in besonderen Einzelfällen eine Erstattung oder einen Erlass zu gewähren, wenn Umstände vorliegen, die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind (Art. 239 Abs. 2 zweiter Anstrich ZK iVm Art. 899 Abs. 2 ZK-DVO).
Die Prüfung der in Art. 901 bis 903 ZK-DVO beschriebenen Tatbestände ergab, dass der konkrete Sachverhalt unter keinen dieser Tatbestände subsumiert werden kann. Eine Erstattung der Abgaben gemäß Art. 239 Abs. 1 erster Anstrich ZK iVm Art. 899 Abs. 1 ZK-DVO war daher nicht möglich. Eine solche wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht begehrt.
Strittig war hingegen, ob die vorgeschriebenen Abgaben gemäß Art. 239 Abs. 1 zweiter Anstrich ZK zu erstatten sind. Voraussetzung für eine Erstattung von Einfuhrabgaben nach Art. 239 Abs. 1 zweiter Anstrich ZK iVm Art. 899 Abs. 2 ZKDVO, Art. 905 Abs. 1 ZK-DVO ist unter anderem, dass Umstände vorliegen, die auf einen besonderen Fall schließen lassen. Nach der Rechtsprechung des EuGH liegen solche Umstände dann vor, wenn sich der Wirtschaftsteilnehmer in einer Lage befindet, die gegenüber derjenigen anderer Wirtschaftsteilnehmer, die die gleiche Tätigkeit ausüben, außergewöhnlich ist, oder wenn es angesichts des Verhältnisses zwischen dem Wirtschaftsteilnehmer und der Verwaltung unbillig wäre, den Wirtschaftsteilnehmer einen Schaden tragen zu lassen (EuGH 29.4.2004, C-222/01 ). Die Rechtsprechung des EuGH zeigt auch, dass der Begriff "Umstände, die auf einen besonderen Fall schließen lassen" sehr restriktiv auszulegen ist.
Gemäß Art. 201 Abs. 2 ZK entsteht die Zollschuld in dem Zeitpunkt, in dem die betreffende Zollanmeldung angenommen wird. Die Zollschuld entsteht kraft Gesetzes jeweils in der nach den materiellrechtlichen Vorschriften richtigen Höhe, also auch dann, wenn es, wie in den gegenständlichen Einfuhrabfertigungsfällen, durch die Angabe des unrichtigen Ursprungslandes tatsächlich zu geringeren Abgabenvorschreibungen gekommen ist. Stellen die Zollbehörden fest, dass der Abgabenbetrag mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden ist, so haben sie die Nacherhebung der gesetzlich geschuldeten, aber nicht erhobenen Abgabenbeträge vorzunehmen (Art. 220 Abs. 1 ZK). Die Lage der Beschwerdeführerin entspricht daher jener aller übrigen Wirtschaftsbeteiligten, die Stahldrahtseile wie die verfahrensgegenständlichen mit Ursprung in der Ukraine eingeführt haben. Auch bei von anderen Wirtschaftsbeteiligten getätigten Einfuhren von, von der Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 erfassten Kabeln und Seilen mit Ursprung in der Ukraine war der gesetzlich geschuldete Antidumpingzoll (nachträglich) buchmäßig zu erfassen. Tatsache ist, dass Abfertigungen zum freien Verkehr stattgefunden haben und das in den Warenanmeldungen angegebene Ursprungsland nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprochen hat.
Mit dem Vorbringen, die Zollbehörde habe über Jahre hinweg die Zollanmeldungen angenommen, diese nicht beanstandet und somit liege ein Irrtum der Zollbehörden und ein besonderer Fall vor, beruft sich die Beschwerdeführerin auf den Grundsatz von Treu und Glauben. Unter diesen Gesichtspunkten kann sowohl ein nachdrücklich unrichtiges oder ein nachhaltig unrichtiges Verhalten Umstände ergeben, die auf einen besonderen Fall im Sinne des Art. 239 Abs. 1 zweiter Anstrich ZK iVm Art. 899 Abs. 2, Art. 905 Abs. 1 ZK-DVO schließen lassen. Ob und unter welchen Voraussetzungen die Nacherhebung von Zoll aus Gründen des Vertrauensschutzes ausscheidet, ist in Art. 220 ZK abschließend geregelt. Diese gemeinschaftsrechtliche Vorschrift hat Vorrang vor dem nationalen Grundsatz von Treu und Glauben (VwGH 15.3.2001, 99/16/0448). Die dem Art. 220 ZK zu Grunde liegenden Rechtsgedanken sind in engem Zusammenhang mit Art. 239 Abs. 1 zweiter Anstrich ZK zu sehen.
Wie bereits vorstehend ausgeführt lagen ein Irrtum der Zollbehörden oder ein anderer Fall des Art. 220 Abs. 2 ZK und somit ein besonderer Fall im Sinne der einschlägigen Vorschriften nicht vor. Die Angabe eines bestimmten Ursprungs auf Geschäftspapieren, die sich hinterher als falsch erweist, stellt ein normales Handelsrisiko für jeden Wirtschaftsbeteiligten dar. Mangels Vorliegens einer außergewöhnlichen Situation bestand kein berechtigter Vertrauensschutz. Es bedurfte daher keiner Erwägungen (und auch kein Eingehen auf die diesbezüglichen Anträge) betreffend betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit. Eine Erstattung gemäß Art. 239 Abs. 1 ZK war ausgeschlossen.
Mangels Vorliegens eines besonderen Falles bedurfte es keiner Erwägungen betreffend die Übermittlung des Falles an die Kommission gemäß Art. 905 ZK-DVO. Die nationalen Zollbehörden sind für die Entscheidung über das Vorliegen eines besonderen Falles nach Art. 239 Abs. 1 zweiter Anstrich ZK iVm Art. 905 ZK-DVO zuständig (vgl. 3. Erwägungsgrund zu Verordnung (EG) Nr. 1335/2003). Erst bei Vorliegen eines besonderen Falles wäre in weiterer Folge das Vorliegen eines der in Art. 905 Abs. 1 ZK-DVO genannten Fälle zu prüfen gewesen.
Festzuhalten ist noch, dass eine dahingehende Anfechtung, die Abgaben seien gesetzlich nicht geschuldet, nicht in den Anwendungsbereich des Verfahrens über den Erlass oder die Erstattung gemäß Art. 239 ZK fällt.
Im Übrigen wird auf die Ausführungen in den Begründungen zu den Berufungsentscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates vom 24. Juni 2009, Zahl: ZRV/0013-Z2L/04 (die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des VwGH vom 2. Juli 2012, 2009/16/0180, abgelehnt), und vom 11. Dezember 2013, Zahl: ZRV/0093-Z2L/09, verwiesen.
Gemäß § 274 Abs. 1 BAO hat unter anderem dann eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn eine solche in der Beschwerde (Z 1 lit. a) oder im Vorlageantrag (Z 1 lit. b) beantragt wird. Ein Rechtsanspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung setzt einen rechtzeitigen Antrag des Beschwerdeführers voraus. Anträge, die erst in einem die Beschwerde ergänzenden Schreiben gestellt werden, begründen keinen Anspruch auf mündliche Verhandlung (VwGH 17.5.2006, 2004/14/0102). Dies gilt selbst dann, wenn dieses Schreiben innerhalb der Beschwerdefrist eingebracht wird (VwGH 16.2.1994, 90/13/0071).
In den verfahrensgegenständlichen Fällen wurden die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung weder in den als Beschwerden zu erledigenden Berufungen, noch in den als Vorlageanträge zu wertenden Beschwerden gestellt. Solche wurden erstmals mit den, die Beschwerden gemäß § 85c ZollR-DG in der Fassung vor BGBl I Nr. 14/2013 (die nun als Vorlageanträge zu werten sind) ergänzenden Schreiben vom 12. April 2010 gestellt. Ein Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung bestand daher nicht. Daran vermag auch ein in den Beschwerden (nun Vorlageanträgen) gestellter Antrag auf eine ergänzende Einvernahme einer Auskunftsperson nichts zu ändern. Denn es besteht kein Rechtsanspruch darauf, dass Auskunftspersonen oder Zeugen in der mündlichen Verhandlung vernommen werden.
Anzumerken ist auch, dass kein Anspruch auf Zusammenlegung von Verfahren besteht. Darüber hinaus hätte eine etwaige Zusammenlegung der Erstattungsverfahren betreffend die gegenständlichen und betreffend die in vergleichbaren Fällen nachträglich buchmäßig erfassten Antidumpingzölle keine Auswirkungen auf die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes gehabt. Die in den vergleichbaren Fällen getroffenen Feststellungen und Vorbringen fanden - soweit von Bedeutung - bei der gegenständlichen Entscheidung Berücksichtigung. Auch eine etwaige Verringerung von künftigen Eingabegebühren oder Verfahrenskosten vermögen einen Anspruch auf Zusammenlegung von Verfahren nicht begründen.
Dem Bundesfinanzgericht lagen auch alle Schriftsätze und Beweisurkunden aus den die nachträgliche buchmäßige Erfassung betreffenden Verfahren vor.
Eine Aussetzung der Vollziehung gemäß Art. 244 ZK war nicht Gegenstand der angefochtenen Bescheide. Auf die diesbezüglichen Anträge und Vorbringen war daher nicht einzugehen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Beurteilung, ob der Antidumpingzoll für Stahldrahtseile mit Ursprung in der Ukraine auch dann gesetzlich geschuldet ist, wenn diese über ein Drittland in die Gemeinschaft versandt werden, stellt auf Grund des klaren und eindeutigen Wortlauts der einschlägigen Norm keine Rechtsfrage dar, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Betreffend die Frage eines Irrtums der Zollbehörden oder betreffend das Vorliegen eines besonderen Falles stützt sich das Bundesfinanzgericht auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union.
Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig.
Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Zoll |
betroffene Normen: | Art. 236 Abs. 1 ZK, VO 2913/92 , ABl. Nr. L 302 vom 19.10.1992 S. 1 |