Normen
ASVG §177 Anl1 Nr38
10 ObS 149/22t | OGH | 21.02.2023 |
Hier: Keine Berufskrankheit bei COVID-19-Infektion eines Nachhilfelehrers mangels „vergleichbarer Gefährdung“. (T1)<br/>Nicht jede Krankheit, die als Folge arbeitsbedingter Einwirkungen auftreten kann, wird als Berufskrankheit anerkannt, sondern es ist in der Anlage zum ASVG (Anlage 1) im Einzelnen festgelegt, welche Krankheiten unter welchen Voraussetzungen als Berufskrankheiten gelten. (T2)<br/>Der Sinn der Nr 38 besteht darin, Personen einen Schutz zu bieten, die aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit in besonderer Ansteckungsgefahr schweben. (T3)<br/>Bei der Subsumtion unter die Generalklausel der Nr 38 Anlage 1 zum ASVG handelt es sich stets um einen Akt der rechtlichen Beurteilung. Dabei kommt es darauf an, die vom Gesetzgeber als wesentlich erachteten typischen Gefahren, die der Aufnahme bestimmter Unternehmen in die Liste der Nr 38 zugrunde liegen, zu identifizieren und in wertender Betrachtung dem konkret zu beurteilenden Unternehmenstyp gegenüber zu stellen. (T4)<br/>Das besondere Infektionsrisiko an Schulen resultiert aus dem Zusammenkommen einer Vielzahl von Personen an einem Ort mit einem länger dauernden Aufenthalt in Innenräumen zum Zweck des Unterrichts. (T5)<br/>Nr 38 Anlage 1 zum ASVG stuft Schulen als Einrichtungen ein, die ihrer Typizität nach für die dort tätigen Versicherten ein erhöhtes Risiko der Ansteckung mit Infektionskrankheiten mit sich bringen. (T6)<br/>Die Möglichkeit der Anordnung von ortsungebundenem Unterricht an einzelnen Schulen aufgrund individueller Behördenentscheidungen (§ 6 iVm § 3 Z 2 COVID-19-Schulverordnung 2020/21) führt nicht dazu, dass für die Beurteilung des Vorliegens einer „vergleichbaren Gefährdung“ auf jene Schulen abzustellen ist, die aufgrund individueller behördlicher Anordnung von derartigen Anordnungen betroffen sind. (T7) |
10 ObS 1/23d | OGH | 21.03.2023 |
Beisatz: Hier: COVID-19-Infektion eines Freiwilligen des Österreichischen Bergrettungsdienstes im Zuge der Bekämpfung eines Waldbrandes. Dass der Kläger während der Bekämpfung des Waldbrandes Kontakt zu zahlreichen Einsatzkräften hatte, ist nicht mit dem besonderen Infektionsrisiko in Schulen oder Haftanstalten vergleichbar, wo sich zahlreiche Personen für lange Zeit gemeinsam in einem geschlossenen Raum aufhalten. (T8) |
10 ObS 39/23t | OGH | 21.11.2023 |
Beisatz wie T2; Beisatz wie T3; Beisatz wie T5; Beisatz wie T6<br/>Beisatz: Hier: COVID-19-Infektion einer Schulpsychologin. (T9)<br/>Beisatz: Auf Basis des Gesetzeswortlauts genießen grundsätzlich alle in einem geschützten Unternehmen Beschäftigten unabhängig von ihrer konkreten Tätigkeit Versicherungsschutz. Dieses Ergebnis steht einer teleologischen Reduktion nicht generell entgegen. (T10)<br/>Beisatz: Ob eine teleologische Reduktion hinsichtlich jener (ganz eindeutigen) Fälle, bei denen der Betroffene dem Risiko einer Infektion gar nicht ausgesetzt ist, angezeigt ist, muss im konkreten Fall nicht entschieden werden. (T11) |
10 ObS 114/24y | OGH | 19.11.2024 |
Beisatz: Hier: Teilnahme an einer Tagung in einem Therapiezentrum ohne unmittelbaren Kontakt zu Patienten. (T12)<br/>Beisatz: Es ist davon auszugehen, dass die typische Gefährdung von Beschäftigten in Krankenhäusern und sonstigen Gesundheitseinrichtungen im Sinn der Nr 38 der Anlage 1 bei generell-abstrakter Betrachtung darauf zurückzuführen ist, dass diese in den besagten Einrichtungen mehr als gewöhnlich Krankheitserregern ausgesetzt sind, wobei es zu dieser Exposition nicht etwa nur im Zuge des unmittelbaren Patientenkontakts kommt; vielmehr führt schon der bloße Umstand, dass sich (infizierte) Patienten bestimmungsgemäß in den Räumlichkeiten dieser Anstalten aufhalten, dazu, dass (auch nicht zum medizinischen Personal zählende) Beschäftigte eher als in anderen Unternehmensbetrieben mit kontaminierten Gegenständen und Flächen sowie infektiösen Aerosolen in Berührung kommen. (T13) |
Dokumentnummer
JJR_20230221_OGH0002_010OBS00149_22T0000_000
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