Rechtssatz
Den Aktenzugang Dritter im Kartellverfahren bei Anwendung von Art 101 AEUV generell von der Zustimmung der Parteien abhängig zu machen, ist mit Unionsrecht, insbesondere dem Effektivitätsgrundsatz, nicht vereinbar. Das nationale Gericht muss die Möglichkeit haben, die Interessen, die die Übermittlung von Informationen und den Schutz dieser Informationen rechtfertigen, im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Interessen abzuwägen (EuGH C‑536/11 – Donau Chemie).
Auch in Kartellverfahren, in denen allein österreichisches Kartellrecht anzuwenden ist, gilt kein anderer Maßstab. Die Rechtsdurchsetzung im Wege von Schadenersatzprozessen nach Wettbewerbsverstößen darf nämlich nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden.
An die Formulierung von Anträgen auf Akteneinsicht sind keine allzu strengen Anforderungen zu stellen, weil es in der Natur der Sache liegt, dass derartige Anträge erst der Ausforschung von Informationen dienen.
Verweigern die Parteien des Verfahrens die Zustimmung zur Akteneinsicht, hat ihnen das Gericht – zur Vornahme der erforderlichen Interessenabwägung – die Angabe von Gründen dafür aufzutragen.
Dokumentnummer
JJR_20141128_OGH0002_0160OK00009_14F0000_001
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