OGH 15Os58/00; 11Os81/02; 14Os138/02; 13Os9/06g; 11Os21/07h; 13Os45/11h; 13Os67/11v; 13Os130/12k; 12Os148/17g; 14Os26/19h; 13Os12/20v; 11Os131/22g; 14Os81/24d (RS0113820)

OGH15Os58/00; 11Os81/02; 14Os138/02; 13Os9/06g; 11Os21/07h; 13Os45/11h; 13Os67/11v; 13Os130/12k; 12Os148/17g; 14Os26/19h; 13Os12/20v; 11Os131/22g; 14Os81/24d8.10.2024

Rechtssatz

1. Ein Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 28 Abs 1 SMG hat zur Voraussetzung, dass der Täter ein Suchtgift in einer großen Menge (Abs 6) mit dem Vorsatz erwirbt, dass es in Verkehr gesetzt werde. Dies stellt eine zum Inverkehrsetzen des § 28 Abs 2 vierter Fall SMG selbständig vertypte Vorbereitungshandlung dar. Versucht der Täter das Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG, indem er beginnt, diesen Suchtgiftvorrat tatsächlich in Verkehr zu setzen, ist das Vergehen nach § 28 Abs 1 SMG hinsichtlich derselben Suchtgiftmenge nicht selbständig strafbar, weil es gegenüber dem Verbrechen nach Abs 2 subsidiär ist.

2. Überlässt (verkauft) der Täter, der eine große Suchtgiftmenge mit dem Vorsatz erworben hat oder besitzt, dass diese in Verkehr gesetzt werde, davon kleine Mengen einem anderen, stellt dies keine straflose "typische Begleittat" dar.

3. Beschließt der Täter, nachdem er eine große Menge Suchtgift mit dem Vorsatz erworben hat und besitzt, dass es in Verkehr gesetzt werde, nur einen die große Menge nach § 28 Abs 6 SMG nicht erreichenden Teil hievon anderen zu überlassen (zu veräußern), den Rest aber selbst zu konsumieren oder zu vernichten, hat er ab diesem Zeitpunkt für den Besitz (auch einer großen Menge) nur das Vergehen nach § 27 Abs 1 SMG zu vertreten. Da nämlich durch den fortgesetzten Besitz kein weiteres Rechtsgut verletzt wird und die dadurch bewirkte Rechtsgutverletzung über jene des Vergehens nach § 28 Abs 1 SMG nicht hinausgeht, stellt diesfalls das Vergehen nach § 27 Abs 1 zweiter Fall SMG eine straflose Nachtat zum Vergehen nach § 28 Abs 1 SMG dar.

4. Überlässt der Täter ab dem Zeitpunkt des geänderten Vorsatzes kleine Mengen von Suchtgiftstoffen anderen Personen, wird die zunächst auf den Erwerb oder Besitz beschränkte Rechtsgutverletzung erweitert. Die Grenzen von straflosen (besser "mitbestraften") Nachtaten sind eng zu ziehen. Durch das Privileg der Nachtat werden nur durch die Vortaten bereits persönlich und sachlich individualisierte Rechtsgüter gedeckt. Nur dann, wenn das Angriffsobjekt der Nachtat mit dem der Vortat entweder übereinstimmt oder diesem gegenüber ein quantitatives Minus darstellt, und wenn durch die Nachtat nicht neue Träger des individualisierten Rechtsgutes, also neue Inhaber des konkreten Angriffsobjektes, in Mitleidenschaft gezogen werden, liegt eine mitbestrafte Nachtat vor. Wird somit zunächst eine große Suchtgiftmenge mit auf deren Inverkehrsetzen gerichtetem Vorsatz erworben oder besessen, werden danach aber unter Änderung des Vorsatzes kleine Mengen davon anderen Personen überlassen, ändert sich auch das Angriffsobjekt der konkreten Nachtat. Der Täter hat daher unter diesen Prämissen das Vergehen nach § 27 SMG (in allen seinen Formen) zusätzlich zu vertreten.

Scheinkonkurrenz

 

Normen

SMG §27 A
SMG §28 Abs1 A
SMG §28 Abs2 A
SMG §28 Abs1 B SMG
SMG §28a Abs1 fünfter Fall

15 Os 58/00OGH04.07.2000
11 Os 81/02OGH01.10.2002

Vgl auch; Beisatz: § 28 Abs 2 vierter Fall SMG verdrängt § 28 Abs 1 SMG. (T1); Beisatz: Echte Konkurrenz des Deliktes nach § 28 Abs 1 SMG mit jenem nach § 27 Abs 1 sechster Fall SMG. (T2)

14 Os 138/02OGH28.01.2003

Vgl auch; Beis wie T1

13 Os 9/06gOGH22.03.2006

Auch; Beisatz: §28 Abs1 SMG sanktioniert schon die Vorbereitung des Verbrechens nach §28 Abs2 vierter Fall SMG und damit eine Vorphase des Inverkehrsetzens einer großen Suchtgiftmenge eigenständig. (T3); Beisatz: Beim Vergehen nach § 28 Abs 1 SMG kommt infolge des spezifischen Vorbereitungscharakters eine stillschweigende Subsidiarität nur in Bezug auf die Begehungsform des Inverkehrsetzens gemäß §28 Abs 2 vierter Fall SMG in Frage. (T4)

11 Os 21/07hOGH24.04.2007

Auch; nur: 1. Ein Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 28 Abs 1 SMG hat zur Voraussetzung, dass der Täter ein Suchtgift in einer großen Menge (Abs 6) mit dem Vorsatz erwirbt, dass es in Verkehr gesetzt werde. Dies stellt eine zum Inverkehrsetzen des § 28 Abs 2 vierter Fall SMG selbständig vertypte Vorbereitungshandlung dar. Versucht der Täter das Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG, indem er beginnt, diesen Suchtgiftvorrat tatsächlich in Verkehr zu setzen, ist das Vergehen nach § 28 Abs 1 SMG hinsichtlich derselben Suchtgiftmenge nicht selbständig strafbar, weil es gegenüber dem Verbrechen nach Abs 2 subsidiär ist. (T5); Beis wie T1

13 Os 45/11hOGH14.07.2011

Vgl; Beisatz: Das Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel (§ 28 Abs 1 SMG) wird vom Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG verdrängt, sobald Letzteres wenigstens ins Versuchsstadium (§ 15 StGB) tritt. (T6); Beisatz: Da § 28 Abs 1 SMG im Verhältnis zur Suchtgiftüberlassung (§ 28a Abs 1 fünfter Fall SMG) ein Vorbereitungsdelikt im technischen Sinn darstellt, ist insoweit vom Scheinkonkurrenztypus der stillschweigenden Subsidiarität auszugehen. (T7)

13 Os 67/11vOGH25.08.2011

Vgl; Beisatz: § 28a SMG enthält mehrere selbständige, untereinander nicht austauschbare Tatbilder, die bloß gesetzestechnisch unter einer einzigen Bezeichnung zusammengefasst sind und stellt sich insoweit als kumulativer Mischtatbestand dar. (T8)

13 Os 130/12kOGH20.12.2012

Vgl auch

12 Os 148/17gOGH21.06.2018

Vgl; Beis wie T6; Beis wie T7

14 Os 26/19hOGH09.04.2019

Vgl; Beis wie T7

13 Os 12/20vOGH29.07.2020

Vgl; Beis wie T7; Beisatz: Ein Schuldspruch wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG erschöpft nicht den gesamten Unrechtsgehalt des Erwerbs und Besitzes einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Suchtgiftmenge mit Inverkehrsetzungsvorsatz (§ 28 Abs 1 und 2 SMG), womit insoweit stillschweigende Subsidiarität des qualifizierten Vorbereitungsdelikts ausscheidet. (T9)

11 Os 131/22gOGH14.03.2023

vgl; Beisatz wie T7

14 Os 81/24dOGH08.10.2024

vgl; Beisatz: Setzt der Täter das ihm angelastete Verhalten des von Inverkehrsetzungsvorsatz getragenen Erwerbs und Besitzes von Suchtgift einerseits und des Überlassens von Suchtgift andererseits im Rahmen von tatbestandlichen Handlungseinheiten, stehen einander jeweils eine Tat (im materiellen Sinn) und eine strafbare Handlung gegenüber, sodass es - in einer solchen Konstellation - für das Vorliegen des Scheinkonkurrenzverhältnisses stillschweigender Subsidiarität nicht darauf ankommt, wann Suchtgift (welcher Art auch immer) erworben, besessen und überlassen wurde. (T10)<br/>Beisatz: Beim unmittelbaren Täter kann (von Inverkehrsetzungsvorsatz getragener) Erwerb und Besitz des Suchtgifts mit dessen Überlassen nicht tateinheitlich zusammentreffen, sodass insoweit scheinbare Realkonkurrenz vorliegt und in Betreff der angeklagten, aber (zufolge stillschweigender Subsidiarität) verdrängten (hier § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG subsumierten) Tat ein Freispruch zu erfolgen hat (vgl schon 13 Os 12/20v). (T11)

Dokumentnummer

JJR_20000704_OGH0002_0150OS00058_0000000_001

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