OGH 14Os73/01; 13Os178/03; 13Os135/03; 11Os115/05d; 11Os52/05i; 13Os42/06k; 12Os52/06y; 13Os85/06h; 11Os104/04; 12Os7/06f; 11Os154/07t; 13Os67/09s (RS0115712)

OGH14Os73/01; 13Os178/03; 13Os135/03; 11Os115/05d; 11Os52/05i; 13Os42/06k; 12Os52/06y; 13Os85/06h; 11Os104/04; 12Os7/06f; 11Os154/07t; 13Os67/09s6.9.2023

Rechtssatz

Die - außer dem Fall des § 252 Abs 1 StPO - in dessen Abhörung bestehende Beiziehung eines Sachverständigen zur Hauptverhandlung kann durch das Vorbringen erheblicher Einwendungen verhindert werden, auch wenn dieser bereits ein schriftliches Gutachten abgegeben hat (EvBl 1997/82). Nach § 248 Abs 1 erster Satz StPO hat das Gericht bei der Beurteilung solcher Einwendungen auf ihre rechtliche Erheblichkeit die für den Untersuchungsrichter in der Voruntersuchung erteilten Vorschriften zu beobachten, soweit sie nicht ihrer Natur nach als in der Hauptverhandlung unausführbar erscheinen. Auf den Anschein der Befangenheit gestützte Einwendungen sind dabei von solchen zu scheiden, die mit mangelnder Sachkenntnis der als Sachverständiger abzuhörenden Person begründet werden.

Ob sich die als Sachverständiger beizuziehende Person schon vor der Hauptverhandlung eine Meinung über den Fall gebildet hat, ist für die Beurteilung des Anscheins der Befangenheit schon deshalb ohne Bedeutung, weil eine vorläufige Meinungsbildung spätestens mit Abgabe des schriftlichen Gutachtens füglich nicht mehr zu bestreiten ist und solcherart ansonsten kein mit der Abgabe eines schriftlichen Gutachtens beauftragter Gutachter in der Hauptverhandlung abgehört werden dürfte - ein Ergebnis das offen den Verfahrensgesetzen widerspricht und den Grundsatz indirekt als zutreffend erweist. Abhörung oder Verlesung des abgegebenen schriftlichen Gutachtens sind infolge Anscheins von Befangenheit vielmehr nur dann unzulässig, wenn zu erkennen ist, dass der Sachverständige sein Gutachten auch dann zu ändern nicht gewillt sein werde oder würde, wenn Verfahrensergebnisse dessen Unrichtigkeit aufzeigen. Allein aus einer vom Gutachtensauftrag nicht erfassten und daher unangebrachten rechtlichen Beurteilung zur Stellungnahme übermittelter Texte kann eine solche Befürchtung jedoch nicht abgeleitet werden. Von vornherein unbedenklich sind Aussagen wissenschaftlicher Publikationen aus dem Sachbereich des Gutachtensauftrages. Sie indizieren Befähigung, nicht Befangenheit.

Wurde das schriftliche Gutachten bereits abgegeben, bedarf es zur Beiziehung eines weiteren Sachverständigen wegen fehlender Sachkenntnis des Beauftragten eines an den Kriterien der §§ 125 f StPO ausgerichteten Antragsvorbringens. Denn auch der Untersuchungsrichter hätte sich daran auszurichten (§ 248 Abs 1 erster Satz StPO).

Normen

StPO §120 A
StPO §126
StPO §127 Abs3
StPO §248
StPO §281 Abs1 Z4

14 Os 73/01OGH25.09.2001
13 Os 178/03OGH14.07.2004

Vgl auch; nur: Abhörung oder Verlesung des abgegebenen schriftlichen Gutachtens sind infolge Anscheins von Befangenheit nur dann unzulässig, wenn zu erkennen ist, dass der Sachverständige sein Gutachten auch dann zu ändern nicht gewillt sein werde oder würde, wenn Verfahrensergebnisse dessen Unrichtigkeit aufzeigen. (T1)

13 Os 135/03OGH06.10.2004

Vgl

11 Os 115/05dOGH28.03.2006

nur: Die Beiziehung eines Sachverständigen zur Hauptverhandlung kann durch das Vorbringen erheblicher Einwendungen verhindert werden, auch wenn dieser bereits ein schriftliches Gutachten abgegeben hat (EvBl 1997/82). Nach § 248 Abs 1 erster Satz StPO hat das Gericht bei der Beurteilung solcher Einwendungen auf ihre rechtliche Erheblichkeit die für den Untersuchungsrichter in der Voruntersuchung erteilten Vorschriften zu beobachten, soweit sie nicht ihrer Natur nach als in der Hauptverhandlung unausführbar erscheinen. Wurde das schriftliche Gutachten bereits abgegeben, bedarf es zur Beiziehung eines weiteren Sachverständigen wegen fehlender Sachkenntnis des Beauftragten eines an den Kriterien der §§ 125 f StPO ausgerichteten Antragsvorbringens. (T2)

11 Os 52/05iOGH13.06.2006

Auch; nur: Allein aus einer vom Gutachtensauftrag nicht erfassten und daher unangebrachten rechtlichen Beurteilung zur Stellungnahme übermittelter Texte kann eine solche Befürchtung nicht abgeleitet werden. (T3)<br/>Beisatz: Hier: Dass dem betriebswirtschaftlichen Experten aus seiner Sicht das Verhalten der Angeklagten „kridaträchtig scheint", ist für sich allein (vgl WK-StPO § 281 Rz 371, WK-StPO § 120 Rz 6 aE) nicht geeignet, auch nur den Anschein einer Befangenheit zu begründen. (T4)

13 Os 42/06kOGH23.08.2006

Auch; Beisatz: Befangenheit eines Sachverständigen liegt nur vor, wenn zu erkennen ist, dass dieser sein Gutachten auch dann zu ändern nicht gewillt sein werde oder würde, wenn Verfahrensergebnisse dessen Unrichtigkeit aufzeigen. Selbst wenn im schriftlichen Gutachten überflüssigerweise zu Rechtsfragen Stellung genommen worden wäre, wäre allein daraus kein Anhaltspunkt für Befangenheit abzuleiten. (T5)

12 Os 52/06yOGH21.09.2006

Vgl auch; Beisatz: Der StPO ist ein Recht der Parteien, die vom Gericht ausgewählten Sachverständigen formell abzulehnen, fremd. Eine Überprüfung gutachterlicher Expertisen kann vielmehr prozessordnungskonform nur mittels erheblicher Einwendungen (§ 120 StPO) erwirkt werden. Beziehen sich diese auf die Sachkenntnis des Gutachters, ist die Kritik an den Kriterien der §§ 125f StPO auszurichten. Auf den Anschein der Befangenheit gegründete Einwendungen sind nur dann beachtlich, wenn zu erkennen ist, dass der Sachverständige sein Gutachten auch dann zu ändern nicht gewillt sein werde oder würde, wenn Verfahrensergebnisse dessen Unrichtigkeit aufzeigen. (T6)

13 Os 85/06hOGH11.10.2006

Auch; nur: Die - außer dem Fall des § 252 Abs 1 StPO - in dessen Abhörung bestehende Beiziehung eines Sachverständigen zur Hauptverhandlung kann durch das Vorbringen erheblicher Einwendungen verhindert werden, auch wenn dieser bereits ein schriftliches Gutachten abgegeben hat (EvBl 1997/82). Auf den Anschein der Befangenheit gestützte Einwendungen sind dabei von solchen zu scheiden, die mit mangelnder Sachkenntnis der als Sachverständiger abzuhörenden Person begründet werden. Abhörung oder Verlesung des abgegebenen schriftlichen Gutachtens sind infolge Anscheins von Befangenheit nur dann unzulässig, wenn zu erkennen ist, dass der Sachverständige sein Gutachten auch dann zu ändern nicht gewillt sein werde oder würde, wenn Verfahrensergebnisse dessen Unrichtigkeit aufzeigen. (T7)

11 Os 104/04OGH23.01.2007

Auch; nur T2

12 Os 7/06fOGH15.02.2007

Auch; nur: Nach § 248 Abs 1 erster Satz StPO hat das Gericht bei der Beurteilung solcher Einwendungen auf ihre rechtliche Erheblichkeit die für den Untersuchungsrichter in der Voruntersuchung erteilten Vorschriften zu beobachten, soweit sie nicht ihrer Natur nach als in der Hauptverhandlung unausführbar erscheinen. (T8)

11 Os 154/07tOGH29.01.2008

Vgl auch

13 Os 67/09sOGH19.11.2009

Auch; nur T1

13 Os 12/10dOGH17.02.2011

Auch; nur T1; nur T3; Beis ähnlich wie T4; Beisatz: Ob sich die als Sachverständiger beizuziehende Person schon vor der Hauptverhandlung eine Meinung über den Fall gebildet hat, ist für die Beurteilung des Anscheins der Befangenheit schon deshalb ohne Bedeutung, weil eine vorläufige Meinungsbildung spätestens mit Abgabe des schriftlichen Gutachtens abgeschlossen ist. (T9)

14 Os 63/11pOGH28.08.2012

Vgl; Beisatz: Liegt ein für den Beschwerdeführer nachteiliges Gutachten bereits vor, kann bei (in dessen Vernehmung bestehender) Beiziehung dieses Sachverständigen zur Hauptverhandlung nur durch Aufzeigen von nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens bestehen gebliebenen Mängeln im Sinn des § 127 Abs 3 erster Satz StPO das Gutachten eines weiteren Sachverständigen unter der Sanktion der Z 4 erwirkt werden. Auf mangelnde Sachkunde des Sachverständigen gegründete Einwendungen sind nach Erstattung von Befund und Gutachten nicht mehr zulässig. (T10)

14 Os 79/12tOGH05.03.2013

Vgl; Ähnlich Beis wie T10

15 Os 1/13fOGH22.05.2013

Vgl; Beis wie T10

14 Os 119/14bOGH16.12.2014

Auch; Beis wie T10

15 Os 52/14gOGH14.01.2015

Auch

11 Os 5/15tOGH28.04.2015

Auch; nur T7

11 Os 53/15aOGH12.04.2016

Auch; Beis wie T10

15 Os 26/16mOGH27.06.2016

Auch

11 Os 26/16gOGH14.06.2017

Auch; Beis wie T10

11 Os 10/16dOGH28.02.2016

Auch; Beis wie T10

14 Os 29/17xOGH05.09.2017

Vgl

13 Os 80/17iOGH06.09.2017

Auch; Beis wie T10

13 Os 67/18dOGH27.06.2018

nur ähnlich wie T10

13 Os 80/18sOGH19.12.2018

Auch; Beis wie T10

12 Os 34/18vOGH12.09.2019

Vgl; Beis wie T10

13 Os 92/19gOGH11.12.2019

Vgl; Beis ähnlich T10

13 Os 19/20yOGH07.04.2020

Vgl; Beis wie T10

15 Os 16/20xOGH18.05.2020

Vgl; Beis wie T10

15 Os 81/20fOGH30.09.2020

Vgl; Beis wie T10

13 Os 66/21mOGH14.07.2021

Vgl; Beis nur wie T10

15 Os 74/21bOGH15.09.2021

Vgl

15 Os 100/21aOGH20.10.2021

Vgl

12 Os 23/22gOGH02.06.2022

Vgl; Beis wie T10

14 Os 139/22fOGH25.04.2023

vgl

11 Os 34/23vOGH13.06.2023

vgl; Beisatz wie T10

14 Os 50/23vOGH06.09.2023

vgl; Beisatz wie T10

Dokumentnummer

JJR_20010925_OGH0002_0140OS00073_0100000_001