OGH 6Ob733/87; 8Ob91/22y (RS0014907)

OGH6Ob733/87; 8Ob91/22y29.3.2023

Rechtssatz

Das Recht zur Irrtumsanfechtung erlischt, wenn die irrige angenommene Sachlage zwischenzeitig noch vor Schluss der Verhandlung erster Instanz eintritt.

Normen

ABGB §871 A
ABGB §871 D
ABGB §871 F

6 Ob 733/87OGH03.03.1988

Veröff: SZ 61/53

8 Ob 91/22yOGH29.03.2023

vgl; Beisatz: Ein im Irrtum vorgenommenes Rechtsgeschäft ist dann nicht mehr anfechtbar, wenn die irrig angenommene Sachlage nachträglich doch noch rechtzeitig – vor Schluss der Verhandlung erster Instanz und solange der Irrende noch ein Interesse an dem Geschäft hat – eingetreten ist. (T1)<br/>Beisatz: Warum die irrig angenommene Sachlage doch noch eintritt, ist nicht von Bedeutung. Maßgeblich ist, dass der Irrtum durch die Änderung der Sachlage „saniert“ wird, das heißt der Irrende tatsächlich das bekommt, was er (berechtigt) zu erhalten glaubte und somit sein Beschwerdegrund wegfällt. (T2)<br/>Beisatz: Der Irrende ist durch die Änderung der Sachlage diesfalls „klaglos gestellt“. Dass er an dem Geschäft kein Interesse mehr hat und deshalb der nachträgliche Eintritt der irrig angenommenen Sachlage verspätet ist, ist vom Irrenden zu behaupten und zu beweisen. (T3)<br/>Beisatz: Dabei kommt es darauf an, dass sich die Sachlage tatsächlich entsprechend geändert hat. Ob der Irrende hypothetisch im Vertragszeitpunkt mit der später vorgenommenen Verbesserungsmaßnahme einverstanden gewesen wäre, ist unerheblich. Hat sich die Sachlage nachträglich so geändert, dass die zunächst irrige Annahme nunmehr in Übereinstimmung mit der Sachlage steht, und ist diese Änderung im bereits erörterten Sinn rechtzeitig erfolgt, so ist der Irrtum „saniert“. (T4)<br/>Beisatz: Hier: VW-Abgasskandal. (T5)<br/>Anm: Zu T3: vgl RS0014917.

Dokumentnummer

JJR_19880303_OGH0002_0060OB00733_8800000_001

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