OGH 11Os126/04 (RS0119618)

OGH11Os126/0414.7.2016

Rechtssatz

Art 6 MRK hindert nicht, dass der Angeklagte im Fall des gesetzlichen Nachweises seiner Schuld (Art 6 Abs 2 MRK) selbst im Fall einer einem staatlichen Organwalter zurechenbaren Tatprovokation dennoch für die Tat verurteilt wird. Denn aus diesem Konventionsverstoß ist kein materieller Straflosigkeitsgrund für die provozierte Straftat abzuleiten. Allerdings kann das Vorliegen einer Tatprovokation durch Organwalter des Staates bei der Sanktionsfindung angemessen in Rechnung gestellt und ein gerechter Ausgleich dafür gefunden werden, dass der Angeklagte das - dessen ungeachtet - verpönte Verhalten ohne diese Einflussnahme nicht gesetzt hätte.

Normen

MRK Art6 V3
MRK Art6 Abs1 II5c
MRK Art6 Abs2 III
MRK Art34
StPO §5 Abs3 B
StPO §25
StPO §281 Abs1 Z9
StGB §32

11 Os 126/04OGH11.01.2005
14 Os 28/05gOGH07.06.2005

Vgl auch

15 Os 25/05yOGH21.04.2005

Auch

12 Os 67/05bOGH04.08.2005

Vgl auch

12 Os 69/05xOGH15.09.2005

Auch; Beisatz: Eine nach § 25 StPO unzulässige und das fair-trial-Gebot des Art 6 Abs 1 MRK verletzende Tatprovokation bewirkt nach gefestigter Judikatur keinen materiellen Straflosigkeitsgrund, sondern ist (bloß) bei der Strafzumessung zu berücksichtigen. (T1)

11 Os 37/06kOGH30.05.2006

nur: Art 6 MRK hindert nicht, dass der Angeklagte im Fall des gesetzlichen Nachweises seiner Schuld (Art 6 Abs 2 MRK) selbst im Fall einer einem staatlichen Organwalter zurechenbaren Tatprovokation dennoch für die Tat verurteilt wird. Denn aus diesem Konventionsverstoß ist kein materieller Straflosigkeitsgrund für die provozierte Straftat abzuleiten. (T2)

13 Os 11/07bOGH07.03.2007

Auch; Beis wie T1; Beisatz: Auch kein prozessuales Verfolgungshindernis. (T3)

15 Os 55/07pOGH30.05.2007

Auch

15 Os 72/07pOGH08.08.2007

Beisatz: Dabei ist der mit Blick auf die Beseitigung der sog Opfereigenschaft aus Art 34 MRK folgenden Verpflichtung zu entsprechen, die Berücksichtigung einer solchen Tatprovokation durch eine ausdrückliche und messbare Strafmilderung zum Ausdruck zu bringen. (T4)

13 Os 73/08xOGH23.07.2008

nur T2; Beis wie T3; Beis wie T4; Beisatz: Daran änderte auch das Strafprozessreformgesetz (BGBl I 19/2004) nichts. (T5)<br/>Bem: Mit ausführlicher Auseinandersetzung mit der höchstgerichtlichen Judikatur, mit jener des EGMR sowie mit der Lehre. (T6)<br/>Beisatz: In unzulässiger, dem Staat zuzurechnender Tatprovokation gelegener Konventionsverstoß (Art 6 Abs 1 MRK) ist ausdrücklich im Urteil festzustellen und durch eine ausdrückliche und messbare Strafmilderung auszugleichen. (T7)

15 Os 5/10iOGH21.04.2010

Vgl auch

14 Os 156/10pOGH28.12.2010

Vgl auch

12 Os 53/12dOGH23.05.2012

Auch

11 Os 45/13xOGH16.04.2013
14 Os 132/13pOGH01.10.2013

Vgl

14 Os 110/13bOGH05.11.2013

Vgl

17 Os 30/14mOGH13.10.2014

Vgl; Beisatz: Die Tatprovokation (hier: § 304 StGB) durch Journalisten ist nicht mildernd, weil sie nicht staatlich veranlasst war. (T8)

12 Os 39/15zOGH09.04.2015

Auch

14 Os 113/15xOGH26.01.2016

Auch

11 Os 40/16sOGH14.06.2016

Vgl

12 Os 5/16aOGH14.07.2016

Vgl aber; Beisatz: Die am 1. Juni 2016 mit BGBl I 2016/26 in Kraft getretene Bestimmung des § 133 Abs 5 StPO sieht nunmehr ein Verfolgungshindernis bei Vorliegen unzulässiger Tatprovokation vor. (T9)

13 Os 19/16tOGH18.05.2016

Auch; Beis wie T7

Bsw 54648/09EGMR23.10.2014

Abweichend; Beis wie T4; Beisatz: Eine angemessene Wiedergutmachung, die zum Wegfall der Opfereigenschaft führt, verlangt den Ausschluss aller durch polizeiliche Verleitung erlangten Beweise oder die Anwendung eines Verfahrens mit ähnlichen Konsequenzen. Selbst eine erhebliche Milderung der Strafe kann nicht als Verfahren mit ähnlichen Folgen wie ein Ausschluss der umstrittenen Beweise angesehen werden. (Furcht gg. Deutschland) (T10)<br/>Veröff: NL 2014,406

Dokumentnummer

JJR_20050111_OGH0002_0110OS00126_0400000_001