OGH 11Os37/06k

OGH11Os37/06k30.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Mai 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gebhart als Schriftführer, in der Strafsache gegen Sezer G***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1, 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Stanoja M***** gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 19. Mai 2005, GZ 20 Hv 26/05t-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten Stanoja M***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des Mitangeklagten Sezer G***** enthält, wurde Stanoja M***** des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 und § 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 31. März und 1. April 2005 in Hohenems im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Sezer G***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Dominik M***** durch gefährliche Drohung mit dem Tod, nämlich durch mehrfaches Vorzeigen einer von einer echten Waffe nicht zu unterscheidenden Schreckschusspistole, zur Übergabe von 50 Euro genötigt und zur Übergabe weiterer 30 Euro zu nötigen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3, 5, 5a, 9 lit a, 9 lit b und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten M*****; sie schlägt fehl.

In der Verfahrensrüge nach Z 3 behauptet der Beschwerdeführer, die Verurteilung wegen „Tatvollendung" verstoße gegen § 25 StPO und sei MRK-widrig, insgesamt damit nichtig im angeführten Sinn, weil der Beschwerdeführer durch einen „Lockspitzel" zur Vollendung der Tat verleitet worden sei.

Demzuwider enthält § 25 StPO eine nicht unter Nichtigkeitssanktion stehende, in der taxativen Aufzählung des § 281 Abs 1 Z 3 StPO nicht genannte Verfahrensbestimmung (Fabrizy, StPO9 § 25 Rz 4). Darüber hinaus ist zwar die Provokation durch einen Lockspitzel gesetzlich untersagt (§ 25 StPO). Von einer solchen kann aber nur die Rede sein, wenn ein Organwalter des Staates auf ein kriminelles Verhalten im Sinne einer über das bloße Erforschen desselben hinausgehenden Bestimmung Einfluss genommen hat. Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Angeklagte die in Rede stehende strafbare Handlung ihrer Art nach auch ohne Intervention des verdeckten Ermittlers vollendet hätte, also - im konkreten Fall - zur Empfangnahme des Geldes grundsätzlich bereit war und auch ohne Verleitung die Tat vollendet hätte. Eine Organwaltern des Staates zurechenbare Bestimmung des Angeklagten zur Vollendung seiner strafbaren Handlung läge somit nicht einmal unter den von der Beschwerde (mit isolierten Zitaten aus einzelnen Aussagen) behaupteten Umständen - die im Übrigen in den Urteilsfeststellungen und der hiefür mängelfrei gegebenen Begründung keine Deckung finden - vor (vgl 11 Os 126/04; 12 Os 21/03; EvBl 2000/118). Schließlich hindert Art 6 MRK nicht, dass der Angeklagte im Fall des gesetzlichen Nachweises seiner Schuld (Art 6 Abs 2 MRK) selbst im Fall einer einem staatlichen Organwalter zurechenbaren Tatprovokation dennoch für die Tat verurteilt würde. Denn aus einem solchen Konventionsverstoß ist kein materieller Straflosigkeitsgrund für die provozierte Straftat abzuleiten (11 Os 126/04). Der Mängelrüge (Z 5) zuwider hat das Erstgericht die Bedrohung des Tatopfers mit dem Tode nicht unbegründet gelassen, sondern in zulässiger Form auf die Aussage des Zeugen Dominik M*****, die Verantwortung des Beschwerdeführers und die Ähnlichkeit der Schreckschusspistole mit einer echten Waffe gestützt (US 17). Behauptete Widersprüche in den Angaben des Zeugen Dominik M*****, die einer Erörterung bedurft hätten und vom Erstgericht mit Stillschweigen übergangen worden seien, legt die Beschwerde mit dem Verweis auf die bloß unterschiedliche Wertung der - vom Zeugen übereinstimmend dargestellten - Frage des Angeklagten an ihn, ob er das Geld dabei habe, als „Aufforderung" zur Geldübergabe (S 263, 275), nicht dar.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit der Wiedergabe der Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe das Tatopfer mehrfach zum Verlassen des „Jugendtreffs" aufgefordert, keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Feststellungen zur subjektiven Tatseite zu erwecken.

Die Rechtsrüge (richtig nur: Z 9 lit b) reklamiert einen strafaufhebenden freiwilligen Rücktritt des Beschwerdeführers vom Versuch, vernachlässigt aber, dass die als ein Verbrechen qualifizierte Tat nach den vorliegenden Urteilskonstatierungen nur teilweise beim Versuch geblieben, des Weiteren aber vollendet worden ist. Durch die Beurteilung eines Teils des wegen des Verbrechens der Erpressung erfolgten Schuldspruchs als Versuch ist der Angeklagte aber nicht beschwert.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) behauptet das Fehlen von Feststellungen zur Drohung mit dem Tod, lässt dabei aber die Urteilskonstatierungen (US 8 dritter Absatz, US 9 zweiter Absatz) außer Acht. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, teils als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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