OGH 8Ob128/09w (RS0126291)

OGH8Ob128/09w22.9.2010

Rechtssatz

Allgemein und gerade unter dem Aspekt des verfassungs‑ und europarechtlichen Grundrechtsschutzes kommt der Interpretation unter dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung besondere Bedeutung zu. Auch die Bestimmungen der §§ 364 und 364a ABGB sind iVm den Verwaltungsbestimmungen zu interpretieren, auf die § 364a ABGB im Ergebnis verweist. Wenn der Gesetzgeber ein allgemeines Recht (§ 364 ABGB) ausformt und im Rahmen von Verfahren nach individualisierten Kriterien (§ 364a ABGB iVm Verwaltungsverfahren) Eingriffe zulässt, so bedarf dies der Möglichkeit der Überprüfung und Beteiligung an diesen Verfahren durch die betroffenen Inhaber der Rechte. Das öffentliche Interesse am Umweltschutz und die privaten Rechte der Anrainer (§ 364 ABGB) stellen unterscheidbare Aspekte dar. Die Prüfung dieser Aspekte kann gemeinsam in einem (Verwaltungsverfahren) erfolgen, oder getrennt in verschiedenen Verfahren (Gericht und Verwaltungsbehörde). Ob in die Rechte nach § 364 ABGB tatsächlich eingegriffen werden soll, kann nur aus der gemeinsamen Interpretation der verwaltungsrechtlichen Bestimmungen iVm § 364a ABGB abgeleitet werden. Ob in diesem Verwaltungsverfahren nur die öffentlichen rechtlichen Interessen beurteilt werden sollen oder auch die privaten Rechte der Anrainer, ergibt sich daraus, ob diese in dem Verwaltungsverfahren Parteistellung (§ 8 AVG) haben. Nur im letzteren Fall ist davon auszugehen, dass es sich auch um eine „genehmigte Anlage“ aufgrund einer „behördlichen Verhandlung“ im Sinne der für den Individualrechtsschutz maßgeblichen Bestimmung des § 364a ABGB handelt.

Normen

ABGB §7
ABGB §364 A
ABGB §364a
MRK Art6 I
MRK Art6 II5a4
MRK Art6 II5c
MRK Art13 III2
MRK Art13 IV6

8 Ob 128/09wOGH22.09.2010

Veröff: SZ 2010/112

8 Ob 95/11wOGH20.01.2012

Vgl; Beisatz: Hier: Zur „übergangenen Partei“; siehe RS0127581. (T1)<br/>Veröff: SZ 2012/9

Dokumentnummer

JJR_20100922_OGH0002_0080OB00128_09W0000_002

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