OGH 6Ob26/97k (RS0107912)

OGH6Ob26/97k12.3.1997

Rechtssatz

Die auf den Grundsätzen des redlichen Verkehrs und auf Treu und Glauben beruhende gesellschaftliche Treuepflicht gebietet es nicht, die Interessen der Gesellschaft stets über jene des Gesellschafters zu stellen. So können sogenannte "eigennützige" Rechte des Gesellschafters, die primär seinen Interessen dienen, im Einzelfall auch gegen die Interessen der Gesellschaft ausgeübt werden. Zu diesen Rechten gehört auch das Recht auf Kündigung beziehungsweise Auflösung und Liquidation zum Zwecke der Befreiung von der Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten und Erhalt des vollen Anteils am Liquidationserlös.

Normen

AktG §104 Abs4
AktG §196 Abs1 Z1
HGB §109
HGB §131
HGB §133
UGB §108

6 Ob 26/97kOGH12.03.1997

Veröff: SZ 70/43

6 Ob 190/08xOGH01.10.2008

Vgl; Beisatz: Hier: GmbH in Liquidation. (T1)<br/>Beisatz: Aus der - im Liquidationsstadium der Gesellschaft abgeschwächten - allgemeinen Treuepflicht unter Gesellschaftern ist nicht abzuleiten, diese müssten im Interesse der übrigen Gesellschafter besondere Sorgfalt und Rücksichtnahme bei der Verfolgung ihres Anteils am Liquidationserlös walten lassen. (T2)

6 Ob 100/12tOGH31.01.2013

Beisatz: Die Treuepflicht gebietet es einem Gesellschafter einer GmbH grundsätzlich nicht, die Interessen der Gesellschaft über seine eigenen zu stellen und ‑ sofern nicht gesellschaftsvertragliche Bestimmungen entgegenstehen ‑ immer schon dann gegen die Ausschüttung des Bilanzgewinnes zu stimmen, wenn die Thesaurierung für die Gesellschaft günstiger als die Ausschüttung ist. Für die Ausschüttung des Bilanzgewinnes zu stimmen, kann jedoch im jeweils zu prüfenden Einzelfall dann treuwidrig sein, wenn die Interessen der Gesellschaft an der Thesaurierung die Interessen des Gesellschafters an der Ausschüttung massiv überwiegen oder wenn der Gesellschafter vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 82 Abs 5 GmbHG weiß. (T3)<br/>Veröff: SZ 2013/15

6 Ob 17/13pOGH27.02.2013

Vgl; Beis wie T3

6 Ob 169/16wOGH24.10.2016

Vgl; nur: So können sogenannte "eigennützige" Rechte des Gesellschafters, die primär seinen Interessen dienen, im Einzelfall auch gegen die Interessen der Gesellschaft ausgeübt werden. (T4)<br/>Beisatz: Bei „eigennützigen“ Mitgliedschaftsrechten können Einschränkungen durch die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht nur unter ganz besonderen Umständen angenommen werden. (T5)<br/>Beisatz: Beim eigennützigen Recht auf Gewinnausschüttung einer Aktiengesellschaft besteht für den Aktionär keine Pflicht zur Unterordnung unter das Gesellschaftsinteresse; im Regelfall ist jenseits der vom Gesetz gezogenen Grenzen kein Aktionär verpflichtet, seine Ausschüttungsinteressen dem Gesellschaftsinteresse unterzuordnen. (T6)<br/>Beisatz. Das Recht auf Anfechtung von Beschlüssen der Hauptversammlung wird zwar als eigennütziges Recht des Aktionärs bezeichnet. Andererseits wird zu Recht darauf verwiesen, eine Beschlussanfechtung könne auch im allgemeinen Interesse an der Rechtmäßigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen betrieben werden. Eine über das Verbot des Rechtsmissbrauchs hinausgehende Verpflichtung, von einer Anfechtungsklage wegen entgegenstehender Gesellschaftsinteressen Abstand zu nehmen, begründet die Treuepflicht des Aktionärs nicht. Treuwidrig handelt ein Aktionär aber dann, wenn er die Rücknahme der Klage gegen Gewährung nicht gerechtfertigter Sondervorteile in Aussicht stellt. (T7); Veröff: SZ 2016/109

Dokumentnummer

JJR_19970312_OGH0002_0060OB00026_97K0000_001

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