OGH 9ObA55/95 (RS0047277)

OGH9ObA55/9526.4.1995

Rechtssatz

Der eine Kündigung Aussprechende trägt regelmäßig das Risiko für den ordnungsgemäßen Zugang der Erklärung. Ein Übergang des Risikos kann nur eintreten, wenn sich der Vertragspartner dem Zugang der Erklärung absichtlich oder wider Treu und Glauben entzieht. In diesem Fall muss er sich so behandeln lassen, als ob er die Auflösungserklärung rechtzeitig empfangen hätte (Martinek/Schwarz/Schwarz, AngG 7.Auflage 378).

Arbeitsverhältnis — Auflösung — Beendigung — Zustellung — Rechtsmissbrauch

 

Normen

ABGB §862a
ABGB §1158 IV
AngG §20 I2

9 ObA 55/95OGH26.04.1995

Veröff: SZ 68/85

9 ObA 106/97xOGH09.07.1997

Auch; Beisatz: Hier: Im gegenständlichen Fall war dem Dienstgeber die Urlaubsadresse des Dienstnehmers zwar nicht bekannt, wohl aber der Umstand, dass dieser "auf Urlaub fahren werde", worunter nach allgemeinem Sprachgebrauch eine Entfernung von der Wohnadresse zu verstehen ist. Dem Dienstgeber wäre es daher zumutbar gewesen, den noch am Vortag anwesenden Dienstnehmer, dessen Entfernung vom Wohnort bekannt war, nach seiner Urlaubsadresse zu fragen. Das in der Zeit der Abwesenheit zugesandte Pensionierungsschreiben kann daher nicht als zugegangen angesehen werden. (T1)

6 Ob 310/01hOGH18.04.2002
9 ObA 147/03pOGH25.02.2004

Vgl auch; Beisatz: Hier: Hat die beklagte Partei in Kenntnis der bevorstehenden Ortsabwesenheit des Klägers den Zeitpunkt der Absendung der Kündigungserklärung so gewählt, dass ein rechtzeitiger Zugang nur unter günstigsten Bedingungen (Zustellversuch am nächsten Tag, Rückkehr des Adressaten an seinen Wohnsitz vor Schalterschluss beim Postamt) möglich gewesen wäre, kann dem Kläger nicht der Vorwurf einer Zugangsvereitelung gemacht werden, wenn er seinen Tagesablauf an diesem Tag nicht auf die - keinesfalls mit Sicherheit zu erwartende - Zustellung ausgerichtet, sondern sich unmittelbar nach seinem Dienst an den Urlaubsort begeben hat. (T2)

6 Ob 231/05xOGH03.11.2005

Auch; Beisatz: Jeden Empfänger treffen gewisse Obliegenheiten zur Vorsorge, dass ihn betreffende Erklärungen ihm auch zugehen können. Die Verpflichtung, für die Möglichkeit des Zugangs von rechtsgeschäftlichen Erklärungen vorzusorgen, ist umso stärker zu gewichten, je eher mit der Möglichkeit des Einlangens solcher Erklärungen zu rechnen ist. (T3)

8 ObA 37/06hOGH11.05.2006

Beis wie T3

9 ObA 73/10sOGH03.09.2010

Auch; nur: Der eine Kündigung Aussprechende trägt regelmäßig das Risiko für den ordnungsgemäßen Zugang der Erklärung. (T4) Beisatz: Kann die Kündigung wegen etwa urlaubsbedingter Ortsabwesenheit nicht zugestellt werden, so wird sie abgesehen von Fällen einer Zugangsfiktion wegen Zugangsvereitelung nicht wirksam. (T5)

9 ObA 67/15sOGH24.06.2015

Auch; Beis wie T3

6 Ob 152/18yOGH31.08.2018

Vgl; Beisatz: Hier: Empfang einer Kündigung per E-Mail während eines angekündigten Betriebs­urlaubs in der Weihnachtszeit – keine Vereitelung des Zugangs wider Treu und Glauben, daher Zugang erst mit dem nächsten Werktag. (T6)

Dokumentnummer

JJR_19950426_OGH0002_009OBA00055_9500000_001

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