OGH 4Ob549/94 (RS0076093)

OGH4Ob549/9419.9.1994

Rechtssatz

Das Gesetz definiert den Begriff der "besonderen Heilbehandlung" nicht. Behandlungen, die die körperliche Integrität des Betroffenen in besonderer Weise beeinträchtigen, wie etwa "Elektroschocks", werden in diesem Sinn als "besondere Heilbehandlung" anzusehen sein. Bei Behandlungen, mit denen Persönlichkeitsveränderungen verbunden sind, wird zu unterscheiden sein: Behandlungen, die auf die Heilung (und damit die Veränderung) der kranken Persönlichkeit selbst abzielen, werden nicht schlechthin "besondere Heilbehandlungen" sein. Wenn eine Behandlung aber über das Ziel einer solchen Heilung hinaus - vorübergehende oder dauernde - Veränderungen der Persönlichkeit des Kranken, andere erhebliche Nebenwirkungen oder sonst schwerwiegende Beeinträchtigungen der körperlichen oder psychischen Verfassung nach sich zieht, wird eine "besondere Heilbehandlung" vorliegen. Nach diesen Grundsätzen wird auch der Einsatz der Psychopharmaka, insbesondere der Neuroleptika, vor allem durch "Depotinjektion", zu beurteilen sein.

Normen

UbG §36

4 Ob 549/94OGH19.09.1994
6 Ob 546/95OGH22.06.1995

nur: Das Gesetz definiert den Begriff der "besonderen Heilbehandlung" nicht. Behandlungen, die die körperliche Integrität des Betroffenen in besonderer Weise beeinträchtigen, wie etwa "Elektroschocks", werden in diesem Sinn als "besondere Heilbehandlung" anzusehen sein. (T1)<br/>Beisatz: Zwangsweise Ernährung mittels einer Sonde keine besondere Heilbehandlung. (T2) <br/>Veröff: SZ 68/117

6 Ob 2117/96hOGH14.08.1996

Veröff: SZ 69/182

7 Ob 17/97vOGH29.01.1997

Vgl auch; Beisatz: Die Meinung Kopetzkys (UbG, 835), dass ein auf Depot verabreichtes Neuroleptikum, allein wenn seine Wirkung über die ursprünglich vom Gesetz vorgesehene Unterbringungsdauer hinausreicht, eine besondere Heilbehandlung darstelle, wird nicht geteilt. Eine solche liegt nur dann vor, wenn mit ihr "erhebliche" Nebenwirkungen auftreten. Wird aber beim Patienten durch das verabreichte Medikament im wesentlichen nur der Zustand wiederhergestellt, der annähernd dem der wenn auch nur vorübergehend erzielten Gesundung entspricht, dann ist es gleichgültig, ob die Wirkung dieses Depotmedikamentes über die in § 19 Abs 1 UbG vorgesehene Frist hinausgeht. (T3)

3 Ob 263/07hOGH08.05.2008

Auch; Beisatz: Es ist jeweils im Einzelfall abzuwägen, ob eine „besondere Heilbehandlung" iSd § 36 UbG vorlag. (T4)<br/>Beisatz: Hier: Behandlung von schweren Verbrennungen - keine besondere Heilbehandlung. (T5)<br/>Veröff: SZ 2008/60

6 Ob 62/10aOGH15.04.2010

nur: Das Gesetz definiert den Begriff der "besonderen Heilbehandlung" nicht. Behandlungen, die die körperliche Integrität des Betroffenen in besonderer Weise beeinträchtigen, wie etwa "Elektroschocks", werden in diesem Sinn als "besondere Heilbehandlung" anzusehen sein. Bei Behandlungen, mit denen Persönlichkeitsveränderungen verbunden sind, wird zu unterscheiden sein: Behandlungen, die auf die Heilung (und damit die Veränderung) der kranken Persönlichkeit selbst abzielen, werden nicht schlechthin "besondere Heilbehandlungen" sein. Wenn eine Behandlung aber über das Ziel einer solchen Heilung hinaus - vorübergehende oder dauernde - Veränderungen der Persönlichkeit des Kranken, andere erhebliche Nebenwirkungen oder sonst schwerwiegende Beeinträchtigungen der körperlichen oder psychischen Verfassung nach sich zieht, wird eine "besondere Heilbehandlung" vorliegen. (T6)<br/>Beis wie T4; Beisatz: Hier: Das Setzen einer PEG‑Sonde ist als besondere Heilbehandlung anzusehen. (T7)

7 Ob 26/15xOGH20.05.2015

Auch; nur T1; Beisatz: Hier idF der UbG-Novelle 2010, BGBl I 2010/18. (T8)

7 Ob 168/15dOGH19.11.2015

Auch; nur T1

7 Ob 154/19aOGH18.09.2019

Beisatz: Hier Verträglichkeitsprüfung vor besonderer Heilbehandlung. (T9)

7 Ob 199/19vOGH22.01.2020

Vgl; nur T6; Beisatz: Besondere Heilbehandlungen sind solche, die die körperliche Integrität des Kranken in besonderer Weise beeinträchtigen oder die gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden sind. Hier: Verneinung für Kontrazeption durch Spirale. (T10)

Dokumentnummer

JJR_19940919_OGH0002_0040OB00549_9400000_001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)