OGH 5Ob50/73 (RS0029170)

OGH5Ob50/7328.3.1973

Rechtssatz

Das österreichische Recht kennt zwar eine allgemeine Erfolgshaftung für die durch den Betrieb eines Unternehmens verursachten Schäden ebensowenig wie eine allgemeine Haftung des Unternehmers für seine Angestellten gegenüber jedermann. Nach der Rechtsprechung ist aber die vom Gesetzgeber in einzelnen Fällen (RHG, EKHG, LuftVerkG usw) besonders ausgesprochene erweiterte Haftung des Unternehmers für die spezifische Betriebsgefahr grundsätzlich analog auf alle gefährlichen Betriebe auszudehnen; wer ein solches Unternehmen betreibt, kann die Gefahr einer aus der Art des Betriebes entspringenden Verursachung von Schäden an Leib, Leben und Vermögen anderer nicht auf die Öffentlichkeit abwälzen, sondern er muss für sie auch dann aufkommen, wenn ihm oder seinen Betriebsgehilfen ein Verschulden nicht nachgewiesen werden kann. Dabei darf freilich der Begriff des "gefährlichen Betriebes" nicht zu weit ausgelegt werden. Es muss sich also um Betriebe handeln, bei denen nicht bloß infolge zufälliger konkreter Umstände, sondern infolge ihrer allgemeinen Beschaffenheit die Interessen Dritter schon dadurch in einer das normale Maß der im modernen Leben stets bestehenden Gefährdung wesentlich übersteigenden Art gefährdet werden, dass der Betrieb zur Erreichung seines Zwecks überhaupt im Gang ist; Gleichheit des Rechtsgrundes und des Schutzbedürfnisses sind dabei stets unerlässliche Voraussetzungen. Die besondere Haftung des Betriebsinhabers tritt nicht schon dann ein, wenn ein an sich ungefährlicher Betrieb im Einzelfall unter gewissen Umständen zu einem gefährlichen wird; sie ist vielmehr erst dann zu bejahen, wenn eine solche Gefahr nach der Art des Betriebes regelmäßig und allgemein vorhanden ist. Geht man von den Grundsätzen dieser Rechtsprechung aus, dann muss das Unternehmen eines Feuerwerkers als "gefährlicher Betrieb" im dargelegten Sinn bezeichnet werden (mit einer Übersicht über die bisherige Judikatur zum "gefährlichen Betrieb").

Auto

 

Normen

ABGB §1315 IV

5 Ob 50/73OGH28.03.1973

Veröff: SZ 46/36 = EvBl 1973/175 S 395 = RZ 1973/150 S 142 = JBl 1974,199

5 Ob 873/76OGH21.12.1976

nur: Die besondere Haftung des Betriebsinhabers tritt nicht schon dann ein, wenn ein an sich ungefährlicher Betrieb im Einzelfall unter gewissen Umständen zu einem gefährlichen wird; sie ist vielmehr erst dann zu bejahen, wenn eine solche Gefahr nach der Art des Betriebes regelmäßig und allgemein vorhanden ist. (T1) <br/>Beisatz: Hier: Bauunternehmer nimmt ausnahmsweise eine Sprengung vor. (T2)

6 Ob 530/77OGH17.03.1977

nur T1

1 Ob 624/77OGH30.11.1977

Vgl auch; Beisatz: Ein Haus kann, was die Gefährlichkeit betrifft, einem Eisenbahnbetrieb oder dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges nicht gleichgestellt werden. (T3) <br/>Veröff: JBl 1978,543

7 Ob 572/78OGH11.05.1978

nur T1; nur: Geht man von den Grundsätzen dieser Rechtsprechung aus, dann muß das Unternehmen eines Feuerwerkers als "gefährlicher Betrieb" im dargelegten Sinn bezeichnet werden (mit einer Übersicht über die bisherige Judikatur zum "gefährlichen Betrieb"). (T4)

1 Ob 560/79OGH30.10.1979

nur T1; nur: Nach der Rechtsprechung ist aber die vom Gesetzgeber in einzelnen Fällen (RHG, EKHG, LuftVerkG usw) besonders ausgesprochene erweiterte Haftung des Unternehmers für die spezifische Betriebsgefahr grundsätzlich analog auf alle gefährlichen Betriebe auszudehnen. (T5) <br/>Veröff: JBl 1981,371 (teilweise kritisch Koziol)

1 Ob 824/81OGH27.01.1982

nur T1; nur T5; Beisatz: Autodromanlage ist kein gefährlicher Betrieb. (T6) <br/>Veröff: EvBl 1982/129 S 436

8 Ob 135/83OGH24.11.1983

nur T1

3 Ob 516/88OGH13.07.1988

nur T1

1 Ob 26/00fOGH22.02.2000

nur: Dabei darf freilich der Begriff des "gefährlichen Betriebes" nicht zu weit ausgelegt werden. Es muss sich also um Betriebe handeln, bei denen nicht bloß infolge zufälliger konkreter Umstände, sondern infolge ihrer allgemeinen Beschaffenheit die Interessen Dritter schon dadurch in einer das normale Maß der im modernen Leben stets bestehenden Gefährdung wesentlich übersteigenden Art gefährdet werden. (T7) <br/>nur T1; Beisatz: Noch dazu muss dabei auch die Gefahr des Eintritts eines außergewöhnlich hohen Schadens bestehen. (T8) Beisatz: Hier: Betrieb eines Selbstbedienungs-Sonnenstudios. (T9)

10 Ob 28/00sOGH25.07.2000

nur T7; Beisatz: Hier: Gokart. (T10)

9 Ob 70/06vOGH15.11.2006

nur T1; Beisatz: Eine Wassersprunganlage ist kein gefährlicher Betrieb. (T11)

9 Ob 1/10bOGH26.01.2010

Vgl auch; Beisatz: Auch das gewerbsmäßige Abbrennen von Feuerwerken ist ein „gefährlicher Betrieb“ mit der Folge einer verschuldensfreien Gefährdungshaftung des Unternehmers. (T12)

6 Ob 56/15aOGH23.10.2015

Vgl auch; Beisatz: Durch die Emission von Zertifikaten (ADCs, Austrian Depositary Certificates), durch die bestimmte ausländische Aktien in Österreich handelbar gemacht werden, erfolgt keine substantielle Erhöhung der Risiken gegenüber dem Handel mit anderen Beteiligungen, sodass für eine auf Analogie zum EKHG und PHG gegründete Gefährdungshaftung der Zertifikatsemittentin keine Grundlage besteht. (T13)

7 Ob 203/15aOGH16.12.2015

Auch; Beisatz: Eine Person, die im privaten Kreis Feuerwerkskörper der Kategorie F2 abschießt, unterliegt nicht generell der Gefährdungshaftung. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an. (T14)

Dokumentnummer

JJR_19730328_OGH0002_0050OB00050_7300000_003

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