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BGBl II 127/2023

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

127. Verordnung: Land- und forstwirtschaftliche Verordnung biologische Arbeitsstoffe

127. Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft über den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe in der Land- und Forstwirtschaft (Land- und forstwirtschaftliche Verordnung biologische Arbeitsstoffe - LF-VbA)

Auf Grund der §§ 223 bis 227 und des § 231 Abs. 1 Z 1 des Landarbeitsgesetzes 2021 (LAG), BGBl. I Nr. 78/2021, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 167/2022, wird verordnet:

Inhaltsverzeichnis

§ 1.

Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen

§ 2.

Zuordnung zu Risikogruppen bei beabsichtigter Verwendung

§ 3.

Ermittlung und Beurteilung der Gefahren bei beabsichtigter Verwendung

§ 4.

Ermittlung und Beurteilung der Gefahren bei unbeabsichtigter Verwendung

§ 5.

Hygiene, Expositionsvermeidung, Impfung

§ 6.

Ausstattung, Persönliche Schutzausrüstung, sichere Handhabung

§ 7.

Desinfektion, Vorsorge für besondere Fälle

§ 8.

Ausnahmen von §§ 6 und 7

§ 9.

Zusätzliche Schutzmaßnahmen bei beabsichtigter Verwendung

§ 10.

Zusätzliche Schutzmaßnahmen in bestimmten Fällen unbeabsichtigter Verwendung

§ 11.

Meldung bei beabsichtigter Verwendung

§ 12.

Information und Unterweisung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

§ 13.

Handhabung der Organismenlisten (Anhang 2 der VbA)

§ 14.

Schlussbestimmungen

Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen

§ 1. (1) Diese Verordnung gilt für die Verwendung von biologischen Arbeitsstoffen (§ 223 Abs. 1 und 7 LAG) einschließlich unkonventioneller Agenzien, die mit transmissiblen spongiformen Enzephalopathien assoziiert sind.

(2) Im Sinne des § 223 Abs. 7 LAG sind

  1. 1. Mikroorganismen: alle zellularen oder nichtzellularen mikrobiologischen Einheiten, die zur Vermehrung oder zur Weitergabe von genetischem Material fähig sind;
  2. 2. Zellkulturen: in-vitro-Vermehrungen von aus vielzelligen Organismen isolierten Zellen.

(3) Beabsichtigte Verwendung im Sinne dieser Verordnung liegt vor, wenn der Zweck einer Tätigkeit oder eines Arbeitsverfahrens die Verwendung eines oder mehrerer biologischer Arbeitsstoffe ist.

(4) Unbeabsichtigte Verwendung im Sinne dieser Verordnung liegt vor, wenn keine beabsichtigte Verwendung vorliegt, es aber offenkundig ist oder die Ermittlung und Beurteilung der Gefahren nach § 224 LAG ergeben hat, dass eine Tätigkeit oder ein Arbeitsverfahren zu einer Exposition gegenüber einem oder mehreren biologischen Arbeitsstoffen führen kann.

Zuordnung zu Risikogruppen bei beabsichtigter Verwendung

§ 2. (1) Bei beabsichtigter Verwendung haben Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die biologischen Arbeitsstoffe entsprechend ihrem Infektionsrisiko einer der vier Risikogruppen nach § 223 Abs. 7 Z 1 bis 4 LAG zuzuordnen.

(2) Die Zuordnung nach Abs. 1 hat gemäß den Organismenlisten (Anhang 2 der Verordnung biologische Arbeitsstoffe - VbA, BGBl. II Nr. 237/1998) zu erfolgen.

(3) Sofern ein biologischer Arbeitsstoff in den Organismenlisten (Anhang 2 der VbA) nicht enthalten ist, hat die Zuordnung nach Abs. 1 nach dem Stand von Wissenschaft und Technik, unter Beachtung der Kriterien gemäß § 223 Abs. 7 Z 1 bis 4 LAG zu erfolgen. Bei dieser Zuordnung können national oder international anerkannte Listen der EU-Mitgliedstaaten herangezogen werden, die eine Einstufung biologischer Arbeitsstoffe in Risikogruppen im Sinne des § 223 Abs. 7 Z 1 bis 4 LAG enthalten.

(4) Ist die Zuordnung eines biologischen Arbeitsstoffes nicht eindeutig möglich, ist er der höchsten der in Betracht kommenden Risikogruppe zuzuordnen.

(5) Viren, die bereits beim Menschen isoliert, aber noch nicht in der Organismenliste (Anhang 2 der VbA) eingestuft sind, sind mindestens der Risikogruppe 2 zuzuordnen, es sei denn, das Virus ist in einer Liste im Sinne des Abs. 3 in Risikogruppe 1 eingestuft.

Ermittlung und Beurteilung der Gefahren bei beabsichtigter Verwendung

§ 3. Bei der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren sind zu berücksichtigen:

  1. 1. die Risikogruppe der biologischen Arbeitsstoffe;
  2. 2. Art und Häufigkeit der Tätigkeit;
  3. 3. mögliche Infektionswege, z.B. durch Inhalation von Aerosolen oder Staub, durch direkten oder indirekten Haut- oder Schleimhautkontakt, durch Verletzungen oder Bisse, durch orale Aufnahme;
  4. 4. die aus der Arbeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer resultierenden möglichen allergieauslösenden oder toxigenen Wirkungen;
  5. 5. Informationen im Sinne des § 224 Abs. 2 LAG über mögliche oder tatsächlich aufgetretene Erkrankungen, die auf die Verwendung von biologischen Arbeitsstoffen zurückzuführen sind oder sein könnten;
  6. 6. die Ungewissheit hinsichtlich des Vorhandenseins von sowie die Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe, die im Organismus menschlicher Patienten oder von Tieren oder in den von Menschen oder Tieren stammenden Proben, Ausscheidungen oder Abfällen vorhanden sind oder sein könnten.

Ermittlung und Beurteilung der Gefahren bei unbeabsichtigter Verwendung

§ 4. (1) Bei unbeabsichtigter Verwendung ist die Ermittlung und Beurteilung der Gefahren anhand von Informationen über Erfahrungen mit vergleichbaren Arbeitsplätzen vorzunehmen. Dabei ist § 3 anzuwenden, soweit dies ohne Kenntnis der Identität des biologischen Arbeitsstoffes möglich ist.

(2) Sofern bei unbeabsichtigter Verwendung die Identität eines biologischen Arbeitsstoffes bekannt ist, muss überdies eine Zuordnung zu einer Risikogruppe gemäß § 2 vorgenommen werden.

Hygiene, Expositionsvermeidung, Impfung

§ 5. (1) Werden biologische Arbeitsstoffe verwendet, müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für die Einhaltung folgender Hygienemaßnahmen sorgen:

  1. 1. Arbeitsplätze und Arbeitsmittel sind in einem dem Arbeitsablauf entsprechenden sauberen Zustand zu halten.
  2. 2. Von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mitgebrachte Lebensmittel, Kosmetika, Medikamente und Tabakerzeugnisse
    1. a) müssen so aufbewahrt werden, dass eine Kontamination mit biologischen Arbeitsstoffen vermieden wird und
    2. b) dürfen an Arbeitsplätzen oder in Räumen, an bzw. in denen die Gefahr einer Kontamination mit biologischen Arbeitsstoffen besteht, nicht konsumiert bzw. angewendet werden.
  3. 3. Auf die Verbote nach Z 2 lit. b muss durch deutlich sichtbare Anschläge hingewiesen werden.
  4. 4. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben nach Ende der Arbeit sowie vor dem Essen, Trinken oder Rauchen die Hände zu waschen.
  5. 5. Ungeziefer muss gegebenenfalls in geeigneter Weise bekämpft werden.

(2) Werden biologische Arbeitsstoffe verwendet, müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber dafür sorgen, dass folgende Maßnahmen zur Expositionsvermeidung getroffen werden:

  1. 1. Spitze, schneidende oder zerbrechliche Arbeitsgeräte sind, wenn möglich, durch solche zu ersetzen, bei denen keine oder weniger Gefahr von Stich- oder Schnittverletzungen besteht.
  2. 2. Für das Pipettieren müssen Pipettierhilfen zur Verfügung gestellt werden. Mundpipettieren ist verboten.
  3. 3. Wenn eine Exposition von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gegenüber biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 2, 3 oder 4 möglich ist, sind Tätigkeiten und Arbeitsverfahren mit Staub- oder Aerosolbildung, einschließlich Reinigungsverfahren, wenn möglich durch solche ohne Staub- oder Aerosolbildung zu ersetzen. Bei allen Tätigkeiten ist Staub- oder Aerosolbildung möglichst zu vermeiden.
  4. 4. Wenn Staub- oder Aerosolbildung nicht vermieden werden kann, ist die Anzahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die tatsächlich oder möglicherweise gegenüber biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 2, 3 oder 4 exponiert sind, auf das niedrigstmögliche Niveau zu begrenzen.

(3) Abs. 2 Z 3 und 4 gelten auch für biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 1, sofern der damit verbundene Aufwand vertretbar ist.

(4) Ergibt die Ermittlung und Beurteilung der Gefahren, dass ein Risiko für die Sicherheit oder Gesundheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Grund der Exposition gegenüber biologischen Arbeitsstoffen besteht, gegen die es wirksame Impfstoffe gibt, haben Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber den betreffenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Impfung anzubieten.

Ausstattung, Persönliche Schutzausrüstung, sichere Handhabung

§ 6. (1) Werden biologische Arbeitsstoffe verwendet, ist den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zur Verfügung zu stellen:

  1. 1. Seifenspender, Hautdesinfektionsmittel, Einweghandtücher und Hautpflegemittel an den Waschplätzen,
  2. 2. geeignete Arbeitskleidung,
  3. 3. geeignete Schutzhandschuhe,
  4. 4. geeignete Schutzmasken bei staub- oder aerosolbildenden Arbeitsverfahren,
  5. 5. getrennte Aufbewahrungsmöglichkeiten für Straßenkleidung einerseits und Arbeitskleidung oder persönliche Schutzausrüstung andererseits.

(2) Die Oberflächen von Werkbänken und Arbeitstischen müssen wasserundurchlässig, leicht zu reinigen und desinfizierbar sowie gegen die zu erwartenden mechanischen, chemischen oder physikalischen Einflüsse widerstandsfähig sein.

(3) Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben dafür zu sorgen, dass

  1. 1. Arbeitskleidung und persönliche Schutzausrüstung außerhalb des Arbeitsraumes bzw. außerhalb des Arbeitsbereiches nicht getragen wird, und
  2. 2. persönliche Schutzausrüstung nach jedem Gebrauch, erforderlichenfalls auch vor jedem Gebrauch, überprüft und gereinigt wird.

(4) Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen geeignete Verfahren für die Entnahme, die Handhabung sowie für die Verarbeitung von Proben menschlichen oder tierischen Ursprungs festlegen und dafür geeignete Einrichtungen zur Verfügung stellen.

(5) Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben dafür zu sorgen, dass nur solche Behälter zur Sammlung, zur Aufbewahrung, zum Transport oder zur Beseitigung von biologischen Arbeitsstoffen, von Proben, von Rückständen oder von möglicherweise kontaminierten Gegenständen oder Materialien verwendet werden, die

  1. 1. hinsichtlich ihrer Beschaffenheit (z.B. Material, Festigkeit, Größe, Verschluss) geeignet sind, den Inhalt sicher zu umschließen, wobei auf die Art des jeweiligen Inhalts (z.B. scharfe Gegenstände, Flüssigkeiten, Gewicht) Bedacht zu nehmen ist,
  2. 2. deutlich erkennbar sind (z.B. durch Farbkodierung, Beschriftung oder Kennzeichnung mit dem Symbol für Biogefährdung) und
  3. 3. ihrer Art nach nicht zur Aufbewahrung von Lebensmitteln bestimmt sind oder mit solchen Behältern verwechselt werden können.

Desinfektion, Vorsorge für besondere Fälle

§ 7. (1) Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen festlegen, welche spezifischen Desinfektionsverfahren für die verwendeten biologischen Arbeitsstoffe geeignet und wie oft diese anzuwenden sind und müssen die dafür erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen.

(2) Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben dafür zu sorgen, dass

  1. 1. eine unverzügliche Reinigung und Desinfektion des kontaminierten Bereiches erfolgt, wenn Material, das biologische Arbeitsstoffe enthalten kann, ausgetreten ist oder verschüttet wurde,
  2. 2. Arbeitsflächen täglich gereinigt und regelmäßig desinfiziert werden,
  3. 3. soweit dies auf Grund des Arbeitsablaufs möglich und erforderlich ist, Arbeitsmittel, die in Kontakt mit biologischen Arbeitsstoffen waren, desinfiziert werden:
    1. a) vor der Reinigung oder
    2. b) bevor sie aus dem Arbeitsbereich gebracht werden,
  4. 4. im Fall von Hautkontakt eine Desinfektion der betroffenen Hautflächen erfolgt.

(3) Für folgende Fälle (Z 1 bis 4) müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auf Grund der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren im Voraus schriftlich festlegen, welche Maßnahmen (wie z.B. Abgrenzen des betroffenen Bereiches, Desinfektion mit bestimmten Mitteln, Reinigung mit bestimmten saugenden Verfahren, Tragen von bestimmter persönlicher Schutzausrüstung, Filtergeräte für die Selbstrettung) zu treffen sind und müssen die dazu erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen:

  1. 1. für Reinigungsarbeiten, insbesondere wenn Material, das biologische Arbeitsstoffe enthalten kann, ausgetreten ist oder verschüttet wurde,
  2. 2. für den Umgang mit bzw. die Beseitigung von Rückständen oder von möglicherweise kontaminierten Gegenständen oder Materialien,
  3. 3. für Wartungs-, Instandhaltungs- und Abbrucharbeiten, bei denen die Möglichkeit einer beträchtlichen Erhöhung der Exposition der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorherzusehen ist und
  4. 4. für den Fall von Betriebsstörungen oder Zwischenfällen, durch die es zu einer beträchtlichen Erhöhung der Exposition der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kommen könnte.

Ausnahmen von §§ 6 und 7

§ 8. (1) Bei beabsichtigter Verwendung müssen die Maßnahmen gemäß §§ 6 und 7 nicht getroffen werden, wenn die Zuordnung nach § 2 ergeben hat, dass ausschließlich biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 1 verwendet werden.

(2) Bei unbeabsichtigter Verwendung müssen die Maßnahmen gemäß §§ 6 und 7 nicht getroffen werden,

  1. 1. soweit die Ermittlung und Beurteilung der Gefahren ergeben hat, dass diese Maßnahmen im Einzelnen nicht erforderlich sind oder
  2. 2. wenn die Ermittlung und Beurteilung der Gefahren ergeben hat, dass mit höchster Wahrscheinlichkeit nur solche biologischen Arbeitsstoffe verwendet werden, die keiner höheren als der Risikogruppe 1 zuzuordnen sind.

Zusätzliche Schutzmaßnahmen bei beabsichtigter Verwendung

§ 9. (1) Bei beabsichtigter Verwendung sind

  1. 1. Bereiche, in denen biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 2, 3 oder 4 verwendet werden, an den Zugängen mit dem Warnzeichen „Biogefährdung“ zu kennzeichnen und
  2. 2. über §§ 5 bis 7 hinausgehend die Schutzmaßnahmen nach Anhang 1 der VbA zu treffen, und zwar bei Verwendung von biologischen Arbeitsstoffen
    1. a) der Risikogruppe 2: die Schutzmaßnahmen nach Anhang 1.RG2 der VbA;
    2. b) der Risikogruppe 3: die Schutzmaßnahmen nach Anhang 1.RG3 der VbA;
    3. c) der Risikogruppe 4: die Schutzmaßnahmen nach Anhang 1.RG4 der VbA.

(2) Werden innerhalb eines Arbeitsbereiches biologische Arbeitsstoffe mit unterschiedlichen Risikogruppen verwendet, sind die Schutzmaßnahmen entsprechend der höchsten in Betracht kommenden Risikogruppe zu treffen.

(3) Wenn der Stamm eines biologischen Arbeitsstoffes abgeschwächt ist oder bekannte Virulenzgene verloren hat, müssen abweichend von Abs. 1 die auf Grund der Einstufung seines Elternstammes erforderlichen Schutzmaßnahmen - vorbehaltlich einer angemessenen Ermittlung und Beurteilung der Gefahren - nicht getroffen werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein solcher Stamm als Produkt oder Bestandteil eines Produkts zu prophylaktischen oder therapeutischen Zwecken verwendet werden soll.

(4) Ob und welche weiteren als die in Abs. 1 genannten zusätzlichen Schutzmaßnahmen, insbesondere wegen möglicher Infektionswege oder wegen möglicher allergieauslösender oder toxigener Wirkungen, erforderlich sind, ist von den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern auf Grund der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren festzulegen.

(5) Wenn bei der beabsichtigten Verwendung biologischer Arbeitsstoffe in industriellen Verfahren die Gefahren auf Grund der Ermittlung und Beurteilung für bestimmte Tätigkeiten zwar nicht abschließend beurteilt werden können, jedoch Hinweise dafür vorliegen, dass ein erhebliches Gesundheitsrisiko für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegeben sein könnte, dürfen die entsprechenden Tätigkeiten nur in Arbeitsräumen ausgeführt werden, die dem Anhang 1.RG3 der VbA entsprechen.

(6) Abweichend von Abs. 1 gilt für diagnostische mikrobiologische Labors § 10 Abs. 3.

Zusätzliche Schutzmaßnahmen in bestimmten Fällen unbeabsichtigter Verwendung

§ 10. (1) Im Fall des § 4 Abs. 2 ist von den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern auf Grund der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren festzulegen, ob und welche über §§ 5 bis 7 hinausgehende Schutzmaßnahmen (z.B. solche nach Anhang 1 der VbA) insbesondere wegen möglicher Infektionswege oder wegen möglicher allergieauslösender oder toxigener Wirkungen erforderlich sind.

(2) Für Isolierstationen (einschließlich post-mortem-Stationen), die der Absonderung von Patienten oder Tieren dienen, weil diese mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 3 oder 4 infiziert sind oder infiziert sein könnten, ist von den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern entsprechend der Risikogruppe der in Betracht kommenden biologischen Arbeitsstoffe festzulegen, welche zusätzlichen Schutzmaßnahmen nach Anhang 1.RG3 oder 1.RG4 der VbA erforderlich sind, um ein Infektionsrisiko für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer möglichst zu vermeiden.

(3) In Labors, die Stoffe verwenden, bei denen nicht feststeht, ob biologische Arbeitsstoffe vorhanden sind, die für den Menschen krankheitserregend sein können, die jedoch nicht beabsichtigen, mit biologischen Arbeitsstoffen als solchen zu arbeiten, insbesondere sie zu züchten oder sie zu konzentrieren, sind die zusätzlichen Schutzmaßnahmen nach Anhang 1.RG2 der VbA zu treffen. Ob und welche weiteren zusätzlichen Schutzmaßnahmen (insbesondere solche nach Anhang 1.RG3 oder 1.RG4 der VbA) erforderlich sind, ist von den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern auf Grund der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren festzulegen.

Meldung bei beabsichtigter Verwendung

§ 11. (1) Die Meldung der erstmaligen beabsichtigten Verwendung biologischer Arbeitsstoffe der Risikogruppe 2, 3 oder 4 gemäß § 225 Abs. 6 LAG hat zu enthalten:

  1. 1. Name der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers und Anschrift der Arbeitsstätte;
  2. 2. Angaben zur Identität der biologischen Arbeitsstoffe, sofern möglich, nach Gattung und Art;
  3. 3. die vorgenommene Zuordnung zu den Risikogruppen gemäß § 2;
  4. 4. die Ergebnisse der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren gemäß § 3;
  5. 5. gegebenenfalls Angaben über Schutzmaßnahmen nach § 9 Abs. 4, 5 oder 6.

(2) Weiters sind gegebenenfalls jene biologischen Arbeitsstoffe zu melden, die bei der Verwendung voraussichtlich entstehen werden, sofern diese einer höheren als der ursprünglich gemeldeten Risikogruppe zuzuordnen sind.

(3) Meldungen nach den in § 14 Abs. 4 genannten Rechtsvorschriften gelten als Meldungen im Sinne dieser Verordnung.

(4) Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben der Land- und Forstwirtschaftsinspektion weiters Betriebsstörungen oder Zwischenfälle, die zu einer beträchtlichen Erhöhung der Exposition der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegenüber einem biologischen Arbeitsstoff der Risikogruppe 3 oder 4 geführt haben, zu melden.

Information und Unterweisung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

§ 12. (1) Die Information der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 195 LAG hat sich jedenfalls zu beziehen auf:

  1. 1. mögliche Gefahren für die Gesundheit,
  2. 2. von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu treffende Hygiene- und Desinfektionsmaßnahmen,
  3. 3. von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu treffende Maßnahmen zur Verhütung einer Exposition und
  4. 4. das Tragen und Benutzen von persönlicher Schutzausrüstung.

(2) Schriftliche Anweisungen nach § 197 Abs. 6 LAG müssen am Arbeitsplatz ausgehängt werden über:

  1. 1. die gemäß § 7 Abs. 3 Z 4 festgelegten Maßnahmen und
  2. 2. die zu beachtenden Schutzmaßnahmen, sofern biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 3 oder 4 verwendet werden.

(3) Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben sicherzustellen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, denen gemäß § 226 Abs. 4 LAG in Verbindung mit § 5 Abs. 4 dieser Verordnung Impfstoffe zur Verfügung gestellt werden, über Vor- und Nachteile der Impfung und der Nicht-Impfung informiert werden.

Handhabung der Organismenlisten (Anhang 2 der VbA)

§ 13. (1) Den Risikogruppen zugeordnet sind nur biologische Arbeitsstoffe, die bekanntermaßen Infektionskrankheiten beim Menschen hervorrufen. Nicht berücksichtigt sind:

  1. 1. Tier- und Pflanzenpathogene, von denen bekannt ist, dass sie nicht auf den Menschen wirken und
  2. 2. genetisch veränderte Mikroorganismen.

(2) Wenn ein biologischer Arbeitsstoff in den Organismenlisten nicht enthalten ist, ist er nicht automatisch der Risikogruppe 1 zuzuordnen.

(3) Der Zuordnung der biologischen Arbeitsstoffe zu Risikogruppen wurde deren Wirkung bei gesunden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zugrunde gelegt. Nicht berücksichtigt wurden hingegen spezifische Wirkungen bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die besonders empfindlich sind, sowie bei schwangeren oder stillenden Arbeitnehmerinnen.

(4) Im Fall von Gattungen, von denen mehrere Arten als humanpathogen bekannt sind, enthalten die Listen die am häufigsten mit einem Krankheitsgeschehen assoziierten Arten und einen allgemeineren Hinweis darauf, dass andere Arten derselben Gattung möglicherweise den Gesundheitszustand beeinträchtigen.

(5) Wird bei der Zuordnung biologischer Arbeitsstoffe eine gesamte Gattung genannt, so ist davon auszugehen, dass die als nichtpathogen geltenden Arten und Stämme davon ausgeschlossen sind.

(6) Die Zuordnung von Parasiten gilt nur für diejenigen Stadien des Lebenszyklus des betreffenden Parasiten, die für den Menschen am Arbeitsplatz möglicherweise infektionsfähig sind.

(7) Die in den Listen verwendeten Bezeichnungen der biologischen Arbeitsstoffe entsprechen dem Stand 2019 der internationalen Vereinbarungen über die Taxonomie und Nomenklatur von biologischen Arbeitsstoffen. Die Möglichkeit allfälliger späterer Änderungen in der Taxonomie und Nomenklatur ist zu beachten.

(8) In den Organismenlisten sind biologische Arbeitsstoffe mit folgenden Hinweisen versehen:

  1. 1. mit „A“: wenn sie mögliche allergene Wirkung haben,
  2. 2. mit „T“: wenn sie Toxine produzieren,
  3. 3. mit „V“: wenn ein wirksamer Impfstoff zur Verfügung steht und in der EU registriert ist,
  4. 4. mit „(**)“: wenn bei einem biologischen Arbeitsstoff der Risikogruppe 3 eine Infizierung über den Luftweg normalerweise nicht erfolgen kann und daher das diesbezügliche Infektionsrisiko für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer begrenzt ist,
  5. 5. mit „spp.“: wenn andere Arten als humanpathogen bekannt sind.

Schlussbestimmungen

§ 14. (1) Gemäß § 431 Abs. 3 LAG wird festgestellt, dass die Behörde von den Bestimmungen dieser Verordnung, mit Ausnahme jener des § 9 Abs. 1, keine Ausnahme zulassen darf.

(2) Soweit in dieser Verordnung auf die Anhänge zur VbA verwiesen wird, sind diese in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

(3) Diese Verordnung tritt mit 1. Juni 2023 in Kraft.

(4) Mit Inkrafttreten dieser Verordnung treten folgende Verordnungen außer Kraft, soweit sie seit 1. Jänner 2020 als Bundesrecht in Geltung stehen:

  1. 1. Burgenland: Verordnung über den Schutz der Dienstnehmer in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, LGBl. Nr. 26/2001;
  2. 2. Kärnten: Verordnung über den Schutz der Bediensteten in der Land- und Forstwirtschaft gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe, LGBl. Nr. 68/2000;
  3. 3. Niederösterreich: Verordnung über biologische Arbeitsstoffe in der Land- und Forstwirtschaft, LGBl. Nr. 31/2016;
  4. 4. Oö. Verordnung biologische Arbeitsstoffe - Land- und Forstwirtschaft, LGBl. Nr. 110/2001;
  5. 5. Salzburg: Biologische Arbeitsstoffe-Verordnung, LGBl. Nr. 87/2001;
  6. 6. Steiermark: Verordnung über den Schutz der Bediensteten in der Land- und Forstwirtschaft gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe, LGBl. Nr. 55/2001;
  7. 7. Tirol: § 1 lit. i der Land- und forstwirtschaftliche Sicherheits- und Gesundheitsschutz-Verordnung, LGBl. Nr. 96/2001;
  8. 8. Vorarlberg: Verordnung über den Schutz der land- und forstwirtschaftlichen Dienstnehmer gegen die Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe, ABl. Nr. 37/2000;
  9. 9. Wien: Verordnung über den Schutz der Dienstnehmer in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe, LGBl. Nr. 3/2001.

Kocher

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