395. Verordnung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie über Maßnahmen im Bereich der Luftreinhaltung zur Erreichung der nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen für Ammoniak (Ammoniakreduktionsverordnung)
Auf Grund des § 7 Abs. 6 des Emissionsgesetzes-Luft 2018, BGBl. I Nr. 75/2018, wird im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft verordnet:
Ziel und Anwendungsbereich
§ 1. Diese Verordnung normiert Maßnahmen für den Sektor Landwirtschaft zur Erreichung der Emissionsreduktionsverpflichtungen für Ammoniak gemäß Anlage 1 des Emissionsgesetzes-Luft 2018 (EG-L 2018), BGBl. I Nr. 75/2018.
Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Sinne dieser Verordnung ist bzw. sind
- 1. landwirtschaftliche Nutzflächen: Flächen, die als Ackerflächen, Dauergrünland oder als Obstanlage, Weingarten, Reb- und Baumschule, Forstbaumschule (auf Ackerflächen oder Dauergrünland), Energieholzfläche oder Christbaumfläche genutzt werden;
- 2. Ackerflächen: für den Anbau landwirtschaftlicher Kulturpflanzen genutzte Nutzflächen oder für den Anbau landwirtschaftlicher Kulturpflanzen verfügbare, aber brachliegende Flächen (einschließlich stillgelegter Flächen), unabhängig davon, ob sich diese Flächen unter Gewächshäusern oder anderen festen oder beweglichen Abdeckungen befinden oder nicht;
- 3. Dauergrünland: landwirtschaftliche Nutzflächen, die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden oder stillgelegt sind und seit mindestens fünf Jahren nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs sind;
- 4. bodenbedeckender Bewuchs (Bodenbedeckung): im Boden verwurzelte lebende oder tote Pflanzen mit flächenhafter Bedeckung des Bodens;
- 5. landwirtschaftlicher Betrieb: eine technisch-wirtschaftliche Einheit mit einer einheitlichen Betriebsführung, die land- und forstwirtschaftliche Produkte erzeugt und/oder Viehhaltung betreibt;
- 6. Wirtschaftsdünger: tierische Ausscheidungen (insbesondere Stallmist, Jauche, Gülle) oder eine Mischung aus Einstreu und tierischen Ausscheidungen, auch in verarbeiteter Form;
- 7. Gülle: ein Gemisch aus Kot und Harn, das darüber hinaus Wasser, Futterreste und Einstreuteile enthalten kann;
- 8. Jauche: vorwiegend Harn, enthält aber auch Sickersaft von Festmiststapeln und geringe Mengen an Kot und Streubestandteilen;
- 9. Biogasgülle: vergorenes Substrat aus der Biogaserzeugung, welches Wirtschaftsdünger und die in Anlage 1 Teil III Z 9 Düngemittelverordnung 2004, BGBl. II Nr. 100/2004, genannten Ausgangsstoffe enthält;
- 10. Gärrückstand: das nach der Abfallverwertung in einer Biogasanlage gemäß Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002, verbleibende Substrat;
- 11. Gärrest: der Überbegriff für Biogasgülle und Gärrückstand;
- 12. Harnstoffdünger: mineralischer Stickstoffdünger mit einem Mindestgehalt von 44 % Carbamid- bzw. Amidstickstoff sowie physikalische Mischungen dieser Dünger, in stabilisierter Form mit Ureasehemmstoff behandelt;
- 13. Feldstück: eine im Bundesgebiet gelegene, eindeutig abgrenzbare Bewirtschaftungseinheit eines Betriebsinhabers mit nur einer Nutzungsart;
- 14. Schlag: eine zusammenhängende landwirtschaftliche Nutzfläche eines Bewirtschafters, die für eine Vegetationsperiode mit einer Kulturart bebaut oder stillgelegt ist;
- 15. bodennahe Ausbringung: die Ausbringung von Wirtschaftsdünger mit Geräten, die das Düngemittel unmittelbar auf oder in den Boden ablegen (insbesondere Schleppschlauchverteiler, Schleppschuhverteiler, Gülleinjektoren, Schlitztechnik).
Einarbeitung von Düngemitteln auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ohne Bodenbedeckung
§ 3. (1) Auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ohne Bodenbedeckung sind Gülle, Jauche, Gärrest und nicht entwässerter Klärschlamm sowie Geflügelmist einschließlich Hühnertrockenkot unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von vier Stunden nach dem Zeitpunkt der Ausbringung einzuarbeiten. Die Einarbeitungsfrist beginnt mit der Beendigung des Ausbringungsvorgangs auf einem Schlag.
(2) Die Einarbeitungsfrist gemäß Abs. 1 darf nur überschritten werden, wenn sie wegen der Nichtbefahrbarkeit des Bodens infolge nicht vorhersehbarer Witterungsereignisse, die nach der Ausbringung eingetreten sind, nicht eingehalten werden kann. Die Einarbeitung von nicht eingewaschenen oder verbliebenen Düngemitteln hat unverzüglich zu erfolgen, nachdem die Befahrbarkeit des Bodens wieder gegeben ist.
(3) Abweichend von Abs. 1 gilt für landwirtschaftliche Betriebe, die insgesamt weniger als fünf Hektar landwirtschaftliche Nutzflächen ohne Bodenbedenkung auf mindestens zwei Schlägen bewirtschaften, eine Einarbeitungsfrist von acht Stunden nach dem Zeitpunkt der Ausbringung.
Harnstoffdünger
§ 4. Harnstoff als Düngemittel für Böden darf nur noch aufgebracht werden, soweit ihm ein Ureasehemmstoff zugegeben ist oder er unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von vier Stunden nach dem Zeitpunkt der Ausbringung, eingearbeitet wird. Die Einarbeitungsfrist beginnt mit der Beendigung des Ausbringungsvorgangs auf einem Schlag. § 3 Abs. 2 gilt sinngemäß.
Anlagen oder Behälter zur Lagerung von flüssigem Wirtschaftsdünger und flüssigem Gärrest
§ 5. (1) Anlagen oder Behälter zur Lagerung von flüssigem Wirtschaftsdünger und flüssigem Gärrest ab einem gesamtbetrieblichen Fassungsvermögen von 240 m³ sind ab dem 1. Jänner 2028 unter Berücksichtigung arbeitnehmerschutzrechtlicher und bautechnischer Bestimmungen mit einer dauerhaft wirksamen, vollflächigen Abdeckung auszustatten oder, wenn dies technisch bei Bestandsanlagen nicht möglich ist, mit flexiblen Materialien abzudecken. Die technische Unmöglichkeit ist mit einem Gutachten eines facheinschlägigen Ziviltechnikers oder Ingenieurbüros nachzuweisen und auf Verlangen der Behörde vorzulegen.
(2) Die Abdeckungen müssen ausreichend widerstandsfähig gegen äußere Einwirkungen sein, die sich aus dem bestimmungsgemäßen Gebrauch ergeben (insbesondere atmosphärische und mechanische Einwirkungen). Durch Vorrichtungen und Manipulation, ausgenommen das Aufmixen vor der Ausbringung, darf die ständige Wirksamkeit der Abdeckung nicht eingeschränkt werden.
(3) Die Bestimmungen der Abs. 1 und 2 gelten nicht für Anlagen, die einem für sie in einem Gesetz oder einer Verordnung festgelegten Stand der Luftreinhaltetechnik entsprechen oder die eine gesetzliche Verpflichtung zur wiederkehrenden Anpassung an den Stand der Technik einhalten.
(4) Die Bestimmungen der Abs. 1 und 2 gelten nicht für leerstehende Anlagen oder Behälter im Bestand, für die keine weitere Nutzung mehr vorgesehen ist.
Betriebsbezogene Aufzeichnungsverpflichtungen
§ 6. (1) Landwirtschaftliche Betriebe, die insgesamt mehr als fünf Hektar Ackerflächen bewirtschaften, haben über die Verpflichtungen zur Bewirtschaftung gemäß § 3 und § 4 Aufzeichnungen zu führen. Dabei ist insbesondere Folgendes zu dokumentieren:
- 1. Bezeichnung und Größe des Schlages bzw. Feldstücks, auf dem Düngemittel gemäß § 3 Abs. 1 oder § 4 ausgebracht wurden;
- 2. Bezeichnung der anzubauenden Kultur;
- 3. Zeitpunkt (Datum und Uhrzeit) von Beginn und Ende der Ausbringung sowie von Beginn und Ende der Einarbeitung;
- 4. Art des aufgebrachten Düngemittels gemäß § 3 Abs. 1 oder § 4;
- 5. gegebenenfalls Angaben über die verzögerte Einarbeitung gemäß § 3 Abs. 2.
(2) Diese Aufzeichnungen können für vergleichbare Schläge zusammengefasst werden. Die Aufzeichnungen sind jeweils zeitnah, spätestens innerhalb von 14 Tagen nach dem Zeitpunkt der Ausbringung gemäß § 3 oder § 4, zu führen und sieben Jahre ab Ablauf des Kalenderjahres aufzubewahren. Die Aufzeichnungen sind auf Verlangen der Behörde vorzulegen.
Überprüfung der Verordnung
§ 7. (1) Auf der Grundlage der Informationen und Berichte gemäß § 5 EG-L 2018 überprüft die Bundesministerin für Klima, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie diese Verordnung in Hinblick auf die Einhaltung der in § 4 EG-L 2018 festgelegten Verpflichtungen spätestens bis zum 31. Dezember 2025, um sicherzustellen, dass Fortschritte in Bezug auf die Zielerreichung für Ammoniak gemäß Anlage 1 EG-L 2018 erfolgen.
(2) Bei der Überprüfung gemäß Abs. 1 sind insbesondere der wissenschaftliche und technische Fortschritt im Sektor Landwirtschaft sowie das Ausmaß, die Wirkung und die Umsetzung von Maßnahmen zur Ammoniakreduktion im Sektor Landwirtschaft außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Verordnung zu berücksichtigen.
(3) Auf der Grundlage des Ergebnisses der Überprüfung gemäß Abs. 1 sind in Hinblick auf die Einhaltung der Emissionsreduktionsverpflichtungen für Ammoniak erforderlichenfalls die in dieser Verordnung enthaltenen Maßnahmen anzupassen sowie die in Abs. 4 genannten Maßnahmen und weitere Maßnahmen zur Reduktion der Ammoniakemissionen zu erarbeiten und umgehend anzuordnen.
(4) Die Überprüfung gemäß Abs. 1 hat jedenfalls zu umfassen:
- 1. die Prüfung der Anordnung der bodennahen Ausbringung von flüssigem Wirtschaftsdünger;
- 2. ein Verbot des Einsatzes von Harnstoff als Düngemittel;
- 3. die Erforderlichkeit der Aufrechterhaltung der Verpflichtung zur Abdeckung von Anlagen oder Behälter zur Lagerung von flüssigem Wirtschaftsdünger und flüssigem Gärrest im Bestand gemäß § 5.
Behörde
§ 8. Verstöße gegen die in dieser Verordnung normierten Ge- und Verbote sind von der gemäß Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991, örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zu ahnden.
Geschlechtsneutrale Bezeichnung
§ 9. Die in dieser Verordnung verwendeten Funktions- und Personenbezeichnungen sind geschlechtsneutral zu verstehen.
Verweisung auf andere Rechtsnormen
§ 10. Soweit in dieser Verordnung auf Bestimmungen von Bundesgesetzen oder Verordnungen des Bundes verwiesen wird und nicht anderes angegeben ist, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
Inkrafttreten
§ 11. Diese Verordnung tritt mit 1. Jänner 2023 in Kraft.
Gewessler
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