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BGBl II 352/2022

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

352. Verordnung: HVDC Anforderungs-V

352. Verordnung des Vorstands der E-Control zur Festlegung von Netzanschlussbestimmungen für Hochspannungs-Gleichstrom Übertragungssysteme und nichtsynchrone Stromerzeugungsanlagen mit Gleichstromanbindung (HVDC Anforderungs-V)

Auf Grund von § 18a Abs. 3 des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes 2010 (ElWOG 2010), BGBl. I Nr. 110/2010 zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 7/2022 iVm Art. 7 Abs. 1 Energie-Control-Gesetz (E-ControlG), BGBl. I Nr. 110/2010 zuletzt geändert durch Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 7/2022 wird verordnet:

Regelungsgegenstand

§ 1. In dieser Verordnung werden die allgemein geltenden Anforderungen, die in der Verordnung (EU) 2016/1447 , ABl. Nr. L 241 vom 08.09.2016, S. 1, nicht abschließend bestimmt sind, gemäß Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/1447 festgelegt.

Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Diese Verordnung gilt für neue Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungssysteme (HGÜ) und neue nichtsynchrone Stromerzeugungsanlagen mit Gleichstromanbindung gemäß Art. 3 der Verordnung (EU) 2016/1447.

(2) Für die Zwecke dieser Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen des Art. 2 der Verordnung (EU) 2016/1447 und des § 7 des ElWOG 2010.

1. Teil

Allgemeine Anforderungen

Mindestfrequenzbereiche und -zeiträume

§ 3. (1) Ergänzend zu Art. 11 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang I Tabelle 1 der Verordnung (EU) 2016/1447 werden die Mindestfrequenzbereiche und -zeiträume wie folgt festgelegt:

  1. 1. Frequenzbereich 47,5 – 48,5 Hz: 90 Minuten;
  2. 2. Frequenzbereich 48,5 – 49,0 Hz: 90 Minuten;
  3. 3. Frequenzbereich 51,0 – 51,5 Hz: 90 Minuten;
  4. 4. Frequenzbereich 51,5-52,0 Hz: 30 Minuten.

Maximal zulässige Verringerung der Wirkleistungsabgabe

§ 4. Ergänzend zu Art. 11 Abs. 4 der Verordnung (EU) 2016/1447 wird festgelegt, dass die maximal zulässige Verringerung der Wirkleistungsabgabe unterhalb von 49 Hz 2 % der maximalen HGÜ-Wirkleistungskapazität bei 50 Hz je Hz beträgt.

Regelbarkeit, Regelbereich und Rampengeschwindigkeit der Wirkleistung

§ 5. (1) Ergänzend zu Art. 13 Abs. 1 lit. a sublit. iii) der Verordnung (EU) 2016/1447 wird festgelegt, dass die maximale Verzögerung, die ein HGÜ-System bei der Anpassung der Wirkleistungsübertragung nach einer entsprechenden Aufforderung durch den relevanten ÜNB aufweisen darf, 100 Millisekunden beträgt.

(2) Ergänzend zu Art. 13 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 2016/1447 wird festgelegt, dass ein HGÜ-System die übertragene Wirkleistung bei Störungen in einem oder mehreren der angeschlossenen Drehstromnetze innerhalb von 10 Millisekunden anpassen können muss.

Spannungsbereiche

§ 6. Ergänzend zu Art. 18 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang III Tabelle 4 und 5 der Verordnung (EU) 2016/1447 werden die folgenden Spannungsbereiche und Mindestzeiträume festgelegt:

  1. 1. Nennspannungen 110 kV und 220 kV: 1,118-1,150 p.u.: 30 Minuten;
  2. 2. Nennspannung 380 kV: 1,05-1,0875 p.u.: 60 Minuten.

Bereitstellung einer dynamischen Blindstromstützung bei Fehlern

§ 7. (1) Ergänzend zu Art. 19 Abs. 1 bis 3 lit. b und lit. c der Verordnung (EU) 2016/1447 wird festgelegt, dass HGÜ-Systeme bei symmetrischen und unsymmetrischen Fehlern unter den folgenden Bedingungen eine dynamische Blindstromstützung bereitstellen müssen:

  1. 1. Für die Festlegungen der Z 2 und 3 gelten folgende Definitionen:

    ΔiB1 = k * Δu1

    ΔiB2 = k * Δu2

    ΔiB1...zusätzlicher Blindstrom im Mitsystem

    ΔiB2...zusätzlicher Blindstrom im Gegensystem

    Δu1...Änderung der Mitsystemspannung

    Δu2...Änderung der Gegensystemspannung

    k…Verstärkungsfaktor (2 ≤ k ≤ 6); einstellbar in Schritten von 0,5

  1. 2. Beim Auftreten einer sprunghaften Spannungsänderung bzw. bei einer Spannung am Netzanschlusspunkt von > 1,1 p.u. oder < 0,9 p.u. müssen HGÜ-Systeme die Spannung durch Erhöhung oder Absenkung eines zusätzlichen Blindstromes ΔiB1,2 im Mit- und Gegensystem stützen.
  2. 3. Der zusätzliche Blindstrom ΔiB1,2 ist proportional zur Spannungsabweichung Δu1,2 und einem Verstärkungsfaktor k, welcher vom relevanten Netzbetreiber unter Berücksichtigung der wesentlichen Impedanzen zwischen dem HGÜ-System und dem Netzanschlusspunkt vorgegeben wird. Sofern der relevante Netzbetreiber keine anderwärtige Vorgabe für den Verstärkungsfaktor k macht, ist ein Wert k = 2 zu wählen.

(2) Nach Fehlerende erfolgt der Übergang von der dynamischen Blindstromstützung zur statischen Spannungshaltung. Der Übergang hat kontinuierlich und nicht sprunghaft zu erfolgen. HGÜ-Systeme müssen in der Lage sein, einen Blindstrom von mindestens der Höhe des Bemessungsstromes einzuspeisen.

Blindleistungskapazität

§ 8. (1) Ergänzend zu Art. 20 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang IV Abbildung 5 und Tabelle 6, Art. 40 Abs. 2 lit. b sublit. i in Verbindung mit Anhang VII Abbildung 7 und Tabelle 11 und Art. 48 Abs. 2 lit. b in Verbindung mit Anhang VIII und Tabelle 14 der Verordnung (EU) 2016/1447 wird folgende Fähigkeit zur Abgabe von Blindleistung bei Maximalkapazität festgelegt (auf der x-Achse ist das Verhältnis der Blindleistung Q zur Maximalkapazität Pmax, auf der y-Achse das Verhältnis des tatsächlichen Werts der Spannung U zu ihrem Referenzwert 1 p.u. dargestellt):

Abbildung 1: U-Q/Pmax Profil bei Maximalkapazität

(2) Es gilt der Blindleistungsbereich II (entspricht bei 1 p.u. einem Leistungsfaktor von 0,95 untererregt bis 0,925 übererregt) vorbehaltlich des Abs. 3.

(3) In begründeten Ausnahmefällen kann vom relevanten Netzbetreiber alternativ im Netzanschlussvertrag der Blindleistungsbereich I oder III gefordert werden.

(4) Ergänzend zu Art. 20 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2016/1447 wird festgelegt, dass ein HGÜ-System in der Lage sein muss, innerhalb von 1 Minute, jeden Betriebspunkt innerhalb ihres U-Q/Pmax-Profils zu erreichen

Blindleistungsaustausch mit dem Netz

§ 9. Ergänzend zu Art. 21 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2016/1447 wird festgelegt, dass der maximal zulässige Spannungssprung Δu 2 % beträgt.

Blindleistungsregelungsmodus

§ 10. (1) Ergänzend zu Art. 22 Abs. 3 lit. b der Verordnung (EU) 2016/1447 wird festgelegt, dass das Totband für die Spannungsregelung in Schritten von 0,5 % bezogen auf den Referenzwert 1 p.u anpassbar sein muss.

(2) Ergänzend zu Art. 22 Abs. 3 lit. c der Verordnung (EU) 2016/1447 wird festgelegt:

  1. 1. Die Zeit t1 muss zwischen 0,1 und 10 Sekunden einstellbar sein. Sofern der relevante Netzbetreiber keine anderwärtige Vorgabe macht, ist ein Wert von 5 Sekunden zu verwenden.
  2. 2. Die Zeit t2 muss zwischen 1 und 60 Sekunden einstellbar sein. Sofern der relevante Netzbetreiber keine anderwärtige Vorgabe macht, ist ein Wert von 30 Sekunden zu verwenden.

(3) Ergänzend zu Art. 22 Abs. 3 lit. d der Verordnung (EU) 2016/1447 wird festgelegt:

  1. 1. Bereich des Gradienten: 2 – 6;
  2. 2. Schrittweite des Gradienten: 0,5.

(4) Ergänzend zu Art. 22 Abs. 4 der Verordnung (EU) 2016/1447 wird festgelegt, dass für den Blindleistungsregelungsmodus eine Schrittweite von 10 MVAr zu verwenden, außer der relevante Netzbetreiber gibt schriftlich eine anderwärtige Vorgabe vor.

Vorrang des Wirkleistungs- bzw. des Blindleistungsbeitrags

§ 11. Ergänzend zu Art. 23 und Art. 40 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2016/1447 wird festgelegt, dass bei Fehlern, die eine FRT-Fähigkeit erfordern, der Blindleistungsbeitrag gegenüber dem Wirkleistungsbeitrag Vorrang erhält. Der relevante Netzbetreiber kann in begründeten Fällen im Netzanschlussvertrag eine Abweichung von dieser Priorisierung vorsehen.

Spannungsqualität

§ 12. (1) Ergänzend zu Art. 24, Art. 44 und Art. 50 der Verordnung (EU) 2016/1447 ist das zugestandene Ausmaß der Verzerrung projektspezifisch zwischen dem relevanten Netzbetreiber und dem Eigentümer zu vereinbaren.

(2) Der relevante Netzbetreiber und der Eigentümer führen zur Beurteilung von Netzrückwirkungen auf die Spannungsqualität die in den technischen und organisatorischen Regeln (TOR) in der geltenden Fassung beschriebenen Berechnungen durch.

FRT-Fähigkeit

§ 13. Ergänzend zu Art. 25 Abs. 1 und 6 der Verordnung (EU) 2016/1447 wird für HGÜ-Systeme festgelegt, dass das Spannungs-Zeit Profil für symmetrische und asymmetrische Fehler im Netz durch die Abbildung 2 festgelegt wird (die x-Achse entspricht der Zeit t in Sekunden, die y-Achse entspricht dem Verhältnis des tatsächlichen Werts der Spannung U zu ihrem Referenzwert 1 p.u.):

Abbildung 2 FRT-Fähigkeit

Wiederkehr der Wirkleistungsabgabe nach einem Fehler

§ 14. (1) Ergänzend zu Art. 26 der Verordnung (EU) 2016/1447 wird für HGÜ-Systeme festgelegt, dass falls sich die Netzspannung nach Fehlerklärung wieder innerhalb des zulässigen Spannungsbandes befindet und die Wirkleistungsabgabe während des Netzfehlers reduziert wurde, HGÜ-Systeme in der Lage sein müssen, diese so schnell wie technisch möglich wieder auf den Vorfehlerwert zu steigern.

(2) Die Blindleistungsbereitstellung hat so schnell wie technisch möglich zu erfolgen.

Fähigkeit zur Dämpfung von Leistungspendelungen

§ 15. (1) Ergänzend zu Art. 30 der Verordnung (EU) 2016/1447 wird für HGÜ-Systeme festgelegt, dass diese in der Lage sein müssen, Leistungspendelungen mindestens im Frequenzbereich 0,1 bis 2,0 Hz aktiv zu dämpfen.

(2) Die erstmaligen Einstellungen und nachfolgende Änderungen für die Regelungsparameter sind zwischen dem relevanten ÜNB und dem Eigentümer des HGÜ-Systems im Rahmen des Netzzugangsvertrags zu vereinbaren.

Robustheit von HGÜ-Systemen

§ 16. Änderungen der Netzbedingungen im Rahmen des Art. 33 der Verordnung (EU) 2016/1447 bei denen HGÜ-Systeme einen stabilen Betrieb aufrechterhalten müssen, werden zwischen dem relevanten ÜNB und dem Eigentümer des HGÜ-Systems im Netzzugangsvertrag vereinbart. Ein stabiler Betrieb muss mindestens für folgende Änderungen der Netzbedingungen sichergestellt werden:

  1. 1. Ausfall relevanter Kommunikationssysteme;
  2. 2. Umschaltung zwischen unterschiedlichen Regelmodi des HGÜ-Systems;
  3. 3. Änderungen der Netztopologie;
  4. 4. Änderungen der Lastflussbedingungen.

Schwarzstartfähigkeit

§ 17. Ergänzend zu Art. 37 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2016/1447 wird festgelegt, dass der festgelegte Zeitraum kompatibel mit den Vorgaben der vertraglichen Modalitäten für Anbieter von Systemdienstleistungen zum Netzwiederaufbau gemäß Art. 4 Abs. 4 der Verordnung (EU) 2017/2196, ABl. Nr. L 312 vom 28.11.2017, S. 54 sein muss.

2. Teil

Besondere Anforderungen an Nichtsynchrone Stromerzeugungsanlagen mit Gleichstromanbindung

Spannungsbereiche

§ 18. Ergänzend zu Art. 40 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Anhang VII Tabelle 9 und 10 der Verordnung (EU) 2016/1447 werden die folgenden Mindestspannungsbereiche und -zeiträume festgelegt:

  1. 1. Nennspannungen 110 kV und 220 kV: 1,118-1,150 p.u.: 30 Minuten;
  2. 2. Nennspannung 380 kV: 1,05-1,15 p.u.: 30 Minuten.

3. Teil

Besondere Anforderungen an erzeugungsseitige HGÜ-Stromrichterstationen

Spannungsbereiche

§ 19. Ergänzend zu Art. 48 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Anhang VIII Tabelle 12 und 13 der Verordnung (EU) 2016/1447 werden die folgenden Mindestspannungsbereiche und -zeiträume festgelegt:

  1. 1. Nennspannungen 110 kV und 220 kV: 1,12-1,150 p.u.: 30 Minuten;
  2. 2. Nennspannung 380 kV: 1,05-1,15 p.u.: 30 Minuten.

4. Teil

Inkrafttreten und Befristung

§ 20. (1) Diese Verordnung tritt mit 01.10.2022 in Kraft.

(2) Diese Verordnung tritt mit dem Ablauf des 30.09.2027 außer Kraft.

Urbantschitsch   Haber

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