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BGBl II 299/2015

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

299. Verordnung: Versicherungsunternehmen-Höchstzinssatzverordnung - VU-HZV

299. Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA), mit der ein Höchstzinssatz für die Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen in der Lebensversicherung festgesetzt wird (Versicherungsunternehmen-Höchstzinssatzverordnung - VU-HZV)

Auf Grund des § 139 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z 2 und 3 des Versicherungsaufsichtsgesetzes 2016 - VAG 2016, BGBl. I Nr. 34/2015, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 112/2015, wird mit Zustimmung des Bundesministers für Finanzen verordnet:

Grundsatz der Vorsicht

§ 1. (1) Der Zinssatz für die Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen nach dem 7. Hauptstück des VAG 2016 in der Lebensversicherung muss nach dem Grundsatz der Vorsicht festgelegt werden. Dies bedeutet insbesondere, dass es nicht in jedem Fall zulässig ist, den höchsten nach dieser Verordnung zulässigen Zinssatz anzusetzen.

(2) Der Zinssatz für die Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellung ist jedenfalls so zu wählen, dass der dauerhaften Erfüllbarkeit der Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen auch im Fall einer stark nachteiligen Entwicklung der Kapitalmärkte, der Kostenstruktur oder der versicherungstechnischen Parameter ausreichend Rechnung getragen wird. Dabei sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen:

  1. 1. Produktmerkmale und -risiken;
  2. 2. Garantien und Optionen des Produktes;
  3. 3. Laufzeit der Verpflichtung und daraus resultierende Wiederveranlagungsrisiken;
  4. 4. Gebot der Tarifselbsttragung gemäß § 92 Abs. 3 VAG 2016;
  5. 5. Kapitalmarktsituation.

Höchstzulässiger Rechnungszins

§ 2. (1) Der Zinssatz für die Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen nach dem 7. Hauptstück des VAG 2016 darf für Lebensversicherungsverträge höchstens 1,00% betragen. Für Verträge der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge gemäß den §§ 108g bis 108i des Einkommensteuergesetzes 1988 - EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 118/2015 (PZV), darf dieser Zinssatz höchstens 1,00% betragen.

(2) Der Zinssatz für die Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen darf für Lebensversicherungsverträge, die auf ausländische Währung lauten, höchstens 60% des durchschnittlichen Zinssatzes der letzten zehn Jahre der Anleihen des Staates der betreffenden Währung betragen.

(3) Für die Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen gilt als neuer Vertrag, für den die Zinssätze nach Abs. 1 gelten, wenn die bei Vertragsabschluss vereinbarte Versicherungsdauer nachträglich verlängert wird, die neue Versicherungssumme mehr als das Doppelte der Versicherungssumme bei Vertragsabschluss beträgt oder wenn die neue Prämie mehr als das Doppelte der Prämie bei Vertragsabschluss beträgt.

(4) Im Fall der nachträglichen Aufnahme einer Rentenoption in bestehende Verträge gelten für den Zeitraum der Verrentung die Zinssätze gemäß Abs. 1.

(5) Für Neuzugänge bei bestehenden Gruppenversicherungsverträgen gelten die Zinssätze gemäß Abs. 1.

(6) Die Abs. 1 bis 5 gelten nicht für

  1. 1. Verträge der fondsgebundenen und der indexgebundenen Lebensversicherung, ausgenommen Rückstellungen, die die Sterblichkeit, die Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb oder andere Risiken betreffen,
  2. 2. Verträge gegen Einmalprämie mit einer Laufzeit von höchstens acht Jahren und
  3. 3. Verträge ohne Gewinnbeteiligung.

    Der für Verträge gemäß Z 1 bis 3 verwendete Zinssatz hat um einen angemessenen Wert niedriger zu sein als die durchschnittliche Nettorendite der Kapitalanlagen in der Lebensversicherung.

Zinszusatzrückstellung

§ 3. (1) Versicherungsunternehmen haben eine Zinszusatzrückstellung für die gegenüber den Versicherten bestehenden Zinsverpflichtungen zu bilden, soweit die derzeitigen oder zu erwartenden Erträge aus der Finanzgebarung nicht zur Deckung dieser Verpflichtungen ausreichen. Die Zinszusatzrückstellung ist gemäß Abs. 2 zu berechnen und zu bilden, wenn die Berechnung einen Wert größer als 0 ergibt.

(2) Die Zinszusatzrückstellung (ZZR) ist mindestens in folgender Höhe zu bilden:

Der Wert der Zinszusatzrückstellung im Jahre t ergibt sich als Produkt aus der Deckungsrückstellung der Bilanzabteilung Lebensversicherung zum Zeitpunkt t-1 (§ 144 Abs. 3 Posten D.II. VAG 2016) und dem durchschnittlichen Garantiezinssatz des Lebensversicherungsportfolios des Versicherungsunternehmens, wobei t das Geschäftsjahr, die Deckungsrückstellung im Jahre t, ZZRt die ZZR im Jahre t, den durchschnittlichen Garantiezinssatz eines Versicherungsunternehmens im Jahre t und den Referenzzinssatz im Jahre t bezeichnet. Als Referenzzinssatz ist der Jahreswert der Umlaufgewichteten Durchschnittsrendite für Bundesanleihen (UDRB) oder eines an seine Stelle tretenden Indexes heranzuziehen.

Der durchschnittliche Garantiezinssatz im Jahre t, entspricht dem Quotienten aus dem gesamten garantierten Zinsertrag des Jahres t und der Deckungsrückstellung der Bilanzabteilung Lebensversicherung gemäß § 144 Abs. 3 Posten D.II. VAG 2016 zum Zeitpunkt t-1.

(3) Die Zinszusatzrückstellung ist eine Pauschalrückstellung, die als Deckungsrückstellung auszuweisen und nicht den Deckungskapitalien der einzelnen Versicherungsverträge zuzurechnen ist.

(4) Für Versicherungsverträge gemäß §§ 108g bis 108i EStG 1988 (prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge), für die eine Zusatzrückstellung gemäß der Prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge Zusatzrückstellungs-Verordnung, BGBl. II Nr. 297/2015, in der jeweils geltenden Fassung, gebildet wird, ist insoweit keine Zinszusatzrückstellung zu bilden.

(5) Ist die Summe der Posten gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 bis 14 der Lebensversicherung-Gewinnbeteiligungsverordnung - LV-GBV, BGBl. II. Nr. 292/2015, in der jeweils geltenden Fassung, negativ, kann die Zinszusatzrückstellung maximal im Unterschiedsbetrag aufgelöst werden. Der Auflösungsbetrag ist der Zinszusatzrückstellung gleichmäßig binnen längstens fünf Jahren nach der Auflösung wieder zuzuführen, solange der Wert gemäß Abs. 2 nicht erreicht ist.

(6) Ist das Rückstellungserfordernis gemäß Abs. 2 des Geschäftsjahres geringer als das des Vorjahres, kann die Zinszusatzrückstellung in diesem Ausmaß aufgelöst werden. Der Ertrag aus einer solchen Auflösung ist bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage gemäß § 4 Abs. 1 Z 16 LV-GBV, in der jeweils geltenden Fassung solange zu berücksichtigen, bis die Summe der jährlichen Auflösungsbeträge die Summe der Aufwendungen für die Dotierung der Zinszusatzrückstellung gemäß § 4 Abs. 1 Z 15 LV-GBV, in der jeweils geltenden Fassung, erreicht.

Grundsatz der Stetigkeit

§ 4. Die Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen in der Lebensversicherung unterliegt dem Grundsatz der Stetigkeit und hat die Beteiligung der Versicherten am Überschuss in angemessener Weise über die gesamte Laufzeit des Versicherungsvertrages zu berücksichtigen.

Inkrafttreten

§ 5. (1) Diese Verordnung tritt mit 1. Jänner 2016 in Kraft.

(2) § 2 Abs. 1 ist auf Versicherungsverträge anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2015 abgeschlossen werden oder deren Versicherungsbeginn nach dem 31. März 2016 liegt.

Ettl Kumpfmüller

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