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BGBl II 158/2007

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

158. Verordnung: Bluetongue-Überwachungsverordnung, BTÜ-V

158. Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend über ein Programm zur Überwachung der Freiheit von der Blauzungenkrankheit (Bluetongue-Überwachungsverordnung, BTÜ-V)

Auf Grund des § 2 Abs. 1 bis 3 des Tiergesundheitsgesetzes (TGG), BGBl. I Nr. 133/1999, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 6/2007, wird im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen und dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, verordnet:

1. Abschnitt

Allgemeines

Anwendungsbereich

§ 1. Diese Verordnung ist auf Wiederkäuer (Nutztiere und Gatterwild) anzuwenden, die in Tierhaltungsbetrieben gemäß § 1 Abs. 2 TGG gezüchtet oder gehalten werden.

Begriffsbestimmungen und Verweisungen

§ 2. (1) Im Sinne dieser Verordnung bedeuten:

  1. 1. amtlicher Tierarzt: der Amtstierarzt der zuständigen Behörde oder ein vom Landeshauptmann gemäß § 2 Abs. 6 TGG bestellter freiberuflich tätiger Tierarzt;
  2. 2. Bluetongue: die Blauzungenkrankeit;
  3. 3. empfängliche Arten: alle Wiederkäuerarten, d.h. Schafe, Rinder, Ziegen, Büffel, Zebus, Bisons, Wisente, Mufflons, Steinböcke, Antilopen, Gämsen, Gazellen, Giraffen, Kamele, Kamelide, Hirsche, Rehe, Elche, Rentiere;
  4. 4. Entomologie: Insektenkunde;
  5. 5. Nationales Referenzlabor: die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Betriebsstätte Mödling, Robert Koch Gasse 17, A-2340 Mödling;
  6. 6. OIE: die Weltorganisation für Tiergesundheit („Office Internationale des Epizooties“; jetzt „Organisation Mondiale de la Santé Animale“ bzw. „World Organisation for Animal Health“);
  7. 7. Sentineltiere: Anzeigertiere, die am Beginn ihrer Verwendung nachweislich frei von Antikörpern gegen Bluetongue sind, aus Beständen stammen, die keinerlei Beschränkungen im Zusammen­hang mit Bluetongue unterliegen, in bestimmten Beständen eingesetzt und regelmäßig auf das Vorhandensein von Bluetongue-spezifischen Antikörpern serologisch untersucht werden, um festzustellen, ob in diesen Beständen Hinweise auf das Vorkommen von Bluetongue vorhanden sind;
  8. 8. Tierhaltungsbetriebe gemäß § 1 Abs. 2 TGG: alle Betriebe, in denen Tiere zu Erwerbszwecken gezüchtet oder gehalten werden, insbesondere landwirtschaftliche Betriebe, Tiergärten sowie Zuchtbetriebe für nicht landwirtschaftlich genutzte Tierarten;
  9. 9. Vektor(en): Insekten vorwiegend der Gattung „Culicoides“ oder andere blutsaugende Insekten, die das Bluetongue-Virus übertragen können;
  10. 10. Vektorfallen: Fangvorrichtungen für Insekten der Gattung „Culicoides“.

(2) Soweit in dieser Verordnung auf Bestimmungen in anderen Verordnungen der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

2. Abschnitt

Überwachungsprogramm

Allgemeines

§ 3. (1) Die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend erstellt ein Überwachungs­programm, in dessen Rahmen Rinder und Schafe stichprobenartig einer blutserologischen Untersuchung auf Bluetongue zu unterziehen sind. Bei Bedarf können auch Ziegen und andere Tiere empfänglicher Arten für diese Untersuchungen herangezogen werden.

(2) Das Überwachungsprogramm beinhaltet insbesondere

  1. 1. einen Stichprobenplan für die Durchführung der serologischen Untersuchungen,
  2. 2. einen Einsatzplan für Sentineltiere, und
  3. 3. einen Aufstellungsplan für Vektorfallen.

(3) Die Erstellung des Überwachungsprogrammes hat unter besonderer Berücksichtigung der epidemiologischen und entomologischen Gegebenheiten, wie insbesondere der Seuchenlage im Hinblick auf Bluetongue, der Anzahl und Größe der Bestände, der Bestandsdichte und Haltung der zu untersuchenden Tiere, des Vorhandenseins von Vektoren und des allfälligen Einsatzes von Sentineltieren gemäß § 5, zu erfolgen.

(4) Grundlage des Stichprobenplans ist eine geographische Gliederung des Bundesgebietes in Form eines Gitternetzes mit einer Seitenlänge von 40 mal 40 km oder nach Verwaltungseinheiten.

(5) Im Einsatzplan für Sentineltiere sind insbesondere auch die Anzahl der pro Bundesland bzw. Gitternetzquadrat oder Verwaltungseinheit erforderlichen Sentineltiere und die Art und Weise, wie sie zusätzlich zur Ohrmarkennummer zu kennzeichnen sind, festzulegen.

(6) Die Durchführung des Überwachungsprogrammes - einschließlich eines allfälligen Einsatzes von Sentineltieren - obliegt gemäß § 2 Abs. 4 TGG den Bezirksverwaltungsbehörden und ist vom jeweiligen Landeshauptmann zu koordinieren.

(7) Als Blutproben im Sinne von § 4 und § 5 Abs. 1 können auch Blutproben verwendet werden, die im Rahmen von periodischen Untersuchungen, anderen staatlichen Überwachungsprogrammen oder anlässlich der Schlachtung genommen werden.

(8) Die gemäß den §§ 4 und 5 zu untersuchenden Tiere müssen, sofern sie in Tierhaltungsbetrieben gemäß § 1 Abs. 2 TGG gehalten werden, auf Grund ihrer Ohrmarkennummer gemäß Tierkenn­zeichnungs- und Registrierungsverordnung 2005, BGBl. II Nr. 210/2005 oder Rinderkennzeichnungs-Verordnung 1998, BGBl. II Nr. 1997/408, idF BGBl. II Nr. 2002/471, eindeutig identifizierbar sein. Sollte eine derartige Einzeltierkennzeichnung noch nicht vorhanden sein, so ist sie im Rahmen der Proben­nahme unverzüglich vorzunehmen.

Entnahme von Blutproben gemäß Stichprobenplan

§ 4. Nach Maßgabe des Stichprobenplans gemäß § 3 sind durch die amtlichen Tierärzte Blutproben von empfänglichen Tieren zu entnehmen und zur Untersuchung auf Bluetongue-Antikörper an das nationale Referenzlabor einzusenden.

Entnahme von Blutproben bei Sentineltieren

§ 5. (1) Sofern die Seuchenlage dies erfordert, spätestens aber ab dem Zeitpunkt der Einrichtung von Bluetongue-Schutz- oder Überwachungszonen im Bundesgebiet oder in daran angrenzenden Regionen von Nachbarstaaten, sind im Rahmen des Überwachungsprogramms gemäß § 3 auch Sentineltiere durch Entnahme von Blutproben in regelmäßigen Abständen auf das Vorhandensein von spezifischen Blue­tongue-Antikörpern zu untersuchen.

(2) Der Einsatz und die Auswahl der Sentineltiere haben hierbei auf der Grundlage veterinärfachlicher Gesichtspunkte nach Maßgabe des Einsatzplans für Sentineltiere (§ 3) durch die Bezirksverwaltungsbehörden zu erfolgen und sind vom jeweiligen Landeshauptmann zu koordinieren.

(3) Die Sentineltiere sind - zusätzlich zur Ohrmarkennummer - dauerhaft als solche zu kennzeich­nen und vom amtlichen Tierarzt zu registrieren. Verbringungen, Verenden, Töten oder Schlachten von Sentineltieren sind vom Betriebsinhaber bzw. Tierbesitzer unverzüglich der zuständigen Bezirks­verwaltungsbehörde zu melden. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat in diesen Fällen unverzüglich andere, als Sentineltiere geeignete, Tiere als Ersatz auszuwählen. Als Sentineltiere sind bevorzugt solche Tiere auszuwählen, deren Verbleib im Betrieb über einen längeren Zeitraum vorgesehen ist.

(4) Im Zusammenhang mit einem Ausbruch von Bluetongue sind die Untersuchungen von Sentinel­tieren so lange weiter durchzuführen, bis die Vorgaben der OIE zur Anerkennung der Freiheit von Blue­tongue erfüllt sind.

Überwachung des Vorhandenseins von Vektoren

§ 6. (1) Im Rahmen des von der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend zu erstellenden Überwachungsprogramms (§ 3) sind an geeigneten Stellen Vektorfallen aufzustellen. Das Fanggut ist von amtlichen Tierärzten oder anderen geeigneten Personen gemäß § 2 Abs. 6 TGG zumindest einmal pro Woche den Fallen zu entnehmen und an das nationale Referenzlabor einzusenden.

(2) Nach Einlangen der Fanggut-Sendungen beim nationalen Referenzlabor hat dieses deren entomo­logische Auswertung und Bestimmung mit dem Ziel zu veranlassen, dass allenfalls darin vorhandene Mücken der Gattung Culicoides nach Art und Geschlecht identifiziert, zahlenmäßig erfasst und für allfällige weitere Untersuchungen selektiert und aufbereitet werden.

Pflichten des Betriebsinhabers bzw. Tierbesitzers

§ 7. Die Betriebsinhaber bzw. Tierbesitzer sind im Zusammenhang mit den Untersuchungen bzw. sonstigen Maßnahmen nach den §§ 4 und 5 gemäß § 2 Abs. 5 TGG insbesondere dazu verpflichtet,

  1. 1. den behördlichen Organen Zutritt zu den betrieblichen Räumlichkeiten, Grundstücken und Tieren zu gewähren,
  2. 2. ihnen bei der Vorbereitung und Durchführung der Probennahmen sowie gegebenenfalls bei der Auswahl von Sentineltieren die nötige Hilfestellung zu leisten,
  3. 3. Verbringungen, Verenden, Töten oder Schlachten von Sentineltieren unverzüglich der zustän­digen Bezirksverwaltungsbehörde zu melden (§ 5 Abs. 3),
  4. 4. die Aufstellung von Vektorfallen (§ 6 Abs. 1) zu dulden und den behördlichen Organen bei der Aufstellung und dem Betrieb dieser Fallen die nötige Hilfestellung zu leisten, sowie
  5. 5. die zu untersuchenden Tiere bei angekündigten Untersuchungen so bereitzustellen, dass eine Blutprobennahme durch den amtlichen Tierarzt bei fünf Tieren längstens binnen einer halben Stunde möglich ist.

Nationales Referenzlabor

§ 8. (1) Das nationale Referenzlabor hat die erforderlichen serologischen Untersuchungen der gemäß den §§ 4 und 5 genommenen Blutproben durchzuführen, um Hinweise auf das Vorhandensein des Bluetongue-Virus in den Proben feststellen bzw. die Freiheit der Proben vom Bluetongue-Virus bestäti­gen zu können. Als Untersuchungsmethoden sind hierbei entsprechend validierte und wissenschaftlich anerkannte Untersuchungsverfahren zulässig, die von der EU oder der OIE vorgesehen sind.

(2) Das nationale Referenzlabor hat die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend und den jeweiligen Landeshauptmann über Ergebnisse der in Absatz 1 genannten Blutproben-Untersuchungen einmal pro Monat schriftlich zu informieren. Falls Hinweise auf das Vorhandensein von Blue­tongue festgestellt werden, so hat die Mitteilung dieser Ergebnisse sofort, gegebenenfalls zusätzlich auch mündlich oder fernmündlich, zu erfolgen.

Vorgangsweise nach Feststellung von Hinweisen auf das
Vorhandensein des Bluetongue-Virus in Vektoren

§ 9. Werden im Rahmen der vorgenannten Untersuchungen Hinweise auf das Vorhandensein des Bluetongue-Virus in Vektoren festgestellt, so kann die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend, sofern dies aus epidemiologischer Sicht erforderlich ist, genauere epidemiologische Unter­suchungen, anordnen. Die Durchführung dieser Untersuchungen obliegt gemäß § 2 Abs. 4 TGG den Bezirksverwaltungsbehörden und ist vom jeweiligen Landeshauptmann zu koordinieren.

Vorgangsweise bei Verdacht oder Ausbruch von Bluetongue

§ 10. Wird bei Tieren empfänglicher Arten ein Verdacht auf Bluetongue festgestellt oder ein Bluetongue-Ausbruch bestätigt, so ist gemäß den Bestimmungen der Bluetongue-Bekämpfungsverord­nung, BGBl. II Nr. 515/2006, vorzugehen.

3. Abschnitt

Schlussbestimmungen

Kosten

§ 11. Die Kosten für

  1. 1. die Untersuchungen und Probennahmen gemäß den §§ 4 und 5,
  2. 2. die Anschaffung und den Betrieb der Vektorfallen gemäß § 6 Abs. 1 (Materialkosten; erforderlichenfalls auch Stromkosten),
  3. 3. die Auswertungen, Bestimmungen und Untersuchungen gemäß § 6 Abs. 2, § 8 und § 9,

sind gemäß § 7 Abs. 2 TGG vom Bund zu tragen.

Personenbezogene Bezeichnungen

§ 12. Bei allen in dieser Verordnung verwendeten personenbezogenen Bezeichnungen gilt die gewählte Form für beide Geschlechter.

In-Kraft-Treten

§ 13. Diese Verordnung tritt mit 15. Juli 2007 in Kraft.

Kdolsky

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