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BGBl II 230/2006

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

230. Verordnung: GefahrenabwehrVO-Seeschiff - NAPS

230. Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über ein nationales Programm zur Erhöhung der Gefahrenabwehr auf österreichischen Seeschiffen (GefahrenabwehrVO-Seeschiff - NAPS)

Auf Grund des § 7 Abs. 4 des Seeschifffahrts-Erfüllungsgesetzes - SSEG, BGBl. Nr. 387/1996, wird verordnet:

1. Teil

Allgemeines

Geltungsbereich

§ 1. Diese Verordnung gilt für Fahrgastschiffe (§ 2 Z 3 des Seeschifffahrtsgesetzes - SeeSchFG, BGBl. Nr. 174/1981), einschließlich Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge (§ 2 Z 8 der Fahrgastschiffverordnung, BGBl. II Nr. 150/2000), sowie Frachtschiffe (§ 2 Z 4 SeeSchFG) mit einer Bruttoraumzahl von 500 oder mehr BRZ, die unter österreichischer Flagge fahren und in der Auslandfahrt (§ 2 Z 15 der Fahrgastschiffverordnung) eingesetzt sind.

Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieser Verordnung gelten als

  1. 1. „EU-Verordnung Nr. 725/2004 “: Verordnung (EG) Nr. 725/2004 zur Erhöhung der Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen, ABl. Nr. L 129 vom 29.4.2004, S 6;
  2. 2. „SOLAS-Übereinkommen“: Internationales Übereinkommen von 1974 zum Schutz des mensch­­­lichen Lebens auf See und Protokoll von 1978 zu dem Inter­nationalen Übereinkommen von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See samt Anlage, BGBl. Nr. 435/1988;
  3. 3. „ISPS-Code“: der einen integrierenden Bestandteil des SOLAS-Übereinkommens bildende Internationale Code für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen;
  4. 4. „sicherheitsrelevantes Ereignis“: alle verdächtigen Vorgänge oder Umstände, durch welche die Sicherheit eines Schiffes, des Zusammenwirkens von Schiff und Hafen oder einer Tätigkeit von Schiff zu Schiff bedroht wird;
  5. 5. „Gefahrenstufe“: Grad des Risikos, dass ein sicherheitsrelevantes Ereignis eintritt oder dass ein diesbezüglicher Versuch unternommen wird; dabei gilt als
    1. a) „Gefahrenstufe 1“: Stufe, bei der zu jeder Zeit ein Mindestmaß an zweckmäßigen Schutzmaßnahmen zur Gefahrenabwehr aufrechtzuerhalten ist;
    2. b) „Gefahrenstufe 2“: Stufe, bei der aufgrund des erhöhten Risikos eines sicherheitsrelevanten Ereignisses für einen begrenzten Zeitraum zusätzliche zweckmäßige Schutzmaßnahmen zur Gefahrenabwehr aufrechtzuerhalten sind;
    3. c) „Gefahrenstufe 3“: Stufe, bei der für einen begrenzten Zeitraum weitere spezielle Schutzmaßnahmen zur Gefahrenabwehr aufrechtzuerhalten sind; diese Stufe gilt, wenn ein sicherheitsrelevantes Ereignis wahrscheinlich ist oder unmittelbar bevorsteht, auch, wenn das genaue Ziel unter Umständen nicht bekannt ist;
  6. 6. „Sicherheitserklärung“: Vereinbarung zwischen einem österreichischen Seeschiff und einer Hafenanlage oder einem anderen Seeschiff, mit der bzw. dem ein Zusammenwirken (an oder von Bord Gehen von Personen oder Umschlag von Gütern) stattfindet und in der dargelegt wird, welche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr jeder Vertragspartner umsetzen wird;
  7. 7. „zuständige Behörde“: Die gemäß Art. 4 Abs. 1 der EU-Verordnung Nr. 725/2004 als für die Gefahrenabwehr auf österreichischen Seeschiffen zuständige gemeldete Behörde (Kapitel XI-2 Regel 13 Z 1.1. des SOLAS-Übereinkommens);
  8. 8. „Plan zur Gefahrenabwehr auf dem Schiff“: Plan, der ausgearbeitet worden ist, um die Anwendung von Maßnahmen an Bord eines österreichischen Seeschiffes sicherzustellen, die dazu bestimmt sind, Personen an Bord, Ladung, Beförderungseinheiten, Schiffsvorräte oder das Schiff selbst vor den Gefahren eines sicherheitsrelevanten Ereignisses zu schützen;
  9. 9. „Beauftragter für die Gefahrenabwehr auf dem Schiff“: Diejenige dem Kapitän rechenschaftspflichtige Person an Bord eines österreichischen Seeschiffes, die vom Reeder als verantwortlich für die Gefahrenabwehr auf dem Schiff benannt worden ist;
  10. 10. „anerkannte Stelle zur Gefahrenabwehr“: Stelle mit einschlägigem Fachwissen in Sicherheitsangelegenheiten und einschlägigen Kenntnissen über betriebliche Vorgänge auf Schiffen und in Häfen, die ermächtigt ist, die im ISPS-Code vorgeschriebenen Bewertungen, Überprüfungen, Genehmigungen und Zeugniserteilungen vorzunehmen.

2. Teil

Programm zur Erhöhung der Gefahrenabwehr auf österreichischen Seeschiffen

Übertragung von Aufgaben

§ 3. (1) Die gemäß Kapitel XI-2 des SOLAS-Übereinkommens und gemäß ISPS-Code der zuständigen Behörde obliegenden sicherheitsbezogenen Aufgaben werden anerkannten Stellen zur Gefahrenabwehr übertragen. Ausgenommen sind

  1. 1. die Festlegung der anwendbaren Gefahrenstufe und
  2. 2. die Festlegung der Voraussetzungen für eine Sicherheitserklärung.

(2) Anerkannte Stellen zur Gefahrenabwehr sind die gemäß der Klassen-Verordnung, BGBl. II Nr. 34/2004, zur Durchführung von Sicherheitsüberprüfungen ermächtigten Organisationen.

Anwendbare Gefahrenstufen

§ 4. (1) Auf österreichischen Seeschiffen gilt grundsätzlich Gefahrenstufe 1.

(2) Die Festlegung einer höheren Gefahrenstufe erfolgt durch die zuständige Behörde nach dem Verfahren gemäß § 5 oder aufgrund einer Mitteilung gemäß Kapitel XI-2 Regel 7 Z 3 des SOLAS-Übereinkommens in Form einer Anweisung an die österreichischen Reedereien.

(3) Aufgrund einer Anweisung gemäß Abs. 2 setzen die österreichischen Reedereien unverzüglich die in der EU-Verordnung 725/2004 vorgesehenen Maßnahmen.

Verfahren

§ 5. (1) Erlangt die zuständige Behörde Kenntnis von einem sicherheitsrelevanten Ereignis, welches Auswirkungen auf österreichische Seeschiffe hat oder haben könnte und ist noch keine höhere Gefahrenstufe aufgrund einer Mitteilung gemäß Kapitel XI-2 Regel 7 Z 3 des SOLAS-Übereinkommens festgelegt, wird nach folgenden Verfahrensschritten vorgegangen:

  1. 1. Einschätzung und Bewertung der Bedrohungssituation im Hinblick auf die für die Sicherheit der österreichischen Seeschiffe erforderlichen Maßnahmen,
  2. 2. Festlegung der Gefahrenstufe.

(2) Von der Heraufsetzung der Gefahrenstufe wird die International Maritime Organisation (IMO) in London verständigt.

(3) Die Herabsetzung der Gefahrenstufe erfolgt sinngemäß nach dem in den Abs. 1 und 2 festgelegten Verfahren.

Sicherheitserklärung

§ 6. (1) Der Beauftragte für die Gefahrenabwehr auf dem Schiff hat dafür Sorge zu tragen, dass ein an oder von Bord Gehen von Personen oder ein Umschlag von Gütern erst bei Vorliegen einer Sicherheitserklärung erfolgt, wenn

  1. 1. für den Betrieb des Schiffes eine höhere Gefahrenstufe gilt als für die Hafenanlage oder das Schiff, mit der bzw. dem ein Zusammenwirken stattfindet, oder
  2. 2. die Hafenanlage oder das Schiff, mit der bzw. dem ein Zusammenwirken stattfindet, nicht den Vorschriften des Kapitels XI-2 des SOLAS-Übereinkommens unterliegt.

(2) In der Sicherheitserklärung sind die Verantwortlichkeiten zwischen dem Schiff und der Hafenanlage oder dem anderen Schiff festzulegen. Die Verantwortlichkeiten richten sich nach dem Plan zur Gefahrenabwehr auf dem Schiff.

Verfahren

§ 7. (1) Die Sicherheitserklärung ist nach dem Muster des Anhanges 1 zu Teil B des ISPS-Codes vom Beauftragten für die Gefahrenabwehr auf dem Schiff und vom Beauftragten für die Gefahrenabwehr in der Hafenanlage oder dem anderen Schiff zu erstellen und zwischen den Beteiligten auszutauschen.

(2) Sicherheitserklärungen sind vom Beauftragten für die Gefahrenabwehr auf dem Schiff ein Jahr ab Ausstellung an Bord aufzubewahren.

3. Teil

Schlussbestimmungen

Umsetzung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft

§ 8. Durch diese Verordnung wird Art. 9 Abs. 3 der EU-Verordnung Nr. 725/2004 in österreichisches Recht umgesetzt.

Verweisungen

§ 9. Soweit in dieser Verordnung auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze oder Verordnungen des Bundes verwiesen wird, sind diese, soweit nichts anderes angeordnet ist, in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Geschlechtsspezifische Bezeichnungen

§ 10. Soweit personenbezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form angeführt sind, beziehen sie sich auf Frauen und Männer in gleicher Weise. Bei der Anwendung auf bestimmte Personen ist die jeweils geschlechtsspezifische Form zu verwenden.

Gorbach

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