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Nichtige GmbH-Gesellschafterbeschlüsse

AufsätzeUniv.-Ass. Dr. Andreas BaumgartnerJBl 2022, 226 Heft 4 v. 29.4.2022

B. Stellungnahme

S. JBl 2022, Heft 3, 1. Teil - https://doi.org/10.33196/jbl202203015601

III. Aktienrechtliche Prägung der §§ 41 f GmbHG
1. Allgemeines, insbesondere „Einheitsmodell“ samt teleologischer Reduktion des § 41 GmbHG

1) Nach der Genese (Punkt B.II.) trennte das GmbHG schon in der Stammfassung anfechtbare, das heißt vernichtbare von absolut nichtigen Beschlüssen durch ein differenziertes Rechtsschutzmodell. Zwar wurde in beiden Fällen eine Klage gemäß §§ 41 f GmbHG zugelassen. Doch sollte bei Beschlussnichtigkeit weder das Unterlassen des Widerspruchs (§ 41 Abs 2 GmbHG) noch das Verstreichen der Monatsfrist (Abs 4 leg cit) zu einer Bestandkraft des Beschlusses führen. Soweit dem eine isolierte Betrachtung des Wortlauts entgegensteht, insbesondere den Anschein der Exklusivität der Klage iS des § 41 (einschließlich Abs 2 ff) GmbHG für mangelhafte Beschlüsse erweckt, ist diese Norm mE nach Maßgabe von Genese, Normzweck und Systematik bereits in der Stammfassung „überschießend“. Die parallele Lückenhaftigkeit des deutschen Vorbilds (dHGB 1897) in Bezug auf die Ausnahmen der Anfechtungsbedürftigkeit137)137)Vgl dazu allgemein etwa F. Bydlinski, Methodenlehre2 480; Kodek in Rummel/Lukas, ABGB4 (2015) § 7 Rz 60; Schauer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 (2017) § 7 Rz 18. wurde ausweislich der Denkschrift sogar „sehenden Auges“ in Kauf genommen (Fn 41; „bewusste Lücke“138)138)Siehe dazu Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz2 (1983) 134 f, wo zutreffend darauf hingewiesen wird, dass „zur Annahme einer Lücke [...] die bloße Tatsache, daß der Gesetzgeber die Frage bewußt offen gelassen hat, nie [genügt]“ (zum „Minus“ der „bewussten Delegationslücke“ vgl Kerschner/Kehrer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 §§ 6, 7 ABGB Rz 38; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre11 [2020] Rz 860). Allerdings wurde in der Denkschrift zu §§ 271 ff dHGB 1897 die Frage, ob es vom Grundsatz der Anfechtungsbedürftigkeit Ausnahmen gibt, sogar bejaht (siehe Fn 41).). Aus § 41 Abs 2 ff GmbHG kann daher keine (gewollte) Gegenposition zu §§ 199 ff AktG hinsichtlich der Rechtsfolgen mangelhafter Beschlüsse abgeleitet werden.139)139)Vgl dazu aber die gegenteilige Position der Rsp Fn 5 f.

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