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ARTIKEL 1 Umweltschutzprotokoll zum Antarktis-Vertrag

Aktuelle FassungIn Kraft seit 26.8.2021

ANLAGE IV DES UMWELTSCHUTZPROTOKOLLS ZUM ANTARKTIS-VERTRAG

VERHÜTUNG DER MEERESVERSCHMUTZUNG

ARTIKEL 1

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Im Sinne dieser Anlage

  1. (a) bedeutet „Einleiten“ jedes von einem Schiff aus erfolgende Freisetzen unabhängig von seiner Ursache und umfasst jedes Entweichen, Beseitigen, Auslaufen, Lecken, Pumpen, Auswerfen oder Entleeren;
  2. (b) bedeutet „Müll“ alle beim üblichen Betrieb des Schiffes anfallenden Arten von Speise-, Haushalts- und Betriebsabfall, ausgenommen Frischfisch und Teile davon; hiervon ausgenommen sind Stoffe, die von den Artikeln 3 und 4 erfasst sind;
  3. (c) bedeutet „MARPOL 73/78“ das Internationale Übereinkommen von 1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe in der durch das Protokoll von 1978 zu dem Übereinkommen und jede spätere Änderung geänderten Fassung;
  4. (d) bedeutet „schädliche flüssige Stoffe“ die in Anlage II zu MARPOL 73/78 bezeichneten schädlichen flüssigen Stoffe;
  5. (e) bedeutet „Öl“ Erdöl in jeder Form einschließlich Rohöl, Heizöl, Ölschlamm, Ölrückstände und Ölraffinerieerzeugnisse (mit Ausnahme von Petrochemikalien, die unter Artikel 4 fallen);
  6. (f) bedeutet „ölhaltiges Gemisch, ein Gemisch mit einem beliebigen Ölgehalt;
  7. (g) bedeutet „Schiff“ ein Fahrzeug jeder Art, das in der Meeresumwelt betrieben wird; es umfasst Tragflächenboote, Luftkissenfahrzeuge, Unterwassergerät, schwimmendes Gerät oder feste oder schwimmende Plattformen.

ARTIKEL 2

ANWENDUNG

Diese Anlage gilt in Bezug auf jede Vertragspartei für Schiffe, die berichtigt sind, ihre Flagge zu führen, und für jedes andere Schiff, das für sie Unternehmungen in der Antarktis durchführt oder unterstützt, solange es im Gebiet des Antarktis-Vertrags eingesetzt ist.

ARTIKEL 3

EINLEITEN VON ÖL

  1. 1. Jedes Einleiten von Öl oder ölhaltigem Gemisch ins Meer ist verboten, außer in den Fällen, in denen es nach Anlage I zu MARPOL 73/78 erlaubt ist. Während ihres Einsatzes im Gebiet des Antarktis-Vertrags behalten die Schiffe jeden Ölschlamm und alles schmutzige Ballast- und Tankwaschwasser sowie alle sonstigen ölhaltigen Rückstände und Gemische, die nicht ins Meer eingeleitet werden dürfen, an Bord. Die Schiffe dürfen diese Rückstände nur außerhalb des Gebiets des Antarktis-Vertrags, in Auffanganlagen oder soweit sonst nach Anlage I zu MARPOL 73/78 erlaubt, einleiten.
  2. 2. Dieser Artikel gilt nicht
  1. (a) für das Einleiten von Öl oder ölhaltigem Gemisch ins Meer infolge einer Beschädigung des Schiffes oder seiner Ausrüstung,
  1. (i) sofern nach Eintritt des Schadens oder Feststellung des Einleitens alle angemessenen Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden sind, um das Einleiten zu verhüten oder auf ein Mindestmaß zu verringern, und
  2. (ii) sofern nicht der Eigentümer oder der Kapitän entweder in Schädigungsabsicht oder fahrlässig und in Kenntnis der Tatsache gehandelt hat, dass wahrscheinlich ein Schaden entstehen würde, oder
  1. (b) für das Einleiten ölhaltiger Stoffe ins Meer, die der Bekämpfung eines bestimmten Verschmutzungsereignisses dienen, um den Verschmutzungsschaden auf ein Mindestmaß zu verringern.

ARTIKEL 4

EINLEITEN SCHÄDLICHER FLÜSSIGER STOFFE

Das Einleiten schädlicher flüssiger Stoffe oder sonstiger chemischer oder anderer Stoffe ins Meer in Mengen oder Konzentrationen, die für die Meeresumwelt schädlich sind, ist verboten.

ARTIKEL 5

MÜLLBESEITIGUNG

  1. 1. Die Beseitigung aller Kunststoffgegenstände wie zum Beispiel synthetische Seile, synthetische Fischnetze und Kunststoffmüllbeutel ins Meer ist verboten.
  2. 2. Die Beseitigung jedes sonstigen Mülls ins Meer, einschließlich Papiererzeugnissen, Lumpen, Glas, Metall, Flaschen, Steingut, Stauholz, Verbrennungsasche, Schalungs- und Verpackungsmaterial, ist verboten.
  3. 3. Die Beseitigung von Lebensmittelabfällen ins Meer kann erlaubt werden, wenn die Abfälle durch eine Zerkleinerungs- oder Mahlanlage geleitet worden sind; die Beseitigung muss jedoch, außer in den nach Anlage V zu MARPOL 73/78 erlaubten Fällen, so weit wie möglich vom Land und von Eisbänken4) entfernt, auf keinen Fall jedoch in einer Entfernung von weniger als 12 Seemeilen vom nächstgelegenen Land oder von der nächstgelegenen Eisbank5 erfolgen. Diese zerkleinerten oder zermahlenen Lebensmittelabfälle müssen ein Sieb mit Öffnungen von höchstens 25 Millimeter passieren können.
  4. 4. Ist ein von diesem Artikel erfasster Stoff oder ein solches Material mit irgendeinem anderen zum Einleiten oder Beseitigen vorgesehenen Stoff oder Material gemischt, für die andere Beseitigungs- oder Einleitvorschriften gelten, so finden die strengsten Vorschriften Anwendung.
  5. 5. Die Absätze 1 und 2 gelten nicht
  1. (a) für das Überbordgehen von Müll aufgrund einer Beschädigung des Schiffes oder seiner Ausrüstung, sofern vor und nach dem Eintritt des Schadens alle angemessenen Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden sind, um das Überbordgehen zu verhüten oder auf ein Mindestmaß zu verringern, oder
  2. (b) für den unfallbedingten Verlust synthetischer Fischnetze, sofern alle angemessenen Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden sind, um diesen Verlust zu verhüten.
  1. 6. Die Vertragsparteien verlangen gegebenenfalls die Führung eines Mülltagebuchs.

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5 Eisbänke (s. Artikel VI des Antarktis-Vertrags) bedeutet Schelfeis.

ARTIKEL 6

EINLEITEN VON ABWASSER

  1. 1. Außer in den Fällen, in denen Unternehmungen in der Antarktis dadurch ungebührlich beeinträchtigt würden,
  1. (a) untersagt jede Vertragspartei jedes Einleiten von unbehandeltem Abwasser insMeer („Abwasser“ hat die in Anlage IV zu MARPOL 73/78 angegebene Bedeutung) in einer Entfernung von weniger als 12 Seemeilen vom Land oder von Eisbänken;
  2. (b) wird Abwasser, das in einem Sammeltank aufbewahrt worden ist, jenseits dieser Grenze nicht auf einmal, sondern mit einer mäßigen Rate eingeleitet, während das Schiff mit einer Geschwindigkeit von mindestens 4 Knoten auf seinem Kurs fährt.
  1. 2. Die Vertragsparteien verlangen gegebenenfalls die Führung eines Abwassertagebuchs.

ARTIKEL 7

NOTFÄLLE

  1. 1. Die Artikel 3, 4, 5 und 6 finden keine Anwendung in Notfällen im Zusammenhang mit der Sicherheit des Schiffes und der an Bord befindlichen Personen oder zur Rettung von Menschenleben auf See.
  2. 2. Alle Vertragsparteien und der Ausschuss werden sofort über die in Notfällen durchgeführten Tätigkeiten unterrichtet.

ARTIKEL 8

WIRKUNGEN AUF ABHÄNGIGE UND VERBUNDENE ÖKOSYSTEME

Bei der Durchführung dieser Anlage wird der Notwendigkeit gebührend Rechnung getragen, schädliche Wirkungen auf die abhängigen und verbundenen Ökosysteme außerhalb des Gebiets des Antarktis-Vertrags zu vermeiden.

ARTIKEL 9

ZURÜCKBEHALTUNGSKAPAZITÄT DES SCHIFFES UND AUFFANGANLAGEN

  1. 1. Jede Vertragspartei verpflichtet sich, dafür zu sorgen, dass alle Schiffe, die berechtigt sind, ihre Flagge zu führen, und andere Schiffe, die für sie Unternehmungen in der Antarktis durchführen oder unterstützen, vor dem Einlaufen in das Gebiet des Antarktis-Vertrags mit Tanks von ausreichender Kapazität an Bord zur Aufbewahrung jeden Ölschlamms und allen schmutzigen Ballast- und Tankwaschwassers sowie aller sonstigen ölhaltigen Rückstände und Gemische ausgerüstet sind und an Bord über ausreichende Kapazität zur Aufbewahrung von Müll verfügen, solange sie im Gebiet des Antarktis-Vertrags eingesetzt sind; sie müssen Vereinbarungen geschlossen haben, um diese ölhaltigen Rückstände und den Müll nach Verlassen des Gebiets des Antarktis-Vertrags in Auffanganlagen abzugeben. Die Schiffe müssen ferner an Bord über ausreichende Kapazität zur Aufbewahrung schädlicher flüssiger Stoffe verfügen.
  2. 2. Jede Vertragspartei, deren Häfen von Schiffen beim Auslaufen nach dem Gebiet der Antarktis oder bei der Rückkehr aus diesem Gebiet benutzt werden, verpflichtet sich, dafür zu sorgen, dass so bald wie möglich entsprechend den Erfordernissen der sie in Anspruch nehmenden Schiffe ausreichende Anlagen zur Aufnahme jeden Ölschlamms und allen schmutzigen Ballast- und Tankwaschwassers sowie aller sonstigen ölhaltigen Rückstände und Gemische sowie des Mülls von Schiffen vorhanden sind, ohne dass unangemessene Verzögerungen verursacht werden.
  3. 3. Vertragsparteien, deren Schiffe beim Auslaufen nach dem Gebiet des Antarktis-Vertrags oder bei der Rückkehr aus diesem Gebiet Häfen anderer Vertragsparteien benutzen, konsultieren diese Vertragsparteien, um zu gewährleisten, dass die Errichtung von Auffanganlagen im Hafen für die an das Gebiet des Antarktis-Vertrags angrenzenden Vertragsparteien keine unangemessene Belastung darstellt.

ARTIKEL 10

ENTWURF, BAU, BEMANNUNG UND AUSRÜSTUNG DER SCHIFFE

Jede Vertragspartei berücksichtigt die Ziele dieser Anlage bei Entwurf, Bau, Bemannung und Ausrüstung der Schiffe, die Unternehmungen in der Antarktis durchführen oder unterstützen.

ARTIKEL 11

STAATENIMMUNITÄT

  1. 1. Diese Anlage findet keine Anwendung auf Kriegsschiffe, Flottenhilfsschiffe oder sonstige einem Staat gehörende oder von ihm betriebene Schiffe, die derzeit im Staatsdienst stehen und ausschließlich anderen als Handelszwecken dienen. Jedoch stellt jede Vertragspartei durch geeignete, den Betrieb oder die Betriebsfähigkeit nicht beeinträchtigende Maßnahmen sicher, dass derartige ihr gehörende oder von ihr betriebene Schiffe soweit zumutbar und durchführbar in Übereinstimmung mit dieser Anlage handeln.
  2. 2. Bei der Anwendung des Absatzes 1 trägt jede Vertragspartei der Bedeutung des Schutzes der antarktischen Umwelt Rechnung.
  3. 3. Jede Vertragspartei teilt den anderen Vertragsparteien mit, wie sie diese Bestimmung durchführt.
  4. 4. Das in den Artikeln 18 bis 20 des Protokolls dargelegte Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten findet auf diesen Artikel keine Anwendung.

ARTIKEL 12

VERHÜTUNGSMAßNAHMEN SOWIE VORBEREITUNG UND REAKTION AUF NOTFÄLLE

  1. 1. Um auf Notfälle oder drohende Notfälle durch Meeresverschmutzung im Gebiet des Antarktis-Vertrags wirksamer reagieren zu können, stellen die Vertragsparteien in Übereinstimmung mit Artikel 15 des Protokolls Einsatzpläne zur Bekämpfung einer Meeresverschmutzung im Gebiet des Antarktis-Vertrags auf, einschließlich Einsatzplänen für Schiffe (außer kleinen Booten, die zum Betrieb fester Stätten oder von Schiffen gehören), die im Gebiet des Antarktis-Vertrags eingesetzt sind, insbesondere Schiffe mit Ölladung, und zur Bekämpfung von ausgelaufenem Öl, das von Einrichtungen an der Küste herrührt und in die Meeresumwelt gelangt. Zu diesem Zweck
  1. (a) arbeiten sie bei der Aufstellung und Durchführung dieser Pläne zusammen;
  2. (b) lassen sie sich von dem Ausschuss, der Internationalen Seeschiffahrts-Organisation und anderen internationalen Organisationen beraten.
  1. 2. Die Vertragsparteien legen auch Verfahren für eine gemeinsame Reaktion auf Verschmutzungsnotfälle fest und treffen im Rahmen dieser Verfahren angemessene Maßnahmen.

ARTIKEL 13

ÜBERPRÜFUNG

Die Vertragsparteien überprüfen laufend diese Anlage und sonstige Maßnahmen zur Verhütung, Verringerung und Bekämpfung der Verschmutzung der antarktischen Meeresumwelt einschließlich etwaiger im Rahmen von MARPOL 73/78 beschlossener Änderungen und neuer Regeln in der Absicht, die Ziele dieser Anlage zu erreichen.

ARTIKEL 14

VERHÄLTNIS ZU MARPOL 73/78

Für diejenigen Vertragsparteien, die auch Vertragsparteien von MARPOL 73/78 sind, lässt diese Anlage die besonderen Rechte und Pflichten aufgrund jenes Übereinkommens unberührt.

ARTIKEL 15

ÄNDERUNG ODER ERGÄNZUNG

  1. 1. Diese Anlage kann durch eine nach Artikel IX Absatz 1 des Antarktis-Vertrags beschlossene Maßnahme geändert oder ergänzt werden. Sofern die Maßnahme nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt, gilt die Änderung oder Ergänzung als genehmigt und tritt ein Jahr nach Beendigung der Konsultativtagung zum Antarktis-Vertrag auf der sie beschlossen wurde, in Kraft, sofern nicht eine oder mehrere Konsultativparteien des Antarktis-Vertrags während dieser Frist dem Verwahrer notifizieren, dass sie eine Fristverlängerung wünschen oder dass sie die Maßnahme nicht genehmigen können.
  2. 2. Jede Änderung oder Ergänzung dieser Anlage, die nach Absatz 1 in Kraft tritt, tritt danach für jede andere Vertragspartei in Kraft, sobald ihre Genehmigungsanzeige beim Verwahrer eingegangen ist.

Schlagworte

Speiseabfall, Haushaltsabfall, Ballastwasser, Schalungsmaterial, Zerkleinerungsanlage, Beseitigungsvorschrift

Zuletzt aktualisiert am

08.09.2021

Gesetzesnummer

20011652

Dokumentnummer

NOR40237848

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