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ARTIKEL 1 Umweltschutzprotokoll zum Antarktis-Vertrag

Aktuelle FassungIn Kraft seit 26.8.2021

ANLAGE II DES UMWELTSCHUTZPROTOKOLLS ZUM ANTARKTIS-VERTRAG

ERHALTUNG DER ANTARKTISCHEN TIER- UND PFLANZENWELT

ARTIKEL 1

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Im Sinne dieser Anlage

  1. (a) bedeutet „heimisches Säugetier“ jedes Exemplar, das einer zur Klasse der Säugetiere gehörenden Art angehört, im Gebiet des Antarktis-Vertrags heimisch ist oder dort aufgrund natürlicher Wanderungen saisonal vorkommt;
  2. (b) bedeutet „heimischer Vogel“ jedes Exemplar in irgendeinem Abschnitt seines Lebens (einschließlich des Eis), das einer zur Klasse der Vögel gehörenden Art angehört, im Gebiet des Antarktis-Vertrags heimisch ist oder dort aufgrund natürlicher Wanderungen saisonal vorkommt;
  3. (c) bedeutet „heimische Pflanze“ jede Land- oder Süßwasservegetation, einschließlich Moosen, Flechten, Pilzen und Algen, in irgendeinem Abschnitt ihres Lebens (einschließlich Samen und sonstiger Ableger), die im Gebiet des Antarktis-Vertrags heimisch ist;
  4. (d) bedeutet „heimischer Wirbelloser“ jeder Land- oder Süßwasserwirbellose in irgendeinem Abschnitt seines Lebens, der im Gebiet des Antarktis-Vertrags heimisch ist;
  5. (e) bedeutet „zuständige Behörde“ jede Person oder Stelle, die von einer Vertragspartei zur Erteilung von Genehmigungen im Rahmen dieser Anlage ermächtigt ist;
  6. (f) bedeutet „Genehmigung“ eine von einer zuständigen Behörde erteilte förmliche schriftliche Erlaubnis;
  7. (g) bedeutet „der Natur entnehmen“ oder „Entnahme aus der Natur“ das Töten, Verletzen, Fangen, Berühren oder Stören eines heimischen Säugetiers oder Vogels beziehungsweise das Entfernen oder Beschädigen heimischer Pflanzen oder Wirbelloser in solchen Mengen, dass deren örtliche Verbreitung oder Häufigkeit erheblich beeinträchtigt würde;
  8. (h) bedeutet „schädliches Einwirken“
  1. (i) das Fliegen oder Landen von Hubschraubern oder sonstigen Luftfahrzeugen in einer Weise, dass Vogel- und Robbenansammlungen gestört werden;
  2. (ii) die Benutzung von Fahrzeugen oder Schiffen, einschließlich Luftkissenbooten und kleinen Booten, in einer Weise, dass Vogel- und Robbenansammlungen gestört werden;
  3. (iii) die Verwendung von Sprengstoffen oder Schusswaffen in einer Weise, dass Vogel- und Robbenansammlungen gestört werden;
  4. (iv) das absichtliche Stören brütender oder mausernder Vögel oder von Vogel- und Robbenansammlungen durch Menschen zu Fuß;
  5. (v) die erhebliche Schädigung von Ansammlungen heimischer Landpflanzen durch das Landen von Luftfahrzeugen, das Fahren von Fahrzeugen, durch Niedertreten oder auf andere Weise; und
  6. (vi) jede Tätigkeit, die zu einer erheblichen nachteiligen Veränderung des Lebensraums von Arten oder Populationen heimischer Säugetiere, Vögel, Pflanzen oder Wirbelloser führt;
  1. (i) bedeutet „Internationales Übereinkommen zur Regelung des Walfangs“ das am 2. Dezember 1946 in Washington beschlossene Übereinkommen.
  2. (j) bedeutet „Übereinkommen zum Schutz der Albatrosse und Sturmvögel“ das am 19. Juni 2001 in Canberra beschlossene Übereinkommen.

ARTIKEL 2

NOTFÄLLE

  1. 1. Diese Anlage findet keine Anwendung in Notfällen im Zusammenhang mit dem Schutz von Menschenleben oder der Sicherheit von Schiffen, Luftfahrzeugen oder hochwertigen Ausrüstungen und Einrichtungen oder dem Umweltschutz.
  2. 2. Alle Vertragsparteien und der Ausschuss werden sofort über die in Notfällen durchgeführten Tätigkeiten, welche eine Entnahme aus der Natur oder ein schädliches Einwirken zur Folge haben, unterrichtet.

ARTIKEL 3

SCHUTZ DER HEIMISCHEN TIER- UND PFLANZENWELT

  1. 1. Eine Entnahme aus der Natur oder ein schädliches Einwirken ist verboten, sofern nicht eine Genehmigung erteilt ist.
  2. 2. Die Genehmigungen enthalten genaue Angaben über die genehmigte Tätigkeit, insbesondere wann, wo und von wem diese durchgeführt wird und sie werden nur zu folgenden Zwecken erteilt:
  1. (a) um Exemplare für wissenschaftliche Untersuchungen oder wissenschaftliche Informationen zu beschaffen;
  2. (b) um Exemplare für Museen, Herbarien, botanische Gärten oder für andere Bildungseinrichtungen oder entsprechende Nutzungen zu beschaffen;
  3. (c) um Exemplare für zoologische Gärten zu beschaffen, jedoch in Rücksicht auf einheimische Säugetiere und Vögel nur, wenn solche Exemplare nicht aus bestehenden Sammlungen in Gefangenschaft anderswo beschafft werden können oder wenn eine zwingende Erhaltungspflicht besteht; und
  4. (d) um Vorsorge für die unvermeidlichen Folgen wissenschaftlicher Tätigkeiten, die nach den Buchstaben a, b und c nicht anderweitig genehmigt sind, oder der Errichtung und des Betriebs wissenschaftlicher Unterstützungseinrichtungen zu treffen.
  1. 3. Die Erteilung der Genehmigungen wird eingeschränkt, damit sichergestellt ist,
  1. (a) dass nicht mehr heimische Säugetiere, Vögel, Pflanzen oder Wirbellose der Natur entnommen werden, als für die in Absatz 2 genannten Zwecke unbedingt notwendig sind;
  2. (b) dass nur eine geringe Anzahl heimischer Säugetiere oder Vögel getötet werden und dass in Verbindung mit anderen genehmigten Entnahmen aus der Natur keinesfalls mehr heimische Säugetiere oder Vögel aus örtlichen Populationen getötet werden, als normalerweise durch natürliche Vermehrung in der folgenden Saison ersetzt werden können; und
  3. (c) dass die Vielfalt der Arten sowie die für ihr Dasein wesentlichen Lebensräume und das innerhalb des Gebiets des Antarktis-Vertrags bestehende ökologische Gleichgewicht erhalten bleiben.
  1. 4. Die in Anhang A zu dieser Anlage aufgeführten Arten heimischer Säugetiere, Vögel, Pflanzen und Wirbellose werden als „besonders geschützte Arten“ bezeichnet und erhalten besonderen Schutz durch die Vertragsparteien.
  2. 5. Die Einstufung einer Art als eine „besonders geschützte Art“ erfolgt gemäß den vereinbarten und von der Konsultativtagung zum Antarktis-Vertrag beschlossenen Verfahren und Kriterien.
  3. 6. Der Ausschuss überprüft und berät über die Kriterien, nach denen einheimische Säugetiere, Vögel, Pflanzen und Wirbellose für die Einstufung als „besonders geschützte Arten“ vorgeschlagen werden.
  4. 7. Jede Vertragspartei, der Ausschuss, der Wissenschaftliche Ausschuss für Antarktis-Forschung oder der Wissenschaftliche Ausschuss zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis können eine Art für die Einstufung als „besonders geschützte Art“ vorschlagen, indem sie der Konsultativtagung zum Antarktis-Vertrag einen begründeten Vorschlag unterbreiten.
  5. 8. Die Genehmigung zur Entnahme einer besonders geschützten Art aus der Natur wird nur erteilt, wenn die Entnahme
  1. (a) für einen zwingenden wissenschaftlichen Zweck erfolgt;
  2. (b) das Überleben oder die Erholung der betreffenden Art oder örtlichen Population nicht gefährdet und
  1. 9. Die Anwendung tödlicher Techniken ist bei „besonders geschützten Arten“ nur zulässig, wenn es keine geeignete Alternativtechnik gibt.
  2. 10. Vorschläge für die Einstufung einer Art als „besonders geschützte Art“ werden dem Ausschuss, dem Wissenschaftlichen Ausschuss für Antarktis-Forschung und, für einheimische Säugetiere und Vögel, dem Wissenschaftlichen Ausschuss zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis sowie, gegebenenfalls, der Versammlung der Vertragsparteien des Übereinkommens über die Erhaltung der Albatrosse und Sturmvögel und anderen Organisationen übermittelt. Bei der Formulierung seines Gutachtens an die Konsultativtagung des Antarktis-Vertrages darüber, ob eine Art als „besonders geschützte Art“ ausgewiesen werden soll, berücksichtigt der Ausschuss alle Bemerkungen des Wissenschaftlichen Ausschusses für Antarktisforschung und, im Falle der einheimischen Säugetiere und Vögel, des Wissenschaftlichen Ausschusses zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis sowie, gegebenenfalls, der Versammlung der Vertragsparteien des Übereinkommens über die Erhaltung der Albatrosse und Sturmvögel und anderer Organisationen.
  3. 11. Jede Entnahme heimischer Säugetiere und Vögel aus der Natur erfolgt derart, dass Schmerzen und Leiden soweit irgend möglich vermieden werden.

ARTIKEL 4

EINBRINGEN VON NICHT HEIMISCHEN ARTEN, SCHÄDLINGEN UND KRANKHEITEN

  1. 1. Tier- oder Pflanzenarten, die im Gebiet des Antarktis-Vertrags nicht heimisch sind, dürfen in dieses Gebiet weder auf das Land oder die Eisbänke1 noch ins Wasser eingebracht werden, sofern nicht eine Genehmigung erteilt ist.
  2. 2. Hunde dürfen nicht auf das Land, die Eisbänke2 oder das Eismeer verbracht werden.
  3. 3. Genehmigungen nach Absatz 1 sind
  1. (a) auszustellen, um die Einbringung von Kulturpflanzen und ihren Fortpflanzungsvermehrungen zur kontrollierten Verwendung sowie von Arten lebender Organismen zur kontrollierten experimentellen Verwendung zu erlauben; und
  2. (b) die konkrete Anzahl sowie, gegebenenfalls, Alter und Geschlecht der eingeführten Art, zusammen mit einer Begründung, welche die Einführung rechtfertigt, anzugeben und die zu treffenden Vorsichtsmaßnahmen festzulegen, durch die ein Entweichen oder eine Berührung der Tier- und Pflanzenwelt vermieden wird.
  1. 4. Jede Art, für die nach den Absätzen 1 und 3 eine Genehmigung erteilt ist, wird vor Ablauf der Genehmigung aus dem Gebiet des Antarktis-Vertrags entfernt oder durch Verbrennen oder eine andere gleich wirksame Methode vernichtet, die eine Gefährdung der heimischen Tier- und Pflanzenwelt ausschließt. Diese Verpflichtung ist in der Genehmigung festzuhalten. Jede nicht im Gebiet des Antarktis-Vertrages heimische Art, einschließlich deren Nachkommen, welche ohne Genehmigung nach Absatz 1 und 3 in das Gebiet eingebracht wurde, ist zu entfernen oder zu vernichten, wann immer dies machbar ist, außer das Entfernen oder Vernichtung führt zu einem größeren nachteiligen Einfluss auf die Umwelt. Diese Entfernung oder Vernichtung kann durch Verbrennung oder durch eine ebenso wirksame Methode erfolgen, so dass sie sterilisiert werden, es sei denn, es wird festgestellt, dass sie keine Gefahr für die heimische Flora und Fauna darstellen. Darüber hinaus sind alle angemessenen Schritte zu unternehmen, um die Folgen dieser Einführung zu kontrollieren und eine Schädigung der heimischen Flora und Fauna zu vermeiden.
  2. 5. Dieser Artikel findet keine Anwendung auf das Einbringen von Nahrung in das Gebiet des Antarktis-Vertrags, sofern zu diesem Zweck keine lebenden Tiere eingebracht werden und alle Teile von Pflanzen und Tieren und Erzeugnisse daraus sorgfältig unter Kontrolle gehalten und im Einklang mit Anlage III des Protokolls vernichtet werden.
  3. 6. Jede Vertragspartei verlangt, dass Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, um das unbeabsichtigte Einbringen von Mikroorganismen (z. B. Viren, Bakterien, Hefepilze, Schimmelpilze) zu verhindern, die im Gebiet des Antarktis-Vertrages nicht natürlich vorkommen.
  4. 7. Kein lebendiges Geflügel oder andere lebenden Vögel sollen in das Gebiet des Antarktis-Vertrages gebracht werden. Es sind alle angemessenen Schritte zu unternehmen, um sicherzustellen, dass die auf die Antarktis eingebrachten Geflügel- und Vogelprodukte frei von Krankheiten sind (z. B. Newcastle’s Disease, Tuberkulose und Pilzinfektion), welche schädlich für die heimische Flora und Fauna sein könnten. Jedes nicht konsumierte Geflügel- und Vogelprodukt ist von dem Gebiet des Antarktis-Vertrags zu entfernen oder durch Verbrennung oder eine ebenso wirksame Methode, die das Risiko der Einführung von Mikro-Organismen (z. B. Virusse, Bakterien, Hefepilze, Schimmelpilze) in die einheimische Fauna und Flora ausschließen.
  5. 8. Die absichtliche Einbringung von nicht-sterilem Boden in das Gebiet des Antarktis-Vertrages ist verboten. Die Vertragsparteien sollen, im Rahmen des praktisch Durchführbaren, sicherstellen, dass nicht-steriler Borden nicht unbeabsichtigt in das Gebiet des Antarktis-Vertrages eingeführt wird.

___________________

2 Eisbänke (s. Artikel VI des Antarktis-Vertrags) bedeutet Schelfeis.

ARTIKEL 5

INFORMATIONEN

Jede Vertragspartei stellt Informationen zusammen, in denen insbesondere verbotene Tätigkeiten ausgeführt und Listen der besonders geschützten Arten und der betreffenden schützten Gebiete enthalten sind, und stellt sie allen Personen zur Verfügung, die sich im Gebiet des Antarktis-Vertrags aufhalten oder es zu betreten, beabsichtigten, damit sichergestellt ist, dass diese Personen die Bestimmungen dieser Anlage verstehen und befolgen.

ARTIKEL 6

INFORMATIONSAUSTAUSCH

  1. 1. Die Vertragsparteien treffen Vorkehrungen
  1. (a) für die Sammlung und den Austausch von Unterlagen (einschließlich der Unterlagen über Genehmigungen) und Statistiken über die Anzahl oder Menge jeder einzelnen Art heimischer Säugetiere, Vögel, Pflanzen oder Wirbelloser, die jährlich im Gebiet des Antarktis-Vertrags der Natur entnommen werden;
  2. (b) für die Beschaffung und den Austausch von Informationen über den Zustand heimischer Säugetiere, Vögel, Pflanzen und Wirbelloser im Gebiet des Antarktis-Vertrags und das Ausmaß des Schutzbedürfnisses der einzelnen Arten und Populationen;
  1. 2. Jede Vertragspartei unterrichtet die anderen Vertragsparteien und den Ausschuss so bald wie möglich nach Ende der südlichen Sommersaison, jedenfalls bis 1. Oktober jeden Jahres über die nach Absatz 1 unternommenen Schritte sowie über Anzahl und Art der Genehmigungen, die sie in dem vorangegangenen Zeitraum vom 1. April bis zum 31. März aufgrund dieser Anlage erteilt hat.

ARTIKEL 7

VERHÄLTNIS ZU ANDEREN ÜBEREINKÜNFTEN AUßERHALB DES ANTARKTIS-VERTRAGSSYSTEMS

Diese Anlage lässt die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien aufgrund des Internationalen Übereinkommens zur Regelung des Walfangs unberührt.

ARTIKEL 8

ÜBERPRÜFUNG

Die Vertragsparteien überprüfen laufend die Maßnahmen zur Erhaltung der antarktischen Tier- und Pflanzenwelt unter Berücksichtigung etwaiger Empfehlungen des Ausschusses.

ARTIKEL 9

ÄNDERUNG UND ERGÄNZUNG

  1. 1. Diese Anlage kann durch eine nach Artikel IX Absatz 1 des Antarktis-Vertrags beschlossene Maßnahme geändert oder ergänzt werden. Sofern die Maßnahme nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt, gilt die Änderung oder Ergänzung als genehmigt und tritt ein Jahr nach Beendigung der Konsultativtagung zum Antarktis-Vertrag, auf der sie beschlossen wurde, in Kraft, sofern nicht eine oder mehrere Konsultativparteien des Antarktis-Vertrags während dieser Frist dem Verwahrer notifizieren, dass sie eine Fristverlängerung wünschen oder dass sie die Maßnahme nicht genehmigen können.
  2. 2. Eine Änderung oder Ergänzung dieser Anlage, die nach Absatz 1 in Kraft tritt, tritt danach für jede andere Vertragspartei in Kraft, sobald ihre Genehmigungsanzeige beim Verwahrer eingegangen ist.

ANHÄNGE ZUR ANLAGE

ANHANG A:

BESONDERS GESCHÜTZTE ARTEN

Ommatophoca rossii, Ross-Robbe

Schlagworte

Tierwelt, Landvegetation, Landwirbellose, Vogelansammlung, Tierart, Geflügelprodukt

Zuletzt aktualisiert am

08.09.2021

Gesetzesnummer

20011652

Dokumentnummer

NOR40237846

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