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§ 47a BaSAG

Aktuelle FassungIn Kraft seit 29.5.2021

Befugnis zur Aussetzung von Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen

§ 47a.

(1) Die Abwicklungsbehörde kann nach Anhörung der FMA, die zeitnah zu antworten hat, anordnen, Zahlungs- oder Lieferverpflichtung aus Verträgen, zu deren Vertragsparteien Institute oder Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 gehören, auszusetzen, wenn alle folgenden Bedingungen erfüllt sind:

  1. 1. Es wurde festgestellt, dass das Institut oder Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 im Sinne des § 49 Abs. 1 Z 1 ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt;
  2. 2. es gibt keine sofort verfügbare alternative Maßnahme der Privatwirtschaft gemäß § 49 Abs. 1 Z 2, mit der sich der Ausfall des Instituts oder Unternehmens gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 abwenden ließe;
  3. 3. die Ausübung der Befugnis zur Aussetzung wird als erforderlich erachtet, um die weitere Verschlechterung der Finanzlage des Instituts oder Unternehmens gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 zu verhindern und
  4. 4. die Ausübung der Befugnis zur Aussetzung ist erforderlich,
  1. a) um entweder zu der in § 49 Abs. 1 Z 3 vorgesehenen Feststellung zu gelangen oder
  2. b) um zu entscheiden, welche Abwicklungsmaßnahmen geeignet sind, oder um die wirksame Anwendung eines oder mehrerer Abwicklungsinstrumente sicherzustellen.

(2) Von der Befugnis gemäß Abs. 1 ausgenommen sind Zahlungs- und Lieferverpflichtungen gegenüber

  1. 1. Systemen oder Betreibern von Systemen, die gemäß der Richtlinie 98/26/EG benannt wurden,
  2. 2. zentralen Gegenparteien, die in der Union gemäß Art. 14 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 zugelassen sind, und zentralen Gegenparteien aus Drittländern, die von der ESMA gemäß Art. 25 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 anerkannt wurden,
  3. 3. Zentralbanken.

(3) Die Abwicklungsbehörde hat den Umfang der Anordnung gemäß Abs. 1 unter Berücksichtigung der Umstände des einzelnen Falls festzusetzen. Insbesondere hat die Abwicklungsbehörde sorgfältig zu bewerten, ob die Ausweitung der Aussetzung auf erstattungsfähige Einlagen gemäß § 7 Abs. 1 Z 4 ESAEG, insbesondere auf gesicherte Einlagen gemäß § 7 Abs. 1 Z 5 ESAEG, die von natürlichen Personen, Kleinstunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen gehalten werden, angemessen ist. Wird die Befugnis zur Aussetzung von Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen im Hinblick auf erstattungsfähige Einlagen gemäß § 7 Abs. 1 Z 4 ESAEG ausgeübt, so hat die Abwicklungsbehörde sicherzustellen, dass Einleger täglich Zugang zu einem angemessenen Betrag dieser Einlagen haben.

(4) Die Dauer der in Abs. 1 genannten Aussetzung (Aussetzungszeitraum) muss so kurz wie möglich sein und darf nicht über den Zeitraum hinausgehen, den die Abwicklungsbehörde für die Zwecke des Abs. 1 Z 3 und 4 für mindestens erforderlich hält, aber keinesfalls den Zeitraum zwischen der öffentlichen Bekanntgabe der Aussetzung gemäß Abs. 8 und dem Ende (Mitternacht) des auf den Tag der Bekanntgabe folgenden Geschäftstags der Abwicklungsbehörde überschreiten. Nach Ablauf des Aussetzungszeitraums entfaltet die Aussetzung keine Wirkung mehr.

(5) Die Abwicklungsbehörde hat bei der Ausübung einer Befugnis gemäß Abs. 1 die möglichen Auswirkungen der Ausübung dieser Befugnis auf das ordnungsgemäße Funktionieren der Finanzmärkte zu berücksichtigen und hat den geltenden nationalen Rechtsvorschriften sowie aufsichtlichen und justiziellen Befugnissen Rechnung zu tragen, um die Rechte von Gläubigern und deren Gleichbehandlung in regulären Insolvenzverfahren zu gewährleisten. Die Abwicklungsbehörde hat insbesondere zu berücksichtigen, ob möglicherweise infolge der Feststellung gemäß § 49 Abs. 1 Z 3 nationale Insolvenzverfahren auf das Unternehmen angewandt werden, und hat die Vorkehrungen zu treffen, die sie für zweckmäßig hält, um eine angemessene Abstimmung mit den nationalen Justiz- und Verwaltungsbehörden sicherzustellen.

(6) Werden im Rahmen eines Vertrags bestehende Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen gemäß Abs. 1 ausgesetzt, so werden die Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen jeder Gegenpartei dieses Vertrags für den gleichen Zeitraum ausgesetzt.

(7) Eine Zahlungs- oder Lieferverpflichtung, die während des Aussetzungszeitraums fällig geworden wäre, wird unmittelbar nach Ablauf dieses Zeitraums fällig.

(8) Die Abwicklungsbehörde hat das Unternehmen und die Behörden gemäß § 116 Abs. 5 Z 1 bis Z 9 unverzüglich zu benachrichtigen, wenn sie die Befugnis gemäß Abs. 1 ausübt. Diese Benachrichtigung hat nach der Feststellung gemäß § 49 Abs. 1 Z 1 (Ausfallsentscheidung) und vor dem Abwicklungsbeschluss zu erfolgen. Die Abwicklungsbehörde hat die Anordnung oder das Instrument, durch die oder das die Verpflichtungen ausgesetzt werden, sowie die Bedingungen und Dauer der Aussetzung auf dem in § 116 Abs. 6 genannten Wege zu veröffentlichen oder deren Veröffentlichung zu veranlassen.

(9) Sonstige bundesgesetzliche Bestimmungen, mit denen Befugnisse zur Aussetzung von Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen der Institute und Unternehmen gemäß Abs. 1 übertragen werden, bevor eine Feststellung gemäß § 49 Abs. 1 Z 1 getroffen wurde, dass diese Institute oder Unternehmen ausfallen oder wahrscheinlich ausfallen, oder die für Institute oder Unternehmen gelten, die nach dem regulären Insolvenzverfahren liquidiert werden sollen, und die den Umfang und die Dauer gemäß Abs. 3 und 4 überschreiten, bleiben durch diesen Paragraphen unberührt. Solche Befugnisse werden entsprechend dem Umfang, der Dauer und den Voraussetzungen der betreffenden bundesgesetzlichen Bestimmungen ausgeübt. Die Voraussetzungen in Bezug auf solche Befugnisse zur Aussetzung von Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen bleiben durch die in diesem Paragraphen vorgesehenen Voraussetzungen unberührt.

(10) Übt die Abwicklungsbehörde die Befugnis zur Aussetzung von Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen in Bezug auf ein Unternehmen im Sinne des Abs. 1 aus, so kann sie für die Dauer dieser Aussetzung auch die Befugnis ausüben,

  1. 1. die Rechte abgesicherter Gläubiger des Instituts oder Unternehmens, die Durchsetzung von Sicherungsrechten in Bezug auf beliebige Vermögenswerte dieses Instituts oder Unternehmens für denselben Zeitraum zu beschränken, in welchem Fall die Bestimmungen gemäß § 65 anzuwenden sind und
  2. 2. Kündigungsrechte einer Partei eines Vertrags mit diesem Unternehmen für denselben Zeitraum auszusetzen, in welchem Fall die Bestimmungen gemäß § 66 anzuwenden sind.

(11) Hat die Abwicklungsbehörde die Befugnis zur Aussetzung von Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen unter den in Abs. 1 oder 10 festgelegten Umständen ausgeübt, nachdem sie die Feststellung gemäß § 49 Abs. 1 Z 1 getroffen hat und wird daraufhin eine Abwicklungsmaßnahme in Bezug auf dieses Unternehmen getroffen, so darf die Abwicklungsbehörde ihre Befugnisse gemäß § 64 Abs. 1, § 65 Abs. 1 oder § 66 Abs. 1 in Bezug auf dieses Unternehmen nicht ausüben.

Schlagworte

Zahlungsverpflichtung, Justizbehörde

Zuletzt aktualisiert am

02.06.2021

Gesetzesnummer

20009037

Dokumentnummer

NOR40234709

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