Koordinierung der Frühinterventionsbefugnisse und Bestellung eines vorläufigen Verwalters bei Gruppen
§ 47.
(1) Liegen bei einem EU-Mutterunternehmen die Voraussetzungen gemäß § 44 oder § 46 vor, hat die FMA als konsolidierende Aufsichtsbehörde die EBA und die anderen zuständigen Behörden innerhalb des Aufsichtskollegiums zu unterrichten und anzuhören. Im Anschluss an die Unterrichtung und Anhörung hat die FMA als konsolidierende Aufsichtsbehörde zu entscheiden, ob in Bezug auf das EU-Mutternunternehmen eine Frühinterventionsmaßnahme gemäß § 44 oder § 46 ergriffen werden soll. Bei der Entscheidung hat die FMA als konsolidierende Aufsichtsbehörde die Auswirkungen der etwaigen Frühinterventionsmaßnahme auf die Unternehmen der Gruppe in anderen Mitgliedstaaten zu berücksichtigen. Die FMA als konsolidierende Aufsichtsbehörde hat die anderen zuständigen Behörden innerhalb des Aufsichtskollegiums und die EBA über die Entscheidung zu unterrichten.
(2) Liegen bei einem Tochterunternehmen eines EU-Mutterunternehmens die Voraussetzungen gemäß § 44 oder § 46 vor, hat die FMA als für die Beaufsichtigung auf Einzelbasis zuständige Behörde, die eine Frühinterventionsmaßnahme gemäß § 44 oder § 46 plant, die EBA zu unterrichten und die konsolidierende Aufsichtsbehörde anzuhören. Die konsolidierende Aufsichtsbehörde kann innerhalb von drei Tagen die möglichen Auswirkungen auf die Gruppe oder auf Unternehmen der Gruppe in anderen Mitgliedstaaten bewerten und diese Bewertung der FMA als auf Einzelbasis zuständiger Behörde übermitteln. Im Anschluss an diese Mitteilung und diese Anhörung hat die FMA als auf Einzelbasis zuständige Behörde zu entscheiden, ob eine Frühinterventionsmaßnahme gemäß § 44 oder § 46 ergriffen wird. Bei der Entscheidung ist eine allfällige Bewertung durch die konsolidierende Aufsichtsbehörde gebührend zu berücksichtigen. Die FMA als auf Einzelbasis zuständige Behörde hat die konsolidierende Aufsichtsbehörde, die anderen zuständigen Behörden innerhalb des Aufsichtskollegiums und die EBA über die Entscheidung zu unterrichten.
(3) Beabsichtigt die FMA die Anordnung einer Frühinterventionsmaßnahme gemäß § 44 oder § 46 bei einem in Österreich zugelassenen Institut und beabsichtigt zugleich zumindest eine Aufsichtsbehörde in einem Mitgliedstaat die Anordnung einer Maßnahme nach den entsprechenden nationalen Bestimmungen in Umsetzung der Art. 27 oder 29 der Richtlinie 2014/59/EU bei einem anderen Institut derselben Gruppe, wirkt die FMA an der gemeinsamen Bewertung der Frage mit, ob für alle betroffenen Institute derselbe vorläufige Verwalter bestellt wird oder ob die Anwendung von Frühinterventionsmaßnahmen im Interesse der Wiederherstellung der finanziellen Stabilität des betroffenen Instituts koordiniert wird. Die Bewertung hat in Form einer schriftlichen und mit Gründen versehenen gemeinsamen Entscheidung innerhalb von fünf Tagen nach Übermittlung einer Mitteilung gemäß Abs. 1 zu ergehen, welche die FMA, sofern sie die konsolidierende Abwicklungsbehörde ist, dem EU-Mutterunternehmen zu übermitteln hat. Die EBA kann auf Ersuchen einer betroffenen zuständigen Behörde gemäß Art. 31 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 bei der Erzielung einer Einigung unterstützen. Liegt innerhalb von fünf Tagen keine einvernehmliche Entscheidung der betroffenen Aufsichtsbehörden vor, können die konsolidierende Aufsichtsbehörde und die für Tochterunternehmen zuständigen Behörden selbst über die Anordnung von Frühinterventionsmaßnahmen.
(4) Ist eine der betroffenen zuständigen Behörden mit der ihr gemäß Abs. 1 oder 2 mitgeteilten Entscheidung nicht einverstanden oder liegt keine gemeinsame Entscheidung gemäß Abs. 3 vor, kann sie die EBA gemäß Art. 19 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 anrufen, wenn die Entscheidung eine der folgenden Frühinterventionsmaßnahmen betrifft:
- 1. Frühinterventionsmaßnahmen hinsichtlich der Umsetzung von Regelungen oder Maßnahmen aus dem Sanierungsplan, sofern das zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Existenzfähigkeit und der Finanzlage des Instituts erforderliche Spektrum an Kapital- und Liquiditätsmaßnahmen gemäß Z 4 der Anlage zu § 9, Regelungen und Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Eigenmittel des Instituts gemäß Z 10 Anlage zu § 9, Regelungen und Maßnahmen zur Sicherstellung des Zugangs zu Liquiditätsquellen gemäß Z 11 Anlage zu § 9 oder Maßnahmen zur Durchführung des Sanierungsplans gemäß Z 19 Anlage zu § 9 betroffen sind,
- 2. Frühinterventionsmaßnahmen hinsichtlich der Erstellung eines Plans für Verhandlungen über eine Umschuldung oder
- 3. Frühinterventionsmaßnahmen hinsichtlich der Änderung der rechtlichen oder operativen Strukturen eines Instituts.
(5) Die Entscheidung jeder zuständigen Behörde ist zu begründen. Sie hat den von den anderen zuständigen Behörden während der Anhörungsphase nach Abs. 1 oder Abs. 2 oder vor Ablauf der Fünftagesfrist nach Abs. 3 geäußerten Standpunkten und Vorbehalten sowie den potenziellen Auswirkungen der Entscheidung auf die Finanzstabilität in den betroffenen Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen. Die Entscheidungen sind dem EU-Mutterunternehmen von der konsolidierenden Aufsichtsbehörde und den Tochterunternehmen von den jeweils zuständigen Behörden zu übermitteln.
(6) In den Fällen gemäß Abs. 4, in denen eine der betroffenen zuständigen Behörden vor Ende der Anhörungsphase nach den Abs. 1 und 2 oder bis zum Ablauf der Fünftagesfrist gemäß Abs. 3 die EBA gemäß Art. 19 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 mit der Angelegenheit befasst, haben die konsolidierende Aufsichtsbehörde und die übrigen zuständigen Behörden ihre Entscheidungen zurückzustellen, bis ein Beschluss der EBA gemäß Art. 19 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 ergangen ist, und haben ihre Entscheidung im Einklang mit dem Beschluss der EBA zu treffen. Die Fünftagesfrist ist als Schlichtungsphase im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zu betrachten. Die EBA fasst ihren Beschluss innerhalb von drei Tagen. Nach Ablauf der Fünftagesfrist oder nachdem eine gemeinsame Entscheidung getroffen wurde, kann die EBA nicht mehr mit der Angelegenheit befasst werden.
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