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Anlage 1 Protokoll über explosive Kampfmittelrückstände (Protokoll V)

Aktuelle FassungIn Kraft seit 01.4.2008

Anlage 1

Technischer Anhang

Dieser Technische Anhang enthält Vorschläge zu bewährten Gepflogenheiten zur Erreichung der in den Artikeln 4, 5 und 9 dieses Protokolls enthaltenen Ziele. Dieser Technische Anhang wird von den Hohen Vertragsparteien freiwillig durchgeführt.

1. Aufzeichnung, Aufbewahrung und Freigabe von Informationen über nicht zur Wirkung gelangte explosive Kampfmittel und aufgegebene explosive Kampfmittel

  1. a) Aufzeichnung von Informationen: Ein Staat sollte sich bemühen, in Bezug auf explosive Kampfmittel, die gegebenenfalls nicht zur Wirkung gelangt sind, folgende Informationen so genau wie möglich aufzuzeichnen:
  1. i) die Lage von Gebieten, die Einsatzziele explosiver Kampfmittel waren;
  2. ii) die ungefähre Anzahl explosiver Kampfmittel, die in den unter Ziffer i bezeichneten Gebieten eingesetzt wurden;
  3. iii) Art und Charakter der explosiven Kampfmittel, die in den unter Ziffer i bezeichneten Gebieten eingesetzt wurden;
  4. iv) die ungefähre Lage bekannter und vermuteter nicht zur Wirkung gelangter explosiver Kampfmittel. Ist ein Staat gezwungen, explosive Kampfmittel im Verlauf einer Operation aufzugeben, so sollte er sich bemühen, die aufgegebenen explosiven Kampfmittel in sicherer Form zurückzulassen und folgende Informationen über diese Kampfmittel aufzuzeichnen:
  5. v) die Lage der aufgegebenen explosiven Kampfmittel;
  6. vi) die ungefähre Menge der aufgegebenen explosiven Kampfmittel an jeder einzelnen Stelle;
  7. vii) die Arten der aufgegebenen explosiven Kampfmittel an jeder einzelnen Stelle.
  1. b) Aufbewahrung von Informationen: Hat ein Staat Informationen nach Buchstabe a aufgezeichnet, so sollten diese so aufbewahrt werden, dass sie in Übereinstimmung mit Buchstabe c abgerufen und anschließend freigegeben werden können.
  2. c) Freigabe von Informationen: Informationen, die von einem Staat nach den Buchstaben a und b aufgezeichnet und aufbewahrt wurden, sollten unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen und sonstigen Verpflichtungen des Staates, der die Informationen zur Verfügung stellt, wie folgt freigegeben werden:
  1. i) Inhalt: In Bezug auf nicht zur Wirkung gelangte explosive Kampfmittel sollten die freigegebenen Informationen Einzelheiten enthalten über:
  1. 1. die ungefähre Lage bekannter und vermuteter nicht zur Wirkung gelangter explosiver Kampfmittel;
  2. 2. die Arten und ungefähre Anzahl explosiver Kampfmittel, die in den Zielgebieten eingesetzt wurden;
  3. 3. das Verfahren zur Bestimmung der explosiven Kampfmittel einschließlich Farbe, Größe und Form sowie andere einschlägige Kennzeichnungen;
  4. 4. das Verfahren für die sichere Entsorgung der explosiven Kampfmittel. In Bezug auf aufgegebene explosive Kampfmittel sollten die freigegebenen Informationen Einzelheiten enthalten über:
  5. 5. die Lage der aufgegebenen explosiven Kampfmittel;
  6. 6. die ungefähre Anzahl der aufgegebenen explosiven Kampfmittel an jeder einzelnen Stelle;
  7. 7. die Arten der aufgegebenen explosiven Kampfmittel an jeder einzelnen Stelle;
  8. 8. das Verfahren zur Bestimmung der aufgegebenen explosiven Kampfmittel einschließlich Farbe, Größe und Form;
  9. 9. Informationen über die Art und die Methoden der Verpackung aufgegebener explosiver Kampfmittel;
  10. 10. den Bereitschaftsgrad;
  11. 11. die Lage und Art aller in einem Gebiet mit aufgegebenen explosiven Kampfmitteln bekanntermaßen vorhandenen Sprengfallen.
  1. ii) Empfänger: Die Informationen sollten der Partei oder den Parteien freigegeben werden, die die Kontrolle über das betroffene Gebiet ausüben, sowie den Personen oder Einrichtungen, von denen der freigebende Staat sich vergewissert hat, dass sie an der Räumung nicht zur Wirkung gelangter explosiver Kampfmittel oder aufgegebener explosiver Kampfmittel in dem betroffenen Gebiet sowie an der Aufklärung der Zivilbevölkerung über die Gefahren nicht zur Wirkung gelangter explosiver Kampfmittel oder aufgegebener explosiver Kampfmittel beteiligt sind oder beteiligt sein werden.
  2. iii) Mechanismus: Ein Staat sollte, soweit praktisch möglich, die international oder lokal eingerichteten Mechanismen für die Freigabe von Informationen nutzen, darunter den Minenaktionsdienst der Vereinten Nationen (United Nations Mine Action Service, UNMAS), das System für das Management von Informationen über Minenaktionen (Information Management System for Mine Action, IMSMA) und sonstige Expertenagenturen, die der freigebende Staat für geeignet hält.
  3. iv) Zeitrahmen: Die Informationen sollten so früh wie möglich freigegeben werden, wobei Probleme wie etwaige laufende militärische und humanitäre Maßnahmen in den betroffenen Gebieten, die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit von Informationen und einschlägige Sicherheitsfragen zu berücksichtigen sind.

2. Warnung, Aufklärung über Gefahren, Kennzeichnung, Absperrung und Überwachung

Schlüsselbegriffe

  1. a) Unter Warnung versteht man die rechtzeitige Erteilung von Sicherheitshinweisen an die Zivilbevölkerung mit dem Ziel, die von explosiven Kampfmittelrückständen ausgehenden Gefahren in betroffenen Gebieten auf ein Mindestmaß zu beschränken.
  2. b) Die Aufklärung der Zivilbevölkerung über Gefahren sollte durch Programme zur Aufklärung über Gefahren zur Erleichterung des Informationsaustauschs zwischen betroffenen Gemeinschaften, Regierungsbehörden und humanitären Organisationen erfolgen, damit die betroffenen Gemeinschaften über die Bedrohung durch explosive Kampfmittelrückstände unterrichtet sind. Programme zur Aufklärung über Gefahren sind üblicherweise langfristig angelegt.

Bewährte Gepflogenheiten betreffend Warnungen und Aufklärung über Gefahren.

  1. c) Alle Programme zur Warnung und zur Aufklärung über Gefahren sollten, wenn möglich, bestehende nationale und internationale Normen einschließlich der Internationalen Normen für Minenaktionen berücksichtigen.
  2. d) Warnung und Aufklärung über Gefahren sollten sich an die betroffene Zivilbevölkerung richten; hierzu gehören Zivilpersonen, die in Gebieten oder in der Nähe von Gebieten leben, in denen sich explosive Kampfmittelrückstände befinden, und Zivilpersonen, die solche Gebiete durchqueren.
  3. e) Eine Warnung sollte in Abhängigkeit von Umfeld und verfügbaren Informationen so früh wie möglich erfolgen. Ein Warnprogramm sollte so früh wie möglich durch ein Programm zur Aufklärung über Gefahren ersetzt werden. Warnung und Aufklärung über Gefahren sollten die betroffenen Gemeinschaften zum frühestmöglichen Zeitpunkt erreichen.
  4. f) An einem Konflikt beteiligte Parteien sollten Dritte, wie beispielsweise internationale Organisationen und nichtstaatliche Organisationen, hinzuziehen, wenn sie nicht über die Mittel und Fähigkeiten verfügen, eine wirksame Aufklärung über Gefahren durchzuführen.
  5. g) An einem Konflikt beteiligte Parteien sollten, wenn möglich, zusätzliche Mittel für Warnung und Aufklärung über Gefahren zur Verfügung stellen. Dazu könnten gehören: Bereitstellung logistischer Unterstützung, Herstellung von Materialien zur Aufklärung über Gefahren, finanzielle Unterstützung und allgemeine kartographische Informationen.

Kennzeichnung, Absperrung und Überwachung eines von explosiven Kampfmittelrückständen betroffenen Gebiets

  1. h) Wenn möglich sollten die an einem Konflikt beteiligten Parteien jederzeit während eines Konflikts und danach möglichst früh und möglichst umfassend sicherstellen, dass Gebiete, in denen sich explosive Kampfmittelrückstände befinden, gekennzeichnet, abgesperrt und überwacht werden, um Zivilpersonen in Übereinstimmung mit den folgenden Bestimmungen wirksam fern zu halten.
  2. i) Bei der Kennzeichnung mutmaßlich gefährlicher Gebiete sollten Warnschilder verwendet werden, die so gekennzeichnet sind, dass sie die betroffene Gemeinschaft verstehen kann. Schilder und andere Begrenzungsmarkierungen für gefährliche Gebiete sollten soweit möglich sichtbar, lesbar, widerstandsfähig und umweltbeständig sein und deutlich erkennbar machen, welche Seite der gekennzeichneten Begrenzung als innerhalb des von explosiven Kampfmittelrückständen betroffenen Gebiets liegend und welche Seite als sicher angesehen wird.
  3. j) Für die Überwachung und Wartung dauerhafter und provisorischer Kennzeichnungssysteme sollte eine geeignete Struktur eingerichtet werden, die in nationale und lokale Programme zur Aufklärung über Gefahren eingebunden ist.

3. Allgemeine vorbeugende Maßnahmen

Staaten, die explosive Kampfmittel herstellen oder beschaffen, sollten sich soweit möglich und angemessen darum bemühen sicherzustellen, dass während der gesamten Lebensdauer explosiver Kampfmittel folgende Maßnahmen durchgeführt und beachtet werden.

  1. a) Vorgehen bei der Herstellung von Munition
  1. i) Die Herstellungsabläufe sollten so gestaltet sein, dass die höchste Verlässlichkeit der Munition erreicht wird.
  2. ii) Die Herstellungsabläufe sollten geprüften Maßnahmen der Qualitätskontrolle unterliegen.
  3. iii) Während der Herstellung explosiver Kampfmittel sollten international anerkannte geprüfte Normen der Qualitätssicherung angewendet werden.
  4. iv) Zulassungstests sollten in Beschussprüfungen unter verschiedensten Bedingungen oder mit anderen anerkannten Verfahren durchgeführt werden.
  5. v) Bei Verkauf und Weitergabe von explosiven Kampfmitteln sollten strenge Verlässlichkeitsnormen verbindlich einzuhalten sein.
  1. b) Umgang mit Munition

    Um die bestmögliche Verlässlichkeit explosiver Kampfmittel dauerhaft sicherzustellen, werden die Staaten ermutigt, Normen betreffend bewährte Gepflogenheiten und Dienstanweisungen hinsichtlich Lagerung, Transport, Lagerung im Feld und Handhabung in Übereinstimmung mit folgenden Bestimmungen anzuwenden.

  1. i) Explosive Kampfmittel sollten, wenn nötig, in sicheren Einrichtungen oder geeigneten Behältern gelagert werden, die explosive Kampfmittel und ihre Bestandteile erforderlichenfalls unter kontrollierten Umgebungsbedingungen schützen.
  2. ii) Ein Staat sollte explosive Kampfmittel in und aus Einrichtungen zur Herstellung und Lagerung sowie im Feld so transportieren, dass Beschädigungen der explosiven Kampfmittel auf ein Mindestmaß beschränkt werden.
  3. iii) Ein Staat sollte bei der Lagerung und beim Transport explosiver Kampfmittel erforderlichenfalls geeignete Behälter und kontrollierte Umgebungsbedingungen einsetzen.
  4. iv) Die Explosionsgefahr in Lagerbeständen sollte durch das Treffen geeigneter Lagerungsvorkehrungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden.
  5. v) Die Staaten sollten geeignete Verfahren zur Registrierung, Verfolgung und Prüfung explosiver Kampfmittel einsetzen, die auch Informationen zum Herstellungsdatum jeder Serie, Partie oder Charge explosiver Kampfmittel einschließen sollten, sowie Informationen darüber, wo die explosiven Kampfmittel sich befanden, unter welchen Bedingungen sie gelagert wurden und welchen Umwelteinflüssen sie ausgesetzt waren.
  6. vi) Gelagerte explosive Kampfmittel sollten in regelmäßigen Abständen gegebenenfalls in Beschussprüfungen getestet werden, um sicherzustellen, dass die Munition bestimmungsgemäß funktioniert.
  7. vii) Bestandteile gelagerter explosiver Kampfmittel sollten gegebenenfalls Labortests unterzogen werden, um sicherzustellen, dass die Munition bestimmungsgemäß funktioniert.
  8. viii) Erforderlichenfalls sollten auf Grund der durch Registrierungs-, Verfolgungs- und Prüfungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse geeignete Maßnahmen, darunter Anpassungen der zu erwartenden Haltbarkeit der Kampfmittel, ergriffen werden, um die Verlässlichkeit gelagerter explosiver Kampfmittel aufrechtzuerhalten.
  1. c) Ausbildung

    Die angemessene Ausbildung des gesamten Personals, das explosive Kampfmittel handhabt, transportiert und einsetzt, ist ein wichtiger Faktor bei der Sicherstellung der angestrebten zuverlässigen Funktionstüchtigkeit. Die Staaten sollten daher geeignete Ausbildungsprogramme erstellen und durchführen, um zu gewährleisten, dass das Personal hinsichtlich der Munition, die es handhaben muss, angemessen ausgebildet ist.

  1. d) Weitergabe

    Ein Staat, der plant, explosive Kampfmittel an einen anderen Staat weiterzugeben, der noch nicht im Besitz dieser Art explosiver Kampfmittel war, sollte sich bemühen sicherzustellen, dass der empfangende Staat über die Fähigkeiten verfügt, diese explosiven Kampfmittel richtig zu lagern, zu warten und einzusetzen.

  1. e) Künftige Herstellung

    Ein Staat sollte Mittel und Wege prüfen, die Verlässlichkeit von explosiven Kampfmitteln, die er herzustellen oder zu beschaffen beabsichtigt, mit dem Ziel zu verbessern, die größtmögliche Verlässlichkeit zu erreichen.

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