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Artikel 15 WTO-Abkommen - Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen

Aktuelle FassungIn Kraft seit 01.1.1995

Artikel 15

Feststellung der Schädigung *1)

15.1 Die Feststellung einer Schädigung im Sinne des Artikels VI des GATT 1994 wird auf positive Beweise gestützt und erfordert eine objektive Prüfung a) des Umfanges der subventionierten Einfuhren und ihrer Auswirkung auf die Preise gleichartiger Waren *2) auf dem Inlandsmarkt und b) der Folgen der Einfuhren für die inländischen Erzeuger dieser Waren.

15.2 Bezüglich des Umfanges der subventionierten Einfuhren prüfen die untersuchenden Behörden, ob eine erhebliche Erhöhung dieser Einfuhren entweder absolut oder im Verhältnis zur Erzeugung oder zum Verbrauch im einführenden Mitglied stattgefunden hat. Bezüglich der Auswirkung der subventionierten Einfuhren auf die Preise prüfen die untersuchenden Behörden, ob eine erhebliche Preisunterschreitung durch die subventionierten Einfuhren im Vergleich zum Preis einer gleichartigen Ware des einführenden Mitglieds eingetreten ist oder, ob diese Einfuhren in anderer Form einen erheblichen Druck auf die Preise bewirken oder wesentlich zur Verhinderung von Preiserhöhungen beitragen, die sonst eingetreten wären. Weder eines noch mehrere dieser Kriterien sind notwendigerweise für die Beurteilung maßgebend.

15.3 Wenn Einfuhren einer Ware aus mehreren Ländern als einem Land gleichzeitig Ausgleichszolluntersuchungen unterliegen, können die untersuchenden Behörden die Auswirkungen solcher Einfuhren nur zusammenfassend beurteilen, falls sie feststellen, daß a) die festgestellte Subventionshöhe im Verhältnis zu den Einfuhren aus jedem Land über dem im Artikel 11 Absatz 9 definierten geringen Wert liegt und der Umfang der Einfuhren aus jedem Land nicht unbeachtlich ist und b) eine zusammenfassende Beurteilung der Auswirkungen auf die Einfuhren im Lichte der Wettbewerbsbedingungen zwischen den eingeführten Waren und den Wettbewerbsbedingungen zwischen den eingeführten Waren und den gleichartigen inländischen Waren angemessen ist.

15.4 Die Prüfung der Auswirkungen der subventionierten Einfuhren auf den betroffenen inländischen Wirtschaftszweig umfaßt eine Beurteilung aller relevanten Wirtschaftsfaktoren und Wirtschaftsindizes, die die Lage dieses Wirtschaftszweiges beeinflussen, wie tatsächliche und potentielle Verringerung der Erzeugung, des Absatzes, des Marktanteils, des Gewinns, der Produktivität, der Investitionserträge oder der Kapazitätsauslastung; Faktoren, die die inländischen Preise beeinflussen; tatsächliche und potentielle negative Auswirkungen auf Cash-flow, Lagerhaltung, Beschäftigung, Löhne, Wachstum, Investitions- und Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten; im Falle der Landwirtschaft, ob eine erhöhte Belastung bei staatlichen Beihilfeprogrammen eingetreten ist. Diese Liste ist nicht erschöpfend und weder ein noch mehrere dieser Kriterien sind für die Entscheidung ausschlaggebend.

15.5 Es muß nachgewiesen werden, daß die subventionierten Einfuhren durch die Auswirkungen *3) der Subventionen eine Schädigung im Sinne dieses Übereinkommens verursachen. Der Nachweis eines kausalen Zusammenhangs zwischen subventionierten Einfuhren und der Schädigung des inländischen Wirtschaftszweiges stützt sich auf die Prüfung aller erheblichen Beweise seitens der Behörden. Die Behörden prüfen auch alle anderen bekannten Faktoren als die subventionierten Einfuhren, die gleichzeitig den inländischen Wirtschaftszweig schädigen und die Schädigungen, die durch diese anderen Faktoren verursacht wurden, dürfen nicht den subventionierten Einfuhren zur Last gelegt werden. Faktoren, welche diesbezüglich von Bedeutung sein könnten, sind unter anderem der Einfuhrumfang sowie die Preise von nicht zu subventionierten Preisen verkauften Einfuhrwaren, eine geringere Nachfrage oder eine Änderung im Konsumverhalten, handelsbeschränkende Maßnahmen und Wettbewerb zwischen ausländischen und inländischen Erzeugern, Technologieentwicklungen sowie die Ausfuhrleistung und Produktivität des inländischen Wirtschaftszweiges.

15.6 Die Auswirkung der subventionierten Einfuhren wird in bezug auf die inländische Erzeugung der gleichartigen Ware bewertet, wenn die verfügbaren Unterlagen eine Abgrenzung dieser Erzeugung anhand von Kriterien wie Produktionsverfahren, Verkäufe und Gewinn des Erzeugers erlauben. Läßt sich diese Erzeugung nicht abgrenzen, so wird die Auswirkung der subventionierten Einfuhren an ihrem Einfluß auf die Erzeugung der kleinsten, gleichartige Waren miteinschließenden Gruppe oder Reihe von Waren gemessen, für die die erforderlichen Angaben erhältlich sind.

15.7 Die Feststellung, daß eine materielle Schädigung droht, muß auf Tatsachen und nicht lediglich auf Behauptungen, Vermutungen oder entfernten Möglichkeiten beruhen. Das Eintreten von Umständen, unter denen die Subvention eine Schädigung verursachen würde, muß klar vorauszusehen sein und unmittelbar bevorstehen. Um das Vorhandensein einer bevorstehenden materiellen Schädigung festzustellen, sollen die Behörden unter anderem folgende Faktoren berücksichtigen:

(i) die Art der betreffenden Subvention oder Subventionen

und die daraus wahrscheinlich entstehenden Handelsauswirkungen;

(ii) eine erhebliche Steigerungsrate von subventionierten

Einfuhren in den inländischen Markt, welche die Wahrscheinlichkeit einer wesentlich gesteigerten Einfuhr anzeigt;

(iii) ausreichend frei verfügbare Kapazitäten seitens des Exporteurs oder ein wesentlicher, unmittelbar bevorstehender Kapazitätszuwachs als Indiz von erheblich gesteigerten subventionierten Ausfuhren in den Markt des einführenden Mitglieds, unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Verfügbarkeit anderer Ausfuhrmärkte für die Aufnahme zusätzlicher Ausfuhren;

(iv) ob die Preise der Einfuhren eine wesentlich ungünstig

beeinflussende oder dämpfende Auswirkung auf die Inlandspreise haben werden, wobei dies zu einem erhöhten Einfuhrbedarf führen würde; und

(v) Lagerhaltung der zu untersuchenden Ware.

Keiner dieser Faktoren ist für sich selbst notwendigerweise für die Beurteilung maßgebend, aber in ihrer Gesamtheit müssen sie zur Schlußfolgerung führen, daß weitere subventionierte Ausfuhren unmittelbar bevorstehen und daß, ohne Schutzmaßnahmen, dies zu einer materiellen Schädigung führen würde.

15.8 In den Fällen, in denen subventionierte Einfuhren eine Schädigung zu verursachen drohen, ist die Frage der Anwendung von Ausgleichsmaßnahmen mit besonderer Sorgfalt zu erwägen und zu entscheiden.

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*1) Soweit nicht anders bestimmt, bedeutet der Begriff „Schädigung'' im Sinne dieses Übereinkommens, daß ein inländischer Wirtschaftszweig bedeutend geschädigt wird, oder bedeutend geschädigt zu werden droht, oder, daß die Errichtung eines inländischen Wirtschaftszweiges erheblich verzögert wird, und ist gemäß den Bestimmungen dieses Artikels auszulegen.

*2) In diesem Übereinkommen ist unter dem Begriff „gleichartige Ware'' („like product'', „produit similaire'') eine Ware zu verstehen, die mit der betreffenden Ware identisch ist, das heißt, ihr in jeder Hinsicht gleicht, oder in Ermangelung einer solchen Ware eine andere Ware, die zwar der betreffenden Ware nicht in jeder Hinsicht gleicht, aber charakteristische Merkmale aufweist, die denen der betreffenden Ware sehr ähnlich sind.

*3) Wie in den Absätzen 2 und 4 dargestellt.

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