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Artikel 203. StV St. Germain

Aktuelle FassungIn Kraft seit 16.7.1920

Artikel 203.

1. Jeder der Staaten, denen ein Gebiet der ehemaligen österreichischen Monarchie übertragen wird oder die aus dem Zerfall dieser Monarchie entstanden sind, einschließlich Österreichs, muß einen Teil der auf Eisenbahnen, Salzbergwerken oder anderen Vermögen besonders sichergestellten Schulden der alten österreichischen Regierung nach dem Stande vom 28. Juli 1914 übernehmen. Von jedem Staate ist derjenige Teil der sichergestellten Schuld zu übernehmen, welcher nach Ansicht des Wiedergutmachungsausschusses auf die Eisenbahnen, Salzbergwerke und andere Güter entfällt, welche nach dem gegenwärtigen Vertrage oder nach Zusatzverträgen oder Zusatzübereinkommen dem betreffenden Staate abgetreten werden.

Der Betrag der Verpflichtung, die von jedem Staate, mit Ausnahme Österreichs, von der sichergestellten Schuld zu übernehmen ist, wird vom Wiedergutmachungsausschuß nach Grundsätzen bestimmt, die er für billig hält. Der derart ermittelte Wertbetrag wird von der Summe abgezogen, welche der betreffende Staat an Österreich schuldet für solches Vermögen und Eigentum der ehemaligen oder gegenwärtigen österreichischen Regierung, das er zugleich mit übertragenem Gebiet erworben hat. Jeder Staat hat nur für denjenigen Teil der sichergestellten Schuld aufzukommen, die er im Sinne des gegenwärtigen Artikels übernimmt. Die Inhaber des von einem Staate übernommenen Teiles der sichergestellten Schuld haben gegen andere Staaten keinen Anspruch.

Das Vermögen, welches speziell der Sicherstellung der in diesem Artikel erwähnten Schulden gewidmet war, bleibt für die Sicherstellung der neuen Schulden besonders gewidmet. Aber in dem Falle, in dem der gegenwärtige Vertrag eine Aufteilung dieser Vermögensstücke unter mehrere Staaten zur Folge hätte, dient der auf dem Gebiete des einen dieser Staaten gelegene Teil dieses Vermögens nur für den von dem betreffenden Staate übernommenen Teil der Schuld mit Ausschluß der übrigen Teile der Schuld als Pfand.

Bei der Anwendung des gegenwärtigen Artikels werden als sichergestellte Schulden die von der ehemaligen österreichischen Regierung übernommenen Zahlungsverpflichtungen betrachtet, die sich auf den Ankauf von Eisenbahnlinien oder von gleichartigem Vermögen beziehen. Die Verteilung der sich aus diesen Verpflichtungen ergebenden Lasten wird vom Wiedergutmachungsausschuß in derselben Weise wie für die sichergestellten Schulden bestimmt werden.

Die Schulden, welche nach dem gegenwärtigen Artikel übertragen werden, haben in dem Falle, als die ursprüngliche Schuld auf österreichisch-ungarisches Papiergeld lautete, auf die Währung desjenigen Staates zu lauten, der die Schuld übernimmt. Für die Konversion wird derjenige Kurs maßgebend sein, zu dem der die Schuld übernehmende Staat zuerst die österreichisch-ungarischen Kronennoten gegen seine eigene Währung umgetauscht hat. Die Basis der Umwandlung der österreichisch-ungarischen Kronennoten in die Währung, auf welche die Titres lauten werden, ist dem Wiedergutmachungsausschuß zur Genehmigung mitzuteilen; dieser kann, wenn er es für angemessen findet, verlangen, daß der Staat, welcher diese Umwandlung vornimmt, die Bedingungen modifiziert. Eine solche Modifikation wird nur verlangt werden, wenn der Ausschuß der Ansicht ist, daß der Wert der Währung oder der Währungen, welche der Nominalwährung der alten Titres zu substituieren sind, nach den Wechselkursen zum Zeitpunkte der Konversion erheblich niedriger ist, als der Wert der ursprünglichen Währung.

Wenn die ursprüngliche österreichische Schuld auf eine oder mehrere fremde Währungen lautete, hat auch die neue Schuld auf dieselbe oder auf dieselben Währungen zu lauten.

Wenn die ursprüngliche österreichische Schuld auf österreichisch-ungarische Goldeinheiten lautete, so hat die neue Schuld auf äquivalente Beträge in Goldpfunden und Golddollars der Vereinigten Staaten von Amerika zu lauten, nach Gewicht und Feingehalt der drei Währungsmünzen gemäß den am 1. Jänner 1914 in Geltung gestandenen gesetzlichen Bestimmungen.

In dem Falle als die alten Titres ausdrücklich oder stillschweigend die Wahl eines bestimmten Umrechnungskurses freistellen oder irgend ein anderes Umrechnungsrecht einräumen, haben die neuen Titres die gleichen Vorteile zu bieten.

2. Jeder der Staaten, denen ein Gebiet der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie übertragen wird oder die aus dem Zerfall dieser Monarchie entstanden sind, einschließlich Österreichs, hat einen Teil der nicht sichergestellten und durch Titres repräsentierten Schuld der alten österreichischen Regierung nach dem Stande vom 28. Juli 1914 zu übernehmen. Dieser Teil wird – unter Zugrundelegung des Durchschnittes der drei Finanzjahre 1911, 1912 und 1913 – auf Basis des Verhältnisses berechnet, das sich zwischen bestimmten Einkünften des abgetretenen Gebietes und den entsprechenden Gesamteinkünften des alten österreichischen Gesamtgebietes ergibt, und zwar solchen Einkünften, die nach Ansicht des Wiedergutmachungsausschusses die geeignetsten sind, um für die betreffende Leistungsfähigkeit dieser Gebiete einen gerechten Maßstab abzugeben. Die Einkünfte Bosniens und der Herzegowina werden bei dieser Berechnung nicht berücksichtigt.

Die im gegenwärtigen Artikel festgesetzte Verpflichtung bezüglich der durch Titres repräsentierten Schuld ist unter den in der Anlage festgesetzten Modalitäten zu erfüllen.

Die österreichische Regierung hat allein für alle von der ehemaligen österreichischen Regierung vor dem 28. Juli 1914 übernommenen Verpflichtungen aufzukommen, die nicht durch die im gegenwärtigen Vertrage ausdrücklich bezeichneten Rententitres, Gutscheine, Obligationen, Wertpapiere und Noten repräsentiert werden.

Keine der Bestimmungen des gegenwärtigen Artikels und seiner Anlage finden auf die von der österreichischen Regierung bei der Oesterreichisch-Ungarischen Bank behufs Deckung der Notenemission erlegten Schuldtitres der ehemaligen österreichischen Regierung Anwendung.

Zuletzt aktualisiert am

23.02.2023

Gesetzesnummer

10000044

Dokumentnummer

NOR12001104

alte Dokumentnummer

N1192019750S

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