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§ 1. StV St. Germain

Aktuelle FassungIn Kraft seit 16.7.1920

Anlage IV.

§ 1.

Die alliierten und assoziierten Mächte fordern und Österreich sagt zu, daß es, in teilweiser Erfüllung seiner durch diesen Teil festgesetzten Verpflichtungen entsprechend den nachstehenden näheren Bestimmungen seine wirtschaftlichen Hilfsmittel unmittelbar der Wiederherstellung in Natur der mit Krieg überzogenen Gebietsteile der alliierten und assoziierten Mächte dienstbar macht und zwar in dem von diesen Mächten zu bestimmenden Ausmaß.

§ 2.

Die Regierungen der alliierten und assoziierten Mächte behändigen dem Wiedergutmachungsausschuß Verzeichnisse, enthaltend:

  1. a) die Tiere, Maschinen und deren Zubehör, Drehbänke und alle ähnlichen im Handel erhältlichen Gegenstände, die von Österreich beschlagnahmt, verbraucht oder zerstört worden sind oder die unmittelbar durch militärische Maßnahmen zerstört worden sind und die die genannten Regierungen zur Befriedigung unmittelbarer und dringender Bedürfnisse durch gleichartige Tiere oder Gegenstände ersetzt zu sehen wünschen, die auf österreichischem Gebiete bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages vorhanden sind;
  2. b) die Stoffe zum Wiederaufbau (Steine, Backsteine, feuerfeste Steine, Dachziegel, Bauholz, Fensterglas, Stahl, Kalk, Zement usw.), Maschinen, Heizeinrichtungen, Möbel und alle im Handel erhältlichen Gegenstände, die die genannten Regierungen in Österreich erzeugt und hergestellt und an sie zur Wiederherstellung der mit Krieg überzogenen Gebietsteile geliefert zu sehen wünschen.

§ 3.

Die Verzeichnisse der in § 2 a oben erwähnten Gegenstände werden binnen sechzig Tagen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages zugestellt.

Die Verzeichnisse der oben in § 2 b erwähnten Gegenstände werden spätestens am 31. Dezember 1919 zugestellt.

Die Verzeichnisse enthalten alle in den Verträgen des Handels üblichen Einzelheiten über die betreffenden Gegenstände einschließlich genauer Beschreibung, Lieferfrist (höchstens vier Jahre) und Lieferungsort, aber weder Preise noch veranschlagten Wert; diese werden, wie weiter unten ausgeführt, vom Ausschusse festgesetzt.

§ 4.

Unmittelbar nach Eingang der Verzeichnisse prüft der Ausschuß, inwieweit die Lieferung der in ihnen aufgeführten Stoffe und Tiere von Österreich gefordert werden kann. Bei seiner Entscheidung trägt der Ausschuß den inneren Bedürfnissen Österreichs soweit Rechnung, wie es zur Aufrechterhaltung des sozialen und wirtschaftlichen Lebens Österreichs notwendig ist; er berücksichtigt ferner die Preise und die Zeiten, zu denen gleiche Gegenstände in den alliierten und assoziierten Ländern erhältlich sind und vergleicht sie mit denen, die für die österreichischen Gegenstände gelten sollen; er berücksichtigt schließlich das allgemeine Interesse der alliierten und assoziierten Regierungen daran, daß das gewerbliche Leben Österreichs nicht so zerrüttet wird, daß seine Fähigkeit, seinen anderen Wiedergutmachungsverpflichtungen zu genügen, in Frage gestellt wird.

Jedoch dürfen von Österreich Maschinen und deren Zubehör, Maschinenantriebe (Transmissionen) und ähnliche im Handel erhältliche Gegenstände, sofern sie augenblicklich in gewerblichen Betrieben verwendet werden, nur gefordert werden, wenn kein Vorrat von diesen Gegenständen verfügbar und verkäuflich ist; zudem dürfen Forderungen dieser Art 30 v. H. der Mengen jeden Gegenstandes nicht überschreiten, die in einem österreichischen Unternehmen oder Betrieb verwendet werden.

Der Ausschuß gibt den Vertretern der österreichischen Regierung Gelegenheit, sich binnen bestimmter Frist darüber zu äußern, wieweit es ihr möglich ist, die genannten Stoffe, Tiere und Gegenstände zu liefern.

Die Entscheidung des Ausschusses wird dann möglichst schnell der österreichischen Regierung und den verschiedenen beteiligten alliierten und assoziierten Regierungen bekanntgegeben.

Die österreichische Regierung sagt zu, die in dieser Mitteilung näher bestimmten Materialien, Gegenstände und Tiere zu liefern, und die beteiligten alliierten und assoziierten Regierungen sagen, jede für ihr Teil, zu, diese Lieferungen anzunehmen, sofern sie der gegebenen näheren Beschreibung entsprechen und nach Ansicht des Ausschusses zur Verwendung beim Wiederaufbau nicht ungeeignet sind.

§ 5.

Der Ausschuß bestimmt den Wert der Materialien, Gegenstände und Tiere, die, wie oben bestimmt, geliefert werden, und die alliierten und assoziierten Regierungen, welche diese Lieferungen empfangen, sind damit einverstanden, daß sie mit deren Werte belastet werden und erkennen an, daß die entsprechende Summe als eine von Österreich geleistete Zahlung gilt, die entsprechend Artikel 183 des gegenwärtigen Vertrages zu verteilen ist.

In den Fällen, wo das Recht ausgeübt wird, Wiederherstellung in Natur zu den oben festgesetzten Bedingungen zu fordern, hat sich der Ausschuß zu vergewissern, daß die Österreich gutgeschriebene Summe den normalen Wert der von ihm geleisteten Arbeit oder der von ihm gelieferten Stoffe darstellt, und daß unter Berücksichtigung der teilweisen Wiedergutmachung der Schadensersatzanspruch der beteiligten Macht im Verhältnis des so gelieferten Beitrages zur Wiedergutmachung sich mindert.

§ 6.

Als sofortige Abschlagslieferung auf die in § 2 obenerwähnten Tiere sagt Österreich zu, binnen drei Monaten nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages, die nachstehenden Mengen an lebenden Tieren zu liefern, und zwar monatlich ein Drittel von jeder Art:

1. An die italienische Regierung:

4000 Milchkühe von 3 bis 5 Jahren,

1000 Jungkühe,

50 Stiere von 18 Monaten bis 3 Jahren,

1000 Kälber,

1000 Zugochsen,

2000 Mutterschweine.

2. An die serbisch-kroatisch-slowenische Regierung:

1000 Milchkühe von 3 bis 5 Jahren,

500 Jungkühe,

25 Stiere von 18 Monaten bis 3 Jahren,

1000 Kälber,

500 Zugochsen,

1000 Zugpferde,

1000 Schafe.

3. An die rumänische Regierung:

1000 Milchkühe von 3 bis 5 Jahren,

500 Jungkühe,

25 Stiere von 18 Monaten bis 3 Jahren,

1000 Kälber,

500 Zugochsen,

1000 Zugpferde,

1000 Schafe.

Die gelieferten Tiere müssen gesund und von normaler Beschaffenheit sein.

Der Wert der so gelieferten Tiere wird entsprechend den Bestimmungen des § 5 dieser Anlage auf Österreichs Wiedergutmachungsschuld angerechnet, es sei denn, daß von den Tieren festgestellt wird, daß sie zu den weggeführten oder beschlagnahmten gehören.

§ 7.

Als sofortigen Vorschuß und Abschlagslieferung auf die im vorstehenden § 2 erwähnten Gegenstände verpflichtet sich Österreich, innerhalb der sechs dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages folgenden Monate, und zwar monatlich zu einem Sechstel, jene Mengen von Möbeln aus hartem und weichem Holz, die in Österreich zum Verkauf bestimmt sind, zu liefern, welche die verbündeten und assoziierten Mächte Monat für Monat durch den Wiedergutmachungsausschuß ansprechen werden und welche dieser Ausschuß einerseits durch die im Laufe des Krieges auf dem Gebiete der genannten Mächte erfolgten Wegführungen und Zerstörungen als gerechtfertigt und andrerseits als im Verhältnis zu den in Österreich verfügbaren Mengen stehend ansieht. Der Preis der so gelieferten Artikel wird Österreich im Sinne der Bestimmungen des § 5 dieses Anhanges gutgeschrieben werden.

Schlagworte

Jugoslawien

Zuletzt aktualisiert am

21.03.2023

Gesetzesnummer

10000044

Dokumentnummer

NOR12001085

alte Dokumentnummer

N1192019731S

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