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Ist die „20-%-Klausel“ der ÖNORM B2110 sachgerecht?

GedankensplitterHermann WenuschZRB 2013, 106 Heft 2 v. 1.6.2013

Pkt 7.4.4 („Mengenänderungen ohne Leistungsabweichung“) der ÖNORM B2110:2013 sieht bei Über- oder Unterschreitung der Menge einer Position mit Einheitspreis um mehr als 20 % vor, dass jeder Vertragspartner eine Anpassung des Einheitspreises verlangen kann. Nach der Judikatur ist diese Klausel, die in dieser Form erstmals in der ÖNORM B2110:2000 zu finden ist, ausschließlich dazu da, „Skaleneffekte“ (dh sich bloß kalkulatorisch aus der Mengenänderung ergebende Effekte) zu bereinigen – „Sie ist [...] nicht geeignet, eine Ungleichwertigkeit des Leistungsaustausches, die schon mit Vertragsabschluss begründet wurde, nachträglich zu korrigieren“ (OGH 22.02.2000, 2 Ob 336/98w). Tatsächlich kann die 20-%-Klausel aber zu einer Verzerrung des Ergebnisses führen: Mengenänderungen einer Position führen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer entsprechenden spiegelbildlichen Mengenänderung an anderer Stelle. Es ist aber durchaus möglich, dass an dieser „anderen Stelle“ die 20-%-Schwelle nicht überschritten wird: Entweder weil die Ausgangsmenge dort höher ist oder weil sich der „Reflex“ auf mehrere Positionen verteilt. Um eine ausgewogene Regelung zu erhalten, ist die 20-%-Klausel wohl dahingehend zu überarbeiten, dass nicht nur der Einheitspreis der von der Mengenänderung vor allem betroffenen Position anzupassen ist, sondern auch alle anderen Positionen, die diese Änderung gleichsam „auffangen“.

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