FPG: § 60 Abs 2 Z 9 (Aufenthaltsverbot, befristetes; "Aufenthaltsehe"; Familienleben mit späterem Partner vor Eheschließung)
VwGH 20. 12. 2011, 2011/23/0162
Zunächst ist festzuhalten, dass sich ein Fremder gem § 30 Abs 1 NAG für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe berufen darf, wenn ein gemeinsames Familienleben iSd Art 8 MRK nicht geführt wird. Für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 60 Abs 2 Z 9 FPG ("Aufenthaltsehe") ist darüber hinaus erforderlich, dass eine Missbrauchsabsicht bereits bei Eheschließung bestanden hat. Dem Gesetz liegt aber nicht die Intention zugrunde, dass ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden dürfte, wenn der Fremde zu irgendeinem (früheren) Zeitpunkt vor der Eheschließung mit dem (späteren) Partner ein Familienleben geführt hat (VwGH 27. 3. 2007, 2006/21/0391 = ZfVB 2008/375; 3. 4. 2009, 2008/22/0591). Ein vor der Eheschließung geführtes Familienleben hindert somit nicht die Erfüllung des genannten Tatbestandes.