§ 57 Abs 2 RAO (Ausübung einer den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeit; Privatdetekiv; gewerbsmäßige Ausübung; einzelne Tätigkeit; Korrespondenz; Beitragstäterschaft)
VwGH 04.12.1998, 97/19/1553
§ 57 Abs 2 RAO stellt die unbefugte und gewerbsmäßige Ausübung einer durch dieses G den RA vorbehaltenen Tätigkeit unter Strafe. Gemäß § 8 Abs 2 RAO ist die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung iSd Abs 1 den RA vorbehalten. Die in Rede stehende Strafbest zielt also darauf ab, dass unbefugte Personen von der gewerbsmäßigen Erbringung auch nur einzelner aus dem Gesamtspektrum der den RA vorbehaltenen Tätigkeiten abgehalten werden. Zur Verwirklichung des Tatbildes des § 57 Abs 2 iVm § 8 RAO ist es daher nicht erforderl, dass der Täter gewerbsmäßig iS einer umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung tätig wird, also alle den RA vorbehaltenen Tätigkeiten gewerbsmäßig ausübt. Nach dem Vorgesagten genügt vielmehr die gewerbsmäßige Ausübung einzelner oder auch nur einer einzigen derartigen Tätigkeit. Andernfalls wäre § 8 Abs 2 2. Satz RAO, wonach durch den 1. Satz der zitierten GesBestimmung die Berufsbefugnisse von Notaren, Patentanwälten, Wirtschaftstreuhändern und Ziviltechnikern unberührt bleiben, obsolet, werden doch gerade diese Berufsgruppen nicht iS einer umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung tätig. Nach dem erkennbaren Willen des GesGebers sollten aber (auch) mit § 8 Abs 2 2. Satz RAO die Ausnahmen vom Vorbehalt der Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung umschrieben werden (vgl die Wortmeldung des Berichterstatters Abg Gradischnik St Prot NR 16. GP 108. Sitzung, 9406). Für diese Interpretation spricht auch die Formulierung in § 57 Abs 2 RAO „Wer unbefugt eine … den RA vorbehaltene Tätigkeit ausübt“, welche der GesGeber wohl kaum verwendet hätte, wenn ausschließl die unbefugte Ausübung der Rechtsanwaltschaft selbst, und zwar in umfassender Form, unter Strafsanktion hätte gestellt werden sollen.