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VwGH 27. 6. 1995, 94/20/0546 (FREMDENPOLIZEI)

JudikaturFREMDENPOLIZEIZfV 1997/613ZfV 1997, 237

§ 2 Abs 2 Z 1 AsylG 1991 (Unterschutzstellen; Schreiben an Botschaft betreffend Rückreisezertifikat aus österreichischer Schubhaft; Freiwilligkeit)

VwGH 27.06.1995, 94/20/0546

Der Bf wendet sich zwar gegen die zur Frage der „Unterschutzstellung“ der von der bel Beh vorgen rechtl Beurteilung, nicht jedoch gegen den dieser zugrundegelegten Sachverhalt, wonach er mit Schreiben vom 29. 9. 1993 infolge seiner bereits 21 Tage andauernden Schubhaft den Botschafter seines Heimatlandes um möglichst schnelle Ausstellung von Reisedokumenten (Rückreisezertifikate) ersuchte. Anlässlich seiner Vernehmung vor dem Bundesasylamt am 5. 10. 1993 wurde der Bf ausführl zu diesem Schreiben befragt, aus seiner Vernehmung ergab sich jedoch auch kein Anhaltspunkt dafür, dass sein an den Botschafter seines Heimatlandes in Österr gerichtetes Ersuchen in anderen Umständen als seiner bereits längere Zeit andauernden Schubhaft in Österr begründet gewesen sei. Bei rechtl Beurteilung dieses Sachverhaltes kommt es daher nur darauf an, ob die bereits zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Schreibens 21 Tage andauernde Schubhaft des Bf die „Freiwilligkeit“ der Unterschutzstellung im Sinn des Art 1 Abschnitt C Z 1 der Genfer Flüchtlingskonvention ausschließt. Auf Grund der sich aus der Aktenlage ergebenden Umstände dieses Falles ist davon auszugehen, dass der am 7. 9. 1993 illegal unter Zuhilfenahme einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet eingereiste Bf erst am 1. 10. 1993 den AsylA gestellt hat, zu einem Zeitpunkt also, in dem er das von ihm an den Botschafter seines Heimatlandes gerichtete Schreiben bereits verfasst hatte. Diese in kurzer zeitl Aufeinanderfolge gesetzten, einander diametral entgegengesetzten Handlungen des Bf lassen einzig den Schluss zu, dass das Motiv sowohl für die eine, als für die andere Handlung ledigl die Beendigung der Schubhaft gewesen sei. Diese sich aus den Umständen ergebende Motivation beeinträchtigt jedoch nach Auffassung des VwGH die freie Willensbildung noch nicht. Ist jedoch die Willensbildung frei von physischen oder psychischen Zwängen gewesen, ist der Bf auch für das von ihm gewollte Tun (die Unterschutzstellung) verantwortl; diese entfaltet Wirkungen dann auch gegen ihn. Weiters zu berücksichtigen ist der Umstand, dass der Bf in seinem Schreiben sich nicht nur insoweit dem Schutz seines Heimatlandes unterstellte, wie dies im Falle von Reisepaßanträgen oder Verlängerungen der Fall ist, sondern darüber hinaus von seinem Heimatland aktives Einschreiten gegen Österr, also Beh desjenigen Landes, in welchem er anschließend um Asyl ansuchte, erbat. Damit aber erscheinen die Voraussetzungen des Art 1 Abschn C Z 1 der Genfer Konv erfüllt.

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