Wenn der damalige Ehegatte in Erwartung des Fortbestandes der Ehe testamentarisch bedacht und die letztwillige Verfügung vom Erblasser nach der Scheidung nicht mehr abgeändert wurde, stellt sich die Frage, ob andere Erbanwärter die Verfügung wegen Motivirrtums anfechten können. Nach der Rsp setzt dies den Nachweis voraus, dass die Verfügung ausschließlich auf den enttäuschten Beweggrund bzw zumindest auf kein anderes wesentliches Motiv zurückzuführen ist (10 Ob 2/06a = Zak 2006/570, 333; siehe auch 1 Ob 213/08t = Zak 2009/169, 112). Der Autor lehnt dieses Beweiserfordernis, das seiner Ansicht nach kaum erfüllt werden kann, ab. Im Gegenteil sei im Sinn eines Anscheinsbeweises davon auszugehen, dass die Einsetzung des Ehegatten auf das Motiv des Fortbestandes der Ehe zurückzuführen sei. Wenn die Erbeinsetzung während aufrechter Ehe und die spätere Scheidung feststehen, müsse folglich der bedachte geschiedene Ehegatte die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Motivs für die Zuwendung darlegen, um den Anscheinsbeweis zu entkräften.