Die Richterzeitung feiert heuer das Jubiläum ihres 100. Jahrganges. Vieles hat sich in den Jahren seit ihrem erstmaligen Erscheinen im Jahre 1907 – damals unter dem Titel "Mitteilungen der Vereinigung der Österreichischen Richter" – geändert, unter anderem auch die Zusammensetzung des Berufsstandes der Richter*innen: während zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Richteramt ausschließlich Männern offenstand, sind Frauen in der Justiz heute eine Selbstverständlichkeit. Der Weg der Frauen in die Gerichtsbarkeit war lang und steinig, denn selbst nach Öffnung der rechts- und staatswissenschaftlichen Studien für Hörerinnen im Sommersemester 1919 vergingen noch knapp drei Jahrzehnte, bis in Österreich schließlich im Jahre 1947 erstmals Frauen zu Richterinnen ernannt wurden.1) Einen Markstein auf diesem Weg stellen zweifellos die ersten Gesuche junger Juristinnen auf Zulassung zur richterlichen Ausbildung aus dem Jahre 1928 dar. Wenngleich ihnen kein Erfolg in Sinne einer positiven Erledigung ihrer Anträge beschieden war, so gaben sie doch Anstoß zur Erhebung zahlreicher Forderungen nach sofortiger Öffnung des Richteramtes für Frauen und zu einer in Österreich erstmals auf breiter Ebene geführten Diskussion über Frauen als Richterinnen. Welche Haltung in diesem Zusammenhang die Österreichische Richtervereinigung in der Richterzeitung einnahm, wird, eingebettet in eine kurze Darstellung der rechtlichen und faktischen Situation für Frauen, die in den 1920er und 1930er Jahren Berufe in der Justiz anstrebten, im Folgenden beleuchtet.2)