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Richtervereinigung international

EditorialGerhard ReissnerRZ 2003, 65 Heft 3 v. 1.3.2003

Die Internationale Richtervereinigung, der nunmehr Vereinigungen von 63 Staaten angehören, wurde 1953 in Salzburg von damals sechs nationalen Vereinigungen gegründet. Wie die Vereinigung der österreichischen Richter hat sie die Bewahrung und den Ausbau der Rechtsstaatlichkeit, den Grundrechtsschutz und die Sicherung der Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit zur satzungsgemäßen Aufgabe. Zu Beginn des Jubiläumsjahres wurde die Leitung der Internationalen Richtervereinigung wieder einmal in österreichische Hände gelegt. Auf der Tagung des Zentralrates in Alicante wurde der ehemalige Präsident der Österreichischen Richtervereinigung Ernst Markel zum Präsidenten der Internationalen Vereinigung gewählt. Die Österreichische Richtervereinigung darf ihm zur Übernahme dieses nicht bloß ehrenvollen, sondern auch sehr schwierigen Amtes herzlich gratulieren. Die Erwartungen der Richterinnen und Richter an ihre Vereinigungen und deren internationale Dachorganisation sind ebenso gestiegen, wie die Anforderungen, die durch nationale und internationale Rahmenbedingungen geprägt sind. Stand früher eher der Vergleich der unterschiedlichen Rechtsordnungen, Rechtsinstitute und Gerichtsorganisationssysteme im Vordergrund, wozu die Studienkommssionen für Zivilrecht, für Strafrecht und für Arbeits- und Sozialrecht ihre jährlichen Spezialberichte erarbeiten, so wurde in den letzten Jahren immer mehr der Schwerpunkt zum Problemkreis Sicherung der Unabhängigkeit verschoben. Anlass dazu bildeten einerseits immer wieder alarmierende Unterstützungsersuchen von Mitgliedsvereinigungen, die die Gerichtsbarkeit in ihrem Land in ihrer Unabhängigkeit gefährdet sahen, andererseits aber auch die zunehmende internationale Verflechtung, die Verlagerung von Normsetzungs- aber auch Normauslegungs- und -anwendungskompetenzen auf supranationale Einrichtungen. Diese wurden zwar entsprechend den Bedürfnissen von Wirtschaft, anderen sozialen Kräften, vor allem aber den nationalen Regierungen gestaltet, berücksichtigen aber keinesfalls ausreichend die Anforderungen einer unabhängigen Gerichtsbarkeit. Als Richtschnur ihrer Aktivitäten erarbeitete die Internationale Richtervereinigung in mehrjähriger Arbeit eine Universal Charter of the Judge. Diese erinnert nicht nur an die unabdingbaren Garantien institutioneller richterlicher Unabhängigkeit - nicht als Selbstzweck, sondern als Voraussetzungen einer auf Freiheit und Rechtsstaatlichkeit beruhenden Gemeinschaft im Interesse der Bürger - sondern postuliert auch Pflichten der Richterinnen und Richter, die sich aus ihrem Staatsamt notwendigerweise ergeben. Das am Österreichischen Richtertag 2002 angedachte Projekt, innerhalb der Richterschaft eine Verhaltensrichtlinie für Richterinnen und Richter zu erarbeiten, wie dies in einigen anderen Staaten schon geschehen ist, kann darin eine Richtschnur finden.

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